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#1
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Bevor der Morgen graut
in Liebe und Leidenschaft 28.04.2005 23:47von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
- Bevor der Morgen graut
Bemale mich mit deinen Farben und brenn mir Küsse auf die Haut;
Zerstöre meine Traumgebilde, zerreisse alle alten Narben,
noch halten meine morschen Schilde den wilden Fluss, der aufgestaut!
Erlöse meine Nachtgedanken und bette mich in blaues Licht;
sei mir der Fremde aus den Sagen, um den sich meine Rosen ranken,
ich werd die Augen niederschlagen, bevor die erste Lüge bricht!
Noch ist es Zeit, dem zu entfliehen, noch brennt das Feuer ohne Rauch,
doch bald zerbricht das rote Siegel - die Spanne ist uns nur geliehen,
schon trübt sich leicht der Wasserspiegel - erstarrt im eisig, kalten Hauch.
(c) Margot S. Baumann
#2
von kein Name angegeben • ( Gast )
Bevor der Morgen graut
in Liebe und Leidenschaft 29.04.2005 07:19von kein Name angegeben • ( Gast )
Hallo Margot,
trotz der ungewöhnlich langen Zeilen schaffst Du hier einen herrlichen Lesefluss. Ebenfalls hingerissen bin ich von Deiner Metaphorik. Ein wenig abfallend ist diese vielleicht in der zweiten Strophe - "Sage" und "Rosen ranken" ist mir ein wenig dick kitschig aufgetragen. Aber letztendlich rettest Du dies durch die herrlich melancholische Stimmung des dritten Verses.
Dies ist Dir einmal wieder gnadenlos gelungen aus der Feder geflossen. Danke für das Lesevergnügen am frühen morgen.
Herzlichst
Nina
trotz der ungewöhnlich langen Zeilen schaffst Du hier einen herrlichen Lesefluss. Ebenfalls hingerissen bin ich von Deiner Metaphorik. Ein wenig abfallend ist diese vielleicht in der zweiten Strophe - "Sage" und "Rosen ranken" ist mir ein wenig dick kitschig aufgetragen. Aber letztendlich rettest Du dies durch die herrlich melancholische Stimmung des dritten Verses.
Dies ist Dir einmal wieder gnadenlos gelungen aus der Feder geflossen. Danke für das Lesevergnügen am frühen morgen.
Herzlichst
Nina
#3
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Bevor der Morgen graut
in Liebe und Leidenschaft 29.04.2005 10:03von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Nina
Oh, ein Lob von der kritischen lines! Danke
Ja, ja - ich muss halt zugeben, dass ich einen Hang zum Kitsch habe *schäm* und wahrscheinlich kann man diese Zeile das 'Dornröschen-Syndrom' nennen, das in mir schlummert. .... Ich bin eben eine hoffnungsvolle/lose Romantikerin. Danke fürs Kommentieren zu so früher Stunde.
Beste Grüsse
Margot
Oh, ein Lob von der kritischen lines! Danke
Ja, ja - ich muss halt zugeben, dass ich einen Hang zum Kitsch habe *schäm* und wahrscheinlich kann man diese Zeile das 'Dornröschen-Syndrom' nennen, das in mir schlummert. .... Ich bin eben eine hoffnungsvolle/lose Romantikerin. Danke fürs Kommentieren zu so früher Stunde.
Beste Grüsse
Margot
Hallo Margöttin !
Von wegen lange Zeilen, das verstehe ich nicht. Was bewegte dich, aus 3 sechszeiligen Strophen 2 dreizeilige zu machen ? Natürlich klingt das noch genau so gut, vermutlich könnte man alles in eine Zeile schreiben und spätestens beim zweiten Lesen hätte man die Melodie auch heraus.
Ich lese das daher so:
Metrik, alle drei Strophen:
xXxXxXxXx
xXxXxXxX
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxX
Tadellos.
Reimschema: A-B-C-A-C-B. Ungewöhnlich und daher gut. Einfache Reime zwar aber das stört überhaupt nicht, da sie weit genug voneinander getrennt sind und das Gesamtbild derart harmonisch ist, dass einfach alles passt. Und daher bin ich auch erst nach genauerem Hinschauen darauf gekommen, was hier passiert.
Mit dem Titel führt die Dichterin uns ein wenig in die Irre. Mir ging es jedenfalls so, dass ich sofort Nacht=Traum=Illusion assoziierte und im weiteren Verlauf etwas verwirrt war. Wenn das lyr. Ich träumt, warum sollte das herbeigesehnte lyr. Du die Traumgebilde zerstören (S1), die Nachtgedanken erlösen (S2) ? Strophe 3 konnte ich zunächst gar nicht unterbringen: Für wen war Zeit zu fliehen und warum sollte jemand das wollen ? Die Spanne war für mich die Nacht aber warum sollte ein rotes Siegel diese brechen ? Erst die vorletzte Zeile löste alles für mich auf: Hier trübt sich ein Wasserspiegel und was könnte das anderes bedeuten, als dass das lyr. Ich ganz konkret ins Wasser geht bzw. bereits in diesem liegt?
