#21

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 08.11.2009 18:15
von Maya (gelöscht)
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Liebe Mitglieder, liebe Gastleser!

Es ist soweit, die Auswertung des 2.KG-Wettbewerbs ist abgeschlossen. Mit insgesamt 5 Einsendungen hat die mild bis herb-kräftige und im Abgang etwas kratzige Jury allerhand zu tun gehabt. Wir bedanken uns bei allen Schreibern für's Mitmachen und sind teilweise immer noch besoffen von Euren Texten! Für die, die es interessiert: Die Jury hat sich untereinander nicht beraten, jeder hat seinen eigenen Weinberg bearbeitet und von den Trauben genascht. Letztlich habe ich die halbtrockenen Ergebnisse nur noch ausgelesen und in einen großen Topf gemanscht.

Hier nun die Ergebnisse unseres Trinkgelages. Der Gewinner des KG-Wettbewerbs 2009 ist: Trommelwirbel….Wo hatte ich den nur? Ah ja...Also noch einmal:

Der Gewinner des KG-Wettbewerbs 2009 ist:Trommelwirbel


SIMONE
mit der Geschichte:

"Jasmin im Winter"
.


Herzlichen Glückwunsch!



Und hier seht Ihr die






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Platz 1: Simone mit "Jasmin im Winter"

Jasmin im Winter

Wenn mein Körper Christallglas ist, und meine Haut den Blick auf Burgunderadern preisgibt, wünschte ich, jemand würde mich austrinken und meine leere Hülle an der Wand zerschmettern. Manchmal ist es schwer nicht zerbrechen zu können.
Meine Tage sind Brausen und Brummen. Vor meinem Fenster bewegt sich die Welt. Ich bin gefangen in einer endlosen Slow-Motion-Schleife. 22.20 Uhr und ich lebe. Immer noch. Gestern hat Er gesagt – und Er sah aus wie Stolpern und Fallen –, dass Er es beenden wird. Um 22.18 Uhr. Er ist ein Lügner und ein Meister der Worte. Eines Tages werde ich wissen, wer Er wirklich ist. Und ich werde sehen. Sehen und Wissen. Das ist es, was die Nacht vom Tage trennt. Meine Nacht ist Warten. Auf den Morgen. Auf den nächsten Schlag meines Herzens. Oder auf sein Schweigen.

Sie haben mir das Papier und den Bleistift abgenommen. Ich schreibe in die Luft. An die Wand. Auf den Boden. Mit meinen Fingern. Ich habe meine Fingerkuppen aufgebissen. Mein Blut ist so träge, wie die Zimmerluft. Ich wünschte mein Geist wäre es auch. Die Buchstaben wirbeln durch meinen Kopf, prallen an meine Stirn. Klopfen und schaben und puckern. Sie brennen hinter meinen Augen, wie der Rauch von Räucherstäbchen.
Silbenfäden spannen sich in den Ecken des Zimmers. Verbinden sich zu Wortnetzen. In ihnen: Er. Darunter: Ich. Wenn das Zimmer voll von seinen Netzen ist, werde ich mich nicht mehr bewegen können. Ich werde an Seinen Geschichten ersticken.
Jasmin im Nebel. Jasmin mit nackten Füßen. Jasmin zerfällt zu Staub und lacht. Und die Ölbäume greifen sich ein Stück vom Himmel. Spießen es auf ihre Äste. Zuckerwatte, klebrige Süße. Der Mond blinzelt erschrocken durch das Wolkenloch auf uns herab. Ich klaube sie auf – Jasmin –, besteige den Berg Arafat. Verstreue sie unter den weißen Daunen, die meinen Kopf umschwirren. Frau Holle betet nicht. Sie wäscht und putzt und schüttelt ihre Betten aus. Jasmin im Schnee. Jasmin mit leeren Augen. Niemand steinigt mich auf dem Weg nach unten. Ich wünschte Er würde schweigen.

Manche Tage sind gut. Manche Tage sind wortlos und laut. Schwester Elena sagt, man muss zurückkehren zum Anfang, dann kann man sich seinen Weg aussuchen. Sie hat leicht reden, in ihrer Welt aus weißer Baumwollunterwäsche und Flachbildschirmen. Morgens ein Marmeladenbrötchen und abends Käsespätzle und Walter. Oder Werner oder Fred. Schwester Elena hat nicht Seine Geschichten gehört. Sie singt deutsche Schlager auf dem Flur und klappert mit Porzellan. Sie köpft Glasfläschchen und verabreicht Bienenstich. Sie ist nicht Glas. Sie ist Stoff.

Schlüsselgeklapper und quietschende Scharniere. Schwester Elena reicht mir einen Wassereimer und einen Lappen. Sprachlos. Hinter ihr ein Wachtposten. Er bewacht nicht mich, sondern sie. Sie kommt niemals allein zu mir. Ich wasche mein Leben von den Wänden, während sie an der Tür wartet. Ich werde es schreiben, wieder und wieder. Sie weiß es und ich weiß es.
„Man muss sich bemühen zurückzufinden“, sagt sie, „wenn man sich bemüht, kann man alles schaffen.“
Ich nicke und schaffe es zu lächeln. Über ihrem Kopf spinnt Er seine Geschichten weiter. Ich versuche nicht hinzusehen.
„Ihre Mutter möchte Sie besuchen. Morgen Nachmittag. Sie sollten mit ihr reden.“
Humpty Dumpty saß auf dem Eck, Humpty Dumpty fiel in den Dreck. Ich presse die Handflächen auf meine Ohren. Und auch der König mit seinem Heer, rettete Humpty Dumpty nicht mehr. Schwester Elena wirft frische Bettwäsche auf die Matratze und schließt sich in ihrem Schlagerflur ein. Und mich aus.

Vielleicht geben sie mir Stift und Papier zurück, wenn ich verspreche an den Sitzungen teilzunehmen. Vielleicht, wenn ich Ihn verleugne. Auf meinem Konto befinden sich weit mehr als 30 Silberlinge. Schwester Elena möchte mal ans Meer, hat sie gesagt. Sie mag Wasser und Wind. Sie mag das Rauschen der Wellen und den Sommer.
Jasmin blüht im Winter. Minus 18 Grad. Ich bette sie zu Füßen des Ölbergs und weine. Jasmin im Schnee. Ihr weißes Kleid – rot. Jasmin unter der Januarsonne, die sich wandelt und schweigt.

Dr. Rosenberg schüttelt den Kopf. Reibt sich über die Stirn. Seine Haut ist gräulich-braun. Pergament. Ich wünschte, ich hätte einen Kugelschreiber. Er legt seine Brille auf die Akten. „Sie leiden unter einem schweren posttraumatischen Stress-Syndrom.“ Er sieht mich mit seinen Maulwurfsaugen an. „Wir können Ihnen helfen, aber nur, wenn Sie mitarbeiten.“
Ich nicke und sage noch einmal mein Sprüchlein auf. Sage, was von mir erwartet wird. Schwester Elena sitzt neben dem Schreibtisch. Gleich wird sie mir über den Kopf streichen und mir meinen Bleistift in die Hand drücken. Sie verschränkt die Arme vor der Brust. Ich knubble an den Verbänden um meine Handgelenke.
„Es reicht nicht es zu sagen“, sagt Dr. Rosenberg, „Sie müssen es einsehen. Sie müssen es verstehen und Sie müssen wissen, dass es die Wahrheit ist.“
Die Wahrheit ist eine Buntgefleckte am 23. Dezember. Sonst nichts. Kein Hokuspokus, kein Sandmännchen aus dem kleinen Plastikbecher kann daran etwas ändern. Traumsand brennt in den Augen, wie Methylalkohol im Rachen.

22.18 Uhr vorbei. Schon wieder. Er baumelt am Zeigefinger der Wanduhr. Schöpft Atem und grinst. Wackelt mit seinem Kopf. In seiner Hand Jasmin, zu einem Strauß gefasst. Ihr Duft raubt mir die Sicht. Peter Pan hat es gewusst. Man darf nicht erwachsen werden. Nicht für alle Küsse der Welt. Erwachsenwerden bedeutet vergessen. Vergessen wie man fliegt.
Jasmin fliegt hoch. Jasmin fliegt schnell. Ich fange sie auf. Meine Reflexe sind wach. Jasmin im weißen Kleid. Wässrige Morgenröte. Das Mal auf ihrer Stirn. Ich schließe den Beutel und schultere den Stecken. Inschallah. Eine Tretmine trennt Beine vom Rumpf. Masseltoff! Und Er lacht mich aus. Er weiß was mir blüht.
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KRITIKEN

Kjub:

Wie sie mit den Fingern schreibt und als der Arzt mit ihr redet, da ist die Geschichte nicht ganz stimmig. So borniert kann ich mir heutige Ärzte nicht vorstellen und ich bezweifle, dass man mit blutigen Fingerkuppen schreiben kann. Aber für mich sind diese beiden Punkte nicht entscheidend, schließlich sind sie im Fluss einer Geschichte erzählt, die den wahnhaften Geist der Protagonistin beleuchtet. Und das tut sie gut, die Metaphorik ist sehr ausdrucksstark, ein ominöser ER webt seine Wortnetze, gibt Befehle, die nur die Protagonistin hören kann. Sie ist in ihrer dunklen, poetischen Innenwelt gefangen und die kalte Verwahranstalt bietet keine Chance auf Heilung. 26 punkte.
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Alcedo:

Beitrag 2:
Jasmin im Winter

9 Punkte für Inhalt/Aufbau (0-10 Punkte möglich)
10 Punkte für Ideenreichtum/Originalität/Kreativität (0-10)
10 Punkte für die Sprachliche Umsetzung (0-10)
5 Punkte für Rechtschreibung/Grammatik (0-5)
--------------------------------------------------------------------------- +
34 Punkte (von 35 möglichen)

starker Text. ich empfinde ihn durchgehend als sehr eindringlich und ergreifend. die Protagonistin, Jasmin, erliegt ihren Wahnvorstellungen. die Wechsel zwischen luzidem Siechen und Wahn erfolgen dabei so unvermittelt, dass mir beim Lesen hören und sehen vergeht. die kurzen abgehackten Stakkatosätze tun ihr übriges.
hervorragend zum Beispiel der Eingangsvergleich mit dem Kristallglas, welches aber orthographisch schon den Christus bringt, welcher dann in der später aufgenommenen Ölbergpassage als Frau zu Staub zerfallen darf. das geschieht mit surrealistischer Leichtigkeit und nichts steinigt mich Leser mehr, als das omnipräsente "Er" im Text, welches bedrohlich begleitet, Pein verursacht und wohl schon immer verursacht hat, und Herr-lich unterschreicht was überdeutlich wurde: für solche Ausweglosigkeit gibt es keine Hoffnung mehr. es berührte mich zutiefst.

ein wenig überzeichnet erschienen mir die verbundenen Handgelenke, wenn sie auf die aufgebissenen Fingerkuppen folgen. auch das Sandmännchen mit dem Traumsand wirkte mir leicht deplatziert. die Vergleiche ertrinken aber dennoch in den Plastikbechern wie das Wache und Gesunde in einer Sedierung.

ein Wort kannte ich noch nicht. Masseltoff.
"Masseltoff haben" soll soviel bedeuten wie aus einer prekären Situation glücklich herausgekommen zu sein. der Autor/die Autorin gewährt der Protagonistin hinter dieser Interjektion das einzige Ausrufezeichen des Textes. aber an welcher Stelle! als sich Körperteile verabschieden. ich habe den Eindruck sie freut sich über eine Querschnittslähmung und muss dabei, und noch lange über den offenen Schluss hinaus, die Zehen bewegen vor Beklemmung. beeindruckend. schlichtweg beeindruckend.
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Maya

Das ist schon eine Klasse für sich. Bereits anhand des weichen Stils erkennt man, dass der Autor routiniert ist. Das fließt von einem Satz in den nächsten, ganz so, als hätte der Schreiber nicht lange nach den Worten suchen müssen. Die Geschichte wirkt von den Formulierungen her sehr sanft, tatsächlich wie ein "verletzliches" Netz aus Worten. Oder um mich an die Worte des Schreibers anzulehnen: Die Geschichte wirkt wie durchscheinendes "Christall", nicht wie grober Stoff.

Es passiert nicht viel in dieser Geschichte und trotzdem ist sie für mich an keiner Stelle langweilig, weil ich mich an den Worten, an den Formulierungen berauschen kann. Und genau das passt ja perfekt zu dem, was auch inhaltlich eine Rolle spielt: Silbenfäden, Wortnetze, Geschichten bis zum Ersticken. Jesus spinnt oben seine Fäden und Netze und der Mensch unten gelangt gar nicht auf den Grund der Durchschaubarkeit. Und wenn man es thematisch mit Religion zu tun hat - denn mit "ER" ist m.E. Gott/Jesu gemeint - dann kann nicht einmal jemand, der wenig bibelfest ist, eine gewisse Undurchsichtigkeit für sich reklamieren. Unfassbar, mit welcher Wortgewalt hier geschrieben wurde. Jeder Satz ein Höhepunkt für sich und keiner zu viel. Auch das will gekonnt sein. An wenigen Stellen wird es mir vielleicht ein wenig zu süßlich. Zuckerwatte und Frau Holle passen mir persönlich weniger in diese Geschichte. Aber das trübt nicht weiter meinen Eindruck. Mich hat diese Geschichte voll und ganz überzeugt.


1.) Inhalt/Aufbau 9/10 Punkte

Das ist kohärent, der Inhalt nachvollziehbar. Ein wenig kurz ist die Geschichte geraten, ein paar Ereignisse mehr hätten ihr nicht geschadet.

2.) Ideenreichtum/Originalität/Kreativität 9/10

Obwohl halt nicht viel passiert, ist die Geschichte für mich spannend, weil der nächste Satz für mich nicht vorhersehbar ist.

3.) Sprachliche Umsetzung 10/10

Auffallend sind die vielen kurzen Sätze, die das Ganze lebhaft gestalten.

4.) Rechtschreibung/Grammatik 5/5

Keine Probleme.

