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So stumm versprechen ihm die Bäume Worte,
Als wüßten sie sein Schweigen braucht ein Lied,
Im Schatten dieser Fremde locken Orte,
Die er zulange zögerlich vermied.
Jetzt darf er zärtlich einen sich umarmen,
Und seine Stärke prüft sein müdes Herz,
Im Waldzuhause hüllt ihn sein Erbarmen
So heilend ein, und mildert heißen Schmerz.
Begehrte sie, doch sie ließ sich nicht küssen,
Ein andrer war es, den sie auserwählt,
Sie ließ ihm nichts, ihrem Geheimnis wissen,
So blieb er einsam - Leidenschaft entseelt.
Oh Trost, oh Wald, gib seiner kranken Seele
Erneute Kraft, der er verletzt, befehle.
RE: Der Wald
in Parodien und Persiflagen 12.10.2015 19:39von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte
Hallo Otto,
echt schön, mal wieder ein paar Zeilen von dir zu lesen. Dem Wald, Inspirationsquelle und Mythos, Einheit
stiftendes Symbol der deutschen Seele, sind sie gewidmet. Während der Wald seine Bäume sprechen läßt,
irrt ein Verliebter darin herum. ist dieser sein Sprachrohr?
Auch das Bild seiner Geliebten bleibt mir verschwommen. Da sie ihn zu entseelen vermag, schiene mir nicht
ganz unwichtig, ihr Wesen zu verdeutlichen. Wen oder was liebt der Waldläufer und warum, wenn nicht zufällig,
ausgerechnet hier? Die Regenfrau? Und sie zieht ihm eine Flusslandschaft vor? Nein, eher sucht er die Heilkraft
der Pflanzen zu umarmen. Aber wer weiß, alles ist drin. Eine neue alte Geschichte ...
Zur Form:
Mit Absätzen wäre der Text wahrscheinlich leichter zu lesen. Z. B. mit Z5 "Jetzt" ...fängt 'ne neue Strophe an.
Eine knurrende Ve(r)rletzung in der grammatikalisch zu enträtselnden Schlußzeile. Runenzauber? HG - mcberry
Verehrter Leser!
Bei einer Lesung, wo ich dieses Gedicht vortrug, meldete sich eine Zuhörerin aus dem Publikum und sagte:
" DAS ist Poesie, die Man(n)/Frau gerne liest. Selbst die großen Dichter würden davor den Hut ziehen."
Ich war völlig verdattert, denn weder konnte ich das unangemesse Lob akzeptieren, noch berücksichtigte es meine Motivation ein solches Gedicht zu schreiben.
Mein Text ist eigentlich als eine ironische Zeitgeistkritik angelegt, die sich das Romantisieren der Selbstbemitleidung vernimmt. Die Suche nach der Antwort, mit der sich schon H. Heine schwanger sah:
" Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, daß ich so traurig bin?"
Natürlich hat der Protagonist im Gedicht für sich eine Antwort darauf parat. Er trauert einer unerfüllten Liebe nach. Dieses Gefühl scheint mir eine höchst menschliche Eigenschaft zu sein, denn es drückt die tiefe Verletzlichkeit aus, aus der jemand seine Verletzung nicht erträgt. Das ist sicherlich allgemein nachvollziehbar, insofern war mir ein Eingehen auf d i e, die sich nicht küssen ließ, überflüssig. Hier möge der Leser den gewährten Raum für seine Phantasie bemühen.
Natürlich ist die Trauerarbeit bei einem Verlust, einer Unerfülltheit akzeptabel, hilft aber nur temporär im wirklichen Leben weiter, wenn jemand sein Glück weiterhin suchen will.
Das Gedicht kommt sentimental, ja kitschig daher. Besser also suchte sich einer, sobald es ihm möglich ist, keinen Baum zum Ausheulen, sondern eine zum Küssen aus. Also raus aus dem Wald, genug der Trauer, ran an die Elfen mit den Elfenbeintürmen.
Bei meiner Lesung reagierte das gesamte Publikum überaus positiv. Ja es zeigte sich begeistert. Als ich gegenkommentierte, indem ich das Gedicht als sentimental und sehr deutsch hielte, erntete ich Verärgerung, ja beinahe wütende Reaktionen. Ja, das Publikum schien empört, so als ob ich ihm etwas weggenommen hätte.
Und doch schien es mir gerade wegen dieser Publikumswertung, als hätte ich mit diesem Gedicht die Weichstelle bei vielen berührt, gar verletzt.
Man sagt, daß es nur in der deutschen Sprache das Wort "Angst" gäbe, daß sich in keiner anderen Sprache nur einfach durch eine Übersetzung nachfühlen ließe. Wir wissen natürlich, daß es auch in anderen Sprachen diesen Begriff gibt, indes mag etwas Wahres daran sein, daß man mit ihm etwas spezifisch Deutsches verbindet, das in der deutschen Romantik aus deren Zeitgeist eine besondere Bedeutung erhielt. Ich bin der Einschätzung, daß sich mit der Romantik ein Weg vorbereitet wurde, der bis in den Holocaust führte (... "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut, Nietzsche´s Zaratustra, das Reinrassige, der Übermensch, blond und arisch, allen überlegen, etc).
Menschen, die sich ihrer Angst romantisierend ausliefern, die brauchen Feindbilder, damit sie sich über die vermeintlich Schwächeren hinwegsetzen, sich bestätigen.
otto, der nicht mehr in den Wald geht, um sich von einem Baum trösten zu lassen, sondern sich eher an der stummen Schönheit des Waldes erfreut. Und natürlich hofft er auf eine schöne Nachtigall zu treffen, selbst wenn sie nicht für ihn singen wird.
Grüßle an alle Waldfreunde,
otto
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