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also ehrlich gesagt fehlt mir hier dieses besondere, einmalige Ereignis, das ein Haiku doch beschreiben sollte. Oder meiden Maikäfer normalerweise Holunderdolde? Wenn nicht, wird dieser Fressvorgang doch sicher täglich wiederholt. Also wenn die Holunderdolde eine fleischfressende Pflanze wäre und sich Pflanze und Käfer gegenseitig verzehren würden, dann fände ich das gelungen. Aber so ist mir das zu wenig. Und auch bezüglich der symbolischen Übertragbarkeit erkenne ich nicht, worauf dein Haiku abzielt, denn im Grunde soll es ja nur repräsentieren. Aber was? Ein Mensch mit Fressattacken und Gewichtsproblemen? Wäre die Holunderdolde eine fleischfressende Pflanze, könnte man daraus ableiten: Fressen und gefressen werden oder der Fressvorgang als Akt der Zerstörung als notwendige Voraussetzung für Ganzheitlichkeit (Selbsterhaltung).
Grüße, Maya
Beim Lesen Deiner Haiku-Kommentierung -"fehlt mir dieses besondere, einmalige Ereignis"-
traf mich (ohne mein Zutun) eine Blitz-witz-eingebung:
Das Besondere ist vielleicht die Beinstellung des Käfers bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme.
(Hoffentlich bin ich jetzt nicht in den Fettnapf bei dir und -schlimmer noch bei Alcedo- getreten!)
Holunderbeeren sind -in Mengen roh genossen- giftig. Ob das auch auf die anderen Pflanzen-
teile zu trifft, weiß ich nicht. Kurz gekocht als Saft, Jam, Kompott sind die Beeren+Dolden super.
Als es noch genügend Maikäfer gab, haben wir (Kinder) sie in Zigarrenkisten "zu markte getragen",
um sie je nach Klassifizierung (Maßstab war die Seltenheit besonderer Kennzeichen) zu tauschen.
In den Kisten waren immer frische Fliederblätter als Nahrung. Von Fliederbüschen wurden die
Käfer auch abgesammelt.
Vielleicht nimmt Alcedo ja die Fliederdolde anstelle von Holunder.
Hastanirwana
GHEG
.
http://www.kraeuter.ch/_texte/holunder.htm
Ich hoffe, das ist hier zu Informationszwecken erlaubt.
Bei Dolde/Schnee/Holder habe ich eher Frau Holle im Blickfeld.
Ansonsten mögen sich die Haiku-Spezialisten zu Wort melden,
ich habe diesbezüglich, wie ich bereits feststellen durfte, noch
keine allzu große Erfahrung.
Lieben Gruß
Katerchen
.
@gheggrun:
Stimmt, auf die Beinstellung habe ich weniger geachtet, vielleicht hat das eine besondere Bewandtnis auf sich.
In Antwort auf:
(Hoffentlich bin ich jetzt nicht in den Fettnapf bei dir und -schlimmer noch bei Alcedo- getreten!)
Na schönen Dank auch! Nee, erst mit DIESEM Satz biste reinjelatscht. :D
@Katerchen:
Ja, Verlinkung ist hier gestattet, sofern das "saubere" Seiten sind.
In Antwort auf:
Ansonsten mögen sich die Haiku-Spezialisten zu Wort melden,
ich habe diesbezüglich, wie ich bereits feststellen durfte, noch
keine allzu große Erfahrung.
Och, das nehmen wir mal nicht so genau, sonst hätte ich ja auch nix posten dürfen. :D
RE: Haiku VIII
in Minimallyrik 04.06.2009 09:19von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
danke für die Rückmeldungen.
hallo Maya
mitnichten sollte ein Haiku zwangsläufig Spektakuläres beschreiben. mal abgesehen davon, dass die Haikudichtung bescheiden genug ist um nichts auszuschließen, was ist denn schon spektakulär? ist es das Erzittern eines Spiderfadens beladen mit Morgentau? oder erst das gleiche Tremolo eines wellenbenetzten Schamhaares einer hübschen Wasserleiche in der Abendbrise?