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Platz 2: GerateWohl mit "Taschengeldverpflichtungen"

Taschengeldverpflichtungen

Es war ausgerechnet etwas schnörkelige pikante Unterwäsche, die Lea Kruse anprobierte, als jemand schwungvoll den Vorhang ihrer Umkleidekabine aufzog. Sie bekam einen ordentlichen Schreck, der Eindringling hingegen stand nur da und glotzte sie an. Mehr als die Rücksichtslosigkeit des etwa gleichaltrigen jungen Mannes, ärgerte Lea, dass sie keine Sekunde vor dem unerlaubten Eindringen seiner Blicke in ihre Kabine beschlossen hatte, sie sehe in dem Negligee, das sie anprobiert hatte, billig aus und es gefiele ihr nicht. Der junge Mann, der Falk Friedrich hieß, sah sie darin vor sich stehen, beachtete die Wäsche aber gar nicht. Er sah nur Leas erschrockenen Blick, ihre dunklen Korkenzieherlocken und fand sie attraktiv und sympathisch. Sein ungehöriges Eindringen in ihre Intimsphäre war ein Versehen seinerseits und nicht geplant. Er hatte gedacht, die Kabine sei leer - genauer gesagt hatte er überhaupt nicht nachgedacht, sondern einfach einen Ort für die Anprobe der von ihm ausgewählten Kleidungsstücke gesucht.
Durch diese Unachtsamkeit löste Falk eine Kettenreaktion aus, die für die beiden eine Reihe gemeinsamer Ereignisse nach sich zog. Zum Beispiel schliefen sie kurz darauf miteinander, darauf beschlossen sie, das künftig öfter zu tun, und ein Jahr später zogen sie zusammen in Leas Wohnung, um sich ein Jahr später wieder zu trennen. Keine Heirat, kein gemeinsames Haus oder Auto, keine Kinder Ende der Kette, endotherme Beziehung, wie der Chemiker sagen könnte, vergleichbar einer Reaktion, die sich nicht selbst trägt und ohne äußere Energiezufuhr stirbt.
Lea zog solche Vergleiche nicht. Zwar war sie von Beruf Chemikerin - genauer gesagt war sie Chemie-Laborantin - aber es war nicht ihre Art, ihre Fachsprache zur Beschreibung des Privatlebens heran zu ziehen, so nahe dies bei einer Chemikerin auch lag, schließlich spricht man im Allgemeinen gerne von der Chemie zwischen Personen. Nicht so Lea. Sie redete lieber über Kosmetik, Fitness oder ihre Leidenschaft für prominente Hollywood-Schauspieler und Serienstars. Sie schaute auch liebend gerne diese amerikanischen Arztserien, bei denen sich in kurzer Folge problematische Liebes- und blutige Operationsszenen ablösten, oder sie ging mit ihrer besten Freundin, Magda, zum Pilates oder einfach Kaffeetrinken. Mit Falk unterhielt sie sich eigentlich nicht so gerne, selbst zu Beginn ihrer Beziehung.
Er hingegen liebte es von Anfang an, auf sie einzureden und seine Wortbeiträge dabei in sein metaphorisches Fachvokabular zu kleiden, obwohl oder vielleicht gerade weil er arbeitslos war. Beispielsweise erwähnte er gerne ihr tolles Fahrgestell und kündigte dabei augenzwinkernd eingehende abendliche Inspektionen an. Er hatte nämlich neben einem abgebrochenen Maschinenbaustudium auch eine abgeschlossene Kfz-Mechaniker-Ausbildung vorzuweisen.
Lea mochte diese technischen Anspielungen auf sich nicht, insbesondere wenn er ihre Menstruation als Ölwechsel betitelte. In den ersten Monaten ihrer Bekanntschaft fand sie das manchmal charmant, jedoch nur, weil ihr erst später klar wurde, dass er seine Sprüche gar nicht mit der Selbstironie ausstattete, die sie ihm zunächst unterstellt hatte, sondern dass er sie als geistreiche Zurschaustellung seiner Fachkompetenz betrachtete. Falk war stolz auf seinen Abschluss. Das konnte er nicht von vielen Dingen sagen. Irgendwann nahm Lea in seiner Stimme diesen jovialen Ton wahr, und das nervte sie kolossal.
Was sie an Falk jedoch gut fand, war die Tatsache, dass er ein Motorrad besaß und sie gerne mitnahm, wenn er damit durch die Stadt oder ins Grüne fuhr. Einmal hatte er ihr auch schützend zur Seite gestanden, was ihr sehr imponierte, als ein aufdringlicher Fahrgast sie in der U-Bahn barsch beschimpft und aufgefordert hatte, ihren Sitzplatz für eine stehende schwangere Frau frei zu geben. Es war Winter und sie nutzten öffentliche Verkehrsmittel, weil Falk seine Maschine in dieser Jahreszeit abgemeldet und in der Garage seines Vaters untergestellt hatte. Sie waren mit der Bahn unterwegs zu einer Verabredung, und obwohl die Züge rappelvoll von Weihnachtseinkäufern waren, hatten sie zwei Sitzplätze ergattert. Eine Haltestelle nach ihnen stieg dann dieser Kerl ein, dunkelblauer Wollmantel, geschniegelte Frisur, Aktentasche unter dem Arm. Im Nachhinein dachte Falk, so einer, der wahrscheinlich sein Maschinenbaustudium abgeschlossen hat. An derselben Station wie er quetschte sich die Schwangere beladen mit Einkaufstüten in den Zug, Typ spätgebährende Akademikerin um die vierzig. Drei Haltestellen später begann der Mann rumzumaulen, wie unmöglich es doch wäre, dass sie, Lea, die direkt vor der Schwangeren saß, dieser keinen Sitzplatz anböte. Falk war eh schon davon genervt, die ganze Zeit verkrampft aus dem Fenster zu gucken, um den klagenden Blicken der stehenden Fahrgäste auszuweichen. Aber jetzt wurde er richtig sauer und pöbelte den Mann an, der immerhin einen ganzen Kopf größer war als er, dass der nicht so mit seiner Freundin reden dürfe, und wenn er sich nicht sofort um seinen eigenen Dreck kümmere, von ihm eins in seine gewichste Fresse bekäme. Der Mann kuschte, und die Schwangere musste eh zwei Stationen später aussteigen. Diese ritterliche Geste von Falk gab Lea damals ein unbeschreibliches Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Kurz danach zogen sie zusammen.

Das war auch der Zeitpunkt, ab dem es sich nicht mehr vermeiden ließ, einander den Eltern vorzustellen. Sowohl Lea als auch Falk wurden noch von zu Hause finanziell unterstützt. Mit diesem Umstand erkauften sich Vater und Mutter gewisse Anrechte auf das Leben ihrer Kinder und sei es nur, dass sie ihnen die Auflage machten, in gewissem Rahmen über ihre Lebensumstände Bericht zu erstatten. So etwas wie ein neuer Mitbewohner oder die Änderung der Wohnadresse gehörten dazu, ein frischer Lebensabschnittspartner machte sogar einen persönlichen Besuch erforderlich.
Falks Vater gehörten mehrere erfolgreiche Autoreparaturwerkstätten. Herr Friedrich war ein Mann, der sich hochgearbeitet hatte. Sein Leben bestand daher mittlerweile nur noch aus Arbeit, seiner Geliebten, der er eine eigene Wohnung für ihre gelegentlichen Stelldicheins finanzierte, und einem unseligen Hobby das er daheim pflegen konnte, nämlich dem Reinigen von elektrischen Haushaltsgeräten im laufenden Betrieb. Er behauptete, damit könne man die Fliehkräfte zur Schmutzentfernung ausnutzen. Der anfänglich vernunftgetriebene Ansatz wurde zur Manie, und mittlerweile entstand dabei Gefahr für Leib und Leben, aber das kümmerte ihn nicht. Schließlich könne man ja aufpassen, betonte er. Es war ihm auch noch nie etwas dabei zugestoßen, obwohl er beispielsweise einen rotierenden Pürierstab mit Haushaltspapier und einer Zahnbürste säuberte.
Seine Frau trieb er damit fast in den Wahnsinn, doch war sie froh, dass ihr Mann sich auf diese Weise wenigstens ein bisschen am Haushalt beteiligte. Sie war Entwicklungsleiterin in einer Maschinenbaufirma und hatte daher ebenso wenig Zeit für die häuslichen Belange wie ihr Gatte. Eine vietnamesische Putzfrau, die zweimal pro Woche das Haus pflegte, wurde durch in sämtlichen Räumen installierte Videokameras überwacht. Auch Falks und Leas Besuch wurde auf diese Weise automatisch aufgezeichnet. Zum Glück wusste Lea nichts davon, und Falk vermied es, dies ihr gegenüber zu erwähnen. Sonst hätte ´sie sich womöglich darüber Gedanken gemacht, ob es Absicht war, dass sie beim Durchqueren des Vorgartens zum Haus von der sich plötzlich einschaltenden Rasensprengeranlage vollkommen nass gespritzt wurde, so dass sie im Bad des Hauses unter dem wachen Auge der Videoüberwachungsanlage ihre Kleidung wechseln und ihr teures, elegantes Sommerkleid, das sie sich extra für diesen Anlass gekauft hatte, gegen die im Haus befindliche Ersatzgarnitur der Putzfrau eintauschen musste. Natürlich bedauerten Herr und Frau Friedrich den Vorfall zutiefst. Sie hätten vergessen, die sich um diese Tageszeit stets automatisch einschaltende Bewässerungsanlage des Gartens zu deaktivieren, auch wenn das im Hochsommer um drei Uhr nachmittags eher ungewöhnlich ist. Falk versuchte Lea damit zu trösten, dass sie in den Putzklamotten echt sexy aussehe, was er zwar ernst meinte, aber Lea wenig aufbaute. Er war natürlich ebenfalls nass geworden, doch hatten seine Eltern noch einen Anzug samt Hemd für ihn im Hause deponiert, so dass er sich trotz der Umziehaktion zum gemeinsamen Mittagessen genauso festlich kleiden konnte wie zuvor.
Seine Eltern waren so freundlich zu Lea, wie sie konnten. Sie stellten zwar eine Reihe unverfrorener Fragen über ihre berufliche Situation, ihr Elternhaus und eigene familiäre Pläne, doch sie erwähnten die ihnen im Nachhinein sehr ans Herz gewachsene Exfreundin von Falk, Ann-Katrin, nur zwei Mal als leuchtendes Vorbild, und es gab sehr gutes Essen. Da hatte Falk schon Schlimmeres erlebt. Lea nicht.

Sie waren beide froh, als ihr Besuch vorüber war. Dennoch müssten Leas Eltern bei einem solch mondänen Empfang erst einmal mithalten können. Das würde schwer werden. Leas Eltern waren nicht wohlhabend und obendrein geschieden.
Zuerst wurde der Besuch bei Leas Vater in Angriff genommen, da Lea dieses Ereignis schnell hinter sich haben wollte. Ein Treffen mit ihrer Mutter hatte Zeit. Von der bekam sie eh kein Geld mehr. Ihr Vater, Benno Kruse, war ihr jedoch peinlich. Er war ein ausgemergelt wirkender, frühpensionierter Lehrer, der Kette rauchte, ständig hustete wie eine Bergwerkssprengung und ab und an kurze geistige Aussetzer hatte. Teilweise mitten im Satz schien er für kurze Zeit ins Wachkoma zu fallen.
Als Herr Kruse den beiden die Tür zu seiner kleinen Sozialbauwohnung öffnete, wirkte er in seinem zerknitterten dunkel karierten Hemd und seiner zerknautschten Kordhose so, als sei er soeben das erste Mal seit 1976 aufgewacht und aus dem Bett gekrochen, doch drang durch den muffigen Geruch der Wohnung ein Duft von frischem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen.
Er empfing seine Tochter überglücklich. „Hallo meine kleine Lea. Schön dich zu sehen!“, sagte er ruhig aber strahlend, umarmte sie so gut er konnte, während sie sich von ihm abwandte und erwiderte, „Falls du’s noch nicht mitbekommen haben solltest, ich bin nicht mehr klein, Daddy.“
Falk schüttelte er die Hand, hieß ihn willkommen und sagte dann zu beiden, „Ach, wenn ihr mal eigene Kinder habt, werdet ihr auch sehen, dass die Kinder immer Kinder für einen bleiben. Jetzt kommt aber erst mal herein.“
Herr Kruse hustete sein Husten, während er sie in die Wohnung hinein winkte. Die gesamte Wohnung schien mit rustikalem Holzimitat vertäfelt zu sein. Matte Steh- und Tischlampen tauchten das Wohnzimmer in hölzernes Licht. Auf dem dunkel lasierten Esstisch stand eine Kaffeekanne aus Porzellan auf einem ebensolchen Stövchen. Drei Gedecke unterschiedlicher Muster und Geschirrserien standen um eine rechteckige Kuchenplatte auf der ein noch warmer Marmorkuchen lag.
„Kommt, setzt euch“, sagte Herr Kruse, „Ich habe extra etwas gebacken.“ Sie setzten sich, und Lea machte sich daran, langsam ihre Unbehaglichkeit auf alle Anwesenden zu übertragen. Zunächst gab sie bekannt, dass sie beide den ganzen über schon viel Kaffee getrunken und Schokolade gegessen hätten und jetzt unmöglich noch so etwas zu sich nehmen könnten. Herr Kruse war dadurch etwas betrübt und brachte ihnen eine Karaffe Leitungswasser, da er sonst nichts Trink- und Essbares im Hause hatte, wie er entschuldigend mitteilen musste, woraufhin Lea demonstrativ mit den Augen rollte. Als Herr Kruse sich daraufhin eine Zigarette ansteckte, fuhr sie ihn an, dass das unmöglich sei, zu qualmen, während nichtrauchende Gäste zu Besuch seien. Er erwiderte darauf, dass sie doch wisse, dass er immer rauche. Das sei nichts Neues, und es sei die letzte Freude, die ihm geblieben sei, seit ihre Mutter ihn verlassen habe. Lea bemerkte darauf sarkastisch, das sei ja wirklich ein großes Kompliment für sie, denn sie sei ja schließlich auch noch da.
So oft komme sie ihn dann doch auch nicht besuchen, dass sie zu einem allgegenwärtigen Quell der Freude für ihn würde, gab er zurück, deshalb freue er sich aber umso mehr, dass sie beide nun da seien.
Lea schmollte und ihr Vater fragte Falk, ob er denn schon einmal verheiratet gewesen sei. Falk lachte überheblich über die aus seiner Sicht naive Frage und verneinte.
Leas Vater ignorierte seinen arroganten Tonfall und erwiderte, „Recht so. Das sollte man auch nicht zu früh tun. Ramona, Leas Mutter, und ich haben definitiv zu früh geheiratet. Man muss erst wissen, was man überhaupt will vom Leben, von einem Partner im Speziellen und was man bereit ist für diesen zu tun. Mit 25 weiß man das noch nicht. Wie alt sind Sie, Falk, wenn ich fragen darf?“
Falk war noch am überlegen, ob er die Frage blöd oder in Ordnung fand, antwortete aber wahrheitsgemäß, „29.“
„Ein gutes Alter. Sind Sie berufstätig?“
Diese Frage fand Falk nun definitiv blöd, aber auch auf diese ging er direkt ein, „Nein, bin ich nicht.“
„Aha“, nahm Leas Vater die Information ohne die Miene zu verziehen zur Kenntnis, „Ich möchte Sie nicht in Verlegenheit bringen, aber erlauben Sie, dass ich mich erkundige warum?“
Lea ging dazwischen. „Ach, Daddy, lass ihn doch in Ruhe.“
Er wandte sich ihr zu, „Ich tue ihm doch gar nichts. Ich frage nur aus reinem Interesse.“
Falk sortierte sich ein wenig, dann sagte er: „Ich hab halt noch nicht das richtige gefunden. Ich orientiere mich noch.“
Leas Vater nickte und sagte dann: „Na gut. Dann sind Sie also noch nicht an dem Punkt, an dem Sie wissen, was sie wollen.“
„Ach, woher wollen Sie denn das wissen?“, fragte Falk jetzt etwas verärgert.
„Na, Sie haben doch eben selbst gesagt, Sie orientieren sich noch. Ist ja auch in Ordnung. Sie sind noch jung.“ Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und fügte dann schmunzelnd hinzu, „Aber machen Sie meine Tochter ja nicht unglücklich.“
„Können wir jetzt bitte das Thema wechseln?“, warf Lea genervt ein. Falk grinste jetzt. Der Alte war ihm irgendwie sympathisch.
In dem Moment bekam Herr Kruse einen so heftigen Hustenanfall, dass Falk beunruhigt und Lea peinlich berührt wurde. Als die Attacke vorüber war, entschuldigte Leas Vater sich bei ihnen, zündete sich eine neue Zigarette an und blickte sie abwechselnd an: „Ihr seid ein schönes Paar. Das ist gut. Sexualität ist sehr wichtig.“
Lea haute jetzt mit der flachen Hand auf den Tisch. „Jetzt reicht’s aber. Das geht dich überhaupt nichts an!“
Ihr Vater hob beschwichtigend die Hand, „Schon gut. Du hast Recht. Ich will ja auch nur sagen, dass das nicht zu unterschätzen ist. Bei deiner Mutter und mir war immer ein Problem, meine Liebe. Das tötet die Beziehung.“
„Ich glaube, wir sollten jetzt gehen“, schnaufte Lea und stand auf.
„Ich wollte euch wirklich nicht vertreiben.“ entschuldigte sich ihr Vater.
„Wir müssen sowieso weiter“, sagte Falk, „Wir haben noch Besorgungen zu machen.“
„Ach na wenn das so ist, dann will ich Sie nicht aufhalten.“ Ihr Gastgeber erhob sich, um sie hinaus zu begleiten, und sagte in der Tür zu Falk, „Ich bin wahrscheinlich ein wenig zu oft allein. Falls meine Bemerkungen ungehörig waren, bitte ich dies zu entschuldigen.“
„Schon gut“, meinte Falk aufrichtig, „Es hat mich gefreut, sie kennen zu lernen.“
„Ganz meinerseits“, erwiderte Herr Kruse, gab Falk die Hand und umarmte Lea mit den Worten, es würde ihn freuen, sie mal beide wieder zu sehen.
Dann gingen sie fort und begannen sich auf dem Heimweg von Minute zu Minute mehr zu streiten. Lea regte sich zunächst über ihren Vater auf und wie unmöglich er sich benommen hätte. Falk meinte, sie hätte ihm einen Haufen Scheiße über ihren Vater erzählt, von wegen geistige Aussetzer und so, und dass er den voll in Ordnung fände. Lea hielt dagegen, dass er das nach der kurzen Begegnung überhaupt nicht beurteilen könne, und dass er, der König im Scheißereden, sich sowieso nicht beschweren dürfte und so weiter und so fort.

