#1

Tafelgedanken

in Gesellschaft 19.04.2013 07:33
von Elektra | 250 Beiträge | 250 Punkte

Die Tafeln feiern zwanzigjähriges Bestehen.
Getrost darf man ihren „Erfolg“ darin suchen,
dass sich der Staat seinen sozialen Verpflichtungen
immer mehr entzieht. Und die Mitmacher
aalen sich in ihrem Samariter-Image.



Wenn du ganz unten bist, dann bleibt die Tafel.
Vergiss, wer du mal warst, und lass die Scham.
Hier gibt dir keiner was für dein Geschwafel,
du kennst doch deine Lage. Bleib mal zahm.

Dann stehst du. Du bist Letzter in der Schlange.
Dann bist du dran. Die packen dir was ein.
Du lächelst dankbar, aber nicht für lange.
Denn das geschenkte Brot ist schwer wie Stein,

der dir jetzt dauernd bloß am Halse hängt.
Du fragst dich still, wofür du dich so plagst.
Du registrierst. Du fühlst dich eingeengt.
Die lächeln, wenn du was von Würde sagst.

Dir steigt was hoch, du fühlst nur Wut in dir.
Beherrschst dich aber, bleibst erst mal gesittet.
Du hast doch Rechte! Und wo sind sie hier?
Und du begreifst: Hier wird doch was gekittet!

Dich quälen Fragen. Antwort weißt du nicht.
Empört besiehst du dir den Tafelfraß:
Warst du denn darauf wirklich so erpicht?
Man müsste, und man sollte … Aber was?


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#2

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 29.04.2013 11:29
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

Hallo Elektra,
natürlich darf man alles kritisch hinterfragen und es ist sicher was dran, an den daraus gezogenen Schlüssen.
Vorwürfe und Schuldzuweisungen sind m. M. nach aber nicht das richtige Mittel, um nachhaltige Lösungen zu schaffen. Wenn wir darauf warten würden, dass der Staat (letztlich sind wir das) alle Probleme löst und vor allem schnelle Hilfe leistet, wäre es um unsere Nächstenliebe schlecht bestellt.
Die angeführte Selbstwertproblematik mancher Bedürftiger und das Samariter-Image einiger sind im Gesamtkontext sicher nicht zu vernachlässigende Punkte, wichtiger ist es für mich aber hilfsbedürftigen Menschen wenigsten die Sorge ums tägliche Überleben zu ersparen.
Der Text regt jedenfalls an, über ein leider schon zu lange nötiges Hilfsprojekt nachzudenken.
LG
Perry

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#3

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 29.04.2013 11:59
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

Liebe Elektra,
diese "Betroffenheitslyrik" ändert nichts. Vielleicht sollte man eher konstruktive Vorschläge machen- oder zumindest - auch in schriftlicher Form - darüber nachdenken.
Ich finde die Einrichtung der"Tafel" gut.
Frdl. grüßt
Uschi

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#4

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 29.04.2013 17:37
von Ringelroth | 213 Beiträge | 213 Punkte

Hallo Elektra,

da ich über mehrere Monate selbst ehrenamtlicher Helfer bei der Tafel in meiner Stadt war, muss ich das von dir beklagte entschieden zurückweisen.

Ich verwahre mich gegen deine Anschuldigung "die Mitmacher aalen sich in ihrem Samariter-Image". Das ist eine Beleidigung für alle, die etliche Stunden unentgeltlich bei Kälte und Hitze die angelieferten Lebensmittel in den Geschäften abholen, sortieren, lagern und ausgeben. Würden die , die so dumm rumlabern wie du hier in deinem Werk, ab und zu selbst mal den Ar... hoch kriegen und helfen, dann hätten die Tafeln weniger Personalsorgen.

Auch ist das Brot - das übrigens wie alle Lebensmittel nicht verschenkt, sondern gegen eine Gebühr von bei uns 1,50 Euro abgegeben wird - weder schwer wie Stein, noch alt, noch sonst wie nicht essbar.

Und diese Lebensmittel als "Fraß" zu bezeichnen ist eine Frechheit. Mir scheint du hast keine Ahnung von was du schreibst.

Dass es in Deutschland überhaupt Tafeln geben muss, ist traurig genug und ein Zeichen verfehlter Politik, aber dass du die ehrenamtlich Tätigen beleidigst ist so überflüssig und dumm, wie ein nasser Schuh.


Mein neues ebook: "Himmelthor und Hondo" - ISBN 978-3-7368-5196-2
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#5

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 29.04.2013 18:02
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Guten Tag, Elektra!

