#1

brot

in Natur 21.11.2008 23:02
von riemsche | 74 Beiträge | 74 Punkte

keine rinde
rät die frau
sie könnten dran ersticken

die zwei grauen fauchen
der ansatzlose zubiss
ist ein hin weg mit vor
sicht und danke fühlt sich
an wie 120er schmirgel
papier zwischen zahnfee
und zutraulich

auf knöchel
tief grünblau
gekräuseltem messer
scharf freigestellt wachsam
die weisse
in maske zeichnung stille
rückendeckung

eine scheibe lang
mich mit allein
erziehend

_____

zuletzt bearbeitet 04.03.2010 19:54 | nach oben

#2

brot

in Natur 22.11.2008 15:15
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte
Hallo Riemsche,
ich bin hier neu, aber nehme mir ganz dreist die Freiheit mal ins (grün)Blaue zu interpretieren, natürlich nach subjektiver Zeit-/Raumumstellung:

Also das lyr. Ich befindet sich im Zustand des Verhungerns, nach langem Herumlungern und diverser Grübeleien, welcher Art dieser ist, trifft es eine pragmatische Entscheidung, stellt sich an die Ecke und quatscht Hinz und Kunz voll. Nach was zum Beißen. Bekommt es auch, wegen des erbarmungswürdigem Zustandes, erleidet infolge einen Zuckerschock, völlig verwirrt und durchgeknallt landet es im Krankenhaus, mit anschließender Sicherheitsverwahrung...

Vielleicht ist aber auch alles viel einfacher und es ist was es ist: gebackener Teig!

Alles klar! Und wie siehst/sehen Du/Sie das? Bitte um Aufklärung!

Mal von originellen Bildern abgesehen, kann ich dem „Ding“ nicht allzuviel abgewinnen, sowas soll ja auch immer ziemlich subjektiv sein, vielleicht bin ich nur ein bisschen blöde(sic!), was ja nahe läge, ganz objektiv betrachtet.
Jedenfalls knacke ich das Rätsel nicht!
Originell spricht ja nicht immer für sich, heutzutage will schließlich alles originell sein, ins Auge krachen, aber die Schmerzen die damit verbunden sein können, über die will Keiner reden - und schon gar nicht wahr haben.

Allerbestens,
Gedichtbandage,
(tränenden Auges der Satire zugewandt)


NACHTRAG: für mich passen einfach Melodie und Rhythmus nicht, ich stolpere von einem Stückwort zum nächsten, in Gedanken nach dem Sinn suchend...

_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
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#3

brot

in Natur 23.11.2008 12:39
von riemsche | 74 Beiträge | 74 Punkte
servus bandagierte(r)(:->))
schwan(t) dir jetzt etwas ?
wobei dein sugarshockszenario auch was für sich hat
aber hier gehts doch mehr um die fütternde hand
jene, die sie beißen und die, die aufpassen dass sich dabei niemand weh tut.
danke fürs ausführliche und lieben gruss
vom riemsche

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#4

brot

in Natur 24.11.2008 18:41
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte
Also mein lieber Schwan! Hi Riemsche,

ich könnte jetzt ein schlaues Gesicht auflegen, sowas kann ich ganz gut, dennoch und gerade wegen dieser Erklärung schreit es mir aus eben diesem, dass ich das so nicht richtig sehen kann. Die Betonung liegt dabei auf dem Ich.

Vielleicht fehlt ein bisken Butter bei de Fische, ein wenig Wortsalat um das Ganze abzurunden, aufzuhübschen, oder ein Lageplan, um den unwissenden Ornithologen ein wenig zu leiten, in der Richtung meine ich. Zugvögel orientieren sich da anders.

Da fällt mir doch glatt ein Anekdötchen dazu ein. Meine Urgroßtante Edna - Achtung Klischee! - hat die Viecher immer schön gefüttert und fand sie so edel, traumhafte Zauberwesen, eben Lears Kinder (nicht König Lears!). Onkelchen Helmut - seines Zeichens ewiger Protagonist - war das schnurz. Das waren eben harte Zeiten damals und dem Bräter war es auch egal, ob fette Gans, Ente oder sonstewas sich darin einkuschelten! Tantchen weinte ein paar Kullertränen und schwor ab! Diese holden Tierchen wollte sie nie wieder so handzahm anfüttern, hielt sich jedoch immer nur kurz an diese edle Absicht. Das Ergebnis schmeckte dem einen mehr, dem anderen weniger.

