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Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 16.03.2010 20:17von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
Selbstbezügliches
Wolkig drängt der Abendhimmel sich zusammen,
wenn ich schweigend aus dem Fenster aufwärts blicke.
Ob ich das wohl richtig in die Tasten frickle,
frag ich mich. Von hinten will mir Uhrgeticke
schiere Endzeit in die grauen Zellen rammen.
In die Bläue malen Äste ihre Schatten,
mischen Schwarz ins immer tiefer triste Dunkel.
Langsam wagen schon die Sterne ihr Gefunkel,
leise dringt aus Nachbarfenstern das Gemunkel
zu mir durch, doch Stille käm mir mehr zustatten.
Jeder Laut um mich zerreißt den roten Faden,
den ich grad von seiner Rolle Wolle spule.
Du wirst jetzt so fürchterlich, Du Wortgepule.
Nichts hält mich noch ruhig hier auf meinem Stuhle,
läßt mich glücklich schwelgen und in Worten baden.
Wieder naht die Ruhe, die ich so vermisste,
und es folgt ein neuer Blick ins düstre Draußen,
das ein heller Mond ganz voll bescheint von außen.
Mich beschleicht aus Angst vor diesem Reim das Grausen -
nein, kein Faden ist mehr rot auf meiner Liste.
RE: Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 05.05.2010 17:09von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte
Hallo hannes,
du hast hier das Grausen des sich abmühenden Dichters gut mit der hereinbrechenden Nacht in Verbindung gebracht.
Wirklich gestört hat mich nur der Ausdruck "seiner Garnesrolle" das klingt schon arg erzwungen.
Das Dunkel und Grau hast du etwas zu oft wiederholt und auch die "Bläue" und der "helle Mond" tauchten etwas unvermittelt auf, aber was solls, in der Nacht sind sowieso alle Katzen grau.
LG
Perry
RE: Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 05.05.2010 19:06von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
Hallo Perry,
aus "seiner Garnesrolle" ist jetzt "seiner Rolle Wolle" geworden. Danke für den Tipp.
Die Farbmalereien ins Düstere (es schwarz ist jetzt düster) mit dem kontrastierend hellen Mond: Für mich sind das Bilder, die sich gut vorstellen lassen.
Ich habe es zunächst mal dabei belassen, bis auf den Anfang (Dunkel graut -> Wolkig drängt).
der.hannes
RE: Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 05.05.2010 19:20von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
RE: Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 08.05.2010 10:37von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Zitat von der.hannes
Selbstbezügliches
Wolkig drängt der Abendhimmel sich zusammen,
wenn ich schweigend aus dem Fenster aufwärts blicke.
Ob ich das wohl richtig in die Tasten klicke,
frag ich mich. Von hinten hör ich Uhrgeticke,
will mir Endzeit in die grauen Zellen rammen.
In die Bläue malen Äste ihre Schatten,
mischen Schwarz ins immer tiefer triste Dunkel.
Langsam wagen schon die Sterne ihr Gefunkel,
leise dringt aus Nachbarfenstern das Gemunkel
zu mir durch, doch Stille käm mir mehr zustatten.
Jeder Laut um mich zerreißt den roten Faden,
den ich grad von seiner Rolle Wolle spule.
Du wirst jetzt so fürchterlich, Du Wortgepuhle.
Nichts hält mich noch ruhig hier auf meinem Stuhle,
läßt mich glücklich schwelgen und in Worten baden.
Wieder naht die Ruhe, die ich so vermisste,
und es folgt ein neuer Blick ins düstre Draußen,
das ein heller Mond ganz voll bescheint von außen.
Mich beschleicht aus Angst vor diesem Reim das Grausen,
und kein roter Faden steht mehr auf der Liste.
hallo hannes
die umarmten Reimhaufen in den Strophen 2+3 sind wirklich grausam. aber in S1 doch vielleicht noch nicht abgelutscht genug. da hätte es auch ruhig noch schmählicher ausfallen können. vielleicht täte eine kleine Unsauberkeit im Reim gut - wie in der letzten Strophe bei der Auflösung (Assonanz des Grausens).
pulen bitte ohne "h" schreiben. also: "Wortgepule". selbst wenn dieser Fehler mit Absicht gesetzt sein sollte, so wirkt er trotzdem plump.
Zitat
Von hinten hör ich Uhrgeticke,
will mir Endzeit in die grauen Zellen rammen.
dieser Satzbau ist arg trochäusgeschuldet im "will".
wenn du so anfängst:
Von hinten will mir Uhrgeticke ...
dann wirst du sehen dass es besser ausläuft im Metrum. zumal es doch offensichtlich ist, dass man Uhrticken hört und nicht anders wahrnimmt (mit dem hören streichst du also eine inhaltliche Wiederholung).
in der letzen Zeile käme eine Inversion des roten Fadens sicher auch besser wegen Wiederholung. Vorschlag:
nein, kein Faden ist mehr rot auf meiner Liste.
ich fand gefallen daran und musste mit "Grausen" schön schmunzeln, wie anzüglich Selbstbezügliches sein kann. die "Rolle Wolle" war ein Gewinn gewesen. setz deine Finissage bitte fort, hannes.