Am Wochenende taten sie das, was sie immer taten, wenn die Stimmung auf dem Tiefpunkt war. Sie fuhren mit dem Motorrad in den Wald zum Camping und hatten dort jede Menge Sex miteinander. Danach rauften sie sich entspannt zusammen, vertrugen sich, lästerten endlich gemeinsam über die beiden Besuche und wurden sich einig, dass sie beide beknackte Eltern hätten. Nun war Lea auch in der Lage, sich ein wenig geschmeichelt zu fühlen, als Falk noch mal erwähnte, dass er ihren Vater aber ganz in Ordnung fände, für so einen alten Knacker jedenfalls.
Ein halbes Jahr später bekam Lea einen Anruf von ihrer Mutter. Die sagte ihr, dass ihr Vater im Krankenhaus liege. Es sei ernst. Er sei operiert worden, nachdem kurzfristig Krebs diagnostiziert worden war. Man habe ihm den Kehlkopf entfernen müssen und die Operation sei nicht gut verlaufen. Mann wisse nicht, ob er die Woche überlebt, und Lea möchte ihn doch bitte besuchen gehen.
„Kommst du mit, Mama?“, fragte Lea.
„Ach Kindchen. Dein Vater und ich sind fertig miteinander. Du bist unsere einzige gebliebene Verbindung. Und ich habe nicht vor, in Form einer Krankheit eine zweite aufzubauen.“
„Mensch, und was soll ich dann da?“, maulte Lea.
„Er ist dein Vater, und du bist das einzige, was er noch hat. Tu ihm mal den Gefallen. Schließlich unterstützt er dich.“
Da war es wieder, das eingekaufte Verfügungsrecht. Also würde sie hin gehen müssen. Wieder war es Winter, und Lea machte sich mit Falk in der U-Bahn auf den Weg in das Universitätsklinikum. Wieder ein voller Wagon und sämtliche Sitzplätze belegt, so dass sie diesmal stehen mussten. Da erkannte Lea auf einer Sitzbank in der Mitte des Wagons den geschniegelten Herrn wieder, der sie vor einem Jahr wegen der Schwangeren angemacht hatte und dem von Falk daraufhin die Leviten gelesen worden waren. Diesmal hatte der Kerl sich einen Sitzplatz ergattert und schabte mit einem kleinen Plastikstab auf einem Taschencomputer herum. Direkt vor ihm stand zwar keine Schwangere, aber eine kleine ca. 80-jährige Frau, die sich mühsam an der Haltestange festhielt. Er musste sie bemerkt haben, schaute sie aber nicht an. Falk raunte zu Lea: „Der ist wohl auf Schwangere spezialisiert.“
„Ja, von der Alten will er wohl nichts“, antwortete Lea und beide lachten gehässig. Falk legte den Arm um Leas Schulter und sagte: „Ja, so ist das halt. Alles nur gequirlte Scheiße.“
„Was meinst du damit?“, wollte Lea wissen.
„Was weiß ich“, Falk zuckte mit den Achseln, da er nicht auf eine Nachfrage eingerichtet war, „Aufstehen für trächtige Tanten, Ommas übe die Straße helfen…“
„…Väter im Krankenhaus besuchen.“
„Was meinst du damit?“
Sie kuschelte sich in seinen Arm. „Ich hab keine Lust meinen Alten zu besuchen.“
Falk überlegte. „Hat deine Mutter gesagt, auf welcher Station er liegt?“
„Ja, Station acht.“
„Klingt voll nach ’ner Scheißstation“, sagte Falk und beide lachten erneut und stiegen nicht am Klinikum aus, sondern an der übernächsten Station, wo ein neuer Media Markt eröffnet hatte.

Das nächste Jahr plätscherte größtenteils vor sich hin, doch enthielt es einschneidende Erlebnisse. Im Juni zerhäckselte sich Falks Vater die rechte Hand beim Säubern der neuen Küchenmaschine seiner Geliebten und es gab ein großes Trara. Frau Friedrich nahm das äußerlich gelassen hin, die Verletzung wie die Affäre. Herr Friedrich strich Falk im September bis auf Weiteres die finanzielle Unterstützung, weil der ihn während seiner Heilung nicht einmal im Krankenhaus oder zu Hause besucht hatte. Daraufhin musste Falk den geplanten 6-wöchigen Neuseeland-Urlaub mit Lea absagen, was diese ihm sehr übel nahm. Es brach erneut eine Auseinandersetzung über Falks Arbeits- und Orientierungslosigkeit aus. Sie meinte am Ende, sie brauche Zeit, warf ihn aus der Wohnung und fuhr ohne ihn auf die andere Seite des Globus.
Falk zog daher zu seinen Eltern, denen das gar nicht recht war, weil die häuslichen Spannungen aufgrund der letzten Erlebnisse wuchsen, ohne dass ihr Sohn ihnen auf der Pelle hockte. Falk hatte zudem nichts Besseres zu tun, als sich eines Tages in ihrer Abwesenheit zu besaufen und die vietnamesische Putzfrau zu vergewaltigen, die ihn daraufhin bei der Polizei anzeigte. Daraufhin übergaben seine Eltern das belastende Überwachungsvideo an die Staatsanwaltschaft. Falk kam in Untersuchungshaft und Lea trennte sich augenblicklich von ihm, sobald sie davon erfuhr. Frau Friedrich, seine Mutter nahm sich im November das Leben, weil sie es sich, laut Abschiedsbrief, nicht verzeihen konnte, ihren Sohn ans Messer geliefert zu haben.
Von Frau Friedrichs Tod erfuhr Lea über einen gemeinsamen Freund von ihr und Falk, mit dem sie sich jetzt öfters traf. Den Begegnungen mit diesem Freund, Ralf, wohnte eher ein exothermer Charakter inne, wie sie jetzt doch in ihrem Fachjargon bemerkte, und das sei vielversprechender als das lahme gegenseitige Langweilen mit Falk die letzten zwei Jahre.
Der wiederum begann den beiden Hassbriefe zu schreiben, in denen er sie einerseits bedrohte und sich andererseits darüber beklagte, wie sehr er sich von ihnen beiden im Stich gelassen fühle. Lea antwortete ihm nur einmal. Sie schickten ihm einen Brief mit den fünf Wörtern: „Ist doch alles gequirlte Scheiße.“
Zu Weihnachten überredete Leas Mutter sie, doch einmal ihren Vater zu besuchen. Er hatte bis jetzt zwar überlebt, lag wieder im Klinikum, weil sich neue Metastasen gebildet hatten. Eine weitere Operation sahen die Ärzte als zwecklos an, doch er stand kurz vor einer weiteren Chemotherapie.
Lea hatte ihren Vater seit dem gemeinsamen Besuch mit Falk nicht mehr gesehen und erwartete das Schlimmste, wenn sie ihm gegenübertreten würde. Wahrscheinlich sähe er noch schlechter und verlebter aus, wenn überhaupt noch lebendig. Es war der zweite Weihnachtsfeiertag. Sie hatte ein Geschenk unter dem Arm und einen Heidenbammel im Bauch als sie die Station betrat. Eine Pflegerin zeigte ihr den Weg und führte sie die Gänge entlang. Noch bevor sie bei dem Zimmer angekommen waren, hörte Lea das vertraute Husten und weinte ohne zu verstehen warum.
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KRITIKEN

Kjub:

Hier wird solide ironisch erzählt, Grammatik und Rechtschreibung sind sauber. An manchen Stellen klingt der Erzähler wie ein augenzwinkernd belehrender Onkel, was mich störte. Einige Adjektive, bzw. den ein oder anderen Vergleich hätte man im Interesse einer strafferen Geschichte streichen können. Für Abwechslung sorgt die immer wieder aufblitzende Fabulierlust, da sind Lebensläufe geschickt in den Text verwoben, die natürlich wirkende, unterhaltsame Ausblicke ermöglichen. Das Ende ist rätselhaft, auf einmal weint die taffe Lea. Zwar ist sie auf dem Weg zu ihrem vielleicht sterbenden Vater, aber dessen Schicksal hatte sie vorher auch nicht recht gekümmert. Obwohl das logisch nicht schlüssig ist, gefällt mir das Ende. 22 punkte.
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Alcedo:

Beitrag 3:
Taschengeldverpflichtungen

7 Punkte für Inhalt/Aufbau (0-10 Punkte möglich)
8 Punkte für Ideenreichtum/Originalität/Kreativität (0-10)
9 Punkte für die Sprachliche Umsetzung (0-10)
4 Punkte für Rechtschreibung/Grammatik (0-5)
--------------------------------------------------------------------------- +
28 Punkte (von 35 möglichen)

Die Einführung der Charaktere, vor allem die Namenszuordnungen erschienen mir zu Anfang ungelenk, beinah plump, im Vergleich zum ansonsten flüssigen Erzählstil. ich dachte schon das hätte eine besondere Bedeutung und verweile gedanklich etwas zu lange bei den Vornamen. Lea und Falk? Krieg der Sterne? Prinzessin und Milleniumfalke?
nein, im Verlauf der Story deutet gar nichts in diese Richtung. ich wünschte mir nicht aufgehalten worden zu sein. die ausgelöste Kettenreaktion entwickelte schnell angenehme Sogwirkung. den Rest der Geschichte las ich ohne Unterbrechung herunter und sie hat mir auf Anhieb gefallen. vor allem das Ende mit dem Weinen ohne zu wissen warum, erschein mir passgenau auf die Protagonistin zugeschnitten - es kam mir vor wie ein zwar vorhandenes aber trotzdem unvermutet aufgefundenes letztes Puzzleteilchen welches sich plötzlich fügte und es wirkte auf mich so authentisch und lebendig wie ein reales Erlebnis auf einer Intensivstation, welches, ob seiner Intensität, noch lange nachwirkt.

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Maya:

Diese Kurzgeschichte war nicht nur die längste, sondern in meinen Augen auch stellenweise die langatmigste. ;) Aber dennoch merkt man sofort, dass es nicht die erste KG ist, an der sich der Schreiber versuchte, denn die Geschichte ist inhaltlich kohärent und der Stil angenehm lesbar. Die vielen Ereignisse trösten über den verunglückten Eingang mit der Umkleidekabine, der mich stark an diese Billigromane erinnert und über die etwas tristen Dialoge (Besuch beim Vater) hinweg. Insgesamt ist das für mich eine solide Geschichte, aber nicht unbedingt der große Wurf, weil sie nicht über Alltäglichkeiten hinauswächst. Auch die Bahnfahrt ist mir viel zu ausgiebig geschildert - gemessen an diesem kleinen "heldenhaften" Einsatz. Gegen Ende wurde mir das Ganze zu hektisch und komprimiert - so als hätte der Autor Probleme gehabt, die vorgegebene Seitenanzahl einzuhalten. Ausblick/Raffung der Ereignisse ist zwar interessant, aber ich möchte nicht davon überrollt werden. Ja, also insgesamt gesehen trifft die Story zwar nicht meinen Geschmack, was ich ihr aber schlecht ankreiden kann.

