#1

Durchblick

in Diverse 01.10.2010 09:05
von Stummer Poet (gelöscht)
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Version2 (Mit Einwirkung von Landloper)

Die Freiheit, die sich ihm lange verwehrte,
brachte dem Löwen die bebende Erde.
Die Tür seines Käfigs sprang auf - und doch,
er merkte es nicht, sah gefangen sich noch.

So träge war er, wie festgebannt.
Es war ihm tief in die Augen gebrannt,
im täglichen Blick das Abbild der Stäbe,
als ob es ein geistiges Gitter noch gäbe.

Minuten verstrichen, bis kränklich und alt
der König der Wildnis, halbblinder Gestalt,
die Chance begriff und mit fauchendem Drang
zum Sterben in ewige Freiheit entsprang.



Version1
Das "so" hinter ihm in der ersten Zeile wurde wieder entfernt, weil es schwachsinnig ist, es der Metrik zuliebe einzufügen. Überflüssig und störend. So wieder passend 11 Silben!

Die Freiheit, die man ihm lange verwehrte,
brachte dem Löwen die bebende Erde.
Die Türe vom Käfig stand offen und doch,
er merkte es nicht, sah gefangen sich noch.

Am Zebra lags nicht, das im Erdspalt verschwand.
Dem Löwen schien auf die Pupillen gebrannt
im täglichen Blick ein Abbild der Stäbe,
als ob es ein geistiges Gitter noch gäbe.

Minuten verstrichen, bis kränklich und alt
der König der Wildnis, halbblinder Gestalt,
die Chance begriff und mit fauchendem Drang
zum Sterben in Freiheit und Frieden entsprang.



Erste Version ursprünglich:
apathisch sah er gefangen sich noch.


© H.

zuletzt bearbeitet 09.11.2010 14:24 | nach oben

#2

RE: Durchblick

in Diverse 05.10.2010 15:07
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

Hallo Armer Poet,
das Tier-Käfig-Bild lässt natürlich sofort Rilkes Panther aufleben, was vermutlich auch an dem ähnlichen Bild der in den Gedanken eingebrannten Stäbe liegt.
Bildlich gefällt mir dein Text gut, nur die Sprachgestaltung im ersten Vers empfinde ich etwas gezwungen:

"Die Freiheit, die man ihm lange verwehrte,
kam dem Löwen zurück beim Beben der Erde."

Das "kam zurück" klingt etwas seltsam in Verbindung mit der Freiheit, die ja i.d.R. kein eigenes Entscheiden hat und "beim Beben" läse ich lieber als "durchs Beben."

LG
Perry

zuletzt bearbeitet 05.10.2010 15:08 | nach oben

#3

RE: Durchblick

in Diverse 10.10.2010 14:09
von Stummer Poet (gelöscht)
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Hallo Perry,
Dank vom reichen Poeten.

Momentan fällt mir zur Änderung nur ein:

Die Freiheit, die man ihm lange verwehrte,
brachte dem Löwen die bebende Erde
bot dem Löwen sich an, durch die bebende Erde


Oder:

Die Freiheit, die man ihm lange verwehrte,
kam dem Löwen durchs Beben der grollenden Erde


Gruß H.

zuletzt bearbeitet 10.10.2010 14:21 | nach oben

#4

RE: Durchblick

in Diverse 10.10.2010 15:27
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

Hallo "reicher" Poet,
da würde mir
"brachte dem Löwen die bebende Erde"
am besten gefallen.
LG
Perry

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#5

RE: Durchblick

in Diverse 10.10.2010 20:08
von Stummer Poet (gelöscht)
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Ja Perry, habs geändert. Geschmeidigkeit hat Vorrang.
Ich bin nicht so ein Metrikfanatiker. Dann fängt eben die zweite Zeile betont an.

Gruß H.

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#6

RE: Durchblick

in Diverse 11.10.2010 11:39
von Chepre | 36 Beiträge | 36 Punkte

ein schöner Text. wie Perry anmerkte, habe auch ich sofort an Rilkes Panther gedacht. dennoch hast du hier einen sprechenden, keinesfalls altbackenen Text (was die Thematik angeht) gemacht, den man ganz gut lesen kann. schön, stringent - am besten gefallen mir Zeile 3 und 4 der zweiten Strophe.
jedoch frage ich mich, ob es möglich ist, dass man, wenn man sein ganzes Leben lang eingesperrt ist, das Gitter gar nicht mehr wahrnimmt? und was dann, wenn man in Freiheit gerät?
das einzige, was mir bisschen spanisch erscheint, ist die bebende Erde. ich find einfach nicht raus, wo ich die einordnen soll oder wie die ins Bild passt - ist der Löwe besoffen oder befindet er sich in der Türkei oder so etwas? vielleicht magst du hier deine Intention verraten.
zwei kleine Änderungsvorschläge hätte ich noch, die meines Erachtens den Lesefluss verbessern:

Zitat
apathisch sah er sich gefangen noch.


würd ich umstellen zu apathisch sah er gefangen sich noch.

