#1

Malven in Born

in Natur 01.11.2015 15:26
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

.

Malven in Born


Wie Handflächen die sacht nach oben gleiten
und abnehmen an Größe und an Zahl,
verjüngt sich Blatt um Blatt zu einem Strahl,
der aufragt in ein helles Hinbereiten

der offen fleischig schimmernd Blüten,
durch welche kleine Käfer waten,
aus welchen staubig Hummeln brüten.
Im Hintergrund, die alten Katen

mit tiefen Türen und dem fallend Reet,
in welches hoher Stängelwuchs gerät,
sich nicht verfängt und frei darüberschwingt
von Schwalbenflug zu Starenschwatz und winkt

den Möwen, dem Passanten am Chaussee,
der Sonne wie den Wolken eh und je
zu Sand des nahen Boddens möchten fließen,
manch dunklen Kelche, Stauden welk zu Füßen.

.
.


e-Gut
zuletzt bearbeitet 09.12.2015 07:00 | nach oben

#2

RE: Malven in Born

in Natur 13.11.2015 16:34
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Malven sind lila Blüten, O. K.

Welches Born ist angedacht? Ein Gestade mit Sandboden und Möwenpopulation ist offensichtlich.
Die Schwierigkeit, sich lesend auf einen Ort zu beziehen, lenkt den Blick auf die beschwingte Form.
Katen, Sinnbild einer rasch verfallenden Zivilisation, säumen unaufdringlich den Weg im Hintergrund.
Der Pflanzen dunkle Kelche mahnen Vergänglichkeit an und geben eine weiche Todessehnsucht preis.

Zur Form - aber nur, weil ich es nicht lassen kann -Punkt nach S4Z2. Die Grammatik der Schlusszeilen
zum Sand des nahen Boddens möchten fließen manch dunklen Kelche - Substantiv -
oder aber im Dativ: ->manch dunklen kelchen, Stauden welk zu Füßen.

Diese weiche Melancholie rutscht nicht so leicht, vllt weil die Zeilen Orientierungsarbeit erfordern. HG - mcberry

zuletzt bearbeitet 13.11.2015 16:36 | nach oben

#3

RE: Malven in Born

in Natur 25.11.2015 11:52
von yaya (gelöscht)
avatar

Hallo Alcedo,

ein wenig historisch, um nicht altmodisch zu sagen, und gerade darum mag ich das. Dieser Stil sollte
bewahrt werden. Aber wenige nur beherrschen das Metier. (Ich nicht und nörgle gern anderwo herum.)

Also metrisch fand ich noch Schnitzer: Wie Handflächen (x X xx) oder (x X X x) läßt eingangs stolpern.
Wie wäre: Handflächen gleich, die sacht nach oben gleiten / und nehmen ab an Größe und an Zahl ...

Das ganze Gedicht in nur zwei Sätzen abzufassen, halte ich eigentlich für eine gute Idee. Der erste Satz
zieht zur Pflanze hinauf, der zweite abwärts. Zum Schluß wird die Grammatik wohl irgendwie schwammig.

Der melancholischen Schönheit der Verse tut das aber echt keinen Abbruch. Bewundernde Grüße von Yaya

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#4

RE: Malven in Born

in Natur 06.12.2015 10:37
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

hallo mc

nicht immer lila. selbst bei der Wildform nicht.
es gibt nur ein Born in D.

danke für das Anführen deiner Assoziationskette und für das bescheinigte Beschwingte.

beim Weglassen des Punktes dachte ich es würde reichen um auf das eingebaute Apokoinu hinzuweisen. scheint nicht gereicht zu haben.
hab deshalb jetzt was nachkorrigiert.

intendiert hatte ich ein „zerfliessen“. deshalb das zu, nicht das zum.

hatte nicht gedacht dass es so viel Orientierungsarbeit erfordert. aber offensichtlich tut es das und das ist nicht gut wenn ich erläutern muss. sie erläutern sich nicht von selbst, meine Zeilen. bei mindestens drei Lesern nicht.
danke für deine Deutlichkeit.