Daher folgende Bewertung:

1.) Inhalt/Aufbau 7/10 Punkte

Logischer, geradliniger Aufbau, inhaltlich ist mir die Geschichte etwas zu fade.

2.) Ideenreichtum/Originalität/Kreativität 4/10

Die Geschichte finde ich nicht sonderlich kreativ, originell oder künstlerisch ausgestaltet. Mir fehlt der gewisse Pepp, etwas, was mich als Leserin quasi vom Hocker reißt, was mich beeindruckt oder überrascht.

3.) Sprachliche Umsetzung 8/10

Der Stil ist der Geschichte angemessen, aber eben auch nicht mehr.

4.) Rechtschreibung/Grammatik 4/5

Im Grunde okay, nur ein paar Flüchtigkeitsfehler (Waggons/ einmal "Tag" vergessen etc.)
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zuletzt bearbeitet 08.11.2009 19:05 | nach oben

#22

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 08.11.2009 18:23
von Maya (gelöscht)
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Platz 3: mcberry mit "Der Patient von Station 8"

Der Patient von Station 8

Mißmutig kaut Inspektor Severinus an einem Bleistiftende, merkt was er tut, legt den Stift nieder und greift nach einem Kugelschreiber. Mit roter Tinte markiert er drei Rechtschreibfehler im Text des Berichts, der vor ihm auf dem Schreibtisch liegt, dann fühlt er sich besser.
Wieder einmal geht es um einen verunglückten Sportler, jung, männlich, bis auf die beigebrachte Verletzung gesund. Im Falle einer Straftat lehnt die Unfallversicherung Übernahme von Behandlungskosten ab, oder holt sich ihr Geld vom Verursacher zurück. Lediglich um einen Täter dingfest zu machen, bedient man sich gelegentlich der Polizei. Dann fühlt sich Severinus regelmäßig wie ein Handlanger dieser cleveren Versicherungsfritzen. Dieser grau gekleidete Herr Smäcks, der den Bericht verfaßt hat, kommt daher wie das personifizierte Understatement und der Idealbesetzung eines Detektivs sehr nahe. Leider ist ihm dieser Niemand nicht unterstellt, was die Kooperation erschwert. Severinus seufzt und wendet sich wieder dem Bericht zu.
Also dem verletzten Schützen steckt ein Pfeil im Hals. Egal wie dramatisch sich das liest, es sieht nach einem typischen Sportunfall aus. Dergleichen passiert eben. Ein Mitbewohner namens Igor bringt kurz nach seiner Einlieferung in die Notausnahme eine Tasche mit Pyjama und Zahnbürste. Zum Tathergang vernommen gibt Igor an, erst später hinzugekommen zu sein. Als Tatort bezeichnet er ein Zimmer in einer WG
und benennt als weiteren Unfallzeugen einen Toby. Der erscheint und behauptet selbst angegriffen worden sein: Nur in Notwehr habe er den Pfeil als Waffe verwendet.
Severinus gähnt. Für ihn ist das eine Schutzbehauptung.
Wahrscheinlich war es so: Mehrere Bewohner der WG tragen einen Wettkampf aus. Im Eifer des Gefechts gerät ein unvorsichtiger Spieler in die Wurfbahn. Ein Pfeil trifft ihn statt der Zielscheibe. Zutiefst erschrocken legen die Schützen den Verwundeten auf das nächste Sofa und rufen umgehend einen Rettungswagen, worüber dem Inspektor bereits eine Meldung vorliegt. Solange der Typ ohnmächtig ist, sagt sich Toby, kann alles noch gut werden. Zumindest für die WG. Soll man sich wegen einer Ungeschicklichkeit die Zukunft kaputt machen? Stirbt der Mitbewohner, steht man als Totschläger da. Dem Tatopfer nützt kein Geständnis mehr. - Aber dann kommt alles anders. Unser Patient überlebt die Operation und wacht auf. Natürlich hat das Krankenhaus eine Unfallmeldung gemacht und Herrn Smäcks eingeschaltet. Noch bevor der Versicherungsdetektiv mit dem Patienten sprechen kann, ereignet sich ein neues Rohheitsdelikt. Toby stattet dem Sportskameraden einen Besuch ab. Ihn vorzulassen erweist sich Nachlässigkeit, denn am Krankenbett entwickelt sich ein Handgemenge.
Bedächtig schüttelt der Inspektor den Kopf. Wieso informiert man ihn erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist? Über die Mängel der Spurensicherung will er mal hinwegsehen, denn im OP-Saal liegen die Prioritäten wohl anders. Aber dem Patienten nach dem Eingriff die Tatwaffe zurückzugeben, sozusagen als Andenken, das war grob fahrlässig.
Immerhin beschreibt diesmal ein neutraler Zeuge, wie der Verletzte und der mutmaßliche Täter sich beide gleichzeitig auf die Tatwaffe stürzen: einen scharf geschliffenen handgeschmiedeten Stahlpfeil. Der Patient rutscht aus dem Bett, der Infusionsständer kippt um, eine Flasche Ringerlösung fällt herunter, der Schlauch der Infusion verwickelt sich und die Kanüle reißt aus dem Unterarm des Patienten heraus. Unser Unfallspezialist verliert zum zweitenmal viel Blut und irgendwann auch das Bewußtsein. Seitdem ist die Tatwaffe verschwunden.
Der Fall erscheit klar. Severinus greift zum Telefon, einem altmodischen Tischmodell, und wählt eine Null vor, um eine Freileitung nach draußen anzumelden. In Gedanken malt er sich voller Neid aus, wie Smäcks lässig sein Blackberry zückt.
“Smäcks!” Fahrgeräusche im Hintergrund sind unüberhörbar.
“Severinus hier! Sind Sie gerade unterwegs?”
“Kein Problem, die Freisprechanlage ist eingeschaltet. Komme direkt aus Toddendorf!”
“Wie belieben? Ist das ein Landgasthof?”
“Ein Ort mit wenig Einwohnern, aus dem unser mutmaßlicher Täter stammt. Darf ich annehmen, daß wir in der Einschätzung des Falles übereinstimmen?”
“Unbedingt. Sie haben vor Ort ermittelt?”
“Liegt nahe, nicht? Unser letzter Unfallzeuge ist ein Halbbruder von diesem Toby.”
“Na schön, aber was tut das zur Sache?”
“Eine Menge, wenn man bedenkt, daß der ältere Sohn nicht nur den Hof erbt, sondern
ihm auch noch die Frau ausgespannt hat!”
“Wie das? Sind Sie sicher?”
“Das weiß ich von dem Nachbarn, der den Brüdern seinen Traktor ausleiht. Als Toby sich vor ein paar Monaten den Blinddarm operieren lassen mußte, kümmerte sich auf der chirurgischen Abteilung eine hübsche Krankenschwester um ihn. Er versprach ihr zum Dank ein Kaninchen und lud sie nach Toddendorf ein. Sie kam tatsächlich und suchte sich eins aus. Bei der Gelegenheit lernte sie den älteren Bruder kennen und das Verhängnis nahm seinen Lauf!”
“Halten Sie es für möglich, daß Toby etwas gegen seinen Bruder im Schilde führt?”
“An einem Motiv besteht kein Zweifel, aber er hat genügend andere Gelegenheiten, einen Bruderzwist auszutragen. Toddendorf besitzt einen vortrefflichen Wurfstand in einem leerstehenden Gebäude. Es gibt auch eine Schmiede. Da treffen sich bestimmt ein paar Zeitgenossen, deren Lebensweg für die Innere Sicherheit von Interesse wäre.”
“Kann ich die Tatwaffe haben?”
“Bitte sehr. Ich bringe Ihnen das Objekt auf dem Weg zum Hospital vorbei. Die Station habe ich um Nachricht gebeten, sobald der Patient aufwacht. Wir müssen ihn unbedingt vernehmen.”
Ein schnarrendes Geräusch, ein Klingeln, und die Verbindung bricht ab. Mit einem leisen Fluch drückt Severinus einen Verbindungsknopf und schnauzt in den Hörer:
“Was gibt es!”
“Städtisches Krankenhaus, Station 8. Sie hatten um Benachrichtigung gebeten.”
“Wacht unser Unfallpatient wieder auf?”
“Ja! Aber er bekommt schon Besuch von einem Mitbewohner seiner WG.”
Severinus wählt eine Null; sobald anhaltendes Tuten die freie Leitung signalisiert, drückt er die Wiederwahltaste. Besetztzeichen ertönt: Smäcks meldet sich nicht zurück.
An alles, was passiert ist, kann ich mich genau erinnern. Noch immer liege ich auf der Intensivstation hinter einer mobilen Trennwand, die man eingeschoben hat. Wenn es mir besser geht, muß ich fürchten, auf die Krankenstation des Gefängnishospitals verlegt zu werden. Daß ich in Schwierigkeiten stecke, ist mir klar. Die Tatsachen sprechen gegen mich.
Toby hat mir grinsend eröffnet, daß er gegen mich ausgesagt hat: Er will von mir angegriffen worden sein. Dabei wollte ich ihn nur aufhalten. Ein großer Blonder, der seine Freundin geheiratet hat, kam gerade herein, und Toby griff nach dem Pfeil auf meinem Nachttisch. Was sollte ich da denken?
Um aus dem Bett zu kommen, mußte ich mich am Nachttisch abstützen. Das brachte den Infusionsständer ins Wanken. Eine Flasche fiel mir auf den Kopf, glaube ich. Jedenfalls traf Toby die Plastikflasche, als er zustach. Dann richtete er sich auf und riß mir dabei die Kanüle aus dem Arm. Das hat richtig weh getan. Auf dem Boden zu liegen war nicht wirklich schlimm, so dramatisch es ausgesehen haben muß, wegen der Blutlache, die sich ausbreitete. Der Bräutigam zog interessiert den Pfeil aus der Flasche. Toby griff danach, wutschnaubend, aber der blonde Depp kicherte: “Kriegst du nicht!“ Ich dachte schon, ich sehe dem Nahkampf aus der ersten Reihe zu. Der Bauerntrampel warf den Dartpfeil hinter die Trennwand und freute sich wie blöd. Auftritt ein lautloser Herr von unauffälliger Eleganz, der den Metallpfeil vom Boden auflas: “Kampfhandlungen sollten Sie vorher bei mir anmelden!“ Vielleicht stand der ja schon länger hinter der Trennwand und hörte zu.
Wie es weiterging, kann ich nicht sagen. Lange bin ich noch nicht wieder wach, und seitdem wurde kein Besuch mehr vorgelassen. Das finde ich in Ordnung, denn wegen jedem ungewohnten Geräusch schrecke ich zusammen. Schritte auf dem Flur machen mich nervös. Die Tür hat einen Glasausschnitt, durch den ich auf den Flur sehen kann. Da kommt jemand. Bitte nicht Toby .... Schon tritt er ein. Mit dem Mut der Verzweiflung probiere ich eine unverfängliche Gesprächseröffnung:
“Hallo, alter Knabe! Bringst du mir frische Wäsche oder unbezahlte Rechnungen?”
Es ist sinnlos: Toby und Small talk spielen nicht in derselben Liga. Unaufgefordert läßt sich mein Besuch rittlings auf einem Stuhl nieder, legt beide Unterarme auf die Lehne, stützt sein Kinn darauf und starrt mich düster an. Doch wirkt er mehr frustriert als herausfordernd. Dann spricht er auch noch freiwillig:
“Wo ist mein Pfeil?”
“Bestimmt nicht hier. Zuletzt hatte ihn ein Herr in grauem Trenchcoat.”
Meine Stimme klingt belegt und rauh. Wahrscheinlich wirke ich ramponiert und vom Leben mitgenommen. Versuche ich mal diesen Effekt zu nutzen: “Warum Toby?”
“Warum was?”
“Der Pfeil! Warum wolltest du mich damit umbringen?”
“Du wolltest ihn wiederhaben.”
“Verzichte hiermit feierlich auf den Besitz. Warum gehst du damit auf Leute los?”
“Frage der Ehre.”
“Erkläre mir bitte, was ehrbar daran sein soll, Dartpfeile in Hälse zu jagen.”
“Die sind für in die Brust zu klein.”
“Hast du auch welche, die tiefer gehen?”
“Für dich arbeite ich nicht.”
Zwar verstehe ich nicht, von was der Kerl eigentlich redet, aber die Wendung des Gesprächs ist mir nicht geheuer.
“Für wen schmiedest du denn lange Pfeile?”
“Nur für Sportskameraden.”
“Denkst du, ich hätte den Pfeil gestohlen?”
“Sozusagen. Zuerst hat ihn mein Bruder bei einem Wettkampf gewonnen. Der Beste behält alle Waffen, so war die Vereinbarung. Dann hat ein Kumpel meinen Bruder herausgefordert und alle Pfeile an sich gebracht. Aber der hat später gegen einen verloren, der nicht zu uns gehört. Jedenfalls hatte er keine Pfeile mehr. Das ist gegen die Regeln. Wir spielen nicht mit jedem. Schon gar nicht mit dir.”
Ich traue meinen Ohren kaum.
“Du überschätzt meinen sportlichen Ehrgeiz, Toby. An Wettkämpfen nehme ich nicht teil. Den Pfeil habe ich auf dem Flohmarkt erstanden für unser Dartspiel auf dem Flur. - Hättet ihr doch um Geld gespielt, dann wäre mir viel Ärger erspart geblieben.”
“Das glaube ich dir nicht.”
“Frage bitte deinen Bruder, ob er schon mal mit mir gespielt hat. Er wird dir sicher bestätigen, daß er mich gar nicht kennt.”
“Der sagt auch nicht immer die Wahrheit.”
“Was genügt dir denn als Beweis?”
“Zeige mir den Kerl, von dem du den Pfeil gekauft hast.”
“Dazu müßte ich erst einmal das Krankenhaus lebend verlassen. Ich bezweifle auch, daß mir die Strafprozeßordnung und das Untersuchungsgefängnis die Suche nach gefälligen Entlastungszeugen erleichtern werden.”
“Ist mir doch egal.”
Leise Schritte auf dem Flur. Anmutig lehnt Schwester Aiko im Türrahmen:
“Dein Bruder hat versprochen, die Pfeile dem Eisenwarenhändler zu gegeben. Er hält sein Wort. Nie wieder wird er an Wettkämpfen teilnehmen. - Jetzt lassen wir diesen Patienten in Ruhe. Er soll noch keinen Besuch haben.”
Zutiefst gekränkt wendet Toby sein Gesicht ab. Fast tut er mir leid.
Schwere Schritte im Gang kündigen einen Herrn in Uniform an, der sich als Inspektor Severinus vorstellt. Mit professioneller Höflichkeit erkundigt er sich, wie es mir geht und ob ich schon vernehmungsfähig bin.
“Danke gut”, flüstere ich heiser.
“Nein”, sagt Schwester Aiko.
“Der Pfeil”, fragt Toby: “Haben sie den an sich genommen?”
“Detektiv Smäcks stellte die Tatwaffe sicher. Er bringt sie gerade in mein Büro”, erklärt ihm der Uniformierte mit unbewegter Mine. “Auch Herr Smäcks würde sich sehr gerne mit Ihnen unterhalten!”
“Ich komme mit”, knurrt Toby.
Schwester Aiko scheucht die beiden Gestalten zur Tür hinaus. In erstaunlichem Einvernehmen ziehen sie hintereinander ab. Sie holt eine kleine Ampulle aus ihrer Kitteltasche, injiziert die klare Flüssigkeit in den Schlauch, der die Infusionsflasche mit meinem Blutkreislauf verbindet, und stellt die Tropfgeschwindigkeit neu ein.
“Der Pfeil ist aus einem Fleischerhaken gemacht“, sagt sie leichthin. “In Toddendorf ist man abergläubisch und denkt, daß er Unglück bringt.”
Mir wird angenehm warm und ich habe ein Gefühl zu schweben. In Fieberträumen ist mir Schwester Aiko als schöne weiße Dame erschienen. Ich vergesse allen Kummer.
“Mein Mann und ich bedauern den Vorfall”, spricht sie weiter. “Wir haben Toby ins Gewissen geredet. Aber natürlich schützen wir familiäre Interessen und müssen eine Strafverfolgung verhindern.”
Müdigkeit übermannt mich. Egal, was draußen im Revier passiert, es ist nicht mehr meine Geschichte. Ich will für immer daraus entlassen sein. Schwester Aiko streicht mir liebevoll über Stirne und schließt meine Augenlider: “Gute Nacht!”

