#1

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 03.02.2005 13:11
von muh-q wahn (gelöscht)
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In dunklen Schatten

Im bunten Tollhaus seht ihr mich
in schwarzen Ecken stehen.
Ich schaue nur, ich rede nicht,
ich lasse Zeit vergehen.

Trotz allzu reich bestücktem Mahl,
seht ihr mich Hunger leiden.
Der Überdruss wird mir zur Qual,
doch hilft, mich zu entscheiden.

Aus wolkenlosen Himmeln scheint
Die Sonne heiß hernieder.
Ich finde mich mit euch vereint
in dunklen Schatten wieder

So bin ich schweigsam, schmal und blass,
und Frohsinn mir zuwider.
Doch manchmal gönn' ich mir den Spaß
und singe meine Lieder.

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#2

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 03.02.2005 13:58
von MrsMerian (gelöscht)
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Hi Muh.
Sehr nachdenklich stimmen mich Deine Zeilen und ich werd mal zeigen, was ich so gedacht habe, als ich sie las.


Zitat:

Im bunten Tollhaus seht ihr mich
in schwarzen Ecken stehen.



lyr. Ich: konservativ (schwarz), ausgegrenzt (Tollhaus), Ecken (Zuflucht oder Enge?)


Zitat:

Ich schaue nur, ich rede nicht,
ich lasse Zeit vergehen.



schweigsam/ introvertiert (schauen statt reden), gelangweilt oder auch etwas erwartend (Zeit vergehen)


Zitat:

Trotz allzu reich bestücktem Mahl,
seht ihr mich Hunger leiden.



genügsam boykottiert es die Konsumgeilen Dritten; bei denen bleibt das Ganze nicht unbemerkt (seht ihr mich)
trotz, dass das lyr. Ich vorsätzlich handelt (nicht isst in dem Fall), geht es ihm dabei (und noch mehr, genau deswegen nämlich) nicht gut (leiden).
Wieso verschmäht das lyr. ich ein breites Angebot, wenn es doch nur zugreifen muss?


Zitat:

Der Überdruss wird mir zur Qual,
doch hilft, mich zu entscheiden.



Aha, Überdruss... etwas satt haben, passt zum Bild mit den Speisen/ dem Mahl.

Der Überdruss und die Sorglosigkeit und das Selbstverständnis mit denen konsumiert wird quälen das lyr. Ich zunehmends. Dennoch ruft es sich sofort in Erinnerung, dass es auch etwas positives hat, es wird nämlich in einer Entscheidung bekräftigt.

Und: Aha, tatsächlich eine Entscheidung... aber in welcher Hinsicht muss es sich entscheiden?

Hier festigt sich auch meine Interpreatationsidee - mal sehen in wiefern ich ihn aufrecht erhalten kann.


Zitat:

Aus wolkenlosen Himmeln scheint
Die Sonne heiß hernieder.
Ich finde mich mit euch vereint
in dunklen Schatten wieder

<-- Satzzeichen vergessen.

Der Himmel ist wolkenlos... kein Schatten, kaum Wind (neuer Wind?) der HImmel als Teil der Atmosphäre gibt mir hier Anstoss dieses Bild mit der zeitlichen KOmponente zu verbinden.
Außerdem kann es nur so das Bild der heißen, drückenden Sonne unterstreichen. Stehende Hitze... kein (neuer) Wind.
Monotonie ist also das Stichwort, dass ich mir für diese Zeile notiere.
Und nun, plötzlich: Aus dem Schattensteher wird ohne sien Zutun (finde mich) einer von vielen. Die Dritten, vor denen sich das lyr. ich beinahe geekelt hat ob ihres Verhaltens, entdecken die Vorzüge des "Schattenstehens" oder Schattenlebens? vereint... sie sind ihm gegenüber also gar nicht ablehnend, sonder nehmen es in ihre Mitte auf.


Zitat:

So bin ich schweigsam, schmal und blass,
und Frohsinn mir zuwider.
Doch manchmal gönn' ich mir den Spaß
und singe meine Lieder.



Am Verhalten des lyr. Ich ändert sich nichts, trotz der Veränderung seiner Umgebung und der Menschen.
Nur in einer Hinsicht gibt es doch eine Änderung:
es ist jemand im Schatten, die das lyr. ich hören, wenn es seine Lieder singt.
Ob es das vorher tat (singen) oder nicht, spielt keine Rolle;
nun aber wird es extra erwähnt.