Genug lange habe ich hinter die Kulissen geblickt, kann daher verstehen, was Du meinst. Brot, schwer wie Stein ist nur eine Metapher. Allerdings kann ich noch von hierzulande sprechen, weil ich weiß, wie es hier abgeht.
Da kommen selbst die betuchtesten Dämchen, die mit ihren Einkommen von etlichen Tausenden mehr als das Auslangen finden, und haben plötzlich gierige Kulleraugen.

Sie, für die das nicht gedacht wäre, drängen sich und nehmen so viel sie nur können. Auch beim Essen, das oft als 'Wohltätigkeitsmahl' bezeichnet wird, kennen sie keine Zurückhaltung und wirken ausgehungert beim Hineinfuttern wie Drescher-Knechte. Sie sind die ersten in den Schlangen für Hilfsbedürftige und behaupten den durch ihre Gier angestrebten Platz, kaufen was das Zeug hält, weil es ja so günstig ist. Wenn ihr BMW vollgeladen ist, dann erst werden sie friedlich und rauschen schnell ab. Da will ich nur hoffen, dass es sich nicht allerorts so verhält. Das sind nur ein paar zusätzliche Gedanken zu den Tafelgedanken, die ich gar nicht abwegig finde.

Gruß
Joame

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#6

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 29.04.2013 19:05
von Ringelroth | 213 Beiträge | 213 Punkte

Ich weiß nicht, wo ihr eure Erfahrungen gemacht, und hinter weilche "Kulissen" ihr geblickt habt.
Um einen Berechtigungsschein zu erhalten, mit dem eine Person Zutritt zu einer deutschen Tafel erhält, muss er beim zuständigen Amt für Soziales seine Bedürftigkeit anhand von Einkommensnachweisen dokumentieren. In aller Regel gehören diese Menschen zum Kreis der ALG II-Empfänger (Hartz IV). Desweiteren Rentner, die mit ihrer Rente unter der Bedürftigkeitsgrenze liegen.
Und nur wer bei der Tafel diesen Berechtigungsschein vorlegen kann, erhält Zutritt zum Verkaufsraum.
Dass es auch dort "clevere" gibt, die sich diese Berechtigung erschleichen, schließe ich nicht aus, aber in der Regel besteht die Kundschaft aus tatsächlich bedürftigen Leuten.
Außerdem bekommt jeder Kunde nur einmal pro Monat die Gelegenheit bei einer Tafel vorstellig zu werden. Der Tafelverkauf soll ja nur eine zusätzlichen Gelgenheit sein, sehr günstig an Lebensmittel zu gelangen.
Es gibt Tafeln, in denen die Kunden sich selbst eine Tasche der verschiedensten Dinge zusammenstellen können, andere, die sehr viele Kunden und wenige Helfer haben, packen die wichtigsten Nahrungsmittel vor, sodass der Kunde nehmen muss, was drin ist.
Aber bevor man die Helfer beschimpft und diese Eirichtung herunter macht, sollte man sich genau anschauen, über was man da herzieht.


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#7

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in Gesellschaft 29.04.2013 20:07
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

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zuletzt bearbeitet 14.08.2020 14:27 | nach oben
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#8

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 29.04.2013 20:39
von gast745 (gelöscht)
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Bravo - in einem einzigen Kommentar NGO´s vernadert, Immigranten an den Pranger gestellt, zugegeben, dass man selbst nicht mal soviel ist, Nahrungsmittel oder Zeit für Bedürftige zu erübrigen, ein bisschen Ausländerhetze betrieben, indem man in Not geratenen MigrantInnen Sprachunkenntnis anlastet, Titelneid bekundet und Leuten, die sich ehrenamtlich für sozial schwächere stark machen der Gier und des Diebstahls bezichtigt. Für ein Forum, dass sich die Kunst an die Krempe schrieb ist das schon eine Leistung. Noch dazu, wenn von einem Mitwirkenden verfasst. Hut ab. Ich hoffe der Verfasser wird hier zumindest getadelt. Das geht ja in Wirklichkeit auf keine Hutschnur. Schämen sollte man sich aufgrund solcher rechten Polemik und neidischer Verhetzung!

und aus Angst, man könnte diesen Unfug vielleicht löschen, bevor es Kontrollinstanzen zu sehen bekommen hier das angehängte Zitat von der/dem gewissen Plebis:
Guten Tag, Erdbeermund!

