#1

zieh von hinnen

in Gesellschaft 18.02.2005 14:22
von muh-q wahn (gelöscht)
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zieh von hinnen


wolle wohl, dann will ich wollen;
können kleine kränze binden,
wenn das laub bei uns zu finden,
das beim fallen zu verzollen.

reise kreuz, so will ich reisen;
können karten posten stehen,
wenn sie ihr zuhause sehen,
es auf diese weise preisen.

denke wunsch, denn ich will denken;
können herzen fallen stellen,
wenn sie sich zu uns gesellen,
heimlich neues denken schenken.

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#2

zieh von hinnen

in Gesellschaft 18.02.2005 15:45
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Diese Zeilen sind schwer für mich zu verstehen. Ich will es versuchen:

"wolle wohl, dann will ich wollen;
können kleine kränze binden,
wenn das laub bei uns zu finden,
dass beim fallen zu verzollen."

Das lyrische Ich will, wenn das lyr. Du will, davon ist es abhängig.
Der Vorschlag dann: Kleine Kränze aus Laub zu binden, das verzollt werden muß. Hm, da finde ich keinen Zugang. Kränze = Verbindungen, Laub = Vergängliches, Abgestorbenes, verzollen = bezahlen
Vielleicht soll hier eine Vergänglichkeit von Bindungen dargestellt werden, bei deren Ende man bezahlen muß? Schwierig!

"reise kreuz, so will ich reisen;
können karten posten stehen,
wenn sie ihr zuhause sehen,
es auf diese weise preisen."

reise kreuz = kreuz und quer reisen? Herumreisen ohne festes Ziel?
Sind hier in der 2. Zeile die Karten das Subjekt oder das fehlende "wir"?
Je nach dem wären es hier die Karten, die Posten stehen oder die lyr. Persönlichkeiten, die für die Karten Posten beziehen.
Hier verstehe ich auch nicht wer "sie" sind. Sind die Karten gemeint? Wenn also die Karten zu dem Ort, den sie zeigen gewbracht werden, preisen sie ihn. Eine Beschreibung der Reise im Allgemeinen?

"denke wunsch, denn ich will denken;
können herzen fallen stellen,
wenn sie sich zu uns gesellen,
heimlich neues denken schenken. "

Wunschdenken? Ohne das Wunschdenken kann das lyr. Ich nicht denken. Es braucht dieses. Zeile 2 ist fast eine Frage: Könnes sies? Im Hinblick auf die anderen Zeile, glaube ich, fehlt wieder das "wir", wenn ich jetzt jedoch alle 2ten Zeilen als Frage betrachtet ist der Sinn wieder vollkommen anders. Sehr verwirrend diese Unfertigkeit.

Und leider erschliest sich mir der Sinn trotzdem ich es hin und her wende immer noch nicht. Ich werde weiter grübeln.
Gibst du mir einen Hinweiß?

Richard

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#3

zieh von hinnen

in Gesellschaft 18.02.2005 15:55
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ich müsste lügen, wenn ich nicht
sehr dankbar, dass man mit mir spricht.
Doch auch wenn's juckt, so werd' ich nicht
selber deuten mein Gedicht.

Da halte ich's mit Botho Strauss
der, so befragt, immer nur Aus-
kunft gab, dass er's nicht besser raus-
bekommt als so. Und damit aus.


Ich bin schon als Entblößer verschrien und muss ein wenig an meinem Image als ernster Dichter und Denker arbeiten, daher gestatte mir, noch ein wenig den tiefsinnigen Intelektuellen zu spielen. Danke aber für deinen Kommentar. Eines sei verraten: Fragen stellt das Gedicht keine, höchstens die des Autors an sich selbst, ob er besser von hinnen ziehen sollte.

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#4

zieh von hinnen

in Gesellschaft 18.02.2005 17:15
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
die Kuh und der Ur-laub (ich hoffe sie kann mein Gefasel verstehen)

wolle wohl, dann will ich wollen;
können kleine kränze binden,
wenn das laub bei uns zu finden,
dass beim fallen zu verzollen.


