"hüte dich er will nur deine seele" rief ein glockenhelles stimmchen.
zu meiner rechten flimmerte die gestalt meines schutzengels auf. in meiner kindheit hatte er oft neben meinem bett gesessen und mit mir gebetet. jetzt aber bedrängt wie ich war fielen mir beim besten willen keine psalmen ein.
"sei so gut und erledige die gesänge für mich. bin überaus beschäftigt aus diesem glibber hier rauszukommen."
"serafina", sprach der altväterliche typ feierlich. " du tust ja so gut daran die weltlichen dinge nicht zu vernachlässigen. wie bin ich doch stolz auf dich..."
"du kannst es" flüsterte mir mein engelchen mut zu. "du findest die richtigen verse."

Hin- und hergerissen war ich. Da war die Stimme in mir, dazu dieser unbekannte mir doch irgendwie vertraut wirkende Mann, der momentan meinen Busen zusammenpreßte und mich begrapschte, während er eindringlich auf mich einsprach. Zugleich mühte ich mich ab, meine Beine aus der kaugummiähnlichen Masse zu bekommen. Das alles wurde mir erschwert durch diese leiernde Engelsstimme, die Mut zusprechen wollte, es aber nicht konnte. Jetzt winselte sie mir einige Psalmen ins Ohr und fügte nach jeder Strophe hinzu: Vergiß die Männer, sie sind unnütz.

Ehe ich überschnappte, geschah eine wesentliche Erleichterung, indem diese rosafarbene hochblubbernde Masse meine Beine freigab und sich zurückzog. Zu früh gefreut, denn es sollte dicker für mich kommen.

Der Grapscher, den ich veranlassen konnte, seine Finger aus meiner Bluse zu nehmen, nannte sich Alf Omega. Wenn er aufgeregt war, nahmen seine ungewöhnlich braunen Augen eine grünliche Farbe an. Soeben hatte er seine Hände zurückgezogen und mit beruhigend brauenen Augen lächelte er mich an. "Ich zeige Ihnen kurz meine Wohnung, Sie wollen es doch nicht darauf warten, bis dieser rosa Schleim wieder kommt?" "Nein, sicher nicht! So etwas habe ich noch nie erlebt, ich dachte, ich träume."
"Das glaube ich Ihnen. Es war äußerst beeindruckend, was unser junges Genie, der Chemiker, veranstaltete. Er hat die Kellerwohnung und macht sich meistens nur mit einem seiner Experimente bemerkbar, so wie vorhin. Ansonsten ist er unauffällig. Sagen sie einfach Alf zu mir."
Meinen erstaunten Blick mußte Alf bemerkt haben. Wie schnell er von einem Thema zum anderen glitt. Alles schien ihm erklärlich oder eine Selbstverständlichkeit zu sein. Ein Gefühl der Sicherheit strahlte er aus, auch jetzt, als er voranging und von seiner Schlüsseltasche den richtigen Schlüssel wählte.

"Sie ist wieder ganz da." Mit schnorriger Stimme sagte das ein überfülliger Mann mit Grinsgesicht zu seinem Kollegen, der auch einen weißen Anzug trug. "Na, dann ab mit ihr! Gib ihr sicherheitshalber noch ein wenig Valium. Die erste Nacht sollten wir sie angeschnallt lassen.
"Ach wo, die ist doch so fertig, ich glaube gar kein Fall für uns; kann sein, sie ist nur stinkbesoffen. Riechst du nichts?"
"Nein, obwohl ich eine gute Nase habe. Vielleicht ist das eine Spur Gasgeruch, was ich riechen kann, mehr nicht."
"Alter, du wirst schon senil, dein Riechorgan läßt nach. Vielleicht hat sie mit einem Gasfeuerzeug gespielt - haha!
Mach was du willst, meine Schichte ist gleich aus. Was ich mich nur frage, wieso die so blutverschmiert ist und wer ihr die Schramme über die Larve zog?"
"Vielleicht hat sie mir ihrem Verehrer ein paar sadistische Spielchen gemacht, wer weiß. Diese Nutten sind doch alle voll durchgeknallt! Jetzt kommt sie einmal auf Nr. 17, dann ist ist für mich Feierabend."

Ich war darauf gefaßt, das Schlimmste zu erblicken. Es traf mich vorerst noch härter, denn als ich die Augen geöffnet hatte, sah ich nichts: es war finster.
Im selben Moment vernahm ich die schmeichelsanfte Stimme "Ich würde einmal die Mütze hochschieben, sonst kannst Du gar nichts sehen." Mit einer Handbewegung streifte ich die wollige Mütze von meinem Kopf. Dicht vor mir war das Gesicht meiner Katze, die schnurrend näherkam. "Was war los? Kannst Du noch immer sprechen, sage es mir, bitte!"
Als wollte sie mich auf die Folter spannen, vernahm ich außer ihren sanften Lauten nichts, während sie mich einmal umrundete. "Nur wenn Du es nicht weiter sagst, dann will ich immer mit Dir sprechen. Es soll aber unser Geheimnis bleiben."
"Selbstverständlich, niemand soll es erfahren. Jetzt setzt Dich einmal zu mir und fang an zu erzählen."
"Das ist nicht ganz einfach; nimm einmal die Gegenwart als gegeben an und jetzt kraule mich etwas. - Mehr oben. Genauso, ja, so ist es gut."

Nach einer gewiß halben Stunde des Kraulens und unablässigen Schnurrens meiner Katze, schienen meine Finger taub zu sein. "Ich höre auf, mir reicht es" sagte ich einfach. Sie streckte sich wohlig und ihre Stimme klang so entspannt, wie ich sie noch nie vernommen hatte. "Ich werde Dir ein kleines Geheimnis verraten." "Du, mir, ein Geheimnis???" - "Ja, schnurr, ein süßes auch noch dazu." "Das darf doch nicht wahr sein!" Ich war aufgesprungen und entschuldigte mich im selben Moment. "Verzeihe, aber diese großartige Neuigkeit ist grandios. Hoffentlich habe ich dich jetzt nicht erschreckt, damit deine Ungeborenen keinen Schock bekommen haben." "Halb so schlimm, das bin ich gewohnt, außerdem ist es noch lange nicht so weit. Aber ein Monat vergeht schnell. Sieh dich um, genug Futter herbeizuschaffen, ich habe die Ahnung, es werden vier Junge sein.

Über dem Schrank manifestierte sich auf geheimnisvolle Weise ein körperloses gestreiftes Grinsen.

"Ich bin der Vater" schnurrt es geheimnisvoll. Ganz sicher Paulchens Stimme. Wo der wohl steckt?
Der ist doch mit der Putzfrau über alle Berge. Hat er meine liebe Mieze etwa schnöde sitzen lassen?