#1

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 27.02.2008 16:54
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte

Desillusion


Am Abend wärmt ein Glas die müde Hand
und eine Decke wärmt die kalten Füße.
Vergilbte Bilder lächeln an der Wand,
wie Zeichen einer Desillusion.

Doch aus den Rahmen dringen Stimmen
aus einem fast versäumten Leben.
Das Glas zerbricht, - die Stunden rinnen
ergründend durch die Zeit. Und schon

zersplittern auch die leeren Räume.
Durch die geplatzten Mauern drängen
entfernte Rufe leiser Träume.
Verstehen kann ich nur: Davon.





alt

Am Abend wärmt ein Glas die müde Hand
und eine Decke wärmt die kalten Füße.
Vergilbte Bilder zieren stumm die Wand,
wie Zeichen einer Desillusion.

Doch aus den Rahmen dringen Stimmen
aus einem fast verblassten Leben.
Das Glas zerbricht, - die Stunden rinnen
ergründend durch die Zeit. Und schon

zersplittern auch die leeren Räume.
Durch die geplatzten Mauern dringen
unklare Rufe ferner Träume.
Verstehen kann ich nur: Davon.
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#2

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 28.02.2008 10:02
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Simone

Das erinnert mich stark an ein Gedicht, das ich mal geschrieben habe ... irgendwas mit Schimmel (nicht die Mähre ) ... in dem ging es auch um eine Beziehung, die eigentlich nur noch von der Routine lebt. Und um ein lyr. Ich, das darüber reflektiert, was denn aus seinen ehemaligen Träumen geworden ist und wo die hin sind.

Mir gefällt der Text sehr gut. Er hat Atmosphäre, gerade mit der realistischen Einganssequenz ... müde Hand, kalte Füsse ... ist man gleich mitten im Geschehen. Es ist Abend, die Pflicht getan, jetzt wäre eigentlich der Zeitpunkt, wo man sich zusammen setzt und ein wenig plaudert; über den vergangenen Tag reflektiert; sich das eine oder andere erzählt oder zärtlich zueinander ist. Aber da ist nichts (mehr). Jeder ist für sich allein ... auch wenn vermutlich der Wunsch – von beiden Seiten – da ist, miteinander zu kommunizieren, macht keiner den ersten Schritt. Was bleibt sind „lediglich“ die Gedanken darüber, wie es so weit hatte kommen können.

Das lyr. Ich gibt am Ende sogar den Hinweis, was die Zukunft sein kann/muss. Davon! So wie die Träume und Illusionen davon sind, so ist vermutlich auch der einzige Ausweg, den es sieht, die Flucht, bzw. der Ausbruch aus dieser Endlosschleife.

Du hast mal darüber geschrieben, dass es Dir nicht möglich sei, bzw. dass Du denkst, Du würdest mit Deinen Texten die Leser nicht berühren. Dem kann ich widersprechen. Du kannst das sehr wohl! Ich kann hier locker mitfühlen.

Z3/S1 finde ich nicht gelungen. Die stummen Bilder an der Wand sind mir zu abgenutzt. Ich hätte da einen Vorschlag. Evtl. sagt er Dir ja zu: Vergilbte Bilder lachen an der Wand. Hier wäre der Gegensatz von ehemals und jetzt noch etwas krasser.

Auch Z2/S2 gefällt mir nicht sehr, bzw. ist das lediglich eine Wiederholung der ‚vergilbten Bilder’. Auf die Schnelle habe ich da aber keinen Vorschlag. Evtl. wäre ein Übergang mit einem ‚und’ etwas fliessender. Etwa so: ... und flüstern von verblassten Leben ... wobei eben das ‚verblasste’ dem vergilbten zu ähnlich ist.

Ich hab’s jetzt nicht ge-ixt, aber das ‚unklar’ ist schon ein recht starker Schlenker im sonst jambischen Text. Vielleicht war der aber auch gewollt. *g

Und das Wort 'Desillusion', das kann ich praktisch gar nicht sprechen ... da verknotet es mir jedes Mal die Zunge. Mach doch mal ne Audio-Datei ... ich brenne darauf, das korrekt gelesen zu hören.

Soweit von mir.
Liebe Grüsse
Margot



Die Frau in Rot

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#3

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 28.02.2008 12:57
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Simone!

Verzeihung, hm - Räusper - hm, es scheint mir zu jenen Gedichten zu gehören,
die ich als 'Kunstgedicht' bezeichne.
Einen Anlaß, der dazu drängte, nehme ich nicht leicht an.
Aber lassen wir die Überlegungen, die wenig zielführend sind.
Aufgefallen ist mir das dringen (in Strophe 1 und 3).

Es scheinen bewußt Stimmungsbringer eingesetzt worden zu sein,
wie z.B. - Abend - müde Hand - vergilbte Bilder - stumm - Stunden rinnen -
verblasst - ferne - Träume - , ...
Für mich etwas zu viel und zu offensichtlich.

Zu Desillusion und der Abgenutztheit der Wörter, falls es so eine gibt,
bezog die Vorschreiberin schon Stellung.

Für heute und diesmal habe ich keine bessere Meldung,
die ja total ander sein kann - beim nächsten Gedicht.