Ende
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KRITIKEN

Kjub:

Stellenweise liest sich der Krimi amüsant, da blitzen gute Ideen auf. Leider verblassen die schnell wieder, bzw. gehen in den Verstrickungen der Geschichte unter. Da muss man manche Sätze schon zweimal lesen, um zu erkennen wer aktuell spricht, denkt oder handelt.
Die Namensgebung ist nicht ganz rund, einzeln passen die Namen schon in so eine skurrile Geschichte, wirken aber zusammengewürfelt (Smäcks, Severinus, Aiko, Toby). Die Schilderung des Tathergangs, der Dialog zwischen Toby und dem Opfer, die ominöse „Kampfhandlung“ im Krankenzimmer und die vom Himmel fallende Auflösung sind unglaubwürdig, bzw. schwer nachvollziehbar. Das geht eindeutig zu Lasten der atmosphärisch interessanten Geschichte. 16 punkte.

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Alcedo:

Beitrag 4:
Der Patient von Station 8

5 Punkte für Inhalt/Aufbau (0-10 Punkte möglich)
6 Punkte für Ideenreichtum/Originalität/Kreativität (0-10)
7 Punkte für die Sprachliche Umsetzung (0-10)
4 Punkte für Rechtschreibung/Grammatik (0-5)
--------------------------------------------------------------------------- +
22 Punkte (von 35 möglichen)

ein missmutiger Inspektor, der Fehler markiert, versus einen cleveren Versicherungsheini der seinen Blackberry schwingt. Klischee versus Klischee und dazwischen ein Absatz welcher mit "Wieder einmal" beginnt. puh. nur widerwillig mag ich dem Handlungsstrang folgen.

nennt man beim Dart die Spieler "Schützen"? das wäre mir neu. auch dass man, von diesen Dartpfeilen getroffen, sterben könnte, befremdet mich etwas.

der unmittelbare Wechsel aus der auktorialen Erzählperspektive zur Ersten Person (beim Abschnitt "An alles was passiert ist kann ich mich genau erinnern") kommt überraschend, aber ein positiver Effekt bleibt mir dabei aus. es wirkt wirr, zumal sich das Opfer plötzlich in Schwierigkeiten wähnt. das anschliessende Handgemenge verkompliziert das Ganze zusätzlich. immerhin werden dann wenigstens die erwähnten Schwierigkeiten deutlich. anscheinend geht es um einen als Wurfpfeil umgeschmiedeten Fleischerhaken, welchen dieser Toby unbedingt über Leichen wiederhaben möchte. nun ja. die Krankenschwester vollendet schließlich die aberwitzige Mordlustorgie und schließt fleißbeflissen die Lider des Todgeweihten. das hat einen Anflug von Komik, wenn man bedenkt dass sie vielleicht ein Kaninchen dafür bekommt. auch zuvor schon im Abschnitt, der mit "Um aus dem Bett zu kommen (...)" beginnt, erinnerte mich die Dramaturgie eher an ein ungewollt komisches Bühnenstück, als an abgefahrene Spannungskurven. der Abschnitt ist gespickt mit Stichwörtern wie: "dramatisch", "ich sehe (...) aus der ersten Reihe zu", "Auftritt" und der Protagonist scheint reichlich gleichmütig seinem eigenen Ermorden beizuwohnen.
noch ein Satz war mir negativ aufgefallen: "Wie es weiterging kann ich nicht sagen.". das nimmt dann auch noch Schwung aus dem Plot.

immerhin beim anschliessenden Dialog mit diesem Toby stellte sich bei mir doch Neugier ein, was es nun mit diesem Pfeil nun auf sich habe. so nimmt die Story dann doch ein wenig Fahrt auf für mich. Aberglaube ist mir schließlich eine recht vage Erklärung, aber immerhin habe ich eine bekommen.
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Maya:

Ui, ist das ein Durcheinander. Zu Beginn sitzt Inspektor Severinus noch an seinem Schreibtisch und liest den Bericht des Versicherungsdetektivs Smäcks. Es wäre doch naheliegend und interessant gewesen, Ausschnitte des Berichts über Kursivschrift einzufügen, damit der Leser das liest, was Severinus eben vor der Nase hat. Warum wurde darauf verzichtet? Statt dessen kann zumindest ich den Worten kaum folgen, weiß nicht, wo dieser Bericht nun zu Ende ist.
" Noch bevor der Versicherungsdetektiv mit dem Patienten sprechen kann, ereignet sich ein neues Rohheitsdelikt. Toby stattet dem Sportskameraden einen Besuch ab. Ihn vorzulassen erweist sich (als) Nachlässigkeit, denn am Krankenbett entwickelt sich ein Handgemenge."

Ist auch das noch Teil des Berichts oder bezog sich dieser Bericht lediglich auf Vorfall Nummer 1 in der WG? Wann verlässt Severinus seinen Schreibtisch? Sitzt er da, wo es heißt, "Bedächtig schüttelt der Inspektor den Kopf", auch noch im Büro?
Diese unvorbereiteten Brüche im Text - eben noch hier, jetzt schon dort - sind irritierend, da ich als Leser ständig den roten Faden verliere. Gleich auf Seite 1 werden die Ereignisse vorweggenommen - der Leser wird mit Informationen regelrecht zugeballert, die er noch gar nicht einordnen kann, weil die Erläuterungen und Abläufe erst nachfolgend etwas näher beschrieben werden. Ich fühlte mich etwas überfordert, aber - und das ist auch nicht das Schlechteste - zugleich herausgefordert, als ich deine Geschichte las. ;)

Auch auf Seite 3 kam ich mächtig ins Schleudern, weil ich den Ereignissen nicht mehr auf Anhieb zu folgen vermochte, so dass ich bestimmte Szenen mehrmals lesen musste. Smäcks und Severinus telefonierten gerade eben noch - und dann sehe ich nicht mehr durch, weil dieser Bruch nach diesem Satz erfolgt:

Severinus wählt eine Null; sobald anhaltendes Tuten die freie Leitung signalisiert, drückt er die Wiederwahltaste. Besetztzeichen ertönt: Smäcks meldet sich nicht zurück.

An alles, was passiert ist, kann ich mich genau erinnern. Noch immer liege ich auf der Intensivstation hinter einer mobilen Trennwand, die man eingeschoben hat. Wenn es mir besser geht, muß ich fürchten, auf die Krankenstation des Gefängnishospitals verlegt zu werden.


Ich wusste zunächst gar nicht, wer hier überhaupt mit wem spricht, keine Überleitung, nichts. Das lag unter anderem daran, dass der Autor die direkte Rede des Protagonisten nicht mehr deutlich kennzeichnete und somit von dem, was der Erzähler nur so nebenbei einwarf, trennte. Das endet natürlich im Chaos und verleidet den Lesegenuss, wenn man gezwungen ist, viele Stellen noch einmal zu lesen, um der Geschichte überhaupt folgen zu können. Die aufgebaute Spannung geht dabei ein wenig verloren.

Ebenso fragte ich mich, woher so plötzlich der blonde Bräutigam kam, der gerade so präsentiert wurde, als wäre der Leser bereits mit ihm vertraut. Nach zwei Lesewiederholungen hatte ich mir dann ungefähr zusammengereimt, was hier überhaupt passiert ist.

Inhaltlich wird das Ganze genau dort fragwürdig, wo der blonde Bräutigam über die Attacke im Krankenzimmer wie ein Idiot grinst. Ich konnte dieses Verhalten überhaupt nicht nachvollziehen. Wird man quasi aus dem Hinterhalt mit einem Pfeil attackiert, erwartet man doch eine leichte Schockreaktion, zumindest einen Schreck oder wütendes, aggressives Verhalten, statt dumm zu grinsen. Die Dialoge sind teilweise schlampig ausgearbeitet. Das wird auch gegen Ende deutlich, wo sich Toby und Aiko einen Dialog teilen, weil versäumt wurde, die Anführungszeichen zu setzen:

Leise Schritte auf dem Flur. Anmutig lehnt Schwester Aiko im Türrahmen:

Dein Bruder hat versprochen, die Pfeile dem Eisenwarenhändler zu gegeben. Er hält sein Wort. Nie wieder wird er an Wettkämpfen teilnehmen. - Jetzt lassen wir diesen Patienten in Ruhe. Er soll noch keinen Besuch haben.


Verlässt man sich hier auf die Zeichensetzung, dürfte das nur eine Person gesagt haben.
Die Sache mit dem Kaninchen finde ich übrigens auch völlig absurd - als wenn sich erwachsene Krankenschwestern aus Dank ein Kaninchen schenken lassen würden. Diese Naivität gestehe ich vielleicht Kindern zu.
Fazit: Die Geschichte hat Potenzial, der Autor ist kreativ, die Ideen sind originell. Schade nur, dass der Autor bei der Umsetzung schwächelt und seine Story nicht richtig im Griff hat, sonst hätte das in meinen Augen ein großer Wurf werden können. Hinzu gesellen sich eine Menge Rechtschreibfehler/Satzzeichenfehler - selbst wenn man die Fehler, die aufgrund der Anwendung alter Rechtschreibregeln entstehen, nicht mitzählt.

1.) Inhalt/Aufbau 3/10 Punkte

Die Handlung ist für mich teilweise schwer bis gar nicht nachvollziehbar.

2.) Ideenreichtum/Originalität/Kreativität 8/10

Ich fand die Geschichte originell und kreativ.

3.) Sprachliche Umsetzung 6/10

Mit einigen Schwächen.

4.) Rechtschreibung/Grammatik 2/5

Viele Fehler.

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Platz 4: Margot mit "Der Patient von Station 8"

Der Patient von Station 8


„Nein!“
„Was nein?“ Holger blickte überrascht hoch.
„Tu ich nicht!“ Olaf hieb bei den Worten mit der Faust auf den Tisch, und die Spielfiguren hüpften umher, als wären sie lebendig geworden. Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte sein Gegenüber böse an.
Holger seufzte. Es war also wieder einmal soweit. Olaf hatte eine seiner Trotzphasen. „Schau mal, Olaf...“, begann er, doch dieser fiel ihm ungehalten ins Wort.
„Hör bloß auf mit deinem salbungsvollen schau-mal-Olaf“, äffte er ihn nach. „Das kannst du dir sonst wohin stecken. Du ...“
Der Rest des Satzes ging in einem lauten Pfeifen unter. Die beiden zuckten erschrocken zusammen. Binnen kürzester Zeit hörte man Getrampel, Türeschlagen und Geschrei auf den Gängen. Holger erhob sich so abrupt, dass der billige Plastikstuhl auf das abgetretene Linoleum knallte und eilte zur Tür. Er blickte neugierig durch die zerkratze Plexiglasscheibe.
„Vermutlich Feueralarm“, meinte er und verspürte augenblicklich den Wunsch, sich eine Zigarette anzuzünden.
„Schon wieder?“ Olaf erhob sich ebenfalls und stellte sich neben ihn. Holger hielt den Atem an, als ihn Olafs Ausdünstung überrollte. Schweiß- und Knoblauchgeruch, der nur oberflächlich von einem süßlichen After Shave überdeckt wurde. Gemeinsam betrachteten sie das Gewusel auf dem Flur. „Bei diesen ständigen Fehlalarmen kommt bei mir doch glatt der Wunsch auf, dass es wirklich mal brennt, nur um dieses nervige Pfeifen endlich zu amortisieren.“
Holger nickte. Letzte Woche hatte man im ganzen Komplex die Feuermelder ausgewechselt und seitdem schrillten alle naselang die Sirenen, bis einem die Zahnplomben vibrierten. Er schluckte.
„Wollen wir nachsehen?“ Olaf griff bereits nach der Türklinke. „Es ist eh arschkalt hier drinnen. Ein wärmendes Feuerchen wäre gar nicht so übel.“ Sein feistes Gesicht, das Holger immer ein wenig an Franz Josef Strauß erinnerte, überzog sich mit einem glücklichen Grinsen. „Wir könnten aber auch der geilen Aushilfsschwester ein wenig Feuer unter dem Hintern ….“
Er brach ab und machte eindeutige Bewegungen mit dem Unterleib. Holger hob konsterniert die Augenbrauen und schüttelte den Kopf. Manchmal ging ihm Olafs Getue gründlich auf den Senkel, doch die Beschäftigungstherapie war leider Pflicht. So hatten sie halt, in Ermangelung weiterer Mitspieler, den ganzen Morgen allein Monopoly gespielt. Olaf jedoch war ein schlechter Verlierer. Es war sogar schon vorgekommen, dass er, sobald sich sein Ruin abzeichnete, das Brettspiel vom Tisch fegte und die zerfledderten Banknoten wie farbiges Konfetti durch den Raum schwebten. Doch der jetzige Feueralarm schien ihn irgendwie zu erheitern. In Holgers Kopf klickte kurz das Bild eines, mit Streichhölzern hantierenden, Olafs auf und er warf ihm einen prüfenden Blick zu. Nicht nur einmal hatte dieser nämlich davon gesprochen, wie unerträglich er es auf der Geschlossenen fand.
„Was denn?“, fragte Olaf und kniff die Augen zusammen.
„Nichts. Ich musste nur … egal. Wollen wir weiterspielen?“
„Von mir aus“, erwiderte Olaf mit wenig Enthusiasmus und schlurfte zum Tisch zurück. „Doch ins Gefängnis gehe ich nicht und damit basta!“

