#1

Elegisches (die Wahrheit)

in Gesellschaft 15.11.2008 14:31
von viktor (gelöscht)
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Elegisches (die Wahrheit)

Von traumverwirrten Bildern tief durchdrungen
hat der Poet den Leib dem Bett entschwungen
und rührt versonnen seinen Müsli-Brei.
Dann zieht er eine Kippe durch die Lungen
und ordnet sein Gedankenallerlei.

Sein Dichterhirn ist noch vom Traume schwanger,
so mäht er seiner Phantasien Anger
und drischt die Ernte in die Tastatur.
"Die schwarze Dichtkunst steht ab jetzt am Pranger!
Entlarve die Chimäre der Kultur!

Ich schaute letzte Nacht in tiefste Tiefen
und lauschte neuen Geistern, die mich riefen:
Verlogen ist die Trauerpoesie!
Wo Texte Tod und Liebesdrama miefen
stimmt dieses leider selten oder nie!

Der wahre Grund der Dichter Höllenqualen:
Sie können ihre Raten nicht bezahlen!
das - und nichts Andres - zwingt sie in die Knie.
Denn wo Gerichtsvollzieher sie zermahlen,
verdrängen sies und fliehn in Elegie!

Wie soll dem Dichter Positives glücken
Wenn Rechnungsberge, Raten ihn bedrücken?
Die Wirklichkeit wird so zur Dauerqual,
Sie schlägt auf Magen, Herz, Gemüt und Rücken
oh Schmerz, dein Stachel sticht so trivial..."
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#2

Elegisches (die Wahrheit)

in Gesellschaft 16.11.2008 19:20
von Habibi (gelöscht)
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Hallo Viktor, ich habe sehr geschmunzelt bei deinem sauber gereimten Gedicht. Lediglich die letzte Zeile, speziell das letzte Wort (auch wegen der notwendigen Betonung entgegen dem Sprachtduktus) hat mich etwas unbefriedigt zurück gelassen. Vielleicht würde aber schon etwas besser, wenn du die letzte Strophe als vorletzte nimmst und mit "Elegie" endest?

Grüße von Habibi
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#3

Elegisches (die Wahrheit)

in Gesellschaft 18.11.2008 07:02
von Renee (gelöscht)
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Lieber Viktor,

wie sagt der Dichter? "Die Kunst geht nach Brot." Darüber hat Lessing schon geklagt.

Liebe Grüße, Renee
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#4

Elegisches (die Wahrheit)

in Gesellschaft 18.11.2008 10:02
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo viktor,

dieses Gedicht ist äußerst sauber gezimmert, hat Witz und Klasse. Kann jetzt gar nicht mehr dazu sagen, außer dass die letzte Strophe auch da ist wo sie hin gehört und bei meiner Betonung das "trivial" gut funktioniert.

Gut. Ein Kritikpunkt ist ein geschmacklicher. Das Gedicht ist so klar, dass es mir, was meine Möglichkeiten betrifft, nicht viel Raum für Interpretation lässt. Aber das ist auch erfrischend, da es Substanz besitzt.

Grüße,
GerateWohl

_____________________________________
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#5

Elegisches (die Wahrheit)

in Gesellschaft 22.11.2008 07:18
von viktor (gelöscht)
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hallo habibi,
deine vorschläge klingen plausibel, ich werde drüber nachdenken...
hallo renee,
klar, in unsern breiten geht kunst nach brot - das fragwürdige daran ist heutzutage allerdings, dass das "broterzeugen" immer mehr an die techniken delegiert wird.
hallo GerateWohl,
danke für deine komplimente!
liebe grüße
norbert
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