#1

Klarsicht

in Philosophisches und Grübeleien 25.01.2011 19:30
von Mila (gelöscht)
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Klarsicht


Im Spiegel die Uhr,
die gaukelt mir nur
die Farben der Kindheit
als glasklare Murmeln
in grader Spur.

Wenn ich heut’ verrück’
das Fatum ein Stück,
dann flüstert ein Gauner
ich könnte noch wandern
hin und zurück.

Doch bin ich ja ich -
ich täusche mich nicht;
les’ Bücher nicht rückwärts,
zieh tapfer das Messer und
mach meinen Strich.

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#2

RE: Klarsicht

in Philosophisches und Grübeleien 28.01.2011 20:33
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Zitat
Im Spiegel die Uhr,
die gaukelt mir nur die Farben der Kindheit
als glasklare Murmeln in grader Spur.

Wenn ich heut’ verrück’
das Fatum ein Stück, dann flüstert ein Gauner
ich könnte noch wandern hin und zurück.

Doch bin ich ja ich
-ich täusche mich nicht; les’ Bücher nicht rückwärts,
zieh tapfer das Messer und mach meinen Strich.



Hallo Mila...................................................

eine mit leichter Hand, fast spielerisch hingeworfene Betrachtung der subjektiven Zeit.

Die innere Empfindung läßt den Weg, den wir hinter uns gebracht haben, nahe erscheinen, als wäre die Kindheit noch greifbar, die durchlebte Zeit nicht wirklich von uns gegangen. Dein tapferes LI trennt sich mit dem Messer von der Illusion. Ein Realist! Stimmt es so für dich?

Eine vierte Strophe, die Versöhnung /Wiederannäherung ermöglicht an eine wiedergefundene persönliche Zeit, Sinn suchend- und stiftend, die nähere Ausführung dieses mit Endgültigkeit erschreckenden Schlußstriches sozusagen, fehlt mir ein bißchen. (Gefällt dir Proust?) Sehr gerne gelesen. - mcberry

zuletzt bearbeitet 28.01.2011 20:38 | nach oben

#3

RE: Klarsicht

in Philosophisches und Grübeleien 29.01.2011 08:15
von Mila (gelöscht)
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Hallo mcberry,

früher war es wirklich so: ich habe viel Kraft für mein Tun auch aus der Vergangenheit geschöpft. Und ich habe mehr nach hinten als nach vorne gedacht, weil ich ja noch sooo viel Zeit zu haben glaubte. Heute meine ich, einfach keine Zeit mehr dafür zu haben, nach jeder Wurst zu springen und mich in jede Reihe anstelen zu müssen. Ich setze bisweilen also auch das Messer an, um mich auf Wichtiges konzentrieren zu können.
Andererseits hast Du natürlich Recht: ohne Illusionen, Träume und vielleicht ein wenig Selbstbetrug gehts wohl auch nicht...
"Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" hatte ich mal angelesen, dann aber beiseite gelegt - und seitdem nie wieder angefasst. Weiß auch nicht warum...
Danke für Deine treffende Besprechung.
Liebe Grüße von Mila

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#4

RE: Klarsicht

in Philosophisches und Grübeleien 31.01.2011 23:54
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

Hallo Mila,
endlich klar zu sehen wünschen wir uns wohl alle. Ohne die verklärende Brille der Erinnerung, sieht die Welt oft anders aus. Das Schlussbild verheißt für mich allerdings nicht Gutes, denn ein Messer zu ziehen um damit Striche zu machen, könnte auf ein Borderline-Syndrom hindeuten.
Formal ist mir noch die etwas unreine Reimfolge (ich, nicht, Strich) im dritten Vers aufgefallen.
LG
Perry

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#5

RE: Klarsicht

in Philosophisches und Grübeleien 04.02.2011 16:51
von Mila (gelöscht)
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Hallo perry,
BPS hatte ich natürlich nicht im Sinn, aber Du hast Recht, die Auslegung in diese Richtung ist möglich. Gemeint war eigentlich nur der Schlusstrich unter eine Rechnung (man hat also Plus und Minus "zusammengezählt"). Früher wurde der mit einem Bleistift gemacht und konnte demnach im Nachhinein manipuliert werden - deshalb das Messer als endgültiger Schnitt.
Danke für Deinen Kommentar und
Liebe Grüße von Mila

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