Kleine Kränze steht für mich für kleine Gemeinschaft. Im Kontext lese ich das Laub ganz frech als "Urlaub"
Der erste Vers spiegelt einen gewissen Zwang, das lyrische Muh will wollen. Das fallende Laub könnte aber auch personifiziert werden, es mag dem lyrischen Muh aufstoßen, dass der grosse Baum immer mehr Blätter in den kleinen See fallen lässt Verzollen heisst in Sinnebene 1, der Urlaubsebene vielleicht "grenze überschreiten" bin mir da nicht sicher. Sinnebene 2 lässt mich eher an Kontrollen zwischen Baum und See'chen denken....

reise kreuz, so will ich reisen;
können karten posten stehen,
wenn sie ihr zuhause sehen,
es auf diese weise preisen.


Die Reise ist ein kreuz ? Oder eben kreuz und quer wie Richard`a sagte. "Karten posten" sind Postkarten. Dh weggehen und Postkarten schicken, aber auch eine gewisse...Wehmut, die Karte fragt sich selbst ob sie noch stehen kann, ob sie dazu fähig ist dazu (in Sinnebene 1); Sinnebene 2: harte Kritik, vielleicht an einer gewissen Reisefreudigkeit zwischen Baum und See... Vielleicht der Gedanke ob nicht die Karten vieleicht doch versucht werden zurück zum Baum zu gehen...ausserdem sind Texte, die auf den Postkarten stehen, vielleicht zugleich auf dem Baum und im See zu finden...

denke wunsch, denn ich will denken;
können herzen fallen stellen,
wenn sie sich zu uns gesellen,
heimlich neues denken schenken.


Das lyrische Muh schlussfolgert. Wunschdenken, kann man den Herzen, die vielleicht auch das Laub und die Postkarten sind, vielleicht aber auch nur ein Hinweis darauf wie lieb ein gewisser Wer gewisse Welche hat; wie kann man die Herzen dazu bewegen da zu bleiben, wie kann man sie aus ihrem gewohnten Verhalten ausbrechen lassen, bzw. wie kann man ihnen einen neuen Funken einflößen.
Es mag sein das was ich jetzt geschrieben habe etwas komisch klingt, aber ich würde meinen Arsch drauf verwetten, das lyrische Muh weiss, was ich meine

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#5

zieh von hinnen

in Gesellschaft 18.02.2005 17:31
von muh-q wahn (gelöscht)
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Spätestens seit dem Werbefernsehen wissen wir ja, wie gefährlich das ist, seinen Arsch zu verwetten. Aber eine Wette ist immer ein Geschäft zwischen einem Doofmann und einem Betrüger und da darf Willi sich jetzt gerne aussuchen, wer von beiden er sein will.

btw.: Mit Insiderwissen kann ich das auch, Willi aber dennoch: Reschpeckt, Herr Architekt ! Interpretatorisch ist der rote Faden natürlich aufgedeckt und du kannst dein Gesäß behalten. Nee, ehrlich, ich will es nicht !

Eigentlich bist du ja ein Spielverderber, weil da noch schön viele Wortspiele und Querverweise enthalten sind, die jetzt kein Aas mehr entdecken wird.

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#6

zieh von hinnen

in Gesellschaft 18.02.2005 19:40
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Die Wortspiele und Querverweise habe ich mit Absicht weggelassen, für die die da noch kommen mögen.
da kömmt mer noch:
reise kreuz, die Reise ist ein Kreuz, oder es ist ein Kreuz mit der Reise ->Die Reise ist ätzend quasi
...und das wolle wohl, dh das lyrische Muh wollt und daraus flechtet man die Kränze

Lol, ich bemerke gar nicht mehr, wie oft ich "vielleicht" schreibe ... im obigen Beitrag sicher an die 10 mal...

Im Notfall halten wir diesen Faden durch Spam aktuell um die "Wortspiele und Querverweise" aufzudecken

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#7

zieh von hinnen

in Gesellschaft 19.02.2005 08:50
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Hm, ich meine zu verstehen....
Und gut ich werde suchen, ob ich trotz des vermeintlichen Verstehens noch Querverweise finde...

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#8

zieh von hinnen

in Gesellschaft 19.02.2005 14:29
von muh-q wahn (gelöscht)
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@Wilhelm: Dank dir kenne ich jetzt neben dem lyrischen Ich und dem lyrischen Du auch noch die lyrische Muh. Vielen Dank, ich werde das in meinen künftigen Interpretationen berücksichtigen ... oder auch nicht.