Gruß
Alcedo
RE: Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 09.05.2010 13:17von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
Zitat von Alcedo
hallo hannes
die umarmten Reimhaufen in den Strophen 2+3 sind wirklich grausam. aber in S1 doch vielleicht noch nicht abgelutscht genug. da hätte es auch ruhig noch schmählicher ausfallen können. vielleicht täte eine kleine Unsauberkeit im Reim gut - wie in der letzten Strophe bei der Auflösung (Assonanz des Grausens).
pulen bitte ohne "h" schreiben. also: "Wortgepule". selbst wenn dieser Fehler mit Absicht gesetzt sein sollte, so wirkt er trotzdem plump.Zitat
Von hinten hör ich Uhrgeticke,
will mir Endzeit in die grauen Zellen rammen.dieser Satzbau ist arg trochäusgeschuldet im "will".
wenn du so anfängst:
Von hinten will mir Uhrgeticke ...
dann wirst du sehen dass es besser ausläuft im Metrum. zumal es doch offensichtlich ist, dass man Uhrticken hört und nicht anders wahrnimmt (mit dem hören streichst du also eine inhaltliche Wiederholung).
in der letzen Zeile käme eine Inversion des roten Fadens sicher auch besser wegen Wiederholung. Vorschlag:
nein, kein Faden ist mehr rot auf meiner Liste.
ich fand gefallen daran und musste mit "Grausen" schön schmunzeln, wie anzüglich Selbstbezügliches sein kann. die "Rolle Wolle" war ein Gewinn gewesen. setz deine Finissage bitte fort, hannes.
Gruß
Alcedo
Hallo Alcedo,
"pule" ist jetzt Dudenkonform ... Die Idee mit der Inversion habe ich gerne eingebaut, und auch die Doppelung desi gehörten Tickens habe ich jetzt vermieden.
Deine Idee, in S1 die Reime schmählicher zu machen, hat mich zu dem "frickle" verleitet, das das Grausen sicherlich verstärkt.
Aus meiner Sicht haben die Änderungen dem Gedicht gut getan.
Danke für den Ansporn, da noch mal ranzugehen.
der.hannes
RE: Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 09.05.2010 17:41von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Zitat von der.hannes
Selbstbezügliches
Wolkig drängt der Abendhimmel sich zusammen,
wenn ich schweigend aus dem Fenster aufwärts blicke.
Ob ich das wohl richtig in die Tasten frickle,
frag ich mich. Von hinten will mir Uhrgeticke
ewig Endzeit in die grauen Zellen rammen.
In die Bläue malen Äste ihre Schatten,
mischen Schwarz ins immer tiefer triste Dunkel.
Langsam wagen schon die Sterne ihr Gefunkel,
leise dringt aus Nachbarfenstern das Gemunkel
zu mir durch, doch Stille käm mir mehr zustatten.
Jeder Laut um mich zerreißt den roten Faden,
den ich grad von seiner Rolle Wolle spule.
Du wirst jetzt so fürchterlich, Du Wortgepule.
Nichts hält mich noch ruhig hier auf meinem Stuhle,
läßt mich glücklich schwelgen und in Worten baden.
Wieder naht die Ruhe, die ich so vermisste,
und es folgt ein neuer Blick ins düstre Draußen,
das ein heller Mond ganz voll bescheint von außen.
Mich beschleicht aus Angst vor diesem Reim das Grausen -
nein, kein Faden ist mehr rot auf meiner Liste.
haha, "frickle" ist gut! klasse, hannes, bravo! darauf wär ich nie gekommen.
bloß "ewig" stört mich noch, weil es sich mit der Endzeit beißt. nimm doch "schiere" zum Beispiel:
schiere Endzeit in die grauen Zellen rammen.
Gruß
Alcedo
RE: Selbstbezügliches
in Düsteres und Trübsinniges 10.05.2010 12:42von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
Zitat von Alcedo
haha, "frickle" ist gut! klasse, hannes, bravo! darauf wär ich nie gekommen.
bloß "ewig" stört mich noch, weil es sich mit der Endzeit beißt. nimm doch "schiere" zum Beispiel:
schiere Endzeit in die grauen Zellen rammen.
Gruß
Alcedo
Hallo Alcedo,
freut mich, dass "frickle" Dir so gut gefällt.
Mit dem "ewig" war ich schon beim Ändern nicht 100%ig zufrieden, daher habe ich den Super-Vorschlag "schiere" gerne übernommen.
Danke nochmals
der.hannes
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