#1

Das Elend der Hunde

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 23.10.2020 14:26
von Al le Gordien | 146 Beiträge | 348 Punkte

Das Elend der Hunde

Zitternd vor Kälte schliesse ich die Fensterflügel. Der Morgen ist so kühl, dass ich zuallererst daran denke, wie sinnlos es wäre, nicht gleich wieder unter meine Felldecke zu kriechen. Abgesehen davon fühle ich mich seit dem gestrigen Genuss eines Fruchtsalates irgendwie marode im Bauch.

Es ist klar: ich bleibe zu Hause – und im Bett.

Ein Klopfen an der Türe meines Einzelraumes läßt mich im nächsten Moment aufschrecken. Leider war ich nie pedantisch genug, die Eingangstüre zu meiner Wohnung abzusperren.

Im nächsten Moment steht der Fremde im Raum und pflanzt sich vor meinem Bett auf. Er starrt mich mit Augen an, deren Farblosigkeit hell wie die Eiswürfel unter einer Neonlampe sind.

„Nehmen sie es philosophisch junger Mann: die meisten Taten und Handlungen, die Menschen anderen Menschen angedeihen lassen, sind nicht edel!“

„Ich…ich..will ni-ni-nicht unhhöflich sein, aber wa-was machen sie hie-hier in meinem Zi-Zimmer?“

Stottere ich in seine Richtung.

„Unsere Organisation erstellt eine Verhaltensstudie über jene Menschen, die intolerant gegenüber dem Halten von Hunden in städtischen Territorien sind!“

„Hunde im städtischen Territorium? Wo-wollen sie mich verschau-schaukeln?“

Ich habe meine Fassung fast wiedergewonnen.

„Sie sind also dagegen?“

Mir kommt vor, sein Blick bohrt sich dabei in mich wie eine Hilti in ein Rad Emmentaler Käse.

„Dagegen? Mann – i-ich habe darüber noch n-nie ernsthaft nachgedacht.“

„Ich muss sie um eine Antwort bitten. Und zwar jetzt. Ihre Meinung ist zum Abschluss unserer Studie unbedingt notwendig.“

„Mei-meine Meinung und warum?“

„Sie sind der letzte Proband in unserer Studie.“

„Proband? I-ich bin do-doch keine Testperson, Mensch, was soll denn der Quatsch?“

Ich setze mich voll Entsetzen im Bett auf.

Der Kerl hat plötzlich eine Kanone auf mich gerichtet. Als er den Abzugshahn spannt, kann ich nicht anders: ich platze mit einem Lacher raus. Das Ganze ist natürlich ein Scherz.


„Es erstaunt mich, dass ihr Verhalten nicht das zeigt, was man in derartigen Situationen vom Proband erwarten würde, nämlich nichts als nur Angst!“

„Angst? Angst habe ich nur davor, jeden Morgen regelmäßig in die Hundescheiße vor meinem Haus zu treten!“

Brülle ich ihm voller Wut in die Umrahmung seiner Eiswürfelglotzer.

Er lächelt mich an. Istdas Triumph in seinem Blick?

Im nächsten Moment erfasst mein Riecher den Duft von Zellulosenitrat; das Mündungsfeuer zwingt mich zum Blinzeln. Und erst der Lärm! Der hat kaum Zeit von mir gehört zu werden.

Es ist wie ein Hammerschlag zwischen meinen Augen, besser gesagt auf meine Nasenwurzel. Gleich auch Wärme und Dunkelheit, welch Gefühle! Nun weiß ich eines sicher: nie wieder Büro.

Ich bin zurück gekehrt zur Summe aller Teilchen. Endlich wieder: elementar!


Alles, was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles, was sich aussprechen lässt, lässt sich klar aussprechen. (Wittgenstein)

zuletzt bearbeitet 23.10.2020 14:32 | nach oben

#2

RE: Das Elend der Hunde

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 23.10.2020 18:01
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Hallo Alain, du kannst echt Schreiben. Musste sich die Mieze erst mit dir fetzen, bevor du diesen Beweis erbringst?
Einen ähnlichen Text, witzig und dynamisch, erinnere ich mich schon mal gelesen zu haben. - Das gute alte Ralfchen, ja, das konnte es mit dir wohl aufnehmen. Aber die stark schwankende Erträglichkeit seiner Produktion brachte uns damals leider auseinander.
Du bist viel reifer, nicht wahr?
Krimi schmökernde Grüsse - mcberry

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#3

RE: Das Elend der Hunde

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 23.10.2020 20:04
von Al le Gordien | 146 Beiträge | 348 Punkte

Servus lieber mcB-

Wen meinst du mit der Mieze? Diese wunderbare Alaba? Sie ist doch sehr sympathisch und eine ganz liebe. Wenn sie so attraktiv ist, wie ihr Beitrag, der kein bla...blaA war, dann muss sie an jeder Hand fünf Herren haben.

Noch dazu ist sie eine Begnadete Lyrikerin. Und Herumfetzen? Nicht dass ich das empfunden hätte. Im Gegenteil eine wunderbare nette wechselseitige kommentation.

Viele liebe Grüße!
A


Alles, was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles, was sich aussprechen lässt, lässt sich klar aussprechen. (Wittgenstein)

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#4

RE: Das Elend der Hunde

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 24.10.2020 06:35
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Ach du Schande!
Jetzt gesellt sich zu ihrem Hauspersonal, dass die wunderbare Alba schikaniert, und den singenden Katern, die sie verprügelt, noch ein masochistischer User, der sich mit Freude beschimpfen lässt.
Dagegen werde ich nicht ankommen. Seufzergrüsse - mcberry

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#5

RE: Das Elend der Hunde

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 24.10.2020 11:47
von Al le Gordien | 146 Beiträge | 348 Punkte

Servus MacB–

Nun zu den masochisten würde ich mich eher nicht zählen, sondern eher zu den liebenswerten, die wissen wie man mit den rätselhaften + nicht selten völlig verwirrten Personen des anderen Geschlechtes umgehen muss – oder sollte.

Herzliche Grüße und Wünsche für ein schönes Wochenende
A


Alles, was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles, was sich aussprechen lässt, lässt sich klar aussprechen. (Wittgenstein)

zuletzt bearbeitet 24.10.2020 11:48 | nach oben

#6

RE: Das Elend der Hunde

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.01.2021 00:43
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Der Beitrag wurde zur Weihnachtsabstimmung 2020 nominiert
und lag mit 1 Stimme Abstand hinter dem Siegertext.

zuletzt bearbeitet 01.01.2021 00:48 | nach oben


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