Das lyr. Ich ist desillusioniert, der Prinz aus ihren Träumen wird nicht mehr erscheinen. Sie beschliesst, sich umzubringen und wählt eine der gängigsten Methoden: sich in der Badewanne die Pulsadern zu öffnen. Das Gedicht beschreibt die Gedanken des lyr. Ichs kurz vor dem Einschnitt und endet mit demselben. Belege am Text, wobei ich den Wunsch nach Beendigung der Illusion bereits erwähnte:
zerreisse alle alten Narben,
noch halten meine morschen Schilde
den wilden Fluss, der aufgestaut!
Eventuell hat das lyr. Ich schon Suizidversuche hinter sich, sonst sind die Narben im übertragenen Sinne gemeint. Die morschen Schilde sind Haut und/oder Adern, der wilde Fluss ist das in Wallung geratene Blut, logo.
und bette mich in blaues Licht;
Wunderbare Spielerei: Blaues Licht ist einerseits Umschreibung einer romantischen Liebe, als auch – für mich – der erste Hinweis auf das Wasser und das Badezimmer
um den sich meine Rosen ranken,
Noch ein Spielchen: Die Rosen sind sinnbildlich für die blühende Phantasie, für die Träume des lyr. Ichs. Rosen sind in der Assoziation aber auch zuallererst rot, rot wie Blut.
ich werd die Augen niederschlagen,
bevor die erste Lüge bricht!
Das empfinde ich als besonders gelungen. Romantische Seelen begehen häufig den Fehler, den Tod zu mystifizieren und glorifizieren. Auch hier geht das lyr. Ich ja eine Beziehung mit dem Tod, dem eigentlichen lyr. Du ein. Zwangsläufig wird es die Augen niederschlagen, sobald deutlich ist, dass der Tod eben nur das Ende und kein Märchenprinz ist.
Noch ist es Zeit, dem zu entfliehen,
Letztes Zögern.
doch bald zerbricht das rote Siegel –
Bald wird die Ader geöffnet.
die Spanne ist uns nur geliehen,
Die Lebensspanne ist ohnehin begrenzt.
schon trübt sich leicht der Wasserspiegel –
Umsetzung der Tat.
erstarrt im eisig, kalten Hauch
... des Todes. Und der ist eben nicht romantisch.
Mag sein, Margöttin, dass ich schwer einen an der Klatsche habe aber das ist eben meine Assoziation und von dem Trip komme ich so leicht nicht runter. Das spielt ja auch keine Rolle. Dein Gedicht ist gelungen und sicher mehrfach deutungsfähig. Es gefällt mir sehr gut. Kitschig ? Nun, ich bin mir meines Geschmackes sicher genug, um auch ein wenig Kitsch vertragen zu können. Allerdings musste ich es wohl in Richtung einer kritischen Betrachtung der romantischen Todessehnsucht um-deuten, damit es mir gefällt. Wie auch immer.
Liebe Grüße
muh-q wahn
Von wegen lange Zeilen, das verstehe ich nicht. Was bewegte dich, aus 3 sechszeiligen Strophen 2 dreizeilige zu machen ? Natürlich klingt das noch genau so gut, vermutlich könnte man alles in eine Zeile schreiben und spätestens beim zweiten Lesen hätte man die Melodie auch heraus.
Ich lese das daher so:
Metrik, alle drei Strophen:
xXxXxXxXx
xXxXxXxX
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxX
Tadellos.
Reimschema: A-B-C-A-C-B. Ungewöhnlich und daher gut. Einfache Reime zwar aber das stört überhaupt nicht, da sie weit genug voneinander getrennt sind und das Gesamtbild derart harmonisch ist, dass einfach alles passt. Und daher bin ich auch erst nach genauerem Hinschauen darauf gekommen, was hier passiert.
Mit dem Titel führt die Dichterin uns ein wenig in die Irre. Mir ging es jedenfalls so, dass ich sofort Nacht=Traum=Illusion assoziierte und im weiteren Verlauf etwas verwirrt war. Wenn das lyr. Ich träumt, warum sollte das herbeigesehnte lyr. Du die Traumgebilde zerstören (S1), die Nachtgedanken erlösen (S2) ? Strophe 3 konnte ich zunächst gar nicht unterbringen: Für wen war Zeit zu fliehen und warum sollte jemand das wollen ? Die Spanne war für mich die Nacht aber warum sollte ein rotes Siegel diese brechen ? Erst die vorletzte Zeile löste alles für mich auf: Hier trübt sich ein Wasserspiegel und was könnte das anderes bedeuten, als dass das lyr. Ich ganz konkret ins Wasser geht bzw. bereits in diesem liegt?
Das lyr. Ich ist desillusioniert, der Prinz aus ihren Träumen wird nicht mehr erscheinen. Sie beschliesst, sich umzubringen und wählt eine der gängigsten Methoden: sich in der Badewanne die Pulsadern zu öffnen. Das Gedicht beschreibt die Gedanken des lyr. Ichs kurz vor dem Einschnitt und endet mit demselben. Belege am Text, wobei ich den Wunsch nach Beendigung der Illusion bereits erwähnte:
zerreisse alle alten Narben,
noch halten meine morschen Schilde
den wilden Fluss, der aufgestaut!
