#1

Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 17.03.2009 17:46
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Wie selbstverständlich ist das Leben mir geworden,
wie sicher liegt mein Knochen hinterm Herd,
so garantiert bin ich als Hund bei dir geborgen.

Ich bin den Weg mein Leben lang gegangen,
ich kenne jede Spur auf Schritt und Tritt
und bin in meiner Freiheit eingefangen.

Ganz tief in dir wird noch das Mädchen stecken,
das Kind, von dem dein Kind so gar nichts weiß;
lass uns gemeinsam dessen alten Traum entdecken!

Von Freiheit, Gleichheit, Schwesternschaft, von Zeit
zum Aufbruch und zur Heimkehr in die Welt,
von dem, was unter Haut noch von uns bleibt.





Gedichte und Kommentare in allerbester Absicht

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#2

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 17.03.2009 21:38
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Mad Eye Oli

Mir gefallen wehmütige Gedichte. Ganz gleich, ob es sich dabei um Verpasstes oder Verlorenes handelt. Deshalb gefällt mir auch dieser Text sehr gut.
Jedoch kann ich den Bogen von den ersten zwei Strophen zu den zweiten nicht problemlos spannen. In den ersten 2S spricht das lyr. Ich von sich und wie es sich sein Leben – so bequem – eingerichtet hat. Alles bekannt, bewährt und alltäglich ... und evtl. auch etwas langweilig. Dann aber wechselt der Fokus plötzlich zum Du und es wird nach dem verlorenen Mädchen gesucht – eine Metapher für verlorene Träume, Unschuld und nicht eingetroffene Erwartungen? Mir ist der Bruch aber zu abrupt, obwohl beides natürlich zusammenhängt, sofern es sich um eine Beziehungskiste handelt.
Eine Möglichkeit wäre aber, dass hier zwei verschiedene Leute miteinander kommunizieren ... wenn ich es aus der Perspektive betrachte, ist der Wechsel nicht ganz so heftig bzw. erscheint mir dann Anführungs- und Schlusszeichen angebracht. So nach Gefühl wäre dann S 1-2 der Mann und 3-4 die Frau. Eh, nein, umgekehrt.

Obwohl das Reimschema nicht durchgängig „rein“ ist, ist der Text durchaus melodiös. Toll wäre natürlich, würden sich die mittigen Zeilen jeweils paaren. Aber das nur nebenbei.

Meine Lieblingszeile:

In Antwort auf:
das Kind, von dem dein Kind so gar nichts weiß


Gruss
Margot

Die Frau in Rot

zuletzt bearbeitet 17.03.2009 21:41 | nach oben

#3

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 18.03.2009 01:36
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Hallo Margot,

mir gefällt die Anrede, das mal vorweg.

Ja, das Gedicht ist wehmütig, das ist wahr. Und es ist zu persönlich, um es inhaltlich zu erklären. Die Zerrissenheit des Textes, dieses Scheuen des Malers vor seinem Modell, tut dem Text nicht gut. Er ist aus Fragmenten entstanden und hätte insofern vielleicht Skizze bleiben sollen. Ich sah aber keine andere Möglichkeit, um ihn los zu werden und mich erbaulicheren Dingen zuzuwenden. Die geschlechtlichen Zuordnungsschwierigkeiten haben mich übrigens amüsiert und gefreut, denn es dreht sich eindeutig um eine geschlechtslose Zuneigung und -eignung. Die Reimlosigkeit der Mittelzeilen ist übrigens bedingt vorsätzlich. Je älter ich werde, desto weniger neurotisch bin ich in diesen Fragen.

Jetzt habe ich gerade überlegt, ob ich mir untreu werde. Aber nein, es ist nicht so, dass man (ich) etwa über den Reimzwang erhaben wird. Man (ich) wird nur bequemer, lässt sich gehen, gestattet sich diese Nachlässigkeiten. Vor gestrengem Auge kann das nicht bestehen und die hohe Schule ist es wahrlich auch nicht, so viel steht fest. Aber wir sind hier ja quasi unter uns und müssen uns nichts mehr beweisen, da mag man es mir durchgehen lassen. Dennoch bleibt es zu kritisieren, keine Frage.

Liebe Grüße
Oliver





Gedichte und Kommentare in allerbester Absicht

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#4

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 19.03.2009 15:40
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte
Hallo Oliver,

das lyr. Ich zum Spiegel-Ich? Ei!

Also entweder fehlt da ein wenig Kleister, der die Bindung in der Mitte plausibel gestaltet, vielleicht sogar die zum angesprochenen lyr. Du, oder eine klare Aussage, wegen der Zwittrigkeit der Geschlechtsperspektivenverschiebung, welche hier dezent suggeriert werden könnte, wenn der Hund also ein Rüde wäre, jedoch das Spiegel-Ich vermeintlich nicht... oderoderoder...

Was ich eigentlich sagen will und mich damit dem schon zuvor Geschriebenem anschließe, dass es so, wie es da steht, etwas konfus wirkt, zusammengesetzt aus eigentlich 2 Teilen.

Ansonsten gern gelesen, wegen dem was es aussagen könnte, in vielerlei Bedeutsamkeiten.
Vielleicht nochmal basteln???

Bestens,
GB.

_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
zuletzt bearbeitet 19.03.2009 19:13 | nach oben

#5

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 19.03.2009 16:22
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte
Zitat von Gedichtbandage
Vielleicht nochmal basteln???



Neien, da ist schon zu viel gebastelt worden! Der Eindruck der Bipolarität stimmt natürlich, das Gedicht besteht aus zwei Versuchen, die nicht enden wollten und 2 Monate lang bei mir herumlagen. Da sie mir zu schade zum Entsorgen waren, habe ich mich noch einmal daran gesetzt und plötzlich empfunden, dass daraus ein Gedicht werden könnte. Das war wohl nichts.

