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Wortgewand
Obwohl der Wind mich warnte, der die Ähren strich,
die Wolken dräuten und am Waldesrand
ein Schwarm sich hob, nahm ich den Weg und wich
nicht von ihm ab. Selbst als die Regenhand
das Laub von Bäumen schlug, ging ich noch ungeduckt.
Erst als der Wald, von harter Faust umspannt,
laut knackte, krachte, barst: als er vom Blitz durchzuckt
zersplitterte, zerfiel... bin ich gerannt.
So kam ich zu dir, klamm vor Finsternis
und rettungsfroh. Ich wartete, ich stand
noch immer hoffend unterm Wortgewand,
bis mir dein Sturm auch dieses Kleid entriss.
Obwohl der Wind mich warnte, der die Ähren strich,
die Wolken dräuten und am Waldesrand
ein Schwarm sich hob, nahm ich den Weg und wich
nicht von ihm ab. Selbst als die Regenhand
das Laub von Bäumen schlug, ging ich noch ungeduckt.
Erst als der Wald, von harter Faust umspannt,
laut knackte, krachte, barst: als er vom Blitz durchzuckt
zersplitterte, zerfiel... bin ich gerannt.
So kam ich zu dir, klamm vor Finsternis
und rettungsfroh. Ich wartete, ich stand
noch immer hoffend unterm Wortgewand,
bis mir dein Sturm auch dieses Kleid entriss.
Hallo Luca
prächtige Bilder, große Stimme, voller Klang, wilde Natur!
Ein tolles Wortgewand, gezähmtes Chaos, das sich in der wechselnden Hebungszahl und den beiden ersten, übers Kreuz gereimten Strophen wiederspiegelt. Eine schön gespiegelte Ebene, die das Gedicht in dieser Rubrik wahrhaft passend erscheinen läßt.
Inhaltlich finde ich keine schlüssige Lösung, brauche ich auch nicht. Es geht um Entblößung, denke ich, um ein LD, das in der umarmend gereimten, gleichhebigen 3.Strophe die Szenerie betritt. Ich denke, es geht um Natur, um die Natur des LI, das sich einer Katastrophe entkommen glaubt und in der letzten harmonisierenden Strophe doch noch entkleidet wird.
Bei all der bestechenden Gewandheit nur unwesentliche Kritikpunkte:
die Akkumulation in S2V3 ist für mein Gefühl etwas zu lang geraten, das "rettungsfroh" eine unsichere Wortschöpfung, "hoffnungsfroh" verbat sich wohl wegen "hoffend" in V3.
Gefällt mir, deshalb vermute ich: es ist eines der Gedichte, das dir selbst nicht gefällt.
LG
Ulrich
prächtige Bilder, große Stimme, voller Klang, wilde Natur!
Ein tolles Wortgewand, gezähmtes Chaos, das sich in der wechselnden Hebungszahl und den beiden ersten, übers Kreuz gereimten Strophen wiederspiegelt. Eine schön gespiegelte Ebene, die das Gedicht in dieser Rubrik wahrhaft passend erscheinen läßt.
Inhaltlich finde ich keine schlüssige Lösung, brauche ich auch nicht. Es geht um Entblößung, denke ich, um ein LD, das in der umarmend gereimten, gleichhebigen 3.Strophe die Szenerie betritt. Ich denke, es geht um Natur, um die Natur des LI, das sich einer Katastrophe entkommen glaubt und in der letzten harmonisierenden Strophe doch noch entkleidet wird.
Bei all der bestechenden Gewandheit nur unwesentliche Kritikpunkte:
die Akkumulation in S2V3 ist für mein Gefühl etwas zu lang geraten, das "rettungsfroh" eine unsichere Wortschöpfung, "hoffnungsfroh" verbat sich wohl wegen "hoffend" in V3.
Gefällt mir, deshalb vermute ich: es ist eines der Gedichte, das dir selbst nicht gefällt.
LG
Ulrich
#3
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Wortgewand
in Ausgezeichnete Lyrik 07.02.2008 09:23von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Luca,
das erscheint mir wie ein äußerst sprachgewandter Vorläufer Deines Au!-Gedichtes. Der Dichter spricht und ringt hier quasi mit sich selbst. Es geht, so interpretiere ich es, um Verklärung, Dichten als verklärender Blick nach innen möglicherweise, als Selbsttherapie? Zumindest den Glauben oder die Illusion dessen? Der Dichter malt seine - ich benutze mal diesen blöden Begriff - inneren Dämonen in schönen Metaphern und feinen Worten und wähnt isch "rettungsfroh". Doch der Sturm lässt nicht nach und wird so stark, dass die Illusion der Rettung oder des Schutzes durch die Dichtung fällt.
Somit ist dies Dichtung über Dichtung selbst, mit dieser rilkeesken Wortmalerei in einer dafür optimalen Form. Gefällt mir sehr gut. Kompliment!