„Der singuläre Schub dauerte vier Wochen, das war …“, Doktor Mertens blätterte in der Krankenakte, „im März. Danach hatte er eine Ruhephase von einem halben Jahr mit einer nahezu vollständigen Remission der Symptome.“ Der Arzt wandte sich an seine Assistenten. „Wie Sie wissen, kann einer akuten Phase jedoch eine Residualphase mit negativen Symptomen folgen. Zum Beispiel soziale Isolation, Beeinträchtigung der persönlichen Hygiene, auffallendem Sprachmuster, Depressivität und Wahnvorstellungen. Wir hoffen nun, dass die medikamentöse Behandlung bei diesem Patienten anschlägt. Da er suizidgefährdet ist, lassen wir ihn praktisch rund um die Uhr bewachen.“
Die Assistenzärzte drängelten sich vor der Tür und glotzten neugierig auf die beiden Männer am Tisch, als erwarteten sie, dass besagter Kranker nächstens aufspringen, sich mit der Schlossallee-Karte die Pulsadern aufschneiden und ihnen damit die Diagnose ‚chronische Schizophrenie’ bestätigen würde.
Der Oberarzt übergab die Akte einer Schwester und griff nach dem nächsten Krankenblatt, als unvermittelt ein ohrenbetäubendes Pfeifen einsetzte. Die Umstehenden zuckten zusammen und hielten sich die Ohren zu.
„So, jetzt reicht’s aber!“ Doktor Mertens knallte sein Klemmbrett einem Assistenzarzt vor die Brust, rückte seine Brille zurecht und stampfte davon. „Müller?“, schrie er wütend, „verdammt, wo sind Sie?“
Die jungen Ärzte blickten ihrem Chef zuerst verblüfft hinterher, wie er mit fliegendem Kittel den Flur hinunter schoss und nach dem Hausmeister rief, dann stoben sie grinsend in alle Himmelrichtungen davon.

„Scheiße, Mann!“ Olaf schob den Stuhl zurück, der dies mit einem hässlichen Quietschen quittierte und zog eine Schnute. „Ich hab keinen Bock mehr!“
Holger zuckte die Achseln, stapelte sein Spielgeld zu einem beträchtlichen Häufchen und blickte durch die vergitterten Fenster. Die Novemberstürme hatten die Eichen vor dem Krankenhaus leer geputzt und im nebligen Dunst reckten sich die kahlen Äste wie Skelettfinger in den milchigen Himmel. „Wir können auch Rommé spielen“, schlug er vor, doch Olaf schnaubte nur entrüstet. „Was willst du dann tun?“
Obwohl sie allein im Aufenthaltsraum saßen, warf Olaf einen raschen Blick nach links und rechts. „Wie wär’s mit einer Fluppe?“
Holger biss sich auf die Lippen. Es war verboten im Krankenhaus zu rauchen, doch seit diesen ständigen Fehlalarmen hatte er plötzlich wieder das starke Bedürfnis nach einem Glimmstängel.
„Und wo?“
Olaf stand auf, kratzte sich im Schritt und deutete mit dem Daumen zur Decke. „Vierter Stock. Neben dem Treppenhaus. Im Zimmer, wo der Wäscheschacht ist. Da hat’s keinen Feuermelder. Merkt keiner, echt nicht.“
„Du weißt ganz genau, dass es den Patienten untersagt ist, den Fahrstuhl zu benützen. Zudem habe ich …“
„Aber mit Begleiter schon“, unterbrach ihn Olaf. „Na, komm. Nur eine Zigarette. Ich dreh sonst noch durch!“
Holger spähte auf den Flur, nickte und Olaf öffnete vorsichtig die Tür. Lediglich eine Schwester befand sich am Ende des Ganges und sortierte Pillen in kleine Plastikbecher. Sie nahm keine Notiz von den beiden, die direkt zu den Fahrstühlen steuerten und, nach einem kurzen Moment des Wartens, in einer Kabine verschwanden.
Die Wäschekammer war ein fensterloser Raum, der nach Bleiche und getragenen Kleidern stank. In einer Ecke lag ein Haufen dreckiger Laken, in der anderen türmten sich Handtücher, Klopapierrollen und verpackte Seifenstücke. Olaf griff hinter einen Stapel Papierservietten und zog ein zerknautschtes Päckchen Camel hervor. Er schüttelte eine Zigarette heraus, reichte sie Holger und klemmte sich selbst eine zwischen die Lippen. Beim Klicken des Feuerzeuges musste Holger kurz an eine Geschichte aus Struwwelpeter denken. Dann zogen beide gierig den Rauch ein.
„Ich glaube, mir wird schlecht …“

„Das Malignes Neuroleptika-Syndrom, auch malignes neuroleptisches Syndrom genannt, ist eine seltene Nebenwirkung bei der Einnahme von Neuroleptika. Es stellt einen in der Psychiatrie gefürchteten Notfall dar, weil es schnell verläuft und rasch lebensbedrohliche Komplikationen verursachen kann. Alle MNS-Fälle treten innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Einnahme auf, wiederum die meisten davon aber in den ersten ein bis drei Tagen.“ Doktor Mertens schürzte die Lippen und räusperte sich. „Zum Glück war ein Betreuer bei dem Patienten und wir konnten sofort eingreifen. Nun ja, Nebenwirkungen gibt’s leider bei jedem Medikament.“ Die Assistenzärzte nickten zustimmend. „Ich bin aber sicher, dass …“ Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Ausführungen. „Ja, bitte.“
„Hallo, Herr Doktor Mertens. Ich wollte mich nur noch verabschieden. Mein Zivildienst ist ja heute zu Ende.“
„Ah, ja.“ Doktor Mertens stand auf. „Hat Ihnen doch sicher gut bei uns gefallen, nicht wahr? Und nochmals herzlichen Dank für Ihr schnelles Eingreifen. Der Patient verdankt Ihnen quasi sein Leben.“
Olaf machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nicht der Rede wert, Herr Doktor. Ich habe bloß meine Pflicht getan. Und grüßen Sie Holger bitte von mir, wenn’s ihm wieder besser geht.“
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KRITIKEN

Kjub:

Die Umkehrung der angenommenen Konstellation lässt fragen, ob es wirklich immer so eindeutig zu bestimmen ist, wer diesseits und jenseits der verschlossenen Stationen leben darf, bzw. muss. Der kürzeste Text ist abwechslungsreich und straff geschrieben, mit eingeschobenen Dialogen, Reflektion und Handlung.
Die Pointe überraschte mich, im ersten Textdrittel dachte ich, beide seien Patienten, dann kristallisierte sich bald Olaf als der unreife, hilfebedürftige Part der Beziehung heraus, weswegen ich Holger zum Pfleger machte. Aber die Auflösung dass Olaf ein Zivi ist, finde ich auch vorstellbar, weswegen die Pointe überraschte ohne konstruiert zu wirken. 23 punkte.
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Alcedo:

Beitrag 1:
Der Patient von Station 8


5 Punkte für Inhalt/Aufbau (0-10 Punkte möglich)
3 Punkte für Ideenreichtum/Originalität/Kreativität (0-10)
4 Punkte für die Sprachliche Umsetzung (0-10)
4 Punkte für Rechtschreibung/Grammatik (0-5)
--------------------------------------------------------------------------- +
16 Punkte (von 35 möglichen)

Holger war also der Patient und Olaf der Ziwi. ich musste die Story wiederholt durchnehmen um sicher zu gehen dass ich nichts übersehen hatte. zuerst dachte ich der Patient ist abgehauen und der Ziwi blieb in der Geschlossenen zurück. es scheint aber nicht so zu sein. ich kann keine Pointe erkennen. das erscheint mir dürftig. da will mir überhaupt kein Lesegenuss aufkommen. zwar wird durch die Diagnosen des Arztes und die inszenierte Neugier der Assistenzen eine Grundspannung erzeugt, die aber im Finale urplötzlich gekappt wird, als wär nie was gewesen.

der Einstieg unmittelbar über die Dialoge erschien mir noch am lebendigsten. auch die Beschreibung der Wäschekammer hat mir gefallen. sie erfolgt sehr anschaulich und präzise und spricht mehrere Sinne an. umso heftiger fällt der Unterschied auf, zu den unvermittelt eingeschobenen Erklärpassagen des Doktoren, die wie einschläfernder Frontalunterricht daherkommen, unpersönlich und gespickt mit zahlreichen Fachbegriffen.
ein Malignes Neuroleptika-Syndrom gibt es wirklich, sagt mir die Suchmaschine. allerdings fällt mir dabei auf, dass mindestens ein kompletter Abschnitt (dort schon grammatikalisch falsch) von Wikipedia übernommen wurde und dem Doktor Mertens wortwörtlich in den Mund gelegt wurde. kein Wunder dass es so unpersönlich wirkte.
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Maya:

Insgesamt gesehen hat mich die Geschichte nicht überzeugt. Sie ist mir zu einfach gestrickt und zu arm an Höhepunkten und ausgefallenen Ideen. Man präsentiert zwei Männer, die im Grunde beide nicht "verrückt" oder "durchgedreht" erscheinen, denn selbst Olaf, der seine Späßchen abzieht, ist in seinem Verhalten ja nicht krankhaft auffällig - höchstens kindisch. Und das ist auch der Grund, warum die Auflösung für meine Begriffe in die Hose geht - denn als Leser differieren beide Charaktere nicht so enorm, dass ich angenommen hätte, Olaf sei der Durchgeknalltere. Aber genau darauf ist die Schlusssequenz ja letzten Endes angelegt, nehme ich an. Für den Leser soll es eine Überraschung sein, dass eben gerade nicht Olaf, sondern Holger - der Zurückhaltende, Bremsende - der Kranke ist. Doch ist das so überraschend nicht, zumal ja einige Sätze zuvor sogar noch Schlagworte wie Isolation und Depression fallen.

Mag sein, dass der Autor das Geschehen, die beiden Protagonisten und die Dialoge so "normal", ja fast schon langweilig gestaltete, weil er aufzeigen wollte, dass man sich mit seinen Vorurteilen etwas zurückhalten sollte und die Grenze zwischen "Verrückten" und "Normalen" nicht ohne Weiteres gezogen werden kann - frei nach dem Motto: Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna?

Nach MNS musste ich erst googeln, was ich zusätzlich nachteilig bewerte. Ein Leser sollte nicht erst noch fremde Quellen heranziehen müssen, um eine Erklärung über die Krankheit zu erhalten. Für so etwas hätte man doch den Arzt "missbrauchen" können, der seinen jungen Assistenzärzten die wichtigsten Infos mitteilt - tut er ja auch, aber halt unzureichend, so dass ich doch erst wieder nach MNS suchen musste.

Aber so oder so ist mir das Ganze zu geradlinig geraten, der "Überraschungseffekt" klanglos verpufft. Etwas übertriebener, ausgefallener, eben verrückter hätte ich mir zumindest die Figur Olafs gewünscht, damit das Ganze an Drive gewinnt und die Überraschung gelingt. Diese Zurückhaltung in der Ausgestaltung hat der Geschichte das Genick gebrochen, denn diese belanglosen Vorgänge, die geschildert wurden, bedürfen keiner Fantasie, keiner literarischen Stilmittel - so etwas ist alltäglich. Nun lese ich aber gerade deshalb Geschichten, um mir spannende, lustige, seltsame, gruslige oder weiß ich was für Momente zu bereiten.


1.) Inhalt/Aufbau 5/10 Punkte

Die Handlung ist nachvollziehbar, der Aufbau logisch, aber zu einfach. Kaum Spannung vorhanden, das Ende ist vorhersehbar, keine interessanten Konflikte oder Verwicklungen. Das Ganze wabert an der Oberfläche. Die Charaktere der Protagonisten werden nur angekratzt. Vom Patienten, also Holger, erfahre ich so gut wie gar nichts.

2.) Ideenreichtum/Originalität/Kreativität 1/10

Nein, unter Kreativität und Originalität stelle ich mir etwas anderes vor. Mehrere Ebenen, die aufgemacht und bedient werden, überraschende, lustige Momente oder etwas, was mich verwundert - ich so nicht erwartet hätte. Besonders klischeehaft ist in meinen Augen auch die Szene mit den Assistenzärzten, die sich um Fenster drängen und glotzen. Das mag ja typisch sein oder meinethalben auch gesellschaftskritisch - aber leider ist es eben auch platt, da schon 1001x im TV gesehen und verwurstet.

3.) Sprachliche Umsetzung 6/10

Die Sprache passt größtenteils zum Inhalt, sie ist einfach, lapidar, halt umgangssprachlich. Die Dialoge wirken meist authentisch. Zu aufgesetzt ist mir der Satz von Olaf:"…dieses nervige Pfeifen endlich zu amortisieren“, passt mir nicht ins Bild. Wer sagt schon: "amortisieren"? Die Abzüge gibt es auch, weil die Herausforderung eben auch im untersten Niveau angesiedelt ist. Umgangssprachliche Sätze vermag jeder ungeübte Teenager zu verfassen. Mir fehlt eindeutig der künstlerische Aspekt, die Geschichte trieft sogar sprachlich gesehen vor Normalität, obwohl sie das Verrückte zum Inhalt hat oder haben sollte. Man hätte einen der beiden Protagonisten ja auch sprachlich eine besondere Note verleihen können, sie damit noch besser voneinander abgrenzen können, indem einer sich ganz verschachtelt oder von der Wortwahl her wissenschaftlich/abgehoben - voll neben der Spur oder Norm - äußert oder meinetwegen bayerischen Dialekt spricht. Aber nein, alles ein Brei.

4.) Rechtschreibung/Grammatik 5/5

Keine Probleme.

