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Das Feld hinter dem Shopping Center
scheint ihr konspirativer Treffpunkt zu sein.
Wir kaufen zu deinem Einundzwanzigsten ein,
es gibt Brotsalat mit Paprika und Kapernäpfel.
Künftig gilt das Erwachsenenstrafrecht.
Wenn du also einen Landstreicher totfährst,
wird das mit lebenslanger Haft geahndet.
Du lenkst das Auto im Schritttempo
an den Vaganten vorbei, bemerkst nicht,
dass ich ihre Spottlieder genieße.
RE: Raben
in Gesellschaft 17.11.2009 14:30von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Ahoi Perry
Ich habe den Text gestern schon gelesen und bin mir bei der Sprache im Unklaren. Es wechselt ein salopper Ton mit einer gehobenen Sprache, wie Studenten das tun zum Beispiel.
Dieser Mixim Text lässt vermuten, dass hier womöglich ein Kind aus gutem Hause den Moloch sucht. Das Herz ist schmutzig, die Zukunft rein.
Die Struktur stört mich aber hier am meißten. Es liegt hier an den Betonungen. Ich lese den Text ein wenig anders. Ich werde ihn für meine Ohren zerlegen.
Das Feld
hinter dem Shopping Center
Scheint ihr konspirativer Treffpunkt zu sein
Wir kaufen zu deinem Einundzwanzigsten ein
es gibt
Brotsalat mit Paprika und Kapernäpfel (was sind Kapernäpfel?)
Künftig gilt das Erwachsenenstrafrecht. (Erwachsenenrecht) würde mehr Freiraum zur Spekulation geben
Wenn du also einen Landstreicher totfährst, (wenn du den) würde einen persönlichen Bezug zu deiner Figur erstellen, und eine zweite Sinnebene erschaffen
wird das mit lebenslanger Haft geahndet (bezöge sich direkt auf den vorhergehenden Satz)
Du lenkst das Auto im Schritttempo (Schrittempo finde ich sehr gut erfasst)
an den Vaganten vorbei
bemerkst nicht (Zeilenumbruch würde hier Isolation darstellen)
dass ich ihre Spottlieder genieße
Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.
L.F Celine
RE: Raben
in Gesellschaft 17.11.2009 19:13von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte
Hallo Perry, Unglücksraben also rotten sich zusammen.
Der Text spannt einen Bogen vom klassischen unheilverkündenden Symboltier zu im
übertragenen Sinne unglücklichen Geschöpfen wie Landstreichern, und spielt mit der
Möglichkeit des gefeierten LyrDu, selbst zum Unglücksvogel zu werden.
Die letzten beiden Zeilen sind nicht einfach zu verstehen, denn die sympathisierende
Haltung des LI mit den Unglücklichen stellt alles in Frage.
Einmal die gesellschaftliche Beurteilung von Vaganten, denn deren Spotten verweist
auf eine abweichende Selbstdefinition.
Zum Anderen läßt die offensichtliche Nähe der Gefahr, die Angst des Debutanten,
die sich im gedrosselten Tempo des Automobils ausdrückt, die flüchtige Äußerlichkeit
des Abstandes erkennen.
Die Zeilen lese ich als Spott und Warnung: Es ist nur ein Schritt von hier nach dort,
wiege dich nicht in trügerischer Sicherheit und sieh dich vor.
Unter deinen Texten ein ungewohnt schwer zu entschlüsselnder Knoten.
Mir hat das gefallen. LG mcberry
19.11.09 Dieses andere Forum kommt mir bekannt vor. Wer sich unter die Wölfe
begibt, kann ich da nur sagen, stelle sich auf Geheule ein. gruß mcb
Hallo mcberry,
danke für deine analytische Sicht. In einem anderen Forum bin ich deswegen schon als Rassist beschimpft worden.
Mir ging es hier um den inneren Widerstreit eines Vaters, der seiner erwachsen werdenden Tochter zu erklären versucht, was Erwachsen sein rechtlich bedeutet. Innerlich im Laufe seines Lebens aber zu der Erkenntnis gekommen ist, dass ein Leben ohne Rechtsstaat, wie es die Vaganten führen, ihm durchaus gefallen könnte.
LG
Perry
RE: Raben
in Gesellschaft 21.11.2009 11:26von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.
L.F Celine
Hello perry,
Ach, Rassist deswegen? Ich sehe das nicht so. Mit wenigen Sätzen hast Du einen Ausschnitt gebracht, Wesentliches mitgeteilt, um Vorstellungen wachzurufen, worum es geht. Das funktioniert, ist dicht gebracht. Jeder kann da noch einiges herauslesen bzw. hineininterpretieren.
Herr Gemini hat einen Scherz versucht, er ist doch ein kleiner Scherzkeks, wie ich langsam so bruchteilhaft mir herausgelesen habe. Aber er ist unheimlich lieb!
Also war es bestimmt nicht schlecht von ihm gemeint.
Deine Literatur, perry, stellt mich vor ein Problem, denn ich kann sie nicht leichten Herzens als Literatur bezeichnen. Wie gut könntest Du sein in einem Zeitungsverlach in der Spalte für Nachdenkliches. Dort ist man gewiss auch toleranter.
Unrecht will ich Dir nicht tun, darum hätte ich so gerne einmal ein Sonett gelesen oder gar eine Ode. Das wäre eine Anforderung, wo sich ganz zweifelsfrei Spreu vom Weizen trennt.
Obiges ist auf jedenfall gut interessant gebracht, da scheint Deine Stärke zu liegen. Von Kunst zu sprechen bin ich weit entfernt.
Mit einem langen Tschüs
Ivana
RE: Raben
in Gesellschaft 22.11.2009 08:34von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.
L.F Celine
Hallo Ivana,
danke für deine tolerante Sicht. Was deine Einstellung zur Lyrik betrifft muss ich leider sagen, dass wir mittlerweile ein anders Jahrhundert haben, indem Sonette und Oden eher etwas antiquiert wirken. Ich habe nichts gegen Reimlyrik, sie hat ihren Reiz und erfordert viel Kunstfertigkeit. Ich habe andere Vorstellungen von Lyrik und orientiere mich an zeitgenössischen Schreibern wie z.B. Jörg Bernig, Jan Wagner oder Andreas Altmann, um nur einige zu nennen. Mir ist eine verdichtete Sprache und eine inhaltlich Tiefe wichtiger als Reim und Metrum. Natürlich versuche auch ich der Sprache eine gewisse Poesie zu verleihen, indem ich hin und wieder Enjambements oder Alliterationen einflechte.
LG
Perry
Hallo Gemini,
kleine Scherzkritik, warum nicht.
LG
Perry
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