Zitat
Am Zebra lags nicht, das im Erdspalt verschwand,


gut, das hat nun nichts mit dem Lesefluss zu tun. ich finds allerdings schwer vorstellbar, dass ein Zebra mal eben so schnell in einem Spalt in der Erde verschwindet - obwohl, Moment - ich glaube, nun habe ich begriffen, dass du wohl auf ein ganz reales Erdbeben hinaus willst. aber selbst das kommt mir nach wie vor spanisch vor und so wär ich hier eher für eine Felsspalte, was ich besser vorstellbar finde.

Zitat
zum Sterben in Freiheit und Frieden sprang.


entsprang wäre hier mein Vorschlag.

einige Kommata erscheinen mir überflüssig, die könntest du eventuell auch herausnehmen.

Gruß
Chepre


Happy people have no stories. (Therapy?)
zuletzt bearbeitet 11.10.2010 11:39 | nach oben

#7

RE: Durchblick

in Diverse 12.10.2010 14:11
von Stummer Poet (gelöscht)
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Hallo Chepre,
danke für die Auseinandersetzung mit dem Text.

Logik? Na ja, reine Fantasie.

Übernommen habe ich "Entsprang" und "apathisch sah er gefangen sich noch"

Zu viel Kommas weiß ich jetzt nicht.
Felsspalt klingt mir zu winzig.

Vielleicht fällt mir noch was ein.

Gruß H.
Weitere Fassung:

Die Freiheit, die man ihm so lange verwehrte,
brachte dem Löwen die bebende Erde.
Die Türe vom Käfig stand offen und doch,
er merkte es nicht, sah gefangen sich noch.

Am Zebra lags nicht, das im Erdspalt verschwand.
Dem Löwen schien auf die Pupillen gebrannt
im täglichem Blick, ein Abbild der Stäbe,
als ob es ein geistiges Gitter noch gäbe.

Minuten verstrichen, bis kränklich und alt,
der König der Wildnis, halbblinder Gestalt,
oder
des Königs der Wildnis halbblinde Gestalt,
die Chance begriff und mit fauchendem Drang,
zum Sterben in Freiheit und Frieden entsprang.


Wie findet ihr diese Version?
Erste Zeile könnte man auch noch schreiben:
"Die Freiheiten, die man ihm lange verwehrte"

zuletzt bearbeitet 05.11.2010 09:01 | nach oben

#8

RE: Durchblick

in Diverse 05.11.2010 20:24
von Stummer Poet (gelöscht)
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Hallo Landloper,
ich danke für dein Bemühen. Jedoch tust du einem Autoren keinen Gefallen, wenn du sein Werk erheblich umgestaltest. Mit zu viel fremden Federn schmücke ich mich nicht gerne, weil es sonst nicht mehr mein Gedicht ist. Sicherlich würden andere Dichter den Stoff wieder anders schreiben.

Meine Bitte war ja eigentlich auf den Vorschlag der letzten unteren Version einzugehen.
Vom Aufbau her sehe ich deine Erneuerungen kritisch. Die erste Zeile behagt mir gar nicht und kommt zu kurz.

Wert zur Überlegung ist manches sicherlich. Mal sehen. Jetzt müsste ich wiederum mich mit anderen Leuten um deine Version unterhalten. Die Erfahrung zeigt, es gibt gelegentlich auch Verschlimmbesserungen und man sollte gut abwägen, was man übernimmt.

Gruß H.

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#9

RE: Durchblick

in Diverse 08.11.2010 14:48
von Stummer Poet (gelöscht)
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Nun ja Landloper, mit einer zweiten Version und entsprechendem Hinweis kann ich leben.

Deine Version ist ja nicht schlecht.
Zum Aufbau soviel:

Die 2. Strophe z.B. zeigt zwei Verse im Daktylus mit betontem Auftakt, einen mit Daktylus mit unbetontem Auftakt und einer metrischen Zäsur mitten im Vers und einen mit einem Daktylus mit unbetontem Auftakt.

Es war nur ein Vorschlag ok. Du hast Zeit und Mühe nicht gescheut, das weiß ich zu schätzen.
Nochmal Dank!

Kritik auch weiterhin erwünscht, aber bitte Abgelehntes möglichst begründen.

Gruß H.

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