Bei Euch dürfte es anders ablaufen; die Berechtigungsscheine finde ich eine gute Idee.
Hierzulande konnte ich es so verfolgen: vor den Großmärkten stehen Helfer, die für die Bedürftigen Nahrungsmittel sammeln. Es werden reguläre Waren, die im Markt eingekauft werden, gespendet. Jede Art von Lebensmittel und Zuwendungen sind willkommen. Diese werden mit den vollen Einkaufskörben zu einem nahestehenden Bus gebracht, der die Ware in ein Lager bringt, wo der günstige Verkauf an Bedürftige erfolgt.

Ich selbst spende keine Nahrungsmittel, da ich zu jenen gehöre, die jeden Cent genau kalkulieren muss. Ich weiß auch nicht, ob für den günstigen Warenkonsum ein Berechtigungsschein erforderlich ist oder einfach Sprachunkenntnis schon genügt. Die Einheimischischen haben geringere Chancen, eher ist die Sammlung für Immigranten gedacht. Viele sind dort so gut bekannt, dass sie keine Art von Schein brauchen.

Genau dort aber ist meine Kritik, die ohne Beschimpfen stattfindet. Bei diesen Sammlervereinen haben verschiedene Personen eine regulative Funktion bzw. Aufteilungsfunktion - dürfen ein Wörtchen mitreden. Das sind oft sich ehrenamtlich engagierende Frauen von irgendwelchen Akademikern, die aber auch diese günstige Abgabe für sich weidlich ausnützen und ehe noch die Ausgabe beginnt, schon Auswahl trafen und ihre Portion so gut wie beschlagnahmt haben.

Zwar besteht für diese keine finanzielle Notwendigkeit dazu, sondern nimmt eher eine sportliche Art des Raffens an. Es ist nicht die Regel, aber recht häufig wird von diesen Vorkommnissen berichtet, von denen ich mich auch überzeugen konnte.

Gruß
Joame

Gruß, von einem Gast!

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#9

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in Gesellschaft 29.04.2013 23:59
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

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zuletzt bearbeitet 14.08.2020 14:26 | nach oben
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#10

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 20.05.2013 19:27
von Elektra | 250 Beiträge | 250 Punkte

Huch, das hätte ich nicht gedacht, dass sich die hiesigen Leser so ereifern können, zumal der Vorsatz zum Gedicht in eine bestimmte Richtung weist, nämlich: Die Bundesregierung versucht sich ihrer sozialen Verantwortung so weit wie möglich zu entziehen, und das nicht erst seit Einführung von Hartz IV, prekärer Beschäftigung, Leiharbeit, Werkverträgen u. a. Die Konsequenz daraus sind eben die Tafeln. Sie sind zum festen Bestandteil des sozialen System dieses Landes geworden. Zu fragen wäre hier: Wäre es nicht einfacher, man bezahlt die Leute so, dass sie nicht demütig zur Tafel gehen und sich für Abfallware auch noch bedanken müssen? Wo bleibt da die Würde des Menschen?
Genau das ist das Thema des Gedichts. Wozu sich hier leider niemand geäußert hat. Menschliche Würde ist wohl nicht so wichtig in diesem Land.

Aber ich habe ja auch noch etwas zu den freiwilligen Helfern geschrieben. Zufällig kenne ich da jemand, ich weiß, wie gern und wie oft er jedem, der es hören oder nicht hören will, damit in den Ohren liegt, was er armen Menschen doch so alles Gute tut, und das ganz uneigennützig. Dann hat man immer den Eindruck, um seinen Kopf glänzt ein Heiligenschein. Die Zuhörer wenden sich meist genervt ab.


Einmal sagte ich ihm: Pass mal auf, mein Freund, du könntest deine Freizeit doch ganz anders verbringen und nicht unbedingt als Almosenverteiler. Warum tust du das nicht? Er antwortete: Weil ich meine innere Verantwortung kenne. Darauf fragte ich ihn: Bist du dir bewusst, dass du, um dir selbst zu genügen, also vor dir selbst gut dazustehen, im Grunde auf die Armen angewiesen bist? Dass du damit, mit deiner auch selbstlos gemeinten Hilfsbereitschaft, einem System dienst, das gerade mit deinem Helfersyndrom rechnet? Bist du nicht der Ansicht, dass sich die Bundesregierung derartige Armutslöhne und Armutsrenten gar nicht erlauben könnte, gäbe es die Tafeln nicht? Soviel ich weiß, weisen schon mal die Jobcenter auf die Tafeln hin, wenn sie zum Beispiel Sanktionen aussprechen. Worauf er mich entgeistert ansah und meinte: Darauf bin ich ja noch gar nicht gekommen. Dann stimmt doch das ganze System nicht! Zwar hat er die Logik der Tafeln begriffen, aber soviel ich weiß, würde ihm die innere Erbauung fehlen, könnte er nicht jeden Freitag den Armen "Gutes" tun. Er ist also dabeigeblieben.

