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Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 11.12.2012 19:46von rote.Bommelmütze • | 29 Beiträge | 29 Punkte
Da saß sie wieder, diese fette Kröte. Seit Monaten schien sie sich auf dem Weg, den Luisa täglich ging, heimisch zu fühlen. Luisa missfiel das, denn es war ihr Weg, und sie wurde ob des Eindringlings immer wütender. Heute näherte sie sich der Erdkröte bis auf einen Meter und stampfte neben ihr kräftig mit dem Fuß auf. Dabei stolperte sie über eine mächtige Wurzel, die sie wohl übersehen hatte, obwohl sie den Weg sehr gut kannte, denn sie lief ihn seit Jahren, bei Nacht, bei Tag, bei Sonne oder Regen, allein oder mit Weggefährten. Er führte sie immer geradewegs zur Schule und wieder nach Hause.
Die Kröte ließ sich nicht weiter stören, sie quakte lediglich leise vor sich hin, machte aber keine Anstalten, wegzuhüpfen und den Weg freizumachen. Luisa stampfte abermals so fest mit dem Fuß auf, wie sie nur konnte, immer darauf bedacht, die Kröte nicht wirklich zu treffen, sondern sie nur derart zu provozieren und zu erschrecken, dass sie ihr aus den Augen sprang und nie wieder auftauchte. Ihr Fuß schmerzte, so fest hatte sie nach ihr getreten, aber die Kröte rührte sich immer noch nicht. Nein, sie saß da, nah bei der Wurzel, in der sich ihr Fuß vorhin verfangen hatte. Luisa spielte kurz mit dem Gedanken, die Kröte zu packen und in das angrenzende Waldstück zu setzen, um dieses Ding endlich los zu sein. Aber dafür hätte sie die Kröte berühren müssen und das wollte sie nicht. Wer weiß, was sie sich für Krankheiten einfangen würde, diese Kröten sind ja überall unterwegs, sitzen in den widerlichsten Dreckslöchern. Ekel überkam sie. Die Zeit lief ihr davon, denn um 8 Uhr begann die Schule. Die dumme Erdkröte würde schon von selbst wieder verschwinden.
Nach der Schule machte sie sich auf den Heimweg und hielt nach der fetten Kröte Ausschau. Vorsichtig näherte sie sich dem morgendlichen Krötenplatz, aber sie saß nicht mehr bei der Wurzel. Luisa atmete erleichtert auf und setzte ihren Weg fort. Plötzlich fuhr sie zusammen, da war sie wieder. Keine drei Meter von ihrem Haus entfernt, saß dieses Krötenvieh als erwartete es sie schon. In den wenigen Stunden schien es noch hässlicher geworden zu sein, die Augen traten hervor und die Haut war mit Warzen übersät. Luisa versteckte sich hinter einem Baum, der nah am Haus stand. Aus sicherer Entfernung warf sie mit einem kleinen Stein nach der Kröte, verfehlte sie aber. Ein zweiter Stein traf sie mitten am Kopf. Die Kröte erschrak, zuckte kurz zusammen und hüpfte davon. Luisa sprang auf und stieß sich an einem überhängenden Ast den Schädel. Aber das bemerkte sie kaum.
Am nächsten Morgen suchte sie abermals den Schulweg mit den Augen ab. Fast hätte sie die Kröte übersehen, denn heute saß sie nicht auf Luisas Weg, sondern sonnte sich ein paar Meter neben dem Wegesrand auf einem Stein. Luisa verließ ihren Weg und schlich sich an die Kröte heran. So hässlich und abschreckend sie auch war, irgendetwas faszinierte sie an dem Tier. Manchmal schien es fast menschliche Züge zu zeigen, wie gestern, wo es so erschrak. Um ein Haar hätte sie noch Mitleid gehabt, als der Stein sie getroffen hatte. Sie fröstelte in ihrem grünen Shirt und hätte sich gewünscht, die Wärme zu spüren, die die sich sonnende Kröte wohl gerade empfinden mochte, so zufrieden, wie die aussah. Luisa nahm einen Stock und stupste die Kröte leicht in die Seite, aber die glotzte nur. Luisa piekste sie noch einmal, diesmal heftiger, bis plötzlich Flüssigkeit aus dem Bauch austrat. Die Kröte quakte, erst leise, dann lauter, dann elendig. Luisa erschrak und rannte los. Sie rannte den ganzen Weg in die Schule, obwohl sie schon nach 500 Metern heftige Seitenstiche hatte, und auch ihr Herz tat schon weh, aber sie rannte weiter, als renne sie um ihr Leben.