Grüße,
GerateWohl
das erscheint mir wie ein äußerst sprachgewandter Vorläufer Deines Au!-Gedichtes. Der Dichter spricht und ringt hier quasi mit sich selbst. Es geht, so interpretiere ich es, um Verklärung, Dichten als verklärender Blick nach innen möglicherweise, als Selbsttherapie? Zumindest den Glauben oder die Illusion dessen? Der Dichter malt seine - ich benutze mal diesen blöden Begriff - inneren Dämonen in schönen Metaphern und feinen Worten und wähnt isch "rettungsfroh". Doch der Sturm lässt nicht nach und wird so stark, dass die Illusion der Rettung oder des Schutzes durch die Dichtung fällt.
Somit ist dies Dichtung über Dichtung selbst, mit dieser rilkeesken Wortmalerei in einer dafür optimalen Form. Gefällt mir sehr gut. Kompliment!
Grüße,
GerateWohl
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#4
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Wortgewand
in Ausgezeichnete Lyrik 07.02.2008 10:52von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
seit einer "Kalten Rache" habe ich nichts fesselnderes mehr hier gelesen. ich werfe meine Vorsätze übern Haufen, keine Neulinge zu kommentieren, nicht überschwänglich zu werden und dergleichen ...
das ist Naturlyrik wie ich sie liebe: berauschend, berückend, bewegend, alle meinen Ebenen durchdringend: meine Starenschwärme heben ab vor meinen Waldrändern, meine Stürme brausen, streifen, streiten mir mitsamt Partnerin um die Ohren - ha hier darf man noch Rezeption zelebrieren! hier darf ich geniessen. und wie habe ich es!
Danke
das ist Naturlyrik wie ich sie liebe: berauschend, berückend, bewegend, alle meinen Ebenen durchdringend: meine Starenschwärme heben ab vor meinen Waldrändern, meine Stürme brausen, streifen, streiten mir mitsamt Partnerin um die Ohren - ha hier darf man noch Rezeption zelebrieren! hier darf ich geniessen. und wie habe ich es!
Danke
Ihr wollt mich be-tören mit eurem Lob!
Und natürlich falle ich darauf herein. Ich finde mein Gedicht schon jetzt um ein vielfaches besser als ich es beim Schreiben fand, wo ich meinte, nur eine gehobene Form von Kitsch zu produzieren. Ich habe deshalb von der ersten Zeile an darauf hingearbeitet, das Sprachgebäude am Ende wieder einzureißen, die Ekstase zu entlarven. Aber ist das überhaupt möglich? Das Gesagte ist gesagt, und weil es gesagt ist, nicht einfach zurückzunehmen. "Wer es sagt, der ist es auch!"
Geratewohl hat meine Intention ziemlich treffend wiedergeben. Erebus hat auf die die stilistischen Schwachpunkte hingewiesen, die ich genau so sehe. Alcedo hat meine Schaffensfreude entlarvt.
Über soviel unerwartete Resonanz freue ich mich. Und danke euch für euer trotziges Gefallen. Auch wenn mir selbst die reine Begeisterung nicht gelingt: Das gefällt mir!
Luca
rotzdem bin ich unsicher, ob die Kisch
Und natürlich falle ich darauf herein. Ich finde mein Gedicht schon jetzt um ein vielfaches besser als ich es beim Schreiben fand, wo ich meinte, nur eine gehobene Form von Kitsch zu produzieren. Ich habe deshalb von der ersten Zeile an darauf hingearbeitet, das Sprachgebäude am Ende wieder einzureißen, die Ekstase zu entlarven. Aber ist das überhaupt möglich? Das Gesagte ist gesagt, und weil es gesagt ist, nicht einfach zurückzunehmen. "Wer es sagt, der ist es auch!"
Geratewohl hat meine Intention ziemlich treffend wiedergeben. Erebus hat auf die die stilistischen Schwachpunkte hingewiesen, die ich genau so sehe. Alcedo hat meine Schaffensfreude entlarvt.
Über soviel unerwartete Resonanz freue ich mich. Und danke euch für euer trotziges Gefallen. Auch wenn mir selbst die reine Begeisterung nicht gelingt: Das gefällt mir!
Luca
rotzdem bin ich unsicher, ob die Kisch
Hallo Luca
selten habe ich ein bild der natur "erschrieben" gesehen, das so stark leidenschaftlich und auch nachdenklich ist. es ist wie eine zwiebel, es kommt eine schicht nach der anderen hervor und der schluss hat mich sehr ergriffen, das letzte wort als schutz aufgegeben, das wort als schild, vielleicht auch maske, das ist wunderschön.
ganz angetane grüße
silvi
selten habe ich ein bild der natur "erschrieben" gesehen, das so stark leidenschaftlich und auch nachdenklich ist. es ist wie eine zwiebel, es kommt eine schicht nach der anderen hervor und der schluss hat mich sehr ergriffen, das letzte wort als schutz aufgegeben, das wort als schild, vielleicht auch maske, das ist wunderschön.
ganz angetane grüße
silvi
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