Ich fand die Diskussion, obwohl sie im großen und ganzen am Thema vorbeischrammte, trotzdem sehr interessant. Vielen Dank allen Kommentatoren.

Gruß, Elektra








Was er natürlich weit von sich wies.


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#11

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 22.05.2013 15:46
von Ringelroth | 213 Beiträge | 213 Punkte

Hallo Elektra,
in diesem Punkt gebe ich dir Recht: die Bundesregierung entzieht sich ihrer Verantwortung. Nicht nur auf den von dir angesprochenen Gebieten.

Wogegen ich mich aber wehre, ist dein Versuch, die Tafeln samt ihren freiwilligen Helfern verächtlich zu machen. Und wenn ein Helfer jedem, der es hören möchte und auch den anderen, davon erzählt, was er bei der Tafel so tut und auch stolz darauf ist, dann solltest du nicht versuchen, ihn lächerlich zu machen, oder ihm erzählen wollen, mit seinem Tun unterstütze er das fatale System und mache alles noch schlimmer.

Wäre es dir denn lieber, wenn die Lebensmittel vernichtet werden würden?

Solange es Hilfsbedürftige gibt, muss jemand da sein, der sich um sie kümmert. Da kann ich nicht in Ideologien schwelgen und die Helfer als Systemunterstützer diffamieren.

Denn ich frage dich: was tust DU denn, um die Lage der Hartzer und der Menschen, die sich in prekären Arbeitsverhältnissen befinden zu bessern?

Jede Woche ein neues Betroffenheitsgedicht in Onlineforen und Online-Presseorganen zu veröffentlichen hilft nun nicht wirklich.

Gruß
erdbeermund


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#12

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 24.05.2013 15:36
von Elektra | 250 Beiträge | 250 Punkte

Hallo Erdbeermund,

ich dachte, die Diskussion sei jetzt beendet, aber du setzt noch mal nach, und deshalb gehe ich noch mal außerhalb der Reihe auf dich ein.

Es ist kein Verächtlichmachen, wenn man eine Sache beim Namen nennt. Und bei den Helfern geht es ja tatsächlich darum, dass sie als Teil des um sich greifenden Almosensystems der Bundesrepublik Deutschland fungieren und somit ihren Teil Verantwortung mittragen. Wobei ich durchaus der Ansicht bin, dass das den Helfern gar nicht bewusst ist, sondern dass sie in festem Glauben, sie würden eine gute Sache unterstützen, sich mit ihrer ganzen Person einsetzen. Wenn du also wie ich der Ansicht bist, die Bundesregierung versuche sich ihrer sozialen Verantwortung zu entziehen, dann verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht, dass du die bestehenden Verhältnisse indirekt verteidigst.

Zu den Lebensmitteln: Hier wäre zu sagen, dass in Deutschland Lebensmittel nicht in erster Linie für den Verbrauch hergestellt werden, sondern vor allem, um Profit für den Unternehmer zu erzeugen. Es wird also am wirklichen Bedarf der Bevölkerung vorbeiproduziert. Dadurch entsteht natürlich ein Überangebot, das sich aus der anarchistischen Produktionsweise im Kapitalismus ergibt. Ja, es würde jedem leid tun, würden diese Lebensmittel lediglich in die Container wandern. Man könnte diese Lebensmittel aber genauso verbilligt verkaufen, ohne die Würde der Armen zu verletzen. Und denk mal bitte daran, dass tonnenweise Lebensmittel vernichtet werden, nur um die Preise hoch halten zu können. Das geschah so in der Krise 1929, und das geschieht auch heutzutage. Du wirst es vielleicht wissen, es herrscht kein Mangel an Lebensmitteln, wissenschaftliche Untersuchungen haben festgestellt, dass die Erde unter den gegebenen Produktionsbedingungen in der Lage ist, die Menschheit mehrfach zu ernähren. Doch bekanntlich sterben jedes Jahr Millionen Menschen an den Folgen von Unterernährung und Hunger.