Und ich neige zum Schwafeln, manchmal, interessiert doch keinen! Aber vielleicht steckt in dieser Schwafelei mehr drin, keine Ahnung ;-)

Nun, wie schon gesagt liegt es mit sicherer Wahrscheinlichkeit an den sezierten Wörtern, die machen es unnötig schwer. Da fehlen für mein Empfinden ein paar relevante Bezugspunkte, Rettungsringe, die in die richtige Richtung lotsen... haltsuchend klammert sich träges Gedankengut an Strohhalme…
…sagte ich schon, werde alt!

Herzlichst und heut` mal mumifiziert,
Gedichtbandage

___

NACHTRAG: Hier ein möglicher Holzweg der Interpretation eines blauäugigen Subjekts:

Brot
– Assoziation des Verfalls oder des Hungers oder Bedarfsstillung...

Keine Rinde rät die Frau, sie könnten dran ersticken!
– Gut gemeinter Rat, wobei hier nicht klar ist, auf wen der sich bezieht, ich denkt natürlich auf das angesprochene Ich.

Die zwei Grauen fauchen
- Die zwei Grauen könnten schimmelnde Brotscheiben sein, aber wieso fauchen die? Aha(!) umgangssprachlich wirklich Brotscheiben, zwar älteren Ursprungs und fast antik. Da sieht man mal wieder wohin "...lesen, lesen, lesen..." führen kann!

der ansatzlose Zubiss ist ein hinweg, mit Vorsicht und danke,
- Genießt sicher das Ich, muss wohl fast verhungert sein, sagt noch brav danke.
fühlt sich an wie 120er Schmirgelpapier - zwischen Zahnfee und zutraulich
-Das Brot war sicher älteren Ursprungs und knirscht ganz schön, wird aber weich im Mund.

auf knöcheltiefem grünblau Gekräuseltem messerscharf freigestellt
- Ab hier wird es sozusagen in dieser Interpretationsvariante unverständlich, wegen der Bilder der halberfrorenen Hände mit Messern oder denen entgegen?

wachsam die Weiße in Maske Zeichnung
stille Rückendeckung eine Scheibe lang
auch mich alleinerziehend
- …das Ich ist ein sozialer Härtefall ;-)

Das lässt sich mehrfach abwandeln, in den suggerierten Bildern, aber ob das sein muss? Frei interpretierbar ist etwas anderes, Bilder zu malen, die sich jeder ansieht und etwas für sich, von sich findet und dem Drumherum…

Mit der Erklärung bin ich selbstverständlich sicher, dass es sich um eine Fütterung, und deren Risiken handelt, die Grauen die Schwanenkücken sind, undundund.

Vielleicht liegt es auch am Titel und dem geneigten Leser sollte hierbei ein klitzekleiner roter Faden zugeworfen werden, damit der nicht absäuft!

_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
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#5

brot

in Natur 30.11.2008 00:21
von riemsche | 74 Beiträge | 74 Punkte
jedem leser seinen freischwimmer (:->)) in fantasie
weil ein klitzekleiner roter faden ist drin
lohengrin im titel war mir doch zU gewag(ner)t
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#6

brot

in Natur 30.11.2008 12:25
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

Zitat:

riemsche schrieb am 21.11.2008 23:02 Uhr:

keine rinde
rät die frau
sie könnten dran ersticken

die zwei grauen fauchen
der ansatzlose zubiss
ist ein hin weg mit vor
sicht und danke fühlt sich
an wie 120er schmirgel
papier zwischen zahnfee
und zutraulich

auf knöchel
tiefem grünblau
gekräuseltem messer
scharf freigestellt wachsam
die weisse
in maske zeichnung stille
rückendeckung

eine scheibe lang
auch mich allein
erziehend

_____

hallo riemsche

ich sah ein winterliches Ufer mit einer Schwanenfütterung direkt aus der Hand des lyrischen Ich. dessen Frau gibt die Anweisung der ersten Strophe aus dem Hintergrund.

