#1

zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 09.07.2013 07:25
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

in wohlstandstruhen kühlen kalorien
in leergesaugten beuteln dicht gepackt
ersehnen kerzenschimmer grillenzirpen
gepaart mit lustgetränktem würfelklingeln
an angeeisten cocktailgläsern

bedenken nicht wie wohlgeschliffen
messerklingen sie zergliedernd gabelzinken piekend sie
in rote höhlen voller goldbekronter zähne zerren
gemischt mit kräutern saucen und kartoffelchips zermahlen
sie duftpalpillen zu erschmeckten orgien reizen

bevor sie schluckend sanft gewogen in dunkle röhren gleiten
um angesäuert unsre entropiebilanz zu bessern

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#2

RE: zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 09.07.2013 17:04
von chip | 433 Beiträge | 461 Punkte

test the waste habe ich mir auch reingezogen, honey boy (wie komme ich darauf?)
und fand die sendungverse gut recherchiert, präsentiert und zeitbezogen manövriert.
die tiefkühltruhen, plastikbeutel, wohlstandsspeck ausbalanciert gegen zügige zahnreihen.
was tun? mitmachen wie verzichtsübungen bringen den sicheren untergang. tschüs chip

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#3

RE: zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 10.07.2013 09:08
von yaya (gelöscht)
avatar

Obwohl ich nicht sicher bin auf der Höhe der Konversation zu sein, lieber Hannes und Chip,
faszinieren die Zeilen. Vllt ist das Fernsehprogramm doch nicht so schlecht, wie geargwöhnt.

Zum Text: einzelne Zeilen wie S2Z1 "bedenken nicht wie wohlgeschliffen" haben durchaus lyrische
Power. Dieser antikisierende Stil bemächtigt sich des Zeitgeistes: Willkommen vergnüglicher Crash.

Zeitlose Themen wie Freßorgien lassen sich beliebig immer wieder aufbereiten. Grüße von Yaya

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#4

RE: zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 10.07.2013 09:09
von gheggrun | 377 Beiträge | 377 Punkte

Qualitätsoptimierende Reduktion (oder wenigstens Beschränkung)
bezüglich Anzahl der (Fr)Esser und der (Fr)Esserei kann helfen m.E.


Hastanirwana
GHEG
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#5

RE: zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 11.07.2013 13:41
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Schönen Tag!

Immer wieder diese nichtigen irdischen Genüsse! - Die Hebung der 'Messerklingen' könnte sogar beabsichtigt sein, lässt sie gefährlicher wirken.

Gruß
Joame

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#6

RE: zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 13.07.2013 14:58
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Hallo zusammen,

vorweg: dies Gedicht kann ich nicht kürzen. Es geht ja auch nicht um die vielen Esser, sondern die vielen Kalorien :). Oder auch nicht: Luxus und zweiter Hauptsatz sind jedenfalls nach der Überschrift das Thema ;)

Mit Fernsehen hätte ich das Gedicht selbst nicht assoziiert. Aber sicher, es hat auch medial betrachtet seinen Reiz. Gibt es eine Sendung "taste the waste"? Oder sind es die Messerklingen, die hier auf ein TV-Psychodram assoziieren liessen?

Überrascht war ich auch von "antikisierend". Sprachbetont und nicht umgangssprachlich, das sicherlich. Ich habe eine ganze Menge Sprachfiguren und "Klangbetontes" ausprobiert, das man sich - wie die luxuriösen Kalorien - auf der Zunge zergehen lassen kann bei lauten Lesen.

Was es mit der Entropie auf sich hat hier, überlasse ich Eurem Scharfsinn ;)

Danke für Eure Gedanken zu diesem Gedicht!

es grüßt
der.hannes

zuletzt bearbeitet 13.07.2013 14:59 | nach oben

#7

RE: zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 14.07.2013 21:25
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

"Taste the Waste" lief als TV Dokumentation. Lebensmittel im Wegwerfmodus ist das Thema.
Empoerte afrikanische Hotelangestellte, Tonnen ungenutzer Ressourcen begleiten den Alltag.
Händler verdienen an der Überproduktion, sind aber nicht Schuld an der Misere. Zum Beispiel
das "Verfuetterungsverbot" der EU, das eine Weiterverwendung als Tierfutter verhindert,
sorgt fuer riesige Mengen zusätzlichen Getreideanbaus, u.a. Gerste aus Indien. HG - mcberry

zuletzt bearbeitet 14.07.2013 21:27 | nach oben

#8

RE: zweiter hauptsatz des luxus

in Gesellschaft 15.07.2013 10:17
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Dass Tonnen von Lebensmittel weggeworfen werden und anderswo der Hunger wütet - ein Skandal ohne absehbares Ende, bis vielleicht die Grenzen des Wachstums dem doch ein Ende setzen, da gibt es genügend Szenarien.

Ich habe von Kindesbeinen an die größten Hemmungen, Lebensmittel wegzuwerfen, und ärgere mich maßlos, wenn etwas schlecht geworden ist, weil man nicht aufgepasst oder falsch geplant hat. Die Kriegsgeneration grüßt aus der zeitlichen Ferne.

Dieses Thema ist durchaus nicht an mir vorübergegangen, wohl aber die Sendung im TV....

Dass es Grenzen des Luxus gibt, ist sicherlich auch eines der Themen des Gedichts.

es grüßt
der.hannes

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