Du bist der Ansicht, solange es Hilfsbedürftige gibt, müsse sich jemand um sie kümmern. Da gebe ich dir absolut recht. Und das müssen deiner Ansicht nach Tafeln sein, die Abfallware als Almosen verteilen? Für mich erhebt sich die Frage: Muss es überhaupt Hilfsbedürftige geben? Dass es sie tatsächlich gibt, hat vor allem Ursache im Sozialabbau der Bundesregierung, die ihren sozialen Verpflichtungen unzureichend nachkommt. Meiner Ansicht nach ist es humanistischer, die Ursachen für Bedürftigkeit zu bekämpfen und nicht an Symptomen herumzudoktern, wie das die Tafeln tun, und dabei behilflich zu sein, die sozialen Missstände aufrechtzuerhalten oder gar zu verlängern. Ich denke, da bist du Opfer von Illusionen. Hier geht es nicht um Ideologien, sondern um praktische Überlegungen zu einer wirklichen Hilfe, um Armut von Grund auf zu verunmöglichen, wenn man immer wieder auf die Verantwortung der Bundesregierung hinweist. Wobei ich der Ansicht bin, dass gerade die Verlängerung von Missständen, die durch die Tafeln praktisch geschieht, die schlimmste Ideologie ist. Es ist, als würde man einem Ertrinkenden im offenen Meer lediglich einen Rettungsring zuwerfen, anstatt ihn an Bord zu holen.

Wer zu alldem schweigt oder diese Verhältnisse auch noch unterstützt, macht sich in meinen Augen zumindest mitschuldig, egal, welche Motivationen ihn bewegen. Natürlich hat der einzelne in diesem politischen System kaum Möglichkeiten, selbst etwas praktisch zu verändern, er ist an die bestehenden Institutionen gebunden. Es ist aber für Leute, die an der Verlängerung dieser Zustände mitarbeiten, sehr bequem und ausgesprochen unfair, anderen Menschen Untätigkeit vorzuwerfen, wenn diese andere Wege gehen, und das im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Und dass ich die Zustände nicht einfach nur hinnehme wie du zum Beispiel, kannst du schon daran sehen, dass ich sie in einem Gedicht öffentlich mache, also Menschen auf diese Zustände erst einmal aufmerksam mache und auf Zusammenhänge hinweise. Mir fällt in diesem Zusammenhang Heine ein: "Meine Feder ins Waffenverzeichnis!" Und ich denke, mehr muss ich zu deinen Anwürfen nicht sagen.

Gruß, Elektra


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zuletzt bearbeitet 24.05.2013 15:43 | nach oben
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#13

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 24.05.2013 16:26
von Ringelroth | 213 Beiträge | 213 Punkte

Wenn es also nach deiner Auffassung von Schuld und Verantwortung geht, dürften z. B. Notärzte auf keinen Fall Verkehrsunfallopfer versorgen, oder gar deren Leben retten, denn der Straßenverkehr ist mörderisch und jeder, der sich freiwillig diesem Risiko aussetzt, unterstützt diese schlimme Situation und ist somit selbst schuld, wenn er dabei Schaden an Körper und Seele nimmt.
Ich wiederhole: es ist ein Übel, dass es die Tafeln geben muss, denn der Staat könnte jeden finanziell so stellen, dass er mit seinem Geld keine Almosen braucht.
Aber solange die Situation ist, wie sie ist, muss geholfen werden.
Ich wiederhole: die Menschen, die berechtigt sind, bei den Tafeln für einen symbolischen Preis von zwischen einem und zwei Euro einzukaufen, versorgen sich lediglich ein oder zwei mal pro Monat an dieser Stelle mit Nahrungsmitteln. Es ist keineswegs so, dass sie dort ihren gesamten Bedarf an Lebensmittel einkaufen können.

Wenn du politisch Einfluss nehmen willst, dass diese Missstände in Deutschland beseitigt werden, dann tu es,
aber mit ins Netz gestellten Gedichten wirst du nichts bewirken.

Gruß
erdbeermund


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zuletzt bearbeitet 24.05.2013 16:27 | nach oben
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#14

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in Gesellschaft 24.05.2013 16:27
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

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zuletzt bearbeitet 14.08.2020 14:27 | nach oben
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#15

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 24.05.2013 17:15
von Elektra | 250 Beiträge | 250 Punkte

Hallo Erdbeermund,

an einer unsachlichen Diskussion bin ich nicht interessiert. Das Thema ist damit für mich erledigt.

Gruß, Elektra


woerterwelt.jimdo.com
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#16

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 24.05.2013 18:18
von Ringelroth | 213 Beiträge | 213 Punkte

du bist an KEINER Diskussion interessiert, denn deine politische Herkunft und dein sich daraus ergebender Standort lässt keine andere Meinung zu.


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#17

RE: Tafelgedanken

in Gesellschaft 25.05.2013 10:30
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Das Thema ist ausserdem geschlossen.

Keiner hat gewonnen, das letzte Wort die Administration. Es gruesst mcberry

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