Gruß
Alcedo




hallo yaya

freut mich dass dir der Stil zusagt.

mir ergibt sich kein Hebungsprall. ich montierte zu Beginn einen Auftakt, einen Daktylus (Handflächen) und einen Jambus (die sacht). die stärkste Hebung fällt bei dieser Montage auf die Silbe Hand. das brauche ich so.
die anderen Hebungen sind schwach (die Endsilben „chen“ und „men“ beim drunterliegenden, korrelierenden „abnehmen“), aber vorhanden. letztlich gerät die Zeile trotzdem jambisch, hoffe ich. und ich spiele ein bisschen mit dem inhaltlichen hinaufziehen und dem abwärts welches du so schön aufgezeigt hast. obwohl es anfangs hinaufgeht bringe ich das Wort „abnehmen“, was ein gewisses Stocken im Lesefluss bewirken sollte. möglicherweise will ich aber hier wieder viel zu viel. das ist eine meiner Schwächen, die ich gerne ausmerzen würde. schön dass du die Melancholey ins Feld führst. das war mir eine schöne Bestätigung, dass doch manches gut zu funktionieren scheint.

die Grammatik sollte keinesfalls schwammig erscheinen. merci für den Hinweis. hab jetzt das Koinon kursiv gesetzt. das unterstreicht mir auch schön optisch das zerfließen. wäre schön wenn du mir sagen könntest ob es jetzt besser ankommt. danke sehr.

Gruß
Alcedo




bisherige Topic-Version:




Malven in Born


Wie Handflächen die sacht nach oben gleiten
und abnehmen an Größe und an Zahl,
verjüngt sich Blatt um Blatt zu einem Strahl,
der aufragt in ein helles Hinbereiten

der offen fleischig schimmernd Blüten,
durch welche kleine Käfer waten,
aus welchen staubig Hummeln brüten.
Im Hintergrund, die alten Katen

mit tiefen Türen und dem fallend Reet,
in welches hoher Stängelwuchs gerät,
sich nicht verfängt und frei darüberschwingt
von Schwalbenflug zu Starenschwatz und winkt

den Möwen, dem Passanten am Chaussee,
der Sonne wie den Wolken eh und je
zu Sand des nahen Boddens möchten fließen
manch dunklen Kelche, Stauden welk zu Füßen.


e-Gut
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#5

RE: Malven in Born

in Natur 08.12.2015 15:15
von yaya (gelöscht)
avatar

Ja doch, viel besser, lieber Alcedo,

obwohl ich das Fremdwort erst einmal nachschlagen mußte: Wikilink: Koinon
Bildet man sich doch gerne. Aber noch einmal zur Grammatik:

Zitat
in welches hoher Stängelwuchs gerät, ... und winkt
den Möwen, dem Passanten am Chaussee, der Sonne wie den Wolken eh und je(Komma?)
zu(m?) Sand des nahen Boddens möchten fließen(Komma?)manch dunklen Kelche(n?), Stauden welk zu Füßen.


Wahrscheinlich kleiden sie sich in ein stimmungsvolles deep purple, diese Malven. Gerne gelesen. Grüße von Yaya

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#6

RE: Malven in Born

in Natur 09.12.2015 06:59
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

hallo yaya

danke für deine Hilfsbereitschaft und für deine Geduld.

zwei der von dir vorgeschlagenen Kommata habe ich übernommen. sie tragen zur Entschleunigung bei.
weißt du, eigentlich sind es nicht zwei Sätze in diesem Text. intendiert waren drei. deshalb fehlt der Punkt nach dem Apokoinu.
mit dem Koinon wollte ich ein stocken, ja sogar eine Umkehr des Leseflusses erreichen. ich drösele es mal auf:

1.Satz: endet bei brüte. Punkt.

2.Satz: endet nach eh und je

3.Satz: Wie eh und je, zu Sand des nahen Boddens möchten fließen, manch dunklen Kelche, Stauden welk zu Füßen. (intendiert war ein zerfließen zu Sand, ein zerfallen, erodieren)

leider funktioniert es mir nicht wie intendiert. es entsteht stattdessen Schwammigkeit in der Grammatik. vielleicht brauche ich noch mehr Zeit. und muss die Malven nochmal sehen. ja, auch das deep purple gab es. das Fleischfarbene, das Rote und viele weitere Facetten dazwischen.

Gruß
Alcedo


e-Gut
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