#1

Zirkonia

in Gesellschaft 12.04.2005 20:22
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
    Zirkonia

    Es sind nur Augen, die mich lächelnd streifen,
    Der Mund ist hinter einem Tuch verdeckt.
    Und während andre lüstern nach ihr greifen,
    Und sich ein Junge seine Lippen leckt,
    Verberge ich den grünen Schein.

    Zu dunklen Bässen tanzt sie durch die Träume,
    Das blaue Licht bemalt die feuchte Stirn.
    In diesen warmgerauchten Glitzerräumen,
    Glänzt sie als Einzige - wie ein Gestirn -
    Paillettenhaft, fern unsrer Pein.

    Noch ist der Abend jung und offen,
    Noch sind die Gläser voll und schwer,
    Noch lässt ihr Busen manchen hoffen,
    Doch bald schon sind die Tische leer
    Und es verlöscht der Edelstein.



    (c) Margot S. Baumann


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#2

Zirkonia

in Gesellschaft 12.04.2005 22:13
von DOCC (gelöscht)
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Hallo Margot,
also nachdem ich mich jetzt 20 min mit dem Titel beschäftigt habe, weil ich da einen tieferen Sinn vermutete, will ich wenigstens zum Gedicht an sich was loswerden.
Aber doch noch zum Titel: Zirkonium kenn ich noch aus der Chemie und Zirkon ist ein Mineral, wahrscheinlich gar was edelsteiniges, eher aber was synthetisches. Ich habe mich nun auf ein Schmuckstück/-stein festgelegt, den die Tänzerin trägt.
Also die Szenerie vermute ich in einer süd- oder südosteuropäischen Taverne. Die Tänzerin ist eine solche, die die Gäste zu animieren hat und durch Zustecken von grünen Scheinen ihren Lebensunterhalt verdient.
Diese Tänzerin vermag es nun, Vergessen zu machen - man kann mal abschalten. Aber ran darf keiner und irgendwann ist die Show vorbei.
Warum aber Zirkonia? Es gibt hunderte bekanntere Edelsteine vermutlich. Sollte die Tänzerin was Aussergewöhnliches sein? Nee, ist sie gewiss nicht - so wie Du sie beschreibst, trifft man sie in fast jeder Lokalität, in der ein entsprechendes "Unterhaltungsprogramm" angeboten wird.
Schlussendlich bleibt zum Gesamteindruck sagen: Du bist eben Profi.
Meine etwas kritische Distanz kennst Du aber ja auch schon: was soll ich mit dem Gedicht anfangen? Es bringt mich nicht her, es bringt mich nicht weg - ich habe mich mit Zirkon beschäftigt - gut.

Liebe Grüße von
DOCC

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#3

Zirkonia

in Gesellschaft 13.04.2005 09:32
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi DOCC

[quote] .......was soll ich mit dem Gedicht anfangen? Es bringt mich nicht her, es bringt mich nicht weg [/quote]
..... Der Text enthält die unterschwellige Botschaft, dass jeder, der es liest, sich dazu genötigt fühlt, in den nächsten Schmuckladen zu gehen, einen Brillianten zu kaufen und ihn seiner Liebsten zu schenken, weil [i]die[/i] eben ein wirklicher Edelstein ist. ...... So war das eigentlich gedacht. Hat’s funktioniert? [4]

Ach, DOCC. Es ist doch nicht meine Intention, dass meine Gedichte irgendwen irgendwohin bringen oder ultimative Erkenntnisse vermitteln. Ich schreibe, weil es mir Spass macht und es mir ein Bedürfnis ist und weil ich gerne die Leser unterhalte. Wenn sich der eine oder der andere, aus meinen Texten etwas herausziehen kann, dann bin ich schon glücklich und zufrieden.

Bei dir war es das Nachdenken über den falschen, künstlichen Edelstein und der Text hat sich vor deinem geistigen Auge in Bilder verwandelt. Muss ich noch mehr wollen? Oder du? Hm ....... Vielleicht - ich weiss nicht. Ich finde es einfach schön, wenn sich jemand Gedanken über meine Zeilen macht.

