#1

Am Flusslauf

in Philosophisches und Grübeleien 04.09.2008 20:16
von Pog Mo Thon (gelöscht)
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Am Flusslauf


Du sitzt hier auf dem Schardeich deiner Jahre
und lautlos zieht der Strom an dir vorbei.
Da kräuselt keine Welle, Gott bewahre,
denn du schwimmst dich im Leben nicht mehr frei.

Nein, du hältst inne, wieder hallen Klänge,
erneut schwingt in dir längst Vergess'nes nach.
Du hörst die alten, fröhlichen Gesänge,
sie ziehen rasch vorbei. Du trägst die Schmach,

den Fluss in seinem Lauf gewehrt zu haben,
die Furcht vor Überflutung ohne Grund.
So hast du dir ein nasses Grab gegraben,
das Wasser stürzt nur schneller in den Schlund.

Und mit ihm all die angestauten Pläne,
die Wünsche und die Hoffnungen von einst.
Aus dieser Quelle springt erst eine Träne,
dann zwei, bis du am Ufer sitzt und weinst.

Doch irgendwann versiegt auch diese Trauer.
Wo eben noch ein Fluss war, rinnt ein Bach.
Du ziehst die Jacke fest, der Wind wird rauer,
dann gehst du heim und denkst nicht länger nach.
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#2

Am Flusslauf

in Philosophisches und Grübeleien 08.09.2008 13:23
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte

Hi Mattes

man kommt ja im Moment schwer an dir vorbei *g. ich würde ja gern etwas meckern, aber ich finde leider nichts. handwerklich solide und trotz der quellentsprungenen Tränen nicht zu dick (wie ich ganz persönlich finde *g).

inhaltlich bringt es eine ziemlich negative Stimmung rüber. das Ich hat sich gegen das Leben gewehrt und dabei ist es an ihm vorbei gegangen, aber selbst als es das erkennt, fehlt ihm die Kraft zu kämpfen und es resigniert.
gefällt mir zwar von der Aussage her nicht, denn es ist nie zu spät, was zu ändern, aber ich finde es gut umgesetzt.

Gruß
Simone

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#3

Am Flusslauf

in Philosophisches und Grübeleien 08.09.2008 19:24
von Pog Mo Thon (gelöscht)
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Danke. Aber wennste tot bist, dann is zu spät, das kannste glauben. Und selbst wenn lyrI nicht tot ist, muss es nicht einmal zwingend etwas ändern wollen. Es hat jetzt zwei Tränen ob der verpassten Chancen vergossen, sich dann den Mund abgeputzt und nun geht es weiter. Oder es hat wirklich aufgegeben, aber dann säße es wohl noch immer am Fluss und brunzte. Und daher finde ich deine Lesart, was das Ende angeht, eher textfern. Aber ansonsten will ich mich nicht beklagen.
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#4

Am Flusslauf

in Philosophisches und Grübeleien 08.09.2008 20:19
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
jetzt wo du es sagst. es könnte natürlich auch tot sein ...


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#5

Am Flusslauf

in Philosophisches und Grübeleien 09.09.2008 08:03
von Alexa (gelöscht)
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Hallo nizza,

Der Strom der hier an deinem Lyrdu vorbeizieht, ist still. Lautlos ohne „schlagende Wellen“. Da ein Strom aber eigentlich nicht still ist, vermute ich hier ein in sich gekehrtes LyrDu.
Was an ihm vorbeizieht, will er, oder kann er nicht mehr an sich heran lassen.
Es denkt zurück - an fröhliches genauso wie an die vertanen Chancen, an unerfüllte Träume, die er vll. nie in Angriff nahm aus Angst falsches zu tun. Beweint es.
Allerdings machst du mit: irgendwann versiegt auch diese Trauer, deutlich, dass Lyrdu bereits einiges an Trauerarbeit im Leben bewältigt hat und weiß, dass irgendwann jeder Schmerz halbwegs ertragbar sein wird/muss. Die Schlussstrophen habe ich hier nicht mit dem Tod assoziiert. Für mich ist es eine innere Ruhe, vll. auch eine Art von Gleichgültigkeit, weil Lyrdu weiß, dass es nichts bringt den vergangenen Träumen nachzutrauern.

Einen kleinen Melodiesprung hab ich hier in 1Str.4 Z. Das Verb schwimmt unbetont zu lesen, ist mir erst beim zweiten Anlauf gelungen.

Das Wörtchen – doch- 1Str.4Z. stört mich irgendwie. Ich vermute das kommt daher, dass ich hier das doch in einem Gegensatz begründet suche, das aber in der Stille nicht finde. Zum besseren Verständnis: ich bin verletzt, doch lebe noch.
In der zweiten Strophe mutet das -wieder - hallen Klänge etwas fremd an. Und man sucht nochmal in der ersten Strophe, um zu sehen, ob man da vll. irgendwelche Klänge überlesen hat. Ähnlich verhält es sich bei -nur -3 Str. 4 Z.
Der Übergang von Str.2 zu 3 ist dir gut gelungen. Aber müsste es in 3Str 1Z. nicht – dem Fluss in seinem Lauf gewehrt zu haben- heißen?
Na ja, Kleinigkeiten.

Mir gefällt dein Flusslauf. Danke für den Lesegenuss
Gruß
Alexa
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#6

Am Flusslauf

in Philosophisches und Grübeleien 09.09.2008 17:31
von Pog Mo Thon (gelöscht)
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Hallo Alexa,

vielen Dank für deine aufmerksamen Zeilen. Es ist dir gelungen, mir das "doch" in S1V4 zu vergällen. Bei den anderen Dingen kann ich dir zwar folgen, verstehe, was dich da umtreibt, beharre aber doch. Ich denke nach wie vor, dass das alles auch in meiner Lesart möglich ist bzw. gefällt es mir nach wie vor gut genug, um es nicht ändern zu müssen. Hinsichtlich des Akkusatives beim Wehren des Flusses bin ich sogar sicher.

Ich hatte beim Schreiben tatsächlich auch nicht den Tod des lyrischen Ichs vor meinem geistigen Auge. Aber man könnte es so interpretieren, denke ich. Sympathischer ist mir auf jeden Fall die Deutung des Sich-Abfindens.

Den Dank für den Lesegenuss kann ich zurückgeben. Ich freue mich sehr.

Beste Grüße
Mattes
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