fast unsichtbar trennt eine glasscheibe den gestreiften schatten von seiner welt. ungläubig schaut der hauskater hinaus. an andere katzen erinnert er sich kaum mehr. tiere, die auf der strasse vorüber ziehen, meistens hunde, die ein halsband tragen, beneidet er um der abenteuer willen, die sie erleben dürfen. seine menschen verscheuchen ihn unerbittlich schon von der türschwelle zum hausflur und lassen darüber nicht mit sich reden.
mit einem satz unter die gardine gehüpft, findet er die fensterbank leer. als die fremde katze wieder kommt, rührt er sich nicht, sondern versucht an ihren gedanken teilzuhaben. gerade als bruchstücke von bildern, bäumen, kurze bewegte sequenzen vom sprung in einen dämmrigen kellerraum auftauchen, huscht sie davon. "folge mir" hört er ihre tonlosen laute.
manchmal wähnt er ihr bild in der ferne. am ende der strasse wachsen bäume, reste einer allee. dort würde sie gelegentlich ruhen, in gedanken weiter wandern, vllt sogar zu ihm.
dann eines tages steht das fenster offen. ohne zögern springt er über die fensterbank. asphalt unter seinen sauberen sohlen ist ungewohnt. der lärm rasender blechtonnen, von deren plumpen füßen dreck spritzt, macht ihm angst, obwohl ihm der anblick vertraut ist. die strasse hoch sucht er schutz unter dem ersten baum, wirft sich auf grasbewachsene wurzeln. herumflatternde schwarz weisse vögel lassen sich von ihm nicht beeindrucken.
er schnuppert: manche gerüche sind ihm neu, und auch der tod liegt in der luft.
ein schatten am fuß des übernächsten baumes: ihr fleckiges schmutz bespritztes fell hat offene stellen mit rotem fleisch, wo die elstern ihr werk begonnen haben.
entsetzt fährt der kater seine krallen aus, fassungslos, und horcht in sich hinein.
"da bin ich" versucht er gedanken an sie zu richten. "um mit dir auf die jagd zu gehen."
und vernimmt ihre stille stimme: "folge mir auf die andere seite, wenn es zeit ist."
wie niedergeschmettert bleibt er liegen, bis einer seiner menschen ihn holt, läßt sich ohne widerstand aufgreifen. hockt später bewegungslos am fenster und starrt mit trübem blick auf die pflastersteine. seine menschen besorgt, weil er tagelang die nahrung verweigert.
ihren schatten wähnt er hin und wieder durch traumtiefe innere gefilde streifen. sie schlüpft durch fenster einer dimension, die zu erkunden dieser abschnitt seines weges nicht gestattet.