Was das heißt?
Nun, etwas muss mit der Reaktion sein... und wenn es dem düstren lyr. ich Spaß macht, sie zu singen, dann gehe ich davon aus, dass es sich durch die Lieder von der ungeladenen Gesellschaft abgrenzen kann.
Es wird dann ausgegrenzt und hat seine Ruhe, wie zuvor.

Insgesamt halte ich es schon beinahe nicht mehr nötig, noch genauer zu interpretieren oder miene Gedanken noch enger zu umreißen...
Außenseiter gibt es doch überall... da das lyr. Ich sich in dieser Rolle gerne sieht und wegen des Überdrusses tippe ich darauf, dass es vielleicht depressiv ist und der Entschluss ein Suizid sein könnte.

Die sonne, die drückt ist die Spaßgesellschaft, in der man immer fröhlich sein muss ud sich für jedes pessimistische Wort rechtfertigen muss oder zum witzig sein und "nicht darn denken" angespornt wird.
Immer mehr Menschen ziehen sich zurück in den Schatten; in sich selbst? nein, eher wohl in die Anonymität (Assoziation Großstadt).
Sie halten das lyr. ich, das ja bereits lange dort war für eine/n von ihnen ... das ist es aber nicht. Allerdings kann das lyr. ich sich von denen die ihm dort hin folgen nur abgrenzen indem es manchmal ausspricht, was in seinem Kopf herumschwirrt.
Genauso kann die Sonne einfach etwas bedrückendes sein, ... vielleicht Druck und Stress im Job. Dann ist der Schatten einfach eine gewisse Melancholie...

All das passt für mich zusammen und ich konnte es leicht für mich schlüssig erschließen. Das muss so sein, ja ... denn wenn ich eins gelesen habe, möchte ich nur ungern unzufriden sein mit mir und dem Dicher.

Depressionen können anfangs sehr gut aussehen wie ein vorübergehendes Tief oder Insichgekehrtheit. Es wird selten ernst genug genommen und als Krankheit akzeptiert.

Eine Krankheit passt auch zum Tollhaus... im Gedicht steht es für mich allerdings nur für unsere bunte Werbe- und Konsumwelt. Alles da, in jeder Farbe etc. Genausogut kann es auch wieder ein Spiegel der Gesellschaft sein, die sich ja aus allen Farben und Formen zusammensetzt.

Sehr bewegende Zeilen, wie ich finde und formal astrein.
Danke...
aber schreib doch mal was Witziges, damit ich jetzt den Klos im Hals loswerde. *schleim*

LG,
Mrs.


*edit* muss das unbedingt noch zufügen:
es kann jegliche Art von gesellschftlicher Gruppierung sein, die da im Schatten steht...
ich kenne mich so was keines wegs aus, da ich Christ bin, evangelisch, schon seit eh und je... ganz dem Klischee entsprechend bezeichne ich mich auch noch als engstirnig und festgefahren.

Aber wegen des schwarz/ dunkler Schatten denke ich gerade an die Gothic Bewegung, die ja, wenn ich das richtig beobachte, gerade absolut in Mode ist.
Nun, die Meinung des lyr. ich ist in Mode gekommen, alle rennen zu ihm...
aber er ist gar keiner von ihnen, er ist echt, kein "Trendbrettfahrer".

Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Zeichnung die durch seine Überzeugung und sein Verhalten (Hungern) entstanden ist, den anderen im Schatten nicht auffallen. Aber ob sie selbst sich so verhalten, oder sich nur mal eben in den Schatten springen, weil es gerade angesagt ist, davon ist im Gedicht nicht die Rede. ...
Ein Schatten ist auch immer nur eine farblose Kopie von etwas echtem. Was ist es denn überhauot, das den SChatten wirft?

Du lässt mich zurück mit vielen Fragen, aber genauso leichten Antworten, die schnell und eindeutig passen... trotzdem habei ch so viel Platz zwischen den Zeilen eine große Gecshichte zu denken und das, ohne, dass ich mich engeengt fühle in Phrasen...
ich kann es nur noch Mal wiederholen:
ich bin begeistert.

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#3

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 04.02.2005 10:33
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi muh

Auf so eine ausführliche Kritik wie Mrs. werde ich es wohl nicht schaffen *g, aber hier meine Meinung zu Deinem Text.

Mir gefallen Texte, wo der Sarkastiker redet. Ein Beobachter des tollen Treibens, der sich bewusst abseits hält, aus was für Motiven auch immer. Mit einem nachsichtigen Lächeln beschaut er die sich Mühenden und reflektiert über deren Motive und Absichten. Vielleicht ist sogar ein wenig Eitelkeit mit im Spiel, da er sich in der Rolle des Andersartigen gefällt. [13]

Schön flüssig zu lesen und mit einem Hauch Melancholie. Toll.

