#1

Weiß

in Ausgezeichnete Lyrik 13.02.2014 11:20
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Im Fenster der Erinnerung brennt noch
ein Licht. Der Rest ist dunkel. Auch kein Laut
fällt auf. Kein Knistern dringt durch gar kein Loch.
War das jetzt echte Kälte auf der Haut?

Ich spüre mehr als wirklich existiert,
weil ich es will, weil ich es kann und weil
doch wichtig ist, dass irgendwas passiert.
Die Wirklichkeit folgt ihrem weißen Pfeil,

dem längsten auf dem großen weißen Bild
mit weißen Linien voll, das immer ruft,
wo's langeht. Je nachdem ein Hinweisschild,
ein Ausweg, eine Mauer oder Luft.

Ich weiß noch wie es war, als es geschah.
Ich träumte nicht. Nein, ich war wach und hier.
Wie jetzt. Und du warst immer noch nicht da.
Und als du kamst, war ich schon fort mit dir.


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#2

RE: Weiß

in Ausgezeichnete Lyrik 13.02.2014 14:21
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

Hallo GerateWohl,
besonders gerne las ich die letzte Strophe - nicht weil das Gedicht dann zu Ende war - es hat mir gefallen.
Etwas ist mir aufgefallen: Kein Knistern dringt ...
- x - = + Absicht?
MfG Uschi

zuletzt bearbeitet 13.02.2014 14:21 | nach oben

#3

RE: Weiß

in Ausgezeichnete Lyrik 13.02.2014 15:25
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Hi Uschi,

danke Dir für die Rückmeldung.
Entschuldige, dass ich Deine Notation nicht ganz blicke.
Was heißt - x - = + ?

Grüße,
G.


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#4

RE: Weiß

in Ausgezeichnete Lyrik 13.02.2014 17:06
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

Minus mal Minus ergibt Plus - das meine ich damit lb. GerateWohl. Die Aussage hebt sich auf.
Kein Knistern dringt durch gar kein Loch.
MfG Uschi

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#5

RE: Weiß

in Ausgezeichnete Lyrik 13.02.2014 18:04
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Aso. Ja. Verstanden. Ja, doppelte Verneinung ist doch ein veritables Stilmittel. Ist hier schon bewusst eingesetzt. Man kann natürlich sagen, die Aussage hebt sich semantisch auf. Und man fragt sich, ja was ist denn nun mit dem Knistern? Aber man kann es ja auch als Verstärkung verwenden. So ist es hier gedacht.


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#6

RE: Weiß

in Ausgezeichnete Lyrik 13.02.2014 23:39
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte

hey,
alter meister der rollenden ringe,

schön dich mal wieder zu lesen.
vom gefühl ist das schön und traurig/melancholisch zugleich -
und ich lese es als die reise zur entdeckung des selbst.


1. part
rückblick in die vergangenheit, kein jetzt - kein ton dringt in realität, fällt aus der erinnerung.
nichts als vergangenheit. vergangenes, gegangenes – schaudern.

2. part
ist fast schon relgiös, nahe dem buddhismus oder
aber schizophrenie läge nahe, eine affektive psychose:
l.i. abgenabelt, erträgt sich nicht nur sondern ist sich seiner bewusst, bewusster,
oder eben das irreale, die eigene übersteigerung des selbst mitsamt der einschätzung
seiner fähigkeiten, welche den rahmen der normalität sprengen

3. part
-weiß-
hier kommt das eigentliche, das leben an sich, unbestimmt und durch die sprachwahl vom l.i. entfernt gezeichnet, angefüllt von vagem, losgelösten variablen, welches letztlich dennoch in die richtung treibt, die ein jedes geht, egal auf welchem weg – bis zum ende.

4. part
und wieder im rahmen der erinnerung, wieder bewusst und wach und dennoch losgelöst von jetzt und der zukunft.
in diesem zeitzlosen raum halt ein jetzt, die verbindung der fäden des seins. die vergangenheit spricht ein l.d. an, welches dort noch nicht war allerdings im zuge der (selbst-?)findung die lücke zur realität überspringt, das gespaltene und das einswerden des wegs…

ende:
das l.i. fand sich (oder seinen fetus in fetu ;-)


herzlichger gruß
gb.


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>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
zuletzt bearbeitet 13.02.2014 23:42 | nach oben

#7

RE: Weiß

in Ausgezeichnete Lyrik 14.02.2014 14:54
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Hey GB,

schön Dich hier zu lesen. Und begeistert Deinen Gedanken zu meinem Gedicht gefolgt. Ebnet mir ein bisschen wieder mehr den Weg zu meinen eigenen Gedanken und der Welt der Lyrik sowieso. Bin etwas raus, zugegebenermaßen. Fand das Ding dann aber doch so gelungen, dass ich es einstellte.

Liebe Grüße durch die Stadt.


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