S2: zwei Jungschwäne (eher braun als grau, aber wahrscheinlich ein Hinweis auf die fütternden Rentner, oder?) beißen sich die Brotstücke aus der hingehaltenen Pranke. das Fauchen ist typisch für Schwäne bei unterschrittener Fluchtdistanz. die Schwanenschnäbel, die Hand und Brot streifen, fühlen sich innen an wie Schmirgelpapier. in der Tat, ein treffender Vergleich. für mich vielleicht in etwas gröberen Körnung bitte. das "zahnfee" passt da für mich auch nicht, da es ja eigentlich keine Zähne sind. um die Z-Alliteration zu halten, und vielleicht auch die Parallele zu den grauen Panthern, würde ich "zahnlos" empfehlen.

S3: ein adulter Schwan überwacht das Geschehen im Blickfeld des lyr.Ich, also im flachen Wasser ("knöcheltiefem grünblau"). das "gekräuselte Messer" deute ich als eiskaltes H2O, vielleicht sogar als Eis, aber ich hätte es an der Stelle gerne eindeutiger gehabt - die Raterei und die fragwürdige Zuordnung störte mich da. die schwarze Gesichtsmaske aber, ist eine schöne Bezeichnung für den Schnabelhöcker der mit dem weißen Gefieder einen vollendeten Kontrast bildet.

die letzte Strophe gefällt mir uneingeschränkt. sie deutet mir die Präsenz des Altvogels im Wasser als "Erziehung" von Jungvögeln und Fütterern zugleich, durch die Überwachung eines angemessenen Kompromisses zwischen Nähe und Distanz und zeigt vielleicht auch gleichzeitig, subtil, die Grenzen der Domestikation auf.

Gruß
Alcedo

e-Gut
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#7

brot

in Natur 30.11.2008 16:02
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte
@ alcedo

Das kann ja jeder behaupten! Jetzt! ;-)


@Riemsche

Jedem Schreiber der rote Faden!
Du kannst doch nicht davon ausgehen, dass Dein fiktiver Leser in den gleichen geistigen Lachen schwimmt wie du, lyr./lit. Ich.
Entweder der dümpelt noch irgendwo herum, oder der ist schon Tiefseetaucher, und was bitte interessiert den, was dort oben irgendwo schwimmt?
Da wären wir wieder beim alten Thema der gleichwertigen Kommunikation, so unter Gleichgestellten.
Als Subjekt jedoch, maße ich mir einfach an, über gewisse parallele Erfahrungen durchaus zu verfügen, sie jedoch anhand anderer, völlig anders zu beleuchten. Was uns trennt. Immer.

Allerbestens und verbunden,
Gedichtbandage

_________________________________________________________
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#8

brot

in Natur 30.11.2008 21:23
von riemsche | 74 Beiträge | 74 Punkte
servus bandagierter,

gleichwertige kommunaktion ist mir ein zu idealisierter begriff, der widerworte schon im ansatz in intoleranz entlässt. das verhältnis autor/leser wird aufgrund anderer wortwahl, herzschlag und atmung, differierendem sozialem ethischem und mentalem background immer ein gespaltenes bleiben, berührungsmomente bleiben dafür lange in ereinnerung. selbst der schärfste kritiker ist zu allererst immer noch leser, was mancher entrüstete autor ebenfalls gern unberücksichtigt läßt. bei parallelen erfahrungswerten hat sich auch der, sich seiner sache sehr sichere, autor manchmal völlig anderen gesichtspunkten seines werkes auseinanderzusetzen, oftmals solchen, die er bei niederschrift zwar keineswegs intensierte, die aber in ihrer klaren darlegung durch wen am eigentlichen "unbeteiligtem" völlig neue sichtweisen eröffnen, im idealfall beide auf ideen bringen. ich vevorzuge letzteres.was uns anscheinend verbindet, immer (:->)).

liebe grüsse
vom riemsche

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