Gruss
Margot

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#4

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 04.02.2005 11:25
von muh-q wahn (gelöscht)
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@Mrs.Merian:
Ich bin tief beeindruckt und natürlich geschmeichelt, ob deiner Gedankenfülle. Das Gedicht wird dem nicht gerecht. Deine Assoziationen gehen weit über die eher schlichten Gedankenansätze des Dichters hinaus und lassen ihn zweifeln, wen die Muse wohl intensiver küsste.

Eines aber scheint ansatzweise gelungen: Eine zweite Sinnebene zu schaffen, die durchaus interpretationsfähig ist, ohne beliebig zu werden. Ich bin erst seit kurzem von Spontangedichten zu leidlich überarbeiteten Texten übergegangen und muss feststellen, dass ich in der Umbosselei noch nicht geübt bin. Wenn ich ein Gedicht heruntergeschrieben habe, steht der Sinn für mich fest und ich gehe ganz offensichtlich zu arglos mit Umstellungen um. Ich muss besser auf diese Nuancen achten, zumindest hier.

Eher nimbusgefährdend will ich dir dennoch mitteilen, wie profan das meiste entstanden bzw. gedacht ist. Es geht um ein lyr. Ich, dem Kontemplation wesentlich mehr bedeutet, als Partizipation. Im bunten Treiben, vollen Leben, steht er eher daneben, beobachtet schweigsam. Smalltalk ist seine Sache nicht, er findet auch nicht so recht Anschluss. Zunächst stand er übrigens auch in dunklen Ecken und ich habe das austauschen wollen. Das Schwarze hat daher keine politische Aussage, dazu später mehr. Aus der Sicht der anderen lässt unser Protagonist sein Leben nutzlos verstreichen, er lässt Zeit vergehen. (Welch unerhörter Luxus !)

In Strophe 2 geht es ganz simpel um das Problem, dass Typen wie der hier beschriebene an kostbar und reichhaltig bestückten Büffets meist nur irgend eine nebensächliche Winzigkeit auf ihren Teller packen. Achte mal darauf. Zuviel Angebot erschlägt manche von uns.

Strophe 3 ist – schlicht und ergreifend – verhunzt. In der ersten Sinnebene geht es schlicht darum, dass unser Lustverweigerer einer von diesen Blässlingen ist, die in der Sonne nur rot und nicht braun werden, daher bei schönem Wetter meist in ihren Stuben, vulgo: im Schatten hocken. Die Vereinigung hat in Sinnebene 1 nichts verloren. So einfach ist das. Ich weiß, man könnte das (v)erklären aber in Wahrheit ist das verhunzt. Mist !

Strophe 4 fasst zusammen, dass es hier um einen vermeintlichen Loser geht, einen Außenseiter, eine Spaßbremse, einen trockenen Furz, der recht eigentlich schon tot war, bevor er noch lebte. Z3 und 4 deuten aber an, dass auch dieser durchaus seine eigenen, (un-)heimlichen Freuden hat. Denn natürlich hat er etwas mit dem Tod zu tun, er ist es quasi selbst. Die sehr eng zusammenhängenden Sinnebenen 2 (ein realer, menschlicher Täter) und 3 (der grimme Schnitter persönlich) werden – wie ich fand – überdeutlich:

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#5

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 04.02.2005 11:25
von muh-q wahn (gelöscht)
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Fortsetzung:

S1:
Realer Täter: Meist Außenseiter, sehr selten Typen, die mitten im Leben stehen und von allen anerkannt und geliebt werden. Die haben zwar auch ihre Brüche, höchst selten aber Neid, Missgunst, verletzte Eitelkeit, welche zum Mord führen. Die bringen sich höchstens selber um.
Gevatter Tod: Mitten im Leben sind wir von ihm umgeben. Das Tollhaus kann noch so fröhlich sein, der Sensenmann ist immer dabei. Kommt Zeit, kommt Tod. Daher die schwarze Ecke.

S2:
Mensch: Der Tisch für Täter ist reichlich gedeckt, bleibt die Qual der Wahl. Er tut sich schwer in der Auswahl seiner Opfer aber sobald der Druck zu groß wird, muss Jack wieder ran. Wie oft er aber auch tötet, der Hunger bleibt.
Tod: Na klar, der wird auch ewig so weiter machen. Selbst wenn er mal á la Tsunami Hunderttausende auf einen Schlag abholt, leidet er doch immer Hunger. Die des Lebens Überdrüssigen, die das Geschäft selbst besorgen, pfuschen ihm ins Handwerk, erleichtern andererseits aber sein Handwerk. Variante 2: Wer zuviel und zu schnell am Büffet des Lebens frisst und säuft (auch eine Art Überdruss), der wird um so schneller abgeholt.