Nach der Schule blieb sie noch etwas auf dem Schulhof, wechselte dann auf den Spielplatz, obwohl sie keine rechte Freude beim Spielen mit den anderen Kindern empfand. Als das letzte Kind nach Hause ging, machte auch sie sich auf den Heimweg. Zögerlich ging sie Richtung Zuhause und suchte nach der Kröte. Den ganzen Weg war sie nun abgelaufen, doch die Kröte war verschwunden. Seit Monaten verging kein Tag, an dem sie sich nicht über dieses hässliche Ding, das ihr innerlich zum Feind geworden war, geärgert hatte – aber jetzt, wo sie fort war … Luisa schluckte schwer. Die Sonne drohte, unterzugehen und Luisa lief den Weg erneut ab, ein zweites, ein drittes Mal, suchte immer hektischer und verzweifelter, bis sie ihre Kröte hinter hohen Gräsern fand.
Diese gab kaum noch Lebenszeichen von sich. Die Wunde, die Luisa ihr zugefügt hatte, sah schlimm aus. Schuld, Angst, Mitleid, Trauer, Zuneigung – eine Gefühlswelle überkam sie und erstmals berührte sie die Kröte mit ihren Fingern. Sie fühlte sich warm und angenehm an, gar nicht so kalt und glitschig, wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Sie hob sie hoch und trug sie vorsichtig nach Hause, wo sie sie versorgte. Und tatsächlich, die Kröte erholte sich langsam wieder. Als sie ganz genesen war, trug Luisa sie in die Sonne hinaus und setzte sie auf dem Weg aus, den sie täglich ging.
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 11.12.2012 20:43von ugressmann • | 942 Beiträge | 929 Punkte
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 11.12.2012 21:21von rote.Bommelmütze • | 29 Beiträge | 29 Punkte
Danke für den Kommentar. Auf der ersten Ebene handelt es sich um eine simple Kindergeschichte, auf der zweiten geht es um ein ganz anderes Thema: Umgang mit einer Krankheit. Die Kröte steht für eine bedrohliche Krankheit und Luisa muss lernen, sie nicht als Feind zu sehen und zu hassen, denn damit schwächt sie sich nur selbst (immer wenn sie die Krankheit mit Hass bekämpft, tut sie sich selbst weh, ihr schmerzt der Fuß, sie stößt sich den Schädel - alles kommt auf sie zurück). Ich denke, es ist nicht deutlich genug geworden, obwohl ein Kommentar mal in diese Richtung ging, aber ich glaube, dass die Kröte wohl eher für eine andere Person gehalten wurde. Aber letztlich ist das irrelevant, denn jeder kann die Kröte interpretieren, wie er möchte, ob als Tier, als Feind, als Kind o.a. Die Frage, wie Luisa die Kröte gepflegt hat? Sie hat sie - wenn man sie als Krankheit deutet - irgendwie angenommen und akzeptiert und nicht mehr mit den härtesten Mitteln bekämpft (weniger Medikamente).
Gruß zurück
Bommelmütze
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in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 11.12.2012 22:32von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 12.12.2012 08:54von rote.Bommelmütze • | 29 Beiträge | 29 Punkte
Hallo Joame,
der mentale Zustand spielt m.E. eine bedeutende Rolle und kann sich ganz sicher auch positiv oder negativ auf Heilungsprozesse auswirken. Stress, den man sich selbst macht (durch Wut und Angstattacken), kann zu Rückfällen beitragen und auch Therapien weniger gut anschlagen lassen. Insofern sind wir diesbezüglich ganz unterschiedlicher Ansicht. Nein, es geht nicht um banale Krankheiten, sondern um solche, die die Wurzel angreifen, das Leben.
Zitat
Es ist auch unvorstellbar, daß jemand in ernsteren Situationen auf die Idee kommen könnte, etwas, schon gar nicht eine dieser zwei Möglichkeiten, in Betracht zu ziehen.
Du gehst hier von deiner Sichtweise aus und überträgst diese pauschal auf alle Menschen. Das ist Unsinn und stimmt so nicht. Gib bei google ein: "Krankheit akzeptieren" - und du wirst nicht nur einen Treffer landen, sondern unvorstellbar viele. ;)
Gruß
B.