Danke fürs Kommentieren und die nette Aufforderung, mehr Grundlegendes zu vermitteln. [13]

Liebe Grüsse
Margot


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#4

Zirkonia

in Gesellschaft 13.04.2005 10:00
von DOCC (gelöscht)
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Hallo Margot,
bist Du jetzt böse mit mir? ich hoffe nicht...
Ich hab doch nichts gegen Unterhaltung - aber Du hast schon Recht: die Gedichte sind mir am liebsten, bei denen ich nach dem Lesen sage "so iss es" oder "der spinnt" oder wo ich mir erstmal selbst ne Meinung bilden muss, die mich also nicht nur passiv betrachtend teilhaben lassen, sondern die es vermögen, eine Stellschraube in mir einen Nanometer zu bewegen...
Naja, so bin ich eben...
Ich hab auch immer betont, dass ich die genial finde, die einen Sonnenuntergang so verdichten, dass ich meine, er findet grade in meiner linken Herzkammer statt...
Liebe Grüße von
DOCC

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#5

Zirkonia

in Gesellschaft 13.04.2005 12:07
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Ich kann dir versichern, dass ich nicht böse bin. Ich wüsste nicht weshalb.

Wir sehen das doch ähnlich, nicht? Ich habe wohl einfach mal wieder die falsche Rubrik gewählt und man erwartet unter "Gesellschaft" wohl etwas anderes, als meine 08/15-Verse.

Herzlichst
Margot

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#6

Zirkonia

in Gesellschaft 13.04.2005 22:38
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Der Grund warum ich gerade hier antworte ist, dass mich das Gedicht verwirrt:

"Zirkonia"
Ist klar: Ein sehr hübscher Brilliant.

"Es sind nur Augen, die mich lächelnd streifen,
Der Mund ist hinter einem Tuch verdeckt.
Und während andre lüstern nach ihr greifen,
Und sich ein Junge seine Lippen leckt,
Verberge ich den grünen Schein."

Da über die Tänzerin gesprochen wird, ist das lyr. Ich ein Zuschauer. Das lyr. Ich beschreibt die Situation: Eine Tänzerin mit Schleier (eine orientalische Bauchtänzerin?), lüsterne, gierige Zuschauer, die gerne mal anfassen wollen. Und nun das Geheimnis: WEr ist das lyr. Ich? Ist er ein Mann? Der selbst nicht lüstern greift, der die Tänzerin vielleicht liebt und ihr seine Liebe nicht mit lüsternen Blicken, sondern mit einem Brillianten beweisen will, den er ihr später gibt?
Zuerst dachte ich, dass die Tänzerin selbst spricht, dass sie selbst den Stein trägt. Leider passt das nicht.

"Zu dunklen Bässen tanzt sie durch die Träume,
Das blaue Licht bemalt die feuchte Stirn.
In diesen warmgerauchten Glitzerräumen,
Glänzt sie als Einzige - wie ein Gestirn -
Paillettenhaft, fern unsrer Pein."

Diese Strophe finde ich am Besten. Die Tänzerin wird in den Bereich des Mythischen, märchenhaften gezogen. Das lyr. Ich nimmt sie nicht als reales WEsen war, sondern als ein Symbol: Sie, die Tanzende fühlt keinen Schmerz - Sie ist eine Göttin.
So klar und so schimmernd, so unwirklich (und so unecht?) wie der Brilliant.

"Noch ist der Abend jung und offen,
Noch sind die Gläser voll und schwer,
Noch lässt ihr Busen manchen hoffen,
Doch bald schon sind die Tische leer
Und es verlöscht der Edelstein. "

Hier wirds schwierig: Der Abendverlauf wird beschrieben, wie am Anfang die Situation: Die Gäste trinken, sie erhoffen sich Erhöhrung von der Tänzerin, doch bald wird erkannt, dass es keine Hoffnung gibt.
Erlöscht der Edelstein, die Wirkung, die der Stein haben sollte, weil auch das lyr. Ich nicht erhört wurde? War auch die Seine nur eine leere Hoffnung?

