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Februar
Raben baden im Schnee,
Hagebutten in Sonne,
Ahornflügel verenden,
in den Pfoten der Maus.
Silbern klingelt die Meise,
Eis im Bachlauf zerbricht.
Fällt ein Schatten zu Boden,
huscht der Nager davon.
Samen weiten das Schmelzen
eingesunken ins Rein,
Rabenwonne - sich wälzen,
schiebend Schnäbel durch Schnee.
.......................... Audioversion vom 21. Februar 2010 <- anklicken zum Anhören
vorherige Variante:
Raben baden
Raben baden im Schnee,
Hagebutten in Sonne,
Baumbast knabbert ein Reh,
Fell erschimmert im Licht.
Silbern klingelt die Meise,
Eis im Bachlauf zerbricht,
Zapfen, glänzenderweise,
fallen flüssiger ein.
Samen weiten das Schmelzen
eingesunken ins Rein,
Rabenwonne - sich wälzen,
schiebend Schnäbel durch Schnee.
hallo alcedo,
ich lobe zuerst...
was mir gut gefällt: das gesamte wintersonnenbild, das du aufbaust.
das beginnt mit einem astreinen stabreim:
Raben baden...
und die inhaltlich bemerkenswerte passage
Samen weiten das Schmelzen
eingesunken ins Rein,
ich sehe diese kleinen mulden vor mir, und eigentlich hat mir erst dein gedicht gezeigt, wie sich die samen ihr bett machen: mit empfangener und weitergeleiteter oder abgestrahlter wärme. auch wenn Rein für schnee gewagt (und gewonnen!) ist.
aber ich stehe auch ratlos vor dem gedicht, weiß nicht, ob es ein scherz oder ein schnell hingeworfenes (un)glück ist. „experiment“ könnte es retten. eine stillleben-collage? mit reimspielchen?
die viecher: raben, reh, meisen, diese mischung gibt es nur im stadtpark. das wäre ja nicht schlimm.
aber dann wird mir es einfach zu „lustig“ – ich übertreibe:
hagebutte in (rahm-?)sonne...,
baumbast knabbert am reh...,
meise läutet die bescherung ein...,
die endreime aber sind richtig strange...
ABAC DCDE FEFA ist das absicht – oder ...?
der 2 fache schnee, die verloren gegangene sonne, ich weiß nicht. entweder du hast einen grund den ich nicht kenne, oder ... manchmal steht ein leser auf dem schlauch, ich oute mich als ein leser... der um aufklärung bittet.
grüßle! phil
Zitat von phil
ich sehe diese kleinen mulden vor mir, und eigentlich hat mir erst dein gedicht gezeigt, wie sich die samen ihr bett machen: mit empfangener und weitergeleiteter oder abgestrahlter wärme. auch wenn Rein für schnee gewagt (und gewonnen!) ist.
wow, also wenn es so gut funktioniert hat, wenn auch nur eines der Bilder so stark war, dann hat sich die Arbeit schon gelohnt. merci, phil.
sag mir in welchem Stadtpark es Raben gibt, phil, das möchte ich gerne sehen.
du meinst wahrscheinlich Krähen. Raben sind bei uns ziemlich menschenscheu und selten.
doch auch mit Rabenkrähen funktioniert der Kontrast sicherlich. von Berlin aus, ostwärts mit den Nebelkrähen aber schon nicht mehr so gut. auch Saatkrähen mit der hellen, federnackten Schnabelbasis mildern den Effekt, wie auch die Dohlen mit der grauen Patina im Gefieder und den viel zu hellen Augen.
bezüglich Endreime: ja, die Sonne bleibt als Waise, verloren stehen. wird aber durch einen späten Binnenreim aufgelesen.
ist denn nicht jeder Text ein Experiment? dieser hier beruht auf einer konkreten Beobachtung badender Rabenvögel im schmelzenden Schnee. die schwarzen Schnäbel trugen die anhaftenden Kristalle ins aufgeplusterte Gefieder zum Schmelzen. Baumbast und Reh habe ich aus anderen Wintern hinzugenommen. das wirkt wohl tatsächlich unfreiwillig bombastischer als intendiert. das ist wohl das was du mit "lustig" meinst. das möchte ich lieber vermeiden. vielleicht sollte ich bei kleineren Säugern bleiben. bei einer Maus zum Beispiel, welche die Kerne aus den Flügelsamen des Ahorns knabbert und bei jedem Rabenschatten wieder unterm Schnee verschwindet.
ja, so wars und würde besser passen.
habe es aber nicht eingebaut bekommen. so kritisch angestossen, probiere ich es vielleicht nochmal.
der Text bleibt offen in meiner Werkstatt.