ja ist denn nicht schon der kontemplative Blick auf alltägliches Spektakel genug? für mich schon, Maya. mir reicht er völlig. und ich weigere mich zu werten oder zu skalieren: dies oder das ist Haikuwürdig, das oder jenes eher nicht! vielleicht lässt sich die Haikurezeption mit einer Erdbeere vergleichen, mit einer frischen, reifen Erdbeere unmittelbar vom Stock. man kann sie ansehen, verpacken, verkaufen, zubereiten, verarbeiten, zerkleinern, mit Zucker bepudern, mit Joghurt vermengen, mit Quark verquirlen, mit Champagner hinunterspülen,
aber rot und frisch vom Stock in den Mund und mit der Zunge pur am Gaumen zerdrückt schmeckt sie doch am besten.
jetzt sag mir einfach du hast das noch nie gemacht: Erdbeeren frisch vom Feld in den Mund und ich bin zufrieden. oder sag mir das da oben ist Quark. aber komm mir bitte nicht mehr mit fleischfressendem Holunder (ick warne dir!), sonst fallen dich demnächst die Erdbeerpflanzen an und knabbern dir die Zehen ab!
gut, ich denke das dürfte reichen. jetzt zum restlichen:
kann sein dass Maikäfer normalerweise Holunder meiden. ich hab das nur ein einziges mal gesehen. und muss auch gestehen, dass ich nicht mehr hundertprozentig sicher bin, dass es Holunder war. möglicherweise war es eine Schneeballdolde gewesen. die blüht etwas früher im Mai. der Holunder kommt später, erst ab dem 15. bis 20. Mai. eigentlich erst wenn die meisten Maikäfer verflogen sind. falls ich mich getäuscht haben sollte, passt der Holunder trotzdem herrlich zum Daktylus und zum schweren, sich wiegenden Käfer auf den zierlichen Blüten, welche die Doldenfläche bilden. es wäre aber eine Unstimmigkeit eingeflossen. das möchte ich nicht. dieser Versuch hier, ist etwa zwei Jahre alt. ich habe meine Beobachtung seither nicht mehr überprüfen/bestätigen können, obwohl ich danach gesucht hatte. das kommt aber noch. meine lyrischen Versuche wollte ich nur - wie sagte es ein geschätzter Schreiber hier mal so schön - heimholen. das ist mir wichtig. gerade was Naturlyrik betrifft.
ich weiß nicht ob ich eine symbolische Übertragbarkeit intendierte. wenn, dann würde ich den Käfer mit einem apfelessenden Kind vergleichen, auf einem Anhänger voller hochaufgeschütteten frischgeernteten Äpfeln und bei jedem kleinen Bodenhuckel und bei jedem Ruck der Zugmaschine (hach ja, früher der Pferdewagen) auf dem Weg zur Mosterei, sinken seine Ellbogen und Knie tiefer zwischen das dralle Obst. ja, wenn ich was intendierte, dann solche Zufriedenheit inmitten paradiesischer Fülle.
aber kann das mein Haiku? kann mein Versuch dies fertigbringen? nimmt überhaupt etwas bildlich Gestalt an, vor dem inneren Auge des Lesers?
ich weiß es noch nicht.
hallo GHEG
das ist richtig. die Beinstellung und das gleichzeitige Fressen bedarf ständiger Korrekturen um den relativ schweren Körper nicht nach unten durchrutschen zu lassen. man sieht dass du einen Blick hast für Maikäfer. das gefällt mir.
Holunderblüten sind nicht giftig. die restliche Pflanze schon. ich weiß es noch nicht, ob Maikäfer Holunderblüten mögen. wenn nicht, muss ich zwangsläufig eine andere Pflanze nehmen. Schneeball, oder die "Kuckucksbusche" (Flieder). wie habt ihr zum Flieder gesagt?
hallo K.