Nun, wo ich für mich eine Deutung gefunden habe, gefällt es mir außerordentlich gut: Idolverehrung. Wer kennt das nicht: Ob jugendliche oder erwachsene SChwärmerei für etwas Unerreichbares, etwas, was man sich göttlich redet und daran glaubt. Man will es doch gar nicht bekommen - man will nur verehren - so schön und so traurig!

Auch dein Reimschema gefällt mir, auch wenn es erstmal genauso verwirrt wie der Inhalt. Aber mal etwas Anderes!

Liebe Grüße Richard

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#7

Zirkonia

in Gesellschaft 13.04.2005 23:46
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Ha Richie! Da muss erst ein "richtiger" Mann kommen, um die Zeilen zu deuten.... (sorry DOCC )

Du hast dich wahrlich tapfer durch die Zeilen gedeutet - Kompliment - und es freut mich natürlich ausserordentlich, dass es dich etwas verwirrt. *g ...... des isch immer gut!

Nur, ein Zirkonia ist kein echter Brillie, sondern eben ein synthetischer (also künstlicher) Stein. Deshalb ist der Schluss auch etwas bitter, weil die Erkenntnis trifft, dass es sich um keine echten Gefühle handelt. Glitzerwelt = Schein

Es grüsst und knickst
das Margöttchen

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#8

Zirkonia

in Gesellschaft 13.04.2005 23:50
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Deshalb ja das hier
Zitat:

so unwirklich (und so unecht?) wie der Brilliant


Dit wusst ick scho, meene kleene Süße!

Freut mich, dass ich ein wenig treffen konnnte!

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#9

Zirkonia

in Gesellschaft 30.04.2005 07:42
von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
Es hat mir freude gemacht diese Zeilen zu lesen, erstmal lässt es sich schön flüssig lesen, ohne einen stolperstein, und dann gefällt mir der Inhalt und wie du ihn darsellst...schon die erste Zeile ist toll:" es sind nur augen, die mich lächelnd streifen"
Das lyrische ich ist hier denke ich einfach der Beobachter, ob männlich oder weiblich stellt sich für mich nicht die frage....

Dennoch grüble ich immernoch was es mit dem edelstein auf sich hat, vielleicht ist es die bauchtänzerin selber? Hmm, zumindest denke ich wird etwas als ein edelstein hingestellt, vielleicht der abend an sich, der wie ein Edelstein funkelte beim anblick der Tänzerin? Zumindest ist für mich nicht ersichtlich das die Tänzerin den Edelstein bei sich trägt.... vielleicht aber eher innerlich, nicht der äußerliche edelstein denn man anfassen kann, vielleicht ist die beschriebung der tänzerin, ihr herz geht auf beim tanzen, und dann scheint sie wie ein edelstein! Ja, so wird es vermutlich sein, das klingt mir am logischsten ;o)

Liebe Grüße von mir ;o)

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#10

Zirkonia

in Gesellschaft 30.04.2005 12:39
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Nonverbal

Freut mich, wenn dir das Gedicht gefällt .
Nun, mit dem Zirkonia wollte ich Folgendes verdeutlichen: In der Umgangssprache hat 'Zirkonia' ja die Bedeutung eines falschen Edelsteins. (btw. Kam ich letzthin, bei jemandem, der sich beruflich mit künstlichen Edelsteinen befasst, ganz schlecht weg mit diesem Vergleich. Der hat mir schön die Leviten gelesen, weil ich den Ausdruck 'falscher Edelstein' verwendete... *g. Aber das nur nebenbei) Es ging mir darum, aufzuzeigen, das es Vieles im Leben gibt, dem wir die Bedeutung von Edelsteinen geben, es im Grunde aber lediglich Täuschungen, Selbstlügen etc. sind. Vielleicht ist der Zirkonia der Zuschauer, die Tänzerin, das Publikum oder vielleicht sogar der Leser (wir) ...... Das entscheidet letztendlich jeder für sich selber.

Gruss
Margot

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