Gruß
Alcedo
Hallo Alcedo,
als Rabenfreund freut es mich natürlich zu erfahren, dass sie sogar im Schnee baden, um ihrem schlechten Ruf als Aasfresser aufzupolieren.
"Bambi" wirkt in diesem Zusammenhang tatsächlich etwas überladen. Das interssanteste Bild ist für mich auch die Stelle "Samen weiten das Schmelzen / eingesunken ins Rein",
weil sie erstens sehr genau beobachtet ist, aber auch eine übertragene Lesart eröffnet (Im Vergehen des Winters liegt bereits der keimende Frühling).
Insgesamt gefällt mir dein winterliches Naturgedicht gut, weniger die für mich stellenweise zu verknappte Schreibweise (in Sonne; durch Schnee), die mir zu gewollt daher kommt.
LG
Perry
habe das Gedicht überarbeitet, Reh und Reime rausgenommen. also die meisten Endreime, nicht alle.
für die Überschrift habe ich noch zwei weitere in der engeren Auswahl, bin mir aber unschlüssig welche besser passt:
Raben baden
oder
Rabensonne
oder
Schwarzbaden
hallo Perry
danke für die Rückmeldung.
das Bambi hab ich gestrichen. freut mich dass die übertragene Lesart auch funktioniert. wenn man jetzt diese feuchten, aufgetauten Flügelsamen mit dem Fingernagel aufbricht, dann legt man den eingekringelten grünen Keimling frei, der schon ein paar Millimeter ausgetrieben hat.
die verknappte Schreibweise habe ich beibehalten.
Grüße
Alcedo
ein text der mir auch vor den änderungen gut gefallen hätte. schöne schreibe, nur: du streifst sovieles mit deinen schönen wortbildern, dass ich einen RABENTITEL zu gewichtend empfinde. der titel muss weg von einzeln szenenpunkten und eine art umbrella für den text werden etwa wie:
Lautlose Scheinbarkeiten -
scheinbare Lautheiten.
p.s.: wobei ich mich auf die fusion deiner lautlos-geräuschenden bilder beziehe.
danke für deine Vorschläge und für das Lob, Ralf.
du bringst mich auf eine reizvolle Alternative. ein Monat wäre sicher einen schöne Umbrella. dieser zum Beispiel:
Februar
das nehme ich vielleicht.
Gruß
Alcedo
doch, ja, zweifelsohne. der Februar hat onomatopoetisch Rabenstimmen in den Lettern.
auch das spräche dafür.
merci, Ralf.
Gruß
Alcedo
Umfrage zur Überschrift: Welche Überschrift würdet ihr nehmen? <- bitte anklicken
@gheg:
danke für den Vorschlag. ich werde mich in den nächsten Tagen entscheiden.
@Ralf:
nein danke. ein Anagramm kommt für mich hier nicht in Frage, weil es zu verspielt wäre.
@K.:
merci für die Bestätigung des Februar.
eine Vertonung? ja, vielleicht.
Grüße
Alcedo
edit:
Audioversion hochgeladen: http://files.homepagemodules.de/b300950/...p33583202n1.mp3
Dateianlage:
.
Bis zu den Waden stehe ich im übertragenen Sinn in deiner Audioversion,
Alcedo, lege allerdings doch irgendwo die Beine hoch und genieße. Vom
Gefühl her ähnlich, als würde man vollreife Kirschen in der Jackentasche
zerdrücken. Einen Zuhörerwunsch erfüllt zu bekommen, ist einfach nur
schön. Danke dafür.