S3:
Realo: Denen das Leben zu wolkenlos begegnet, denen gilt insbesondere der Grimm unseres Frustrierten. Sol lucet omnibus aber sie kann einem auch den Pelz verbrennen. Das übernimmt er, wen er sich aussucht, dem begegnet er im Schatten.
Irrealo: Wie heiß die Sonne auch immer scheint, wie scheinbar erfüllt das Leben auch ist, am Ende geht’s in Schattenreich.

S4:
An und für sich identisch, da Zusammenfassung: S1-schweigsam, S2-schmal, S3-blass, generell hat das Auftreten unserer Zwillinge wenig mit Frohsinn zu tun, denn, wann immer sie „ihre Lieder singen“, heißt es für uns, Abschied zu nehmen.

Tja, und Sinnebene Null, wenn man so will, das bin ich natürlich selbst. (Und das hat Margot ja fein erkannt. Auch dir herzlichen Dank !) Ich kann gar nicht über andere schreiben, sondern muss immer nach einer Entsprechung in mir selbst suchen, um die Gemeingültigkeit zu erkennen. Wenn das gelingt, dann kann so etwas wie Interpretierbarkeit entstehen.

Ergo ist es zu freundlich von dir, über das Gedicht auch den Dichter mögen zu wollen, denn das ist nicht angebracht. Glaube es mir. Bevor es zu spät

Ich bin aber höchst erfreut und zutiefst geschmeichelt, daher werde ich dich verschonen. Vorerst. Solange du so freundliche Kritiken schreibst ...

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#6

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 04.02.2005 14:43
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo muh-q wahn,

mit meiner Kritik bin ich ein wenig spät. Viel neues werde ich nicht mehr hinzufügen können - egal, dann kann ich gleich noch ein bisschen die Kritiken kritisieren ...


Zitat:

Im bunten Tollhaus seht ihr mich
in schwarzen Ecken stehen.
Ich schaue nur, ich rede nicht,
ich lasse Zeit vergehen.


Das bunte Tollhaus sehe ich als Metapher für die Spaß - und Konsumgesellschaft, deren Alltag immer schneller und bunter wird, letztlich aber fürs lyrIch unbefriedigend ist. Daher die bewusste Entscheidung, sich ins Abseits zu stellen. Schwarz sehe ich hier ebenso nicht politisch (den Schnitter sehe ich übrigens auch nichts, aber dazu später noch was), sondern einfach als farblichen Gegensatz zum bunten Tollhaus.


Zitat:

Trotz allzu reich bestücktem Mahl,
seht ihr mich Hunger leiden.
Der Überdruss wird mir zur Qual,
doch hilft, mich zu entscheiden.


Die erste Strophe wird hier inhaltlich weitergeführt. Die Überflussgesellschaft bietet alles, nur nicht geistige Nahrung und emotionellen Tiefgang. Erfahrungen werden nicht gemacht, sondern im Fernsehen gesehen und oder anderweitig konsumiert. Da kann man schon zum Hungerleider werden. Dieses geistlose Überangebot lässt das lyrIch zwar leiden, jedoch stärkt es ebenso den Entschluss, abseits zu stehen und zu gehen - und schafft so etwas Individualität und letztlich schlicht Identität: etwas, worum das lyrIch durchaus beneiden darf.


Zitat:

Aus wolkenlosen Himmeln scheint
Die Sonne heiß hernieder.
Ich finde mich mit euch vereint
in dunklen Schatten wieder


Typsicher Effekt: Kaum ist es oppotun, fügt sich die Masse in andersartige Pfade. Man könnte diese Strophe auf zweierlei Arten lesen: zum einen die Krux mit dem Trend. Mrs sprach derartiges an: gestern noch Friedhofsschänder und Ritualmörder, heute Trendsetter, deren Kleideraustattung in jedem H & M zu finden ist. Dies lässt sich natürlich auf jeden Trend oder gar auf verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen anwenden.
Zum anderen könnte man (um die Überflussgesellschaft aufzugreifen) in der erbarmungslosen Sonne auch schlicht wirtschaftliche Not sehen, die viele der zuvor sinnlos Konsumierenden wieder etwas auf den Boden der Tatsachen holt - und somit dorthin, wo sich das lyrIch schon seit langem befindet.