14:41 Uhr
Das muß ich noch hinzufügen, da ich unter Zeitdruck nichts
darüber schrieb, jetzt bestimmt nicht nur in den Reigen einstimme:

Wärme und Gefühle kann das Gedicht auf jeden Fall vermitteln, trotz
der durch Häufigkeit vorbelasteter Wörter, auf die wir leider immer
wieder hingreifen müssen, sie nicht einfach ersetzen können.
So gesehen ist es doch eine gut vermittelte traurige, wenn nicht gar verzweifelte Aussage,
die den Leser erreichen kann.

Mit freundlichem Gruß
Joame
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#4

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 28.02.2008 14:07
von Wortfotografin (gelöscht)
avatar
hallo simone
die stimmung, das in wärme hüllen und doch so einen riss in sich tragende, als ob es unaufhaltsam verinnt,und nicht mehr haltbar ist, die wärme nicht und auch die bilder..

ich kann immer nur das gesamte in mir aufnehmen, und das hat in deinem text ein starkes stimmungsbild... das einzelne können andere besser...
lg silvi
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#5

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 28.02.2008 14:59
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte

Hi Margot


Vielen Dank für deine doch recht stimmige Interpretation und die Vorschläge. Das einzige was mir statt der verblassten Leben eingefallen ist, war entfärbt oder verfärbt, aber da habe ich dauernd darauf gewartet, dass die Klementine um die Ecke kommt und sagt: hätten Sie halt Ariel benutzt... also ich laß das erstmal so. Ja, das das unklar nicht klar ins Metrum paßt, war mir schon klar , mir ist aber gestern noch nichts Passendes eingefallen.

Die Desillusion muß man langsam auf der Zunge zergehen lassen wie Erdbeereis, dann liest sich das gar nicht mal schlecht. Ich bin ja bei meinen technischen Fähigkeiten heil froh, wenn ich einen Text in schriftlicher Form hier rein bekomme. Also Audio-Datei eher nicht. Es sei denn du würdest gerne selbst, dann könnte ich das mit dem Desillusions-Zungenverknotungs-Problem auch direkt am Text überprüfen.

Besten Dank und lieben Gruß zurück
Simone

Hi Joame

Also den Teil deines Kommentars mit dem Kunstgedicht müsstest du mir mal übersetzen, da kann ich nicht ganz folgen.

Sicher sind da bewusst Stimmungsbilder eingesetzt, darum geht es doch in einem Gedicht, neben der Aussage auch eine Stimmung zu vermitteln. Und wenn dir die schon zu viel sind, dann bin ich ja froh, dass ich den Teil wo geheult wird wieder gestrichen habe.

Besten Dank und freundlichen Gruß zurück
Simone

Hi Silvi

Freut mich, dass die Stimmung bei dir angekommen ist.

Besten Dank und Gruß
Simone

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#6

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 28.02.2008 15:04
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hi, Simone!

Jetzt hat sich etwas überschnitten. Wir gaben offensichtlich zugleich einen Kommentar ab. Ich sehe mir Deine Änderungen nochmals an.

Lächeln - zieren in Str.1

Zitat:

und flüstern von verblassten Leben.


anstatt aus einem fast verblassten Leben.

Eine wesentliche inhaltsbestimmende Änderung in Str.2,
auch in Str.3 unklare - entfernte Rufe.

Wie mit dieser Abänderung Deine Aussage treffender und gewollter gebracht wurde,
kannst nur Du, der Autor, entscheiden.

Für den Leser verblieben im wesentlichen die die gewonnenen Eindrücke.

Gruß
Joame
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#7

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 28.02.2008 15:58
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Hi Joame


Zitat:

und flüstern von verblassten Leben.

das habe ich wieder raus genommen bzw. geändert. das wären ja mehrere Leben, gemeint war natürlich nur eines. da war ich etwas voreilig.

Zitat:

entfernte Rufe leiser Träume - unklare Rufe ferner Träume

sagt ja im Prinzip das Gleiche aus, habe ich nur wegen der Metrik geändert.

Danke nochmal und Gruß
Simone

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#8

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 28.02.2008 16:37
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Danke, Simone, ich habe es gesehen und darüber nachgedacht, aber konnte nichts dazu bemerken, weil es alleinig Deine Angelegenheit ist, was Du genau meinst.

Gruß
Joame
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#9

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 29.02.2008 13:28
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Joame,
sicher ist das meine Angelegenheit was ich genau meine, aber warum machen wir das denn hier? Doch in erster Linie um die Meinung von anderen zu hören. Die darf auch gerne negativ ausfallen, deswegen werde ich persönlich mich nicht aus dem Kellerfenster stürzen. Also immer raus damit, was du scheiße findest, kannst du auch so nennen. Es sind doch oft auch die negativen Eindrücke, die einen weiterbringen.

Danke und Gruß
Simone

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#10

Desillusion

in Düsteres und Trübsinniges 29.02.2008 13:58
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Simone!

Schon klar, was Du meinst. Ob ein oder mehrere Leben von Dir gemeint waren und ob Du Dir unklare oder entfernte Rufe vorgestellt hast, das entzog sich meiner Kenntnis.

Gruß: Joame
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