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Ein früher Frost trifft diesig graue Gassen,
verwirft der gelben Reben welkes Laub.
Er droht die feinen Zweiglein anzufassen.
Was fällt, sinkt tief hinein in Staub
und ruht auf winterkalten Hängen.
Auf Stauden reifen Beeren purpurrot und klein
im milden Licht von Sonnenuntergängen.
Wie wundervoll wird dieser Eiswein sein!
RE: Spätlese
in Ausgezeichnete Lyrik 11.10.2016 20:09von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
Liebe yaya,
das ist voller schöner Bilder, trotz - oder gerade wegen - der vielen Adjektive. Eine kleine Variationsidee: 'diesiggraue'. Das liest sich eher XX x X x, und das finde ich ein wenig rhythmischer, ähnlich wie bei 'winterkalten', 'purpurrot und' & 'wundervoll wird'.
Gerne gelesen.
Herzliche Grüße
Hannes
RE: Spätlese
in Ausgezeichnete Lyrik 12.10.2016 06:18von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Zitat von yaya im Beitrag #1hallo Yaya
Ein früher Frost trifft diesig graue Gassen,
verwirft der gelben Reben welkes Laub.
Er droht die feinen Zweiglein anzufassen.
Was fällt, sinkt tief hinein in Staub
und ruht auf winterkalten Hängen.
Auf Stauden reifen Beeren purpurrot und klein
im milden Licht von Sonnenuntergängen.
Wie wundervoll wird dieser Eiswein sein!
hier gehts um diesen besonderen Wein, der erst ab minus 7 Grad geerntet und gekeltert wird. die Beeren hängen deshalb manche Jahre, noch bis spät in den Winter hinein an den ansonsten kahlen Rebstöcken. ein früher Frost soll der Qualität des späteren Weines angeblich zuträglich sein. leider habe ich diesen Wein noch nie probiert. die Beeren aber sehr wohl. rote und weiße. bei entsprechendem Lichteinfall könne manche tatsächlich purpurfarben erscheinen. und sie sind meist wirklich sehr klein. da konzentriert sich dann der ganze Fruchtzucker: sie sind sehr süß.
mir gefällt dieser bildhafte Herbst-Winterspaziergang durch den Weinberg.
bei den hartkadenzigen Zeilen bietet sich vielleicht eine Straffung an: da fallen mir einige Füllsel auf: gelben, welken, tief.
Probieren geht über Studieren:
Ein früher Frost trifft diesig graue Gassen,
verwirft der Reben welkes Laub.
Er droht die feinsten Zweige anzufassen.
Was fällt, verfault im Staub
xXxXxXxXxXx
xXxXxXxX
xXxXxXxXxXx
xXxXxX
und ruht auf winterkalten Hängen.
Auf Stauden: Beeren purpurklein
im milden Licht von Sonnenuntergängen.
Süß wird dieser Eiswein sein!
xXxXxXxXx
xXxXxXxX
xXxXxXxXxXx
XxXxXxX
klingt es so nicht besser? untermalt es die nach und nach verknappende Biomasse der Rebstöcke so nicht eher, wie auch die Erwartung des kommenden Genusses, als ein fast durchgängig harmonisch-fünfhebiges Metrum?
Gruß
Alcedo
Liebe yaya,
der Herbst, die Zeit der Ernte, vielbesungen in allen Varianten. Lebt man nahe den Weinbergen, ist die Weinernte ein großes Ereignis, und darum geht es in deinem Gedicht, das selbstverständlich, wie könnte es anders sein, den Wein hochleben lässt, speziell den zu erwartenden Eiswein. Du machst das in zwei Strophen á vier Verse mit fünfhebigem Jambus. Ein bisschen vermisse ich die sprichwörtliche Begeisterung, das geht alles sehr ruhig betrachtend vonstatten, erst im letzten Vers spüre ich etwas davon - ein bisschen Suff ist ja immer dabei.
Sprachlich bin ich nicht so ganz bedient, wenn zum Beispiel der frühe Frost das welke Laub der Reben "verwirft". Oder die "feinen Zweiglein", wo "Zweige" ausreichen würden. Alcedo hat dir einen Vorschlag gemacht, vom durchgehend fünfhebigen Jambus in Vers 2 und 4 zum vierhebigen zu wechseln, was die Sache doch ein wenig auflockert und Füllsel beseitigt. Man muss eben die Lebensfreude des Rheinländers, angefeuert durch den Wein, spüren.
Handwerklich sauber geschrieben, was will man mehr.
Gruß, Antigone
Danke Hannes, Alcedo und Antigone
der einfühlsamen Beschäftigung mit diesen Zeilen. Fast bin ich erstaunt über soviel Akzeptanz.
Eure Vorschläge kann ich gut nachvollziehen.
Die Absicht, ein traditionell-romantisches Gedicht zu schreiben, begrenzt Zugeständnisse in der Wort-
wahl. Eine Vokalbel wie "verfault" erschreckt mich eher. Schon die Vokabel "gärt" hatte ich verworfen.
Auch der angedachte Tiefsinn erreicht die Realität mehr theoretisch, keinesfalls wirklich. So kann dieser
Text auch keinem Foto von Weinstöcken im Gegenlicht widersprechen. Demnächst sollen er nämlich auf
eine Weinkarte gedruckt werden. - Aber ihr habt Recht: S2Z2 zurück auf die Werkbank zwecks Feinschliff.
Vielen Dank nochmal für eure freundlichen Kommentare, weil sie mir Mut machen. Grüße von Yaya
RE: Spätlese
in Ausgezeichnete Lyrik 06.12.2016 01:35von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
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