@Willi + Richard: Neben mehr oder weniger gelungenen Interpretationen würde das Dichterlein natürlich auch gerne wissen, ob der Versuch als geglückt angesehen wird oder nicht. Sprich: Ich wünsche sehr, zu gefallen. Das ist recht eigentlich mein größter, wenn nicht sogar mein einziger Wunsch. Also bitte, lasst mich etwas Nektar saugen und verratet beim nächsten Mal am Rande auch, ob es zusagt oder nicht. Insbesondere, wenn nicht. Da steh' ich zwar deutlich weniger drauf aber auf Mitleid kann ich gar nicht.

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#9

zieh von hinnen

in Gesellschaft 19.02.2005 14:39
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Da es mich zum Nachdenken angeregt hat und ich durchaus zu knabbern hatte, hat es mir gefallen. Vor allem da ich ein Wortspiel-fan bin.

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#10

zieh von hinnen

in Gesellschaft 19.02.2005 15:08
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Da ich auch jetzt noch nicht zufrieden bin und immer noch nach Antworten suche, werde ich wohl mit gutem Gewissen sagen können, es gefällt mir wohl.
Denn ich bemühe mich nicht, befinde ich etwas für unwürdig.

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#11

zieh von hinnen

in Gesellschaft 19.02.2005 15:53
von Hojaro (gelöscht)
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Oh, Muh, du hast wohl gefallen an Alliterationen gefunden. Das scheinen mir schöne Wortspielereien zu sein, doch verschleiern sie so den Blick ein für das Wesentliche. Du meinst, du wolltest an deinem Image des „Dichters und Denkers“ arbeiten. Nun Ersteres ist ohne Zweifel vorhanden, doch Zweiteres? Warst du nicht derjenige, der immer Gedichte kritisierte, die klingen und sonst nichts? Sei mir nicht böse, aber ganz so scheint es bei dir auch. Ich kann die Interpretation von Wilhelm nicht nachvollziehen. Das Einzige, was mir einen Ansatz zu einem logischen Faden gäbe, wäre dann der letzte Vers (heimlich neues denken schenken.): Mit dem Blick auf die Rubrik (Gesellschaft) könnte ich es do deuten: Das lyrische Ich hat genug vom bisherigen Denken in der Gesellschaft und kann sich nicht mit diesem identifizieren. Es hat so den Wunsch in der letzten Strophe ein neues Denken einzuführen, dass nicht mehr abhängig von Gefühlen ist (V2 und V3). Will es vielleicht objektiver im Denken werden? Und wer war subjektiv? Die Gesellschaft oder lyrische Ich selbst? Schließt sich das lyrische Ich aus der Gesellschaft aus und meint es schon seit geraumer Zeit objektiv zu denken und will es jetzt dies auf die Gesellschaft übertragen? Das sind Fragen über Fragen, die wahrscheinlich auch aus der Luft gegriffen sind. Ich sehe auch keine Kohärenz der gedeuteten dritten Strophe zu den ersten beiden Strophen. Ich sehe hier nur Laub, das fällt, Kreuze und Postkarten, die ihr zuhause sehen, aber alle nicht zusammen passen.
Wer weiß. Vielleicht bin ich auch zu überhastet an das Gedicht gegangen.

Hojaro


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#12

zieh von hinnen

in Gesellschaft 19.02.2005 20:06
von muh-q wahn (gelöscht)
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Danke, Hojaro, das war für mich eine wichtige Stellungnahme. Einerseits muss ich tatsächlich aufpassen, es mit den Alliterationen nicht zu übertreiben bzw. diese Phase auch mal wieder zu überwinden. Andererseits zeigt sich, dass zu kryptisch formulierte Gedichte vielleicht dem einen oder anderen als Rätselspiel Vergnügen bereiten (wobei Insiderwissen natürlich hilft ), aber eher Gefahr laufen, als Wortgeklingel übergangen zu werden. Insofern hast du mir die Augen doppelt geöffnet: Ich habe in der vergangenheit wahrscheinlich viel zu häufig dieses unfaire Urteil geäußert und bin jetzt selbst in die Falle gegangen. Denn dieses Gedicht wirkt vermutlich eben so, ist es aber nicht. Es ist aus einem ganz eindeutigen Konzept entstanden, hat drei konkrete Hauptaussagen, die jeweils Bezüge zu anderen Werken nehmen.

Ich werde deine Worte im Hinterkopf behalten. Nochmals Dank für die Stellungnahme, auch und gerade, weil es dich nicht ansprechen/beeindrucken konnte.

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