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in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 12.12.2012 11:30von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.12.2012 10:36von rote.Bommelmütze • | 29 Beiträge | 29 Punkte
Hallo Joame,
es ist doch gleich, wer einen Kommentar bei google abgibt, ich verwies darauf, um zu zeigen, dass es Menschen gibt, für die das Thema Akzeptanz einer Krankheit sehr wohl eine Rolle spielt, mehr nicht. Für dich schien das "unvorstellbar". Da tun die 90 Prozent Werbung also nichts zur Sache. Klar, einen Todkranken wird auch eine positive Einstellung kaum retten können, aber vielleicht kann er dadurch noch ein paar Tage gewinnen. Außerdem ist es doch ein Unterschied, ob er jeden Tag, der ihm noch verbleibt, mit sich, der Welt und seiner Krankheit hadert (Warum ich? Ich bin noch so jung, blabla...) oder den Rest der Zeit noch zu genießen sucht, das ist eine andere Lebensqualität. Die Wut im Zaum zu halten, ist für Betroffene manchmal nicht ganz einfach, es gibt eben auch Medikamente, die sehr reizbar machen und Aggressionen schüren können. Aber das ist ein anderes Thema und hat auch gar nichts mehr mit dem obigen Text zu tun.
Gruß B.
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in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.12.2012 11:19von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.12.2012 17:10von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte
Hallo und Tach,
Rote Bommelmütze,
Textkritik:
die Geschichte ist nicht gerade mitreißend geschrieben - für Kinder zu gestelzt, für mich zu beschrieben glatt... wieder zu viele Adjektive, hier fast zu wenig Befindlichkeit - solche die sich nicht aufzwängt, sondern etwas zum und mit dem l.S. trägt, hin zum Rezipienten - auch fehlt es an sprachlich Besonderem, Rhythmus, denn es fehlt einfach an Stil, und deshalb auch an seinen Mitteln - in einem literarischen Text bedeutet das mangelnde Stringenz, denn er folgt anderen Gesetzmäßigkeiten als ein sachlich-formaler, welche sich eben auch durch sprachliche und stilistische Logik reflektiert (...ist der Inhalt logisch und dafür adäquat in Ausdruck und unterstützendem Stil umgesetzt?...)
Tut mir leid,
es geht EINZIG um den Text, nochmal ran (!)
ich hoffe nicht schon wieder auf einen Egoshooter gestoßen zu sein, der keine Kritik verträgt.
Gruß
Gb.
_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.12.2012 17:37von rote.Bommelmütze • | 29 Beiträge | 29 Punkte
Also ein Egoshooter bin ich selbstverständlich, aber einer, der Kritik zu schätzen weiß. Eigentlich schrieb ich bis dato v.a. Lyrik, die Kurzgeschichte gehört zu den wenigen Ausreißern und ich befürchtete schon, dass sie nicht das Gelbe vom Ei ist. An sprachlichen Besonderheiten fehlt es wirklich, ich schrieb das Dingens einfach runter und das merkt man dann wohl auch. Ich denke, das Hauptproblem ist in der Tat, dass ich wie an einen Sachtext heranging und das funktioniert dann in der Tat nicht. Dass es zu glatt ist, kann ich gut nachempfinden, aber gestelzt? Kannst du mal ein Beispiel nennen? Wirkt es dadurch nicht authentisch, sondern aufgesetzt?
Danke für deine kritischen Anstöße, nur das bringt mich weiter.
Gruß B.
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.12.2012 19:09von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte
Sind ja Ermessensfragen; Rb
folgende Passagen scheinen mir nicht kindgerecht in der Ausdrucksweise:
Zitat
2. Abschnitt: Ekel überkam sie. Die Zeit lief ihr davon,
4. Abschnitt:...hätte sich gewünscht, die Wärme zu spüren, die die sich sonnende Kröte wohl gerade empfinden mochte, so zufrieden, wie die aussah
5.Abschnitt: Seit Monaten verging kein Tag, an dem sie sich nicht über dieses hässliche Ding, das ihr innerlich zum Feind geworden war, geärgert hatte
6.Abschnitt: Gefühlswelle
In der Gegenwart erzählt, kommen emotionale Stellen direkter: "Igitt wie eklig! Aber die Schule fängt gleich an."
Oder: "Mir ist kalt und die sitzt da warm, fett und zufrieden mitten im Sonnenschein."
Vom Ansatz her halte ich die Geschichte für gut und entwicklungsfähig, stehe auf so sinnvolle Plots. Hg - mcberry
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 19.12.2012 02:14von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.
L.F Celine
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 19.12.2012 09:23von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte
Diese Bemerkung, Gemini,
ist eindeutig mehr persönlich als sachbezogen und schrammt nur knapp an einer Beleidigung vorbei.
Auf Mahnungen und Verweise steht kurz vor dem Weltuntergang und mitten im Advent wahrscheinlich
niemand hier. Bitte mäßige dich und tritt keine neuen Streitereien los. Administrative Grüße - mcberry
RE: Luisa
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 19.12.2012 10:11von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.
L.F Celine
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