Egal, Mund abputzen und weitermachen. Danke für deinen Kommentar.

Beste Grüße
Oliver




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zuletzt bearbeitet 19.03.2009 16:23 | nach oben

#6

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 19.03.2009 16:28
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte

Ach, nö ... nicht vergessen, sondern aus den zwei letzten Strophen ein eigenes Gedicht basteln. Die sind wirklich gut. Wäre schade, wenn die einfach so untergehen ... nur weil du zu faul bist!


Die Frau in Rot

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#7

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 19.03.2009 17:36
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Das hat mit Faulheit nichts zu tun, sondern nur mit mangelnder Eingebung. Im Ernst: Das ganze Gedicht ist mir zu persönlich und persönlich zu wichtig, um daran jetzt noch etwas zu ändern. So wie die meisten deutschen Regisseure Theater und Film nur für sich selbst machen, kann ich das auch einmal mit einem Gedicht tun. Du hast immerhin nicht mal Eintritt bezahlen müssen, also bitte!





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#8

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 19.03.2009 19:12
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte
Hey, Oliver Eyeless,

das braucht doch nur noch `ne mittlere Strophe!
Gib Dir mal ein bisken Mühe! :-))) -und vor allem `nen Schubs!

EIDERDAUS!
Dringend drängende gedrungene Grüße,
GB.


PS.: ...beispielsweise könnte das lyr.-Ich den Kopf auf/in den Schoß des lyr. Dus legen, das wäre eine Verbindung, vom Hund/Mann auch zum Frau/Mutter/Schwester-Ich, wie gesagt beispielsweise...

NACHTRAG: Du darfst dies Gedrängel auch völlig ignorieren :-) !

_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
zuletzt bearbeitet 19.03.2009 19:14 | nach oben

#9

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 19.03.2009 19:46
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Na ja, wenn ich so nett gebeten werde...

Die Idee ist gut. Ich werde mal sehen, was mir altem Hund noch einfallen will, auch wenn es mir eigentlich widerstrebt, derart Pfötchen zu geben.





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#10

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 20.03.2009 02:49
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte

Wie selbstverständlich ist das Leben mir geworden,
wie sicher liegt mein Knochen hinterm Herd,
so garantiert bin ich als Hund bei dir geborgen.

Ich bin den Weg mein Leben lang gegangen,
ich kenne jede Spur auf Schritt und Tritt
und bin in meiner Freiheit eingefangen.

Ganz tief in dir wird noch das Mädchen stecken,
das Kind, von dem dein Kind so gar nichts weiß;
lass uns gemeinsam dessen alten Traum entdecken!

Von Freiheit, Gleichheit, Schwesternschaft, von Zeit
zum Aufbruch und zur Heimkehr in die Welt,
von dem, was unter Haut noch von uns bleibt

Hallo Oliver

Ich erkenne im Gesamtwerk viele unterschwelige Botschaften. Genau genommen transprtierst du den Inhalt nur auf der zweiten Sinnebene.
An der Oberfläche willst du einem Menschen deine Liebe erklären. Aufder unteren Ebene bezichtigst du das angebetete Wesen der Gewalt durch Liebesentzug.
Dann verwendest du das ausgesprochen aggressive Rufzeichen in Verbindung mit der Entdeckung. Was willst du entdecken, was nicht schon da war.
In der hündischen Abhängikkeit geht deine Figur so weit, sich als Schwester zu outen.
Die Verbindung und das Bindeglied zur eigenen Aggression. Da es sich nur um zwei Sinnebenen handelt, die zu erforschen sind, endet mein Kommentar hiermit.

Lieben Gruß

Gem

Ps.: Tippfehler in meiner Kritik werden nicht weiter verrechnet


Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

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#11

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 20.03.2009 07:18
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Hallo Gemini,

danke für deinen Kommentar, welchen ich im ersten Absatz als erstaunlich hellsichtig erachte. Das Ausrufungszeichen folgt allerdings eher der deutschen Grammatik, als irgendeine Aggressivität transportieren zu wollen. Auch outet sich das lyrI nicht als Schwester, sondern unterstellt dem lyrDu, ganz allgemein von Schwesternschaft geträumt zu haben, womit nur deutlich wird, dass das lyrDu weiblich ist und diesem Umstand zu wenig Beachtung schenkte.

Wo du zwei Sinnebenen beschreibst , wird mir nicht klar. Du beschreibst eine einzige und mehr hatte ich auch wirklich nicht im Sinn. Ich bin ziemlich eben, was das angeht.

Beste Grüße
Oliver





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#12

RE: Unter Haut

in Philosophisches und Grübeleien 20.03.2009 11:57
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte

Das möchte ich so nicht unterschreiben. Natürlich erstellst du Sinnebenen. Es kommt eben darauf an, wie sehr du die verschiedenen Ebenen miteinander verstricken kannst.
Oftmals fehlt nur ein kleines Wort oder ein Buchstabe, der den Kreis nicht schließen lässt.
Das mit der Schwester ist nun meine Schuld, weil ich zu sehr vom Autor, der doch männlich ist, ausgegangen bin. Außerdem bin ich noch sauer wegen der miesen Kritik unter meinem "Gestern".
Wie auch immer.
Bei deinem Gedicht geht die Rechnung so nicht auf. Es ist nicht der Aufruf, der mir ins Auge sticht. Es ist der Vorwurf gegen das Gegenüber.
Genauer betrachtet wirkt das Werk als eine Reflexion des Selbst.

Lieben Gruß

Gem


Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

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