Holler haben wir in unserem Dialekt gesagt. Holunder ist aber noch schöner. ich bin verknallt in das Wort. ich gebs zu. Holunder. Holunder oder Topinambur. klingen wunderbar, nicht wahr? Frau Holle und Schnee war nicht intendiert gewesen, aber es liegt in den Wörtern, ja, das stimmt.
merci für den Artikel. allein schon der erste Satz war ein Schmankerl: "Desss Holderbaums werden viel Geschlecht erfunden." herrlich.
und ja, Maya hat recht. bloss keine Haiku-"Spezialisten" hier im Forum. wie hat mal ein Kabarettist so schön gesagt,
Spezialisten sind Experten die immer mehr über immer weniger wissen, bis sie alles wissen über nichts.
und überhaupt - Experten, das sind Leute die kennen 1000 Liebesstellungen, haben aber keine Freundin.
mir ist es lieber Antwort von Euch zu bekommen.
Grüße
Alcedo
In Antwort auf:
ich gebs zu. Holunder. Holunder oder Topinambur. klingen wunderbar, nicht wahr?
Stimmt, der Klang ist einzigartig! Wobei ich mit den hormonverderbten, kurzen Kartoffelnasen
weniger gut kann, ganz ehrlich. Bei tartufo sieht das selbstverständlich wieder ganz anders
aus, ebenso bei "Miß Mellish", "Crimson Beauty", "Wesergold", " Moerheim Beauty" oder einfach
nur"Abendsonne", um dir nur einige Beispiele zu nennen, die wahrhaft sinngrün sind, weil
Herzenswärme eben immer noch die zuverlässigste Energiequelle ist, "Liebe ohne ihre Flügel"
eben bzw. "jemand, der an meine Türe klopft, wenn mich alle Welt verlassen hat.", nicht wahr?
Buntblättrige Immergüne Grüße, Alcedo. :)
Katerchen
.
RE: Haiku VIII
in Minimallyrik 09.06.2009 05:32von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
@Katerchen:
mhm, es braucht gute Trüffelnasen um die Delikatessen im Waldboden zu finden.
@gheggrun:
merci
@Simone:
schade. aber vielleicht schaffe ich es beim nächsten weniger verkorkst zu artikulieren.
Grüße
Alcedo
RE: Haiku VIII
in Minimallyrik 09.06.2009 14:28von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Breitbeinig einsinkend
in die Holunderdolde,
frisst ein Maikäfer.
was ich mich frage (im Ernst) ist, für was ist das gut? und was will mir das sagen? das steht ein kleiner Satz, indem beschrieben wird, wie ein Maikäfer frißt und zwar breitbeinig mitten in einer Holunderdolde stehend. aha. und? ... ich hab wie gesagt keine Ahnung von Haikus, aber wenn ich einen Lehrgang brauche um so ein verdrehtes Sätzchen würdigen zu können dann stimmt da (für mein Empfinden) etwas nicht.
dann ist das also auch ein Haiku?
Schwanzwedelnd pinkelnd
an die Blaufichtenäste
bellt ein kleiner Hund.
Gruß
Simone
Hallo Alcedo,
In Antwort auf:
mitnichten sollte ein Haiku zwangsläufig Spektakuläres beschreiben. mal abgesehen davon, dass die Haikudichtung bescheiden genug ist um nichts auszuschließen, was ist denn schon spektakulär?
Ich forderte nichts Spektakuläres, sondern eine gewisse "Einmaligkeit" - was ist das Besondere an dem vermittelten Bild? Der Fressvorgang wiederholt sich doch ständig, so dass ich nicht erkennen konnte, was dich nun dazu bewog, ausgerechnet die Futteraufnahme in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken. Nun las ich noch einmal bei wiki nach und fand mich bestätigt:
In Antwort auf:
Abgebildet wird eine einmalige Situation oder ein einmaliges Ereignis. Diese Situation bzw. dieses Ereignis wird als gegenwärtig dargestellt. Im Haiku findet sich ein Bezug zu den Jahreszeiten.[...] Die dargestellten Dinge sind Repräsentanten erlebter Momente und der damit verbundenen Gefühle. Die Natur spiegelt die Seele. Objekte werden stellvertretend und symbolhaft benutzt. Ein Bild als Beispiel: Fallende Blätter, Assoziation: Herbst, Gefühl: Melancholie.