Achja, verhunzt ist diese Strophe nicht, hättest Du dies nicht so ausgebreitet, muh-q wahn, keiner hätte derartige Gedanken gehabt. Naja, ich zumindest nicht.


Zitat:

So bin ich schweigsam, schmal und blass,
und Frohsinn mir zuwider.
Doch manchmal gönn' ich mir den Spaß
und singe meine Lieder.


Mit dieser Strophe kann ich am wenigsten anfangen, da ich das einzig inhaltlich Neue daran nicht verstehe. Welche Lieder werden hier zum Spaß gesungen? Keine Interpretation konnte mich diesbezüglich überzeugen.

Achja, die Gevatter Tod - Thematik habe ich überhaupt nicht gesehen und sehe sie auch nach Deinen Ausführungen nicht. Sie gefällt mir nicht einmal, ich bleibe lieber bei den gesellschaftlichen Aspekten, die auch schon Mrs interpretiert hat. Wie gut, dass man nicht an die Ansichten des Autors gekettet ist.

Dein Gedicht liest sich sehr flüssig und beschwingt, bis auf den Reim blass/ Spaß sind auch diese gelungen (blass/ Spaß ist sicherlich nicht schlimm, ich mags halt nicht, es drängt sich mir als Einladung zum kurzen a auf...egal)

Sehr gern gelesen,


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#7

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 04.02.2005 15:16
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ja, Don Carvalho, wenn du etwas schneller gewesen wärest, dann hätte ich mir die Selbstbefleckung sparen können.

Meine einzige Ehrenrettung dir gegenüber besteht darin, dass ich das Gedicht ursprünglich nicht mit dem Gevatter-Tod-Ansatz geschrieben, sondern diesen erst später darin verwursten wollte und hierfür ein paar Umstellungen vor- und in Kauf nahm. Das Werk erschien mir zu blass bis dahin. Weniger wäre mehr gewesen, warum halte ich mich nicht selbst daran ?

Dass dir der blass-Spaß-Reim nicht gefällt, kann mich nicht traurig stimmen, ist halt so. Sehr schade finde ich, dass die Lieder der letzten Zeile so schlecht abschneiden. In der ursprünglichen, ersten Sinnebene ging und geht es darum, dass der Nicht-Teilnehmer an der Spass- und Konsumgesellschaft dennoch seine Freuden hat, insbesondere, wenn er dichtet, seine Lieder singt, das passt doch !? Und natürlich ist er so vermessen zu glauben, dass er der Gesellschaft damit quasi einen Spiegel vorhält. Woher stammt das Zitat, dass noch jeder, der Gedichte schreibt, insgeheim hofft, er möge mal ein Geräusch in der Welt machen ?

Vielen Dank für deine Kritik !

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#8

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 08.02.2005 10:56
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo muh-q wahn,

oh, verstehe mich nicht falsch: der von Dir hineingedachte Gevatter Tod stört mich nicht. Ich wäre auf derartige Gedanken nie gekommen, dass man sie haben kann (bzw. sie sogar der Autor hatte), kann mir ja gleich sein. Ich für meinen Teil sehe genug in diesem Gedicht, für mich ist diese (wie Du ja selbst zugibst) etwas zu konstruierte Sinnebene unerheblich und unschädlich zugleich...

Der Gedanke, die Lieder als Gedichte oder gar als künstlerische Betätigung schlechthin zu sehen, gefällt mir - ich habe da schlicht zu kurz gedacht. Eigentlich liegt es ja auf der Hand, wobei das lyrische Ich bis dato weniger kreativ denn kritisch in Erscheinung tritt, insofern also zumindest eine kleine Hürde zu nehmen ist.

Danke für Deine Erläuterungen,



P.S.: Komm, gibs doch zu: Du stehst auf ein bisschen Selbstbefleckung hie und da...

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#9

In dunklen Schatten

in Düsteres und Trübsinniges 09.02.2005 10:29
von muh-q wahn (gelöscht)
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JA, Don, natürlich tu ich das und daher sei dir, lieber Demon_Wolf einerseits Dank gesagt aber andererseits auch Mäßigung auferlegt: Solcherlei Erwartungshaltung ist sehr angenehm aber auch zwiespältig. Vielleicht sollten wir alle anonym posten, dann wäre die berechtigte Kritik an unreinen Reimen schonungsloser und das Gift der Kameraderie ungefährlicher. Ach, es ist ein Kreuz: Ich will ja gelobt werden aber andererseits ...

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