Eventuell hat das lyr. Ich schon Suizidversuche hinter sich, sonst sind die Narben im übertragenen Sinne gemeint. Die morschen Schilde sind Haut und/oder Adern, der wilde Fluss ist das in Wallung geratene Blut, logo.
und bette mich in blaues Licht;
Wunderbare Spielerei: Blaues Licht ist einerseits Umschreibung einer romantischen Liebe, als auch – für mich – der erste Hinweis auf das Wasser und das Badezimmer
um den sich meine Rosen ranken,
Noch ein Spielchen: Die Rosen sind sinnbildlich für die blühende Phantasie, für die Träume des lyr. Ichs. Rosen sind in der Assoziation aber auch zuallererst rot, rot wie Blut.
ich werd die Augen niederschlagen,
bevor die erste Lüge bricht!
Das empfinde ich als besonders gelungen. Romantische Seelen begehen häufig den Fehler, den Tod zu mystifizieren und glorifizieren. Auch hier geht das lyr. Ich ja eine Beziehung mit dem Tod, dem eigentlichen lyr. Du ein. Zwangsläufig wird es die Augen niederschlagen, sobald deutlich ist, dass der Tod eben nur das Ende und kein Märchenprinz ist.
Noch ist es Zeit, dem zu entfliehen,
Letztes Zögern.
doch bald zerbricht das rote Siegel –
Bald wird die Ader geöffnet.
die Spanne ist uns nur geliehen,
Die Lebensspanne ist ohnehin begrenzt.
schon trübt sich leicht der Wasserspiegel –
Umsetzung der Tat.
erstarrt im eisig, kalten Hauch
... des Todes. Und der ist eben nicht romantisch.
Mag sein, Margöttin, dass ich schwer einen an der Klatsche habe aber das ist eben meine Assoziation und von dem Trip komme ich so leicht nicht runter. Das spielt ja auch keine Rolle. Dein Gedicht ist gelungen und sicher mehrfach deutungsfähig. Es gefällt mir sehr gut. Kitschig ? Nun, ich bin mir meines Geschmackes sicher genug, um auch ein wenig Kitsch vertragen zu können. Allerdings musste ich es wohl in Richtung einer kritischen Betrachtung der romantischen Todessehnsucht um-deuten, damit es mir gefällt. Wie auch immer.
Liebe Grüße
muh-q wahn
#5
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Bevor der Morgen graut
in Liebe und Leidenschaft 29.04.2005 16:07von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi muh
Was mich dazu bewog, aus 3 sechszeiligen 3 dreizeilige zu machen? Nichts, mir war danach. ..... Ich mache dieses Spielchen noch oft, der Reim muss ja nicht unbedingt immer am Zeilenende stehen, où bien?
Oho, welche schlüssige Interpretation du mir hier aufzeigst! Ich bin wirklich beeindruckt und natürlich erfreut, wenn dich der Text in diesem Zusammenhang überzeugt. Ich muss zugeben, deine Sicht der Dinge gefällt mir viel besser, als das, was ich eigentlich aussagen wollte. Ich werde das also kurzerhand übernehmen. Nein, im Ernst, es ist überzeugend und nachvollziebar. Ich lese mein Werk jetzt plötzlich aus einer ganz anderen Sichtweise. Vielleicht war ich ja bloss das Werkzeug zu diesem Text, sozusagen das Medium. Mir spinnt's - sorry - zu viel Bowle.
Hab Dank für die Zeit und Mühe, die du meinen Zeilen gewidmet hast und ich hoffe, ich bin noch Öfters in der Lage, dich zu verwirren. Ich werde mir auch Mühe geben, das Elegische in mir zu bekämpfen! *g
Beste Grüsse
Margot
Was mich dazu bewog, aus 3 sechszeiligen 3 dreizeilige zu machen? Nichts, mir war danach. ..... Ich mache dieses Spielchen noch oft, der Reim muss ja nicht unbedingt immer am Zeilenende stehen, où bien?
Oho, welche schlüssige Interpretation du mir hier aufzeigst! Ich bin wirklich beeindruckt und natürlich erfreut, wenn dich der Text in diesem Zusammenhang überzeugt. Ich muss zugeben, deine Sicht der Dinge gefällt mir viel besser, als das, was ich eigentlich aussagen wollte. Ich werde das also kurzerhand übernehmen. Nein, im Ernst, es ist überzeugend und nachvollziebar. Ich lese mein Werk jetzt plötzlich aus einer ganz anderen Sichtweise. Vielleicht war ich ja bloss das Werkzeug zu diesem Text, sozusagen das Medium. Mir spinnt's - sorry - zu viel Bowle.
Hab Dank für die Zeit und Mühe, die du meinen Zeilen gewidmet hast und ich hoffe, ich bin noch Öfters in der Lage, dich zu verwirren. Ich werde mir auch Mühe geben, das Elegische in mir zu bekämpfen! *g
Beste Grüsse
Margot
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