Und, was soll´s schon?
Was bleibt anderen Menschen, neidlos betrachtet? Lediglich noch ein Tag, noch eine Woche, noch ein Monat, Jahre vielleicht, hin zum Untergang. Zum großen au revoir. Kußhand zurück über die Schulter und ab ins Dunkle.
Ein bißchen Glamour noch am Schluß. Ein bißchen Kribbeln in der Leistengegend.
Das Einzige was mir fehlen wird ist Esmé. Esmé, süße Esmé.
Esmé die immer nach Herbstlaub riecht. Nach billigem, viel zu aufdringlichen Parfüm vom Diskonter und Heidelbeerkaugummi.
Esmé in ihrer ausgeleierten, roten Stoffweste, deren Ärmel über ihre kleinen Hände bis hinab zu den Kniekehlen hängen.
Esmé und der sexy geschlitzte, schwarze Rock, den sie in der Abschlußklasse, in unserer ersten Nacht getragen hat.
Esmé, die zweieinhalb Monate später unser Baby abgetrieben hat, obwohl ich ihr deutlich erklärte, wieviel mir an ihr und dem Kind liegt.
Esmé die meinte, ich sei selber noch ein Kind.
Ich blicke in den Rückspiegel und sehe ein letztes bißchen Schnee, das an meiner Nase hängengeblieben ist.
Schnee im August. In meinem Mazda herrscht der Winter. Draussen hat es nach wie vor 32 Grad obwohl die Sonne vor einer Stunde untergegangen ist. Die Klimaanlage hat den Innenraum auf 17 Grad fest im Griff. Die richtige Temperatur für Schnee in der City, an schwülen Sommerabenden.
Das hat de facto nichts mit der Wetterlage zu tun, so nebenbei gesagt, sondern lediglich mit der Gemütslage. Und meine steht auf frostig. Arktisch.
Angespornt schiebe ich mir ein weiteres Löffelchen unter die Nase und sniefe. Dann reibe ich mir die Nase, wische mir die tränenden Auge mit dem Handrücken und fahre vor, zum Schalter der Imbißbude.
"Drive through"
Neben mir die, die Ruger ist geladen, entsichert und einsatzbereit. Geld wird´s kaum geben, aber ein bißchen Glamour. Vielleicht eine nette Verfolgungsjagd. Und am Schluß werde ich nicht alleine sein, wenn ich meinen Wagen über die Leitplanken der Autobahnbrücke hinweg, in den Abgrund lenke.
Ich wünschte ich könnte mein Begräbnis sehen und all die verrotzten Gesichter.
Esmé, süße Esmé denke ich, lasse das Fenster auf der Fahrerseite hinab und greife gleichzeitig nach der Ruger.
"Geld her du Schlampe!"
Ich freue mich tierisch, als ich im Gesicht der Bedienung erkenne, wie unerwartet es für sie kommt, daß mir das Burgermenu, das ich bestellt habe, in Wirklichkeit am Arsch vorbeigeht.