Gesamt: 17

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Platz 5: Joame Plebis mit "Der Patient von Station 8"

Der Patient von Station 8

Das weiße Gebäude nahm beim Näherkommen deutlichere Konturen an und ich stand schließlich vor einem stattlichen Bau, dem Sanatorium, das sich kontrastreich vom Hintergrund dunkler Tannen abhob. Ein beeindruckender Anblick, der auf keinen Besucher seine Wirkung verfehlte. Diese Harmonie mußte jedem Auge gefallen. Verspielt wirkende Arkaden, etwas verwilderter Hecken und eine Anzahl von Blumenbeeten, in denen der Herbst seine letzte Blumenpracht vorführte, in einer riesigen Gartenlandschaft.
Obwohl mir bis zum Termin mit Professor Dr. Waltersen noch reichlich Zeit zur Verfügung stand und wie sehr auch der Anblick zum Betrachten einlud, gönnte ich mir kein Verweilen , sondern schritt zielstrebig weiter. Ich sollte als Nachfolger von Dr. Waltersen die Leitung des Hauses in einigen Wochen übernehmen. Erst als ich das Sanatorium betreten hatte und gemächlich durch die blanken Gänge schlenderte, fiel mir auf, in welch großem Widerspruch diese Gemächlichkeit zu meinem üblichen Tagesablauf stand.

Mein Interesse gilt vorwiegend Menschen, so wie es von einem Mediziner als Selbstverständlichkeit angenommen wird und niemanden verwundert. In meiner kargen Freizeit, die ich gelegentlich mit Besuchen in Museen verbringe, blieb bisher wenig Zeit für Liebhabereien, von denen mir außer Malerei nicht viel einfällt. Dieser aber bin ich voll ergeben und meine Faszination für große Meister kennt kaum Grenzen. Eventuell könnte ich noch Biologie erwähnen, diese erscheint mir aber so nahe mit meinem Beruf verwandt zu sein, dass Grenzen schwer zu ziehen sind und ich oft während der Arbeit nicht mehr weiss, ob ich noch arbeite oder meinem Hobby fröne.

Das erste Eindruck beim Betreten Gebäudes, vermittelte den Eindruck, in einem Hotel gehobener Klasse zu sein. Von einem wohnlichen Empfangsraum schienen einige symmetrisch angeordnete Gänge zu den Stationen zu führen. Bei all der Sauberkeit wurde zugleich eine gewisse Gemütlichkeit vermittelt. Nur wenige der Zimmern waren mit Nummern versehen, einige auch mit Symbolen auf Schildern, auf denen verschiedene bunte Figuren und Gegenstände zu sehen waren. Hier eine Krone, dort Bäume, eine Spinne und eine Blume oder an der nächsten Tür eine Hand. Ein Clown lacht von dem einem Schild, während von einem anderen Wasser zu fließen schien.

Soeben wurde die Tür langsam geöffnet, auf der das Symbol der Unendlichkeit erkennbar war. Ob es ein Mädchen oder eine junge Frau war, die heraus huschte, konnte ich nicht sofort einwandfrei erkennen. Ein kleines Zierkissen hielt sie vor ihr Gesicht gepresst. Mit kleinen Schritten tänzelte sie an mir vorbei, gab dabei für einen Moment einen Blick auf ihr Gesicht frei und fegte lautlos weiter.
Mich überraschte das Ebenmass ihre Gesichtszüge und wie hübsch sie war. Immer wieder nahm sie für einen Augenblick das Kissen zur Seite und wehte trippelnd, wie eine Ballerina, weiter dahin auf dem spiegelblanken Belag des langen Ganges. Die an den beigefarbenen Wänden hängenden Bilder und Fotos hatte ich bereits ausgiebig betrachtet. Die Darstellungen waren unterschiedlich; mit Farbe war grosszügig umgegangen worden: hell und leuchtend ein Apfelbaum und Schwäne, die über ein Moor flogen, einer purpurnen Sonne entgegen. Eine Fotomontage, auf der ein Regenwurm über einen Spiegel krocht, wobei jemand dem Wurm eine Handtasche dazu gezeichnet hatte.
Die breiten Rahmen warfen schräge Schatten an die Wände. Hinter mir beendete eine Glastür den Gang, durch die blendende Nachmittagsstrahlen herein spiegelten und zur warme Stimmung beitrugen. Geräusche waren kaum zu vernehmen. Es herrschte wohltuende Stille, bis auf die leichten Schritte, die verklungen waren.

Beinahe wäre ich erschrocken als sie unvermittelt dicht neben mir stehend bemerkte. Sie sah mich mit einem Ausdruck von Neugierde an, wie er Kindern oft eigen ist. Ein Blick der aus klaren dunklen Augen leuchtete, über die ein leichter Schatten zu liegen schien. Unbekümmert ließ sie das Kissen zu Boden gleiten und ergriff meine Hand. Wie schnuppernd beugte sie sich darüber. Hell lachte sie mit einem Glucksen auf und deutete auf die Tür, aus der sie gekommen war. "Ich bin Eva." Bei diesen Worten hielt sie meine Hand kräftig fest.
"Moment, das geht nicht, ich warte auf jemanden." Meine erste Reaktion ließ sie in ihrem Bemühen stocken, aber nur kurz. Sogleich zog und zerrte sie abermals an mir. Scheinbar widerwillig folgte ich, während ich rasch feststelle, ich dürfte noch ungefähr eine halbe Stunde Zeit haben.

Professor Dr. Waltersen hatte keine genaue Zeitangabe gemacht, bloß gemeint, ich möge mich etwas umsehen, falls er noch nicht abkömmlich wäre. Spätestens um sechs Uhr wollte er seine Gespräche abgeschlossen haben, dann bei einem kleinen Rundgang durch die Räumlichkeiten die Gepflogenheiten des Hauses näher erklären. Nervende Wochen, ausgefüllt mit Verhandlungen und Gespräche waren vorausgegangen, an die ich jetzt nicht mehr denken mochte. Lange vorher war die Entscheidung längst gefallen, die mich als neuen Leiter des Sanatoriums vorsah.


Ich befand mich jetzt im Zimmer der 'Ballerina', die mir Eva als ihren Namen verraten hatte. Keinerlei Ähnlichkeit mit einem Krankenzimmer stellte ich fest, was ich auch nicht erwartet hatte, so bequem und privat aber auch wieder nicht. Es sah eher aus wie der Raum, in dem ein junges Mädchen seine Zeit verbringt. Überladen war es nicht, dennoch eine Menge an Privatgegenstände in einem Regal aus Buchenholz. Einige große Poster zierten die Wände, ebenso Bilder. In einer Ecke lehnte eine Gitarre. An der anderen Wand befestigt lief ein flacher Fernseher, dessen Ton ausgeschaltet war.. Eine einladende bequeme Sitzgarnitur, auf der ich mich in Gesellschaft einer Menge von Zierpolstern befand. „Ganz schön geräumig nickte ich als ich mich umsah. Sie schien flink wie eine Zauberin zu sein und stellte ein Glas Orangensaft vor mich hin. Der war mir willkommen, auch wenn ich nicht danach gefragt worden war. Ich nahm einen Schluck und sah mich nebenbei unauffällig um. Einige Türen führten zu anderen Räumen. Eva schien jede meiner Regungen beobachtet zu haben „Dort ist das Schlafzimmer, hier eigentlich nur der Vorraum, wo ich mich am liebsten aufhalte. Ein Wohnzimmer ist auch für mich eingerichtet. Die Terrasse gehört auch mir. Alles was man so braucht. Eine ganze Station ist meine Wohnung.“Mein Zimmer, meine Station.“ fügte sie triumphierend hinzu und sah mich an. Dann flüsterte sie schnell „Moment“ und war auch schon weg. Die Tür ließ sie angelehnt, de vermutlich ins Bad führte, wohin sie auf ihre flinke und lautlosen Art entschwunden war. Ein einsetzendes Sprudelgeräusch bestätigte mir meine Vermutung.

Mir kam vor, als hätte ich vom Gang her etwas gehört und obwohl noch genügend Zeit war, musste ich an Dr. Waltersen denken. Ich stand behände auf. öffnete leise die Tür und sah hinaus. Vermutlich war es ein Arzt, der Dienst hatte. Er verließ der soeben den Gang Richtung Ausgang. Ansonsten war niemand zu sehen. Mit einem Blick auf die Tür fiel mir nochmals das Schild mit seinem Symbol der Unendlichkeit auf. Ich schloss die Tür und nahm zwischen den einladenden Sitzkissen Platz. Ich hatte schon so oft und viel mit verschiedensten Patienten zu tun gehabt, so hielt sich die Intensität meiner Frage in Grenzen, die mir durch den Kopf zog, was Eva bloß von mir wollte. Ob der Grund ihres Aufenthaltes eine Entziehungskur war oder eine Nervenerkrankung – und suchte sie nur aus Langweile Gesellschaft oder wollte sie mir etwas zeigen oder mitteilen? Warum hatte ich meiner Neugier nachgeben, ihrer sanften Gewalt, ihrer Verführungskunst und mich in das Zimmer hinein locken lassen? So war es, das war ein Locken gewesen, dem meine Neugier nicht hatte widerstehen können.
Aus dem Bad hörte ich jetzt ihre Schritte, während ich über meinen Vermutungen und Vorstellungen sann. Meine Vorahnungen sollten weit übertroffen werden.
- - -

Dr. Waltersen gab dem Patienten die Hand. "Wir verbleiben dabei. Sie teilen mir in zwei Wochen mit, ob die restlichen, doch relativ harmlosen Symptome, abgeklungen sind. Dann steht einer Entlassung nichts mehr im Wege."
"Bis dann, Herr Professor, inzwischen genieße ich noch das kleine Paradies hier."
"Tun sie das. Es fällt ihnen durch das Wissen, jederzeit gehen zu können, bestimmt leicht. Obwohl wir sie gerne hier haben."
"Ich weiß, Herr Professor" halb scherzend, halb ernst fügte der Patient hinzu "Bei dem Honorar, das sie verrechnen, zweifle ich nicht daran."
Lachend nahm Dr. Waltersen die Stufen zum Parterre. Jetzt wird Dr. Füllig schon hier sein dachte er.
- - -

Mich selbst fragen konnte ich nicht, ich hätte keine Antwort darauf gewußt, wie es dazu gekommen war. Als sie aus dem Bad gekommen war, hatte sie die Tür zum Schlafzimmer etwas geöffnet .
Sprachlos staunend erblickte ich das große Wandbild hinter dem breiten Bett, merkte kaum wie sich Eva an mich lehnte und mir das Jackett abnahm. Ich näherte mich dem Bild, betrachtete Details, dazu näherte ich mich den Linien voll Harmonie. Diese Farbenpracht! Diese Ausstrahlung und Wärme. Ich konnte die Augen nicht abwenden. Da kam noch ein sanfte aber gewaltiges körperliches Empfinden dazu; ich ließ sie gewähren. Mit einem Mal fand ich mich atemlos eng umschlungen und windend mit dem zierlichen unbekleideten Körper. Etwas Unbekanntes hatte von mir Besitz ergriffen. Ich hörte mich selbst wie aus weiter Ferne seufzen. Atemzüge wurden schmeichelnde Harfenakkorde. In trancegleichem Zustand, in dem ich mich befand, hätte ich nicht sagen können, woher der Schrei kam, der die Schall- und Schmerzgrenze erreichte. Für einige Minuten war ich der Bewusstlosigkeit nahe oder war es auch.
Etwas kühler kam mir die Luft vor als ich die Tür geschlossen hatte. Das Schild mit dem Zeichen 'Unendlichkeit' , auf das ich noch einmal mein Blick fiel, beantwortete meine Frage nicht, die ich mir stellte, was in mich gefahren war.
- - -

Professor Waltersen erblickte mich und breitete seine Arme aus. Hochroten Kopfes deutete ich eine Verbeugung an und begrüßte Waltersen.
"Schönen Tag! Ich habe mich schon ergiebig umgesehen. Ein prächtiges Haus, da kann ich gut verstehen, wie sie schweren Herzens Abschied nehmen."
„Ja, sie haben recht. Aber wenn ich sie so ansehe, vermute ich, sie sollen ihren Kaffeekonsum etwas einschränken. Wie steht es mit ihrem Blutdruck?“
Leichthin antwortete ich „ Ach, es geht schon. Der Herbstwind dürfte meiner Babyhaut nicht ganz zusagen. So wie Blonde und Iren leicht zu Sonnenbrand neigen - oder möglich, ich beginne zu altern.“
„Das Wort Altern dürften sie wohl noch gar nicht in den Mund nehmen“ scherzte Dr. Waltersen.
Während wir in den Garten hinaus schritten, legte er väterlich seinen Arm um meine Schulter. Auf Grund seiner Position und seines Alters war ihm das auch gestattet.
Durch etliche persönliche Kontakte waren wir einander rasch persönlich näher gekommen und ich wusste, er war der entscheidende Fürsprecher gewesen, dem ich meinen Aufstieg und den erreichten verantwortungsvollen Posten verdanken konnte. Die gute Bezahlung war selbstverständlich, über sie verloren weder er noch ich ein Wort.

