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Zwiegestirn

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2005 11:24
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Venyaluna,

ich hab Deine Verse mit großem Interesse gelesen. Soweit erstmal sehr gut.
Ich merkte, dass ich auch nach mehrmaligem Lesen nicht so recht durchstieg, wer gerade was macht. Es gibt ja hier das lyrische Ich und ein Gegenüber. Doch Du spielst hier ja sehr viel mit Gegensätzen.

Träum nicht länger meine sanften Augen,

Klingt für mich nach, das Ich verlangt, dass das Gegenüber sein sanftes Bild vom Ich aufgibt, weil das Ich sich möglicherweise nicht verstanden, nicht richtig wahr- oder ernstgenommen fühlt.

Lächle nicht mehr meine Sehnsucht fort.

Das Lächeln des Gegenüber törnt (schlimmes Neudeutsch) das Ich ziemlich ab, weil vielleicht zu niedlich. Klingt nicht sehr liebevoll.

Ich werd deine warmen Hände brauchen,

Aber die warmen Hände des Gegenüber werden irgendwann gebraucht, sind also Gefühle da.

Das Gegenüber hat einen kalten Schatten, der das Ich bedroht. In den nächsten 2 Versen

Leb ich dennoch deine tiefsten Ängste?
Sucht mein Wahnsinn deine Atemnot?

bedroht das Ich das Gegenüber, also umgekehrt. Ziemlich viel, ziemlich wildes hin und her, aber soweit noch o.k.

Kalter Hass wird meinen Duft verdrängen,

Jetzt komm ich in Schwierigkeiten. Da sowohl das Gegenüber das Ich beddroht, als auch umgekehrt, frage ich mich hier, wessen Hass das hier ist, der Selbsthass des Ich oder der Hass des Gegenüber auf das Ich. Und der Duft der hier verdrängt wird spielte in den Versen davor nicht die geringste Rolle. Also schert es mich als Leser an dieser Stelle erst mal wenig, ob er verdrängt wird oder nicht.

deine Schwalben sind schon lange tot.

Schwalben verstehe ich als eine Art Brieftauben oder Zeichen. Es ist eine lange Beziehung zwischen den beiden und er zeigt nicht viel. Da ist ein Kommunikationsproblem zwischen den beiden. Das passt für mich wieder zu dem Lächeln von oben.


Stacheltief sitzt dein gebrochner Name,
krächzend nur erstickt mein Zorngebrüll.

O.K. Sie sind lange zusammen und das Gegenüber regt das Ich echt auf, weil es bei aller gewachsener Verbundenheit echt nervt.

Leise streichle ich die dunklen Narben,
rot steht schon die Sonne in der Tür.

Nun kehrt im nächsten Vers gleich Ruhe ein - wieder starker Gegensatz. Wunden werden geleckt.
Und der letzte Vers sagt für mich, das Ich wird das Gegenüber verlassen. Man könnte die rote Sonne auch so deuten, dass es da schon jemand neues gibt.

Jetzt wo ich mich so durchgehangelt habe, gibt es insgesamt doch etwas mehr Sinn. Ich würde bei dem kalten Hass auch tendenziell Selbsthass des Ich hinein interpretieren oder doch Hass auf das Gegenüber.

Doch gefällt mir gut.
Fließt nicht gerade locker durch. Man wird von Vers zu Vers von einer Ecke in die nächste geworfen. Macht aber insgesamt wieder Sinn.

Grüße
GerateWohl

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