Aisha kommt am frühen abend,
ludig* nach folgt ihr ein Bruder,
täglich an den Zeitungsstand,
kauft die „Neuen Istambuler“,
weil sie Nachricht hierher tragen
aus des Vaters Heimatland.
Des Verkäufers blaue Augen
sich bei ihrem Anblick weiten,
wenn er ihr die Zeitung gibt.
Ja, sie mag den Blonden leiden,
doch sie kann es nicht erlauben,
weil ein Bruder alles sieht.
Viele Tage geh’n vorüber.
Unverändert scheint der Zustand.
Von den Brüdern nicht geahnt,
tauschen sie heimlich Kassiber.
Wie die Liebe wächst die Angst.
Morgen schon beginnt Bajram.
Ehrenhaft ist sie versprochen,
der Verlobte tot, gestorben
fern im Osten der Türkei.
Doch das Wort wird nicht gebrochen.
Anrecht hat Ata erworben.
Für den Sohn springt er jetzt ein.
Aisha ist zur Flucht entschlossen.
Heut geh’n die Männer zur Moschee.
Im Park hat sich das Paar getroffen.
Dort fand man sie im roten Schnee
umarmt, durchsiebt, aus Haß erschossen.
Die Mörder frönen dem Gebet.
* Lude=ndt.Zuhälter,