Ja, und wie oben bereits gesagt, fehlt mir das alles in deinem Haiku. Es ist in meinen Augen nicht symbolträchtig bzw. nicht eindeutig genug, was das angeht, denn jeder könnte sich nun eine eigene Bedeutung zusammenspinnen. Aber das ist doch Käse. Und beim Schreiben hast du ja auch gar keinen Wert auf Übertragbarkeit gelegt, wie du angabst:
In Antwort auf:
ich weiß nicht ob ich eine symbolische Übertragbarkeit intendierte. wenn, dann würde ich den Käfer mit einem apfelessenden Kind vergleichen, auf einem Anhänger voller hochaufgeschütteten frischgeernteten Äpfeln und bei jedem kleinen Bodenhuckel
Für mich ist das gar kein Haiku mehr, denn mir fehlen einfach grundlegende Dinge, die ein Haiku ausmachen. Man kann die doch nicht einfach beiseite lassen und trotzdem von einem Haiku sprechen, wenn man streng ist. Das wäre fast so, als schriebe ich ein Sonett, ließe aber einfach mal die Terzette weg oder schriebe an deren Stelle noch zwei Quartette. Wäre das noch ein Sonett?
Gruß
Hallo Alcedo,
hallo Maya,
1.
In Antwort auf:
mhm, es braucht gute Trüffelnasen um die Delikatessen im Waldboden zu finden
2.
In Antwort auf:
Der Fressvorgang wiederholt sich doch ständig,
1. Eine Figur? Commedio dell' arte? Das denke ich nicht!
2. Evtl. könnte der Übergang der Jahreszeiten angedeutet sein,
ich erwähnte es bereits, hier übertragen auf Pflanzen und Tiere.
Ein schlichter Kleiderwechsel beispielsweise, (von der wattierten Kleidung
hin zum leichteren Sommerkleid) wie dies z.B. in Issas Dichtung
beschrieben ist. Und?
Grüße
Katerchen
.
RE: Haiku VIII
in Minimallyrik 09.06.2009 22:29von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
In Antwort auf:also echt, ich kann auch in 'backe backe Kuchen' das jüngste Gericht reininterpretieren, wenn ich das will... die 7 Sachen sind die apokalyptischen Reiter und wenn die Eier aufgeschlagen werden macht es Peng! ...
2. Evtl. könnte der Übergang der Jahreszeiten angedeutet sein,
ich erwähnte es bereits, hier übertragen auf Pflanzen und Tiere.
Ein schlichter Kleiderwechsel beispielsweise, (von der wattierten Kleidung
hin zum leichteren Sommerkleid) wie dies z.B. in Issas Dichtung
beschrieben ist. Und?
Hallo Katerchen,
In Antwort auf:
Evtl. könnte der Übergang der Jahreszeiten angedeutet sein...
Eventuell? Ja, eventuell steht das Einsinken auch für Sex. Das artet doch in Beliebigkeit und Raterei aus; die vermeintlichen Symbole funktionieren hier nicht als Bedeutungsträger. Es geht auch nicht um Metaphern (offen interpretierbar), sondern um Symbole (festgelegte Bedeutung). Und das Fressen verbinde ich nicht mit einem Jahreszeiten-/Kleiderwechsel.
.
Hallo,
Maya, Simone.
Ginge es tatsächlich um Geschlechtsverkehr, stünde dort eben gerade nicht Holunder,
m.M.n..
Kuchen ist gar nicht so abwegig. Holunderblüten lassen sich hervorragend in Teig fritieren,
Pflaumen selbstverständlich auch.
Meine Unbedarftheit reicht aber offenbar nicht aus, um sofort (immer nur o. immer gleich)
an Geschlechtsverkehr zu denken, sondern vorrangig hier an die heilende Wirkung
eines jahreszeitlich gebundenen Rituals - und nein, ich meine nicht die Defloration.
Gelassene Grüße
Katerchen
.
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