„Sie werden sehen, wie schnell sie hineinwachsen. Der Übergang ist fließend, indem ich die ersten Wochen einige Stunden noch hier sein werde. Habe ich erst alle meiner Obhut unterstehenden Patienten außer Haus, dann werde ich mich sehr rar machen, außer ...“ Er stockte im Satz. An seiner leicht gefurchten Stirne erkannte ich, etwas bedrückte ihn, wollte er mir nicht sagen, vielleicht jetzt noch nicht. Überraschenderweise fuhr er fort. „Außer dem täglichen Besuchen, der privater Natur ist.“
Ich sah auf, nachdem mir ein leises 'Ach' entschlüpft war. Wir waren an einem Pavillon angekommen. Mit einer ausgestreckten Handbewegung bot er mir auf einer Bank Platz an und setzte sich neben mich. Unbeirrt setzte er fort „Bisher war keine Gelegenheit, Sie mit meiner Tochter bekannt zu machen. Sie ist gehört zu den Patientinnen und ist im Haus untergebracht, damit ich sie immer in der Nähe habe.“
„Das wusste ich nicht. Ist sie schon länger hier?“

Professor Waltersen gab keine Antwort, sondern seufzte. Er blickte mir direkt in die Augen:“Es waren seltsame Umstände, sagen wir besser, eine eigenartige Fügung.“ Egal, welches Syndrom auch immer, ich muss vorweg erklären, grob und ohne Umschweife, meine Tochter ist etwas infantil. Mit einem Finger stocherte er wie suchend in seinem Hemdkragen, rang nach Worten und platze heraus: Vor drei Monaten wurde sie aufgenommen, ein Kollege von mir riet mir dringend dazu, weil er anlässlich einer Untersuchung behauptete, zusätzlich eine starke nymphomanische Tendenz erkannt zu haben, die weit fortgeschritten ist und unbedingt einer Behandlung bedarf. Das ist aber noch längst nicht alles.“
Ein leichter Wind begann, trockenes Laub zu unseren Füßen kreisen zu lassen.
„Wir hier sind weit und breit die kompetenteste Stelle für derartige psychische Irritationen. Was war naheliegender als sie hier unterzubringen, wo ich sie auch ständig unter Aufsicht hatte, obwohl ich logischerweise als Familienangehöriger nicht die Behandlung übernahm, sondern diese vertrauensvoll unserem tüchtigen Oberarzt Keil übertrug.“

Aufmerksam hatte ich zugehört, unterließ jedes Räuspern oder unruhiges Sitzen. Dr. Waltersen fuhr fort „Die Geschichte ist nicht - leider nicht zu Ende.“ Obwohl wir mit einem neuartigen Medikament, eine Kombination zuverlässiger und bewährten Substanzen, große Fortschritte erreichten, begann uns ihr Immunsystem Sorgen zu bereiten. Bei einer nochmaligen Plasma-Untersuchung war die Sachlage klar: sie ist HIV positiv. Einfach unfassbar! Ohne geringste Ahnung, ohne geringstes warnendes Anzeichen – es ist geschehen. Sie können sich vorstellen, wie ich am Boden zerstört war.“
Mich begann zu frösteln; mit der Schuhspitze berührte ich einen kleinen Zweig, der mit einem Knack zerbrach.
„Selbstverständlich wurde die bisherige Behandlung sofort abgesetzt, um sie nicht noch mehr zu belasten, demzufolge ist mit einem heftigen Aufflackern des nymphomanischen Symptomenkomplexes zu rechnen.“
Aber mein liebes Töchterchen nimmt es mit einer Gelassenheit und Unbekümmertheit hin, als wäre nichts geschehen. Ich versuchte ihr die Konsequenzen klar zu machen. Als ich ihr mitteilte, morgen würden wir prophylaktischen mit einer Chemotherapie beginnen. Was meinen sie, hat sie gesagt?“ Walterson wiederholte sich „Was meinen Sie?“
„Keine Ahnung, vielleicht sagte sie Scheiße?“ „Nein, das nicht, sie lachte einfach und schrie „Unendlich, ich lebe unendlich!“ Während sie das rief, hat sie an ihrem Zimmerschild gezerrt und die Nummer Acht quer gestellt. Dann sagte sie „siehst du, unendlich!“ „Kommen sie mit, ich werde sie jetzt mit ihr bekannt machen!“

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KRITIKEN

Kjub:


Da sind einige Bezugsfehler drin, viele Begriffe sind nicht ganz treffend, manchmal fehlen Worte. Das nervt schon mal, wenn alle paar Zeilen Rechtschreib- oder Grammatikfehler lauern, beispielsweise scheint die korrekte Zeichensetzung bei wörtlicher Rede komplett unbekannt zu sein. Wirkt teils aber auch einfach nachlässig. Dazu kommt die umständliche, schwammige und weitschweifige Sprache, eine an den Haaren herbeigezogene Handlung mit mehr als einem logischen Stolperstein (Hiv und Chemotherapie) und ein völlig unglaubwürdiger Protagonist. Hölzerne Dialoge und eine Liebesszene, die in ihrer Schamhaftigkeit aus dem Bereich der Andeutung nicht herauskommt, runden die Geschichte negativ ab.
Dabei halte ich die Idee von der umgedrehten acht als Symbol für Unendlichkeit für gut, daraus hätte man mehr machen können. 11 punkte.
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Alcedo:

Beitrag 5:
Der Patient von Station 8

5 Punkte für Inhalt/Aufbau (0-10 Punkte möglich)
7 Punkte für Ideenreichtum/Originalität/Kreativität (0-10)
7 Punkte für die Sprachliche Umsetzung (0-10)
4 Punkte für Rechtschreibung/Grammatik (0-5)
--------------------------------------------------------------------------- +
23 Punkte (von 35 möglichen)

die einleitenden Beschreibungen erscheinen mir viel zu umfangreich für eine Kurzgeschichte. der einfache Handlungsstrang ist nicht das Problem. ich empfinde die Geschichte schlicht als unglaubwürdig. warum sollte der angehende Leiter eines Sanatoriums, ausgerechnet bei seinem ersten Besuch in der Einrichtung, dem nymphomanen Charme einer Patientin erliegen? die Faszination für große Meister des Pinselstrichs wird dem Protaonisten ja mitgegeben. und mit "meine Faszination für
große Meister kennt kaum Grenzen." werden ja auch schon im Vorfeld die Weichen gelegt, aber trotzdem ist die Verführungsszene schwach geraten. selbst wenn dort im Schlafzimmer die leibhaftige "Danae" von Klimt gehangen haben sollte, oder ähnliches, so lässt sich davon eine männliche Verführbarkeitsautomatik doch lange nicht ableiten. vielleicht wäre ein weiterer Hinweis besser gewesen: zum Beispiel ein Stimulans im Orangensaft. dann würde alles für mich gleich viel glaubwürdiger wirken.

die umgefallene 8 hat mir gefallen. wie auch der weibliche Patient! vor allem da ich es bis zuletzt nicht geblickt hatte, die ganze Zeit über auf der betitelten Station gewesen zu sein. und das Unendliche öffnet ja treffliche Perspektiven, die subtil nachhallen dürfen, etwa eine Schwangerschaft. schön.
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Maya:

Die Geschichte liest sich, als hätte der Autor von Anfang bis Ende etwas krampfhaft nach den richtigen Worten gesucht, Sätze hingeschrieben und dann immer wieder aufs Neue gestückelt, redigiert, Adjektive oder Verben nachträglich eingefügt, dabei allerdings vergessen, jeweils die Grammatik und den Numerus anzupassen. So jedenfalls erkläre ich mir die große Anzahl an (Schussligkeits-) Fehlern.

Inhaltlich reißt mich die Geschichte zwar nicht vom Hocker, gelangweilt habe ich mich aber auch nicht. Ich würde sie als mittelmäßig einstufen und hätte mir gewünscht, dass sie weniger geradlinig verläuft, sondern mehr Raffinesse aufweist (mehrere Handlungsstränge) und gegen Ende die Angst für den Leser etwas greifbarer wird. Ich hatte an keiner Stelle das Gefühl, in die Geschichte hineingezogen zu werden - ich las sie quasi "unbeteiligt", ohne eine emotionale Gefühlsregung (Bedauern, Angst, Erregung, Lachen).

Dass es sich bei der Patientin um die Tochter des Professors handelt, war an der Stelle klar, an der dieser erwähnte, dass er eine hat. Insofern war der Ausgang absolut vorhersehbar und spannungsarm. Da hätte ich mir eine Art Bruch gewünscht, der die Erwartungshaltung der Leser untergräbt.

Stilistisch wirkt die Geschichte einfach unrund und bemüht, fast so, als hätte der Autor nicht den Mut, er selbst zu sein und seinen eigenen Stil zu entwickeln/finden, sondern sich stilistisch an wen oder was auch immer anzupassen. Ich erkenne jedenfalls keine wirkliche eigene Note und finde das etwas bedauerlich.
"Es herrschte wohltuende Stille, bis auf die leichten Schritte, die verklungen waren."
Das ist schon widersprüchlich, wenn man die leichten Schritte als Ausnahme der Stille deklariert, dann aber hinzufügt, dass sie bereits verklungen waren.

Rechtschreibung/Grammatik

Einige Abschnitte offenbaren erhebliche Mängel, z.B. Abschnitt 3.

Das erste Eindruck beim Betreten Gebäudes, vermittelte den Eindruck, in einem Hotel gehobener Klasse zu sein. Von einem wohnlichen Empfangsraum schienen einige symmetrisch angeordnete Gänge zu den Stationen zu führen. Bei all der Sauberkeit wurde zugleich eine gewisse Gemütlichkeit vermittelt. Nur wenige der Zimmern waren mit Nummern versehen, einige auch mit Symbolen auf Schildern, auf denen verschiedene bunte Figuren und Gegenstände zu sehen waren. Hier eine Krone, dort Bäume, eine Spinne und eine Blume oder an der nächsten Tür eine Hand. Ein Clown lacht von dem einem Schild, während von einem anderen Wasser zu fließen schien. (Da dieser Abschnitt in Vergangenheitsform geschrieben ist, hätte es auch bezüglich des Clowns "lachte" heißen müssen.)

Bei der Vielzahl der Fehler, die sich durch die gesamte Geschichte ziehen, müsste man im Grunde davon ausgehen, dass der Autor die Rechtschreib- und Grammatikregeln nur unzureichend beherrscht, doch glaube ich eher an Nachlässigkeit. Nicht nur die Anwendung der "ss"/"ß"-Regel, sondern auch die Tempusformen bereiten ab und zu Probleme.

1.) Inhalt/Aufbau 7/10 Punkte
2.) Ideenreichtum/Originalität/Kreativität 4/10
3.) Sprachliche Umsetzung 6/10
4.) Rechtschreibung/Grammatik 2/5

Gesamt: 19

zuletzt bearbeitet 08.11.2009 19:00 | nach oben

#23

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 08.11.2009 23:00
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Ich gratuliere den ersten vier Siegern des Wettbewerbes herzlich, insbesondere selbstverständlich Simone, die mit wieder einmal, gewiss verdient, das goldene Bärenfell einheimsen kann. Der Jury meinen Dank für die Arbeit. (Zum angeblichen logischen Stolperstein, so Kjub, widerspreche ich nur einfach.) Es hätte auch nichts geholfen von meinen Versionen Pat8a bis Pat8e die richtige zu erwischen, das Schema wäre das gleiche geblieben. Ein fünfter Platz, mehr war nicht drinnen und ich bin hochzufrieden. Muß ich verraten, daß ich gar nicht schreiben kann? Bestimmt nicht! Leute, Ihr habt Euch wacker geschlagen und gegen mich gesiegt; das muß erst jemand nachmachen!

Lieben Gruß!
Joame

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#24

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 09.11.2009 06:52
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Hallo allerseits,

erst einmal einen herzlichen Glückwunsch an Simone.

Dann ebenfalls einen ganz großen Dank an die Jury für die Arbeit.

Ich gestehe, sehr zufrieden mit meinem Ergebnis zu sein, auch wenn ich jetzt nicht die Kreuzfahrt gewonnen habe.
Gute und wohlverdiente Reise, Simone!

Grüße,
GW


_____________________________________
zuletzt bearbeitet 09.11.2009 06:52 | nach oben

#25

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 09.11.2009 07:49
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte

Glückwunsch, Sim.

... und du darfst mich ab jetzt gerne Kassandra nennen.


Die Frau in Rot

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#26

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 09.11.2009 13:22
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte


herzliches Dankefein @all!

GW hat da etwas sehr wichtiges angesprochen. was hab ich denn eigentlich gewonnen?

jajaja Marge, aber Kassandra klingt so furchteinflössend, ich denke ich werde dich Käsi nennen, das ist ja bekanntlich die Kurzform ...


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#27

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 10.11.2009 11:37
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

gratuliere, Simone!
für mich war es die Überraschung des Jahres! wenn du nicht Herta Müller als ghostwriter beschäftigt hast, dann können wir ab sofort alle bei dir in die Lehre gehen.
ich denke du ahnst was du gewonnen hast: eine Mitgliedschaft in der nächsten Jury. das erhöht definitiv die restlichen Chancen. unsereins will schließlich auch mal.
aber ich denke deine Story ist ein Gewinn für uns alle.

ich möchte mich auch ausdrücklich bei allen fünf Teilnehmern für die Einsendungen bedanken. es ist etwas besonderes einen Text zu bewerten. für mich war es ein Novum. es war Arbeit, ja, aber größtenteils keine unangenehme. ich war von mir selbst überrascht wie sorgfältig ich abzuwägen begann was ich schrieb, strich, einfügte und am Ende erneut überprüfte. jede Story hatte ihre Stärken, so dass es sich letztlich für mich gelohnt hat, mich damit auseinanderzusetzen.
ich denke es ist nach wie vor, wie bei den vorherigen Wettbewerben auch, erwünscht dass die Storys in den Rubriken von den Autoren veröffentlicht werden um sie bei Bedarf zu optimieren und um sie für Kommentare freizugeben (bitte auch deine Simone, ich würde sie gerne bei meinen Perlen listen und bräuchte die Verlinkungsmöglichkeit).

@Maya:
schönes Blau in der Tabelle!

@Kjub:
danke, Mann!

Grüße
Alcedo


e-Gut
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#28

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 10.11.2009 16:58
von Maya (gelöscht)
avatar

In Antwort auf:
@Maya:
schönes Blau in der Tabelle!



Nicht wahr? Nur leider ist die Rechtschreibprüfung von word etwas verräterisch, denn die Namen der Teilnehmer sind teilweise rot unterstrichen, weil ich vergaß, diese Funktion auszuschalten, als ich die Tabelle quasi abfotografierte (Screenshot) und das Ganze als Bilddatei speicherte. Das Blau kannst du dir übrigens stundenlang angucken, wenn du word öffnest und in der oberen Leiste -> Format -> Design -> Übergänge anklickst. Viel Spaß! :P

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#29

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 10.11.2009 19:28
von Kjub • 498 Beiträge | 499 Punkte

moin miteinander. trotz meiner knappen zeit hats mir spaß gemacht und ich fand es spannend, die texte kritisch zu beäugen. also danke ich den teilnehmern für ihre beiträge, den juroren dafür, dass sie mich in die jury holten und gratuliere meiner favoritin zu ihrer düsteren geschichte... vom feinsten.
@joame: ich habe im moment zuhause kein internet, deswegen konnte ich die annahme, das hiv nicht mit chemo therapiert wird, nicht nachprüfen. ich habs mal gegoogled... ich hatte unrecht.

In Antwort auf:
danke, Mann!

danke euch fürs anfragen

In Antwort auf:
unsereins will schließlich auch mal.

ja! nächstes mal wern die rolln getauscht.
grüße
Kjub

zuletzt bearbeitet 10.11.2009 19:50 | nach oben

#30

RE: Prosa-Wettbewerb vom 11. - 25. Oktober 2009

in Wettbewerbe 10.11.2009 20:03
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Dann nichts wie auf zum nächsten Wettbewerb - die Konkurrenz schläft nicht! Diesmal möchte ich das Thema vorgeben. Das würde ungefähr so lauten:
Erklären sie schriftlich, wie sie von einem Innengewinde auf einen Fliederbusch kommen.

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