Katerchen
.
->perhaps there is nothing in this universe but I self<-
Zitat von Katerchen
.
Vom Gefühl her ähnlich, als würde man vollreife Kirschen in der Jackentasche
zerdrücken.
erinnert mich eher an winterkirschen die in einer eiskalten unterhose baumeln.
@Katerchen:
gern geschehen.
merci fürs geniessen.
@phil:
Dankeschön!
dann schreib mir ein schönes Märchen. wenns mir gefällt werd ich es probieren.
Grüße
Alcedo
Hallo, Alcedo!
Hier sechs Jahre später auch meine Eindrücke:
Ein wunderschöner, kristallklarer Moment:
ein Winterwendepunkt, in dem der winterliche Stillstand ("Eis im Bach" ...) vom ersten leisen Erwachen der Natur abgelöst wird (... das "zerbricht", "Samen", die als Wegbereiter alljährlich neuen Lebens "das Schmelzen weiten").
Effektiv durch Gegensätze zum Ausdruck gebracht ("Hagebutten", "Sonne" und "Eis", "Schnee")
Und der gebannte Betrachter:
der seinen Blick auf die scheinbar kleinen Akteure (Meisen, Mäuse, Raben) richtet, die es meisterhaft verstehen, der harten Natur zu trotzen, die sich dabei dennoch (!) Würde und Fröhlichkeit bewahren ("Silbern klingelt die Meise") und offensichtlich auch noch Spaß an ganz einfachen Dingen haben ("Rabenwonne - sich wälzen").
Diese Form der Meisterschaft und instinktiven Intelligenz lässt das lyrische Ich beeindruckt, atemlos zurück (toll durch deine Audioversion zum Ausdruck gebracht...das muss man erst mal können...geschulte Sprechweise?...) und es verneigt sich eben vor dieser natürlichen Fähigkeit, die dem Zivilisationsmenschen abhanden zu kommen scheint.
Beim letzten Vers ("schiebend Schnäbel durch Schnee") gefallen mir die Alliterationen, gleichzeitig muss ich aber irgendwie um die Ecke denken - ginge auch "schiebende Schnäbel" oder ".. sich wälzen/schieben, - Schnäbel durch Schnee"?
Dein Gedicht weist auch schöne, dezente Gleichklänge auf: der Binnenreim "Raben" - "baden" ... Die "Sonne" trifft sich mit der "Rabenwonne".
Interessant das Bild des "Verendens" der "Ahornflügel/ in den Pfoten der Maus". Durch diese Metapher erscheint jegliche Form des Lebens als gleichwertig und beseelt - es muss aber neuem Leben Platz machen.
Gruß,
Artbeck
hallo Art
Vielen Dank für deine umfassende Rückmeldung.
der „Winterwendepunkt“ ist trefflich und freute mich sehr.
merci auch für die bescheinigten dezenten Gleichklänge bei den badenden Raben. ich glaube ein noch mehr davon wollte ich damals bewusst vermeiden: Schnabel und Raben zum Beispiel. deshalb steht jetzt in der letzten Zeile der Plural „Schnäbel“. bei der etwas linkischen Grammatik, mit den nachgeschobenen schiebenden Schnäbeln bin ich mir nicht mehr ganz sicher. es sollte das etwas linkische Gehabe der Vögel untermalen, bei ihrem Schneebad, ja. aber heute stört mich vor allem die Unstimmigkeit zwischen „sich“ (vorletzte Zeile, also Singular) und die Mehrzahl bei den Schnäbeln in der letzten Zeile. da bin ich noch nicht ganz zufrieden und bin dir für den Hinweis sehr dankbar.
meine jetzigen Alternativen sind:
Rabenwonne - sich wälzen,
Schnäbel schiebend durch Schnee.
Rabenwonne - sich wälzen,
Schnabel voraus durch Schnee.
Rabenwonne - sich wälzen,
schnabelschiebend durch Schnee.
mein Favorit ist momentan letzteres langes Adjektiv. das muss ich aber noch abwägen.
Gruß
Alcedo
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