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Margot schrieb am 22.08.2005 12:59 Uhr: Und ob du (mit dem Nichtgefallen) alleine da stehst, das ist auch nicht bewiesen. Die anderen sind vielleicht einfach zu höflich, um was zu sagen, oder es geht ihnen aA vorbei. Dichterlos Nr. 2 ... |
Hallo,
an dieser Stelle mischt sich der Kleine wieder mal ein. Ich kann nur bewundernd den Hut vor diesem Gedicht ziehen und das habe ich auch schon getan, indem ich es als Vorschlag zum Gedicht des Monats eingebracht habe - übrigens, bevor die ganze Erklärerei hier so richtig losging.
Dass das Gedicht nur einen Ausschnitt zeigen kann, ist nicht störend. Im Gegenteil: Dadurch wird es geheimnisvoller, mysthischer. Jeder kann sich seine eigene Version der Handlung zurechtstricken, wobei die Fantasie durch den Falken und die Geschenke gehörig angeheizt wird.
Grüße
Thomas
Liebe Margot!
Ich habe mich noch einmal an dein Gedicht gemacht:
Durch Pamir trug uns unsre Gier,
nach Schätzen und Gewürzen,
Zeit, Ort und Handlung sind damit ziemlich klar. Händler und/oder Glücksritter sind oder waren unterwegs, um Edelsteine und Gewürze aus dem Orient zu holen.
doch an den hohen Kältebergen
befiel uns Wahnsinns Elixier,
die Route westlich abzukürzen.
Abgesehen von den von mir bereits bemängelten Formulierungen hinsichtlich der Kälteberge und der vom Wahnsinn umjubelten Karawane, wird jetzt klar, dass die Karawane bereits auf dem Rückweg ist und das Karakorum erreicht hat. Die westliche Abkürzung ist mir etwas unverständlich, weil der Weg von China zum Mittelmeer beständig nach Westen geht. Gemeint ist also wohl die Entscheidung zur Durchquerung der Taklamakan-Wüste.
Und höhnisch klingt der Falkenschrei!
Er weiss, was in den Pelzen steckt.
Also waren es Pelze, die eingetauscht wurden und mit diesen Zeilen ist dann auch ziemlich klar, worum es geht. Der Falke ist ein deutlicher Hinweis: Die Mongolen benutzen seit jeher Falken zur Jagd und mit den Mongolen verbreitete sich Anfang des 14. Jahrhunderts nicht nur die Falknerei nach China, sondern auch mit der Beulenpest infizierte Flöhe. Diese wiederum waren natürlich zuhauf in den eingetauschten Pelzen, die die westlichen Händler dann entlang der Seidenstraße nach Hause schleppten.
So lockt er uns durch dürre Steppe –
...also doch nicht durch die Wüste und warum lockt der Falke?
Begierde schürt Betrügerei -
wir haben alle Blut geleckt.
Noch einmal: Wenn, dann eher Gier. Warum Betrügerei? Wer hat inwiefern Blut geleckt? Die letzten drei Zeilen der Strophe 2 scheinen mir ebenso überflüssig, wie unverständlich.
Vier Monde haben sich gerundet.
Tief ist der Tritt der Tiere jetzt,
Schöne Formulierung, keine Frage. Die Karawane ist seit vier Monaten auf dem Rückweg und entsprechend geschafft.
doch steigt kein Rauch als graue Säule;
Geschenke haben nicht gemundet,
und schreiend sind wir fort gehetzt!
Nun kommen sie zuhause an aber was ist da los? Selbst wenn wir jetzt unterstellen, dass der Leser weiß, dass es um die Ausbreitung der Beulenpest durch die Karawanen geht, wie soll er das jetzt verstehen? Offensichtlich geht es nicht um die erste Karawane: die Pest, die bei Abreise noch nicht oder unwesentlich aufgetaucht war, ist jetzt bei Ankunft so verbreitet, dass die Heimatdörfer schon gewaltigen Blutzoll entrichtet haben. Wenn die „Geschenke“ auf die in den Pelzen verborgenen Flöhe deuten sollen, die bei Verkauf der Pelze im Preis inbegriffen, also quasi geschenkt waren, dann gefällt mir das auch nicht besonders.
Was bleibt? Ich muss zugeben, dass man mit sehr wenig Recherche auf den genauen Gehalt des Gedichtes kommen konnte und dann auch wissenstechnisch bereichert ist. Zusätzlich habe ich hoffentlich gelernt, beim nächsten Mal nicht so vorlaut zu sein (zumindest nicht bei Margot ) und zuerst zu recherchieren und dann zu motzen.
Du hast insofern Recht, Margot, als du üblicherweise einem Leser ausschließlich das Gedicht präsentierst und keine zweite Chance hast, bei etwaigem Missfallen nachzubessern. Ich verstehe daher dein Zögern, weitere Hintergründe auszubreiten. Hier sind wir aber in einem Forum, in dem wir hoffentlich voneinander lernen und profitieren können und daher finde ich es an dieser Stelle angebracht, wenn es gewünscht wird. Ich habe etwas gelernt und insofern danke ich dir.
Dein Gedicht hat mich noch immer nicht überzeugt, obwohl es – wie ich jetzt erkannt habe – stellenweise hervorragend verdichtet ist (S2Z1+2, S3Z3+4). Gleichzeitig sind aber für meine Begriffe völlig unwesentliche Dinge beschrieben. Diesen Platz hättest du nutzen können, um deine Aussage zu formulieren bzw. zu präzisieren.
Denn mir drängt sich das Gefühl auf, dass neben der schlichten Beschreibung der Tatsache, dass mit den feinen Gütern aus dem Orient auch die Beulenpest nach Europa kam, etwas mitschwingt, was mir nicht gefällt: Durch die eindeutig negativen Konnotationen im Zusammenhang mit den handelnden Personen (Gier, Wahnsinn, Begierde, Betrügerei, Blut geleckt) wird der Eindruck erweckt, als träfe die eine Art Schuld an der Verbreitung der Pest, da die ganze Unternehmung von Übel gewesen sei und davon kann doch keine Rede sein.
Nun hast du mehrfach betont, einfach eine Geschichte erzählt zu haben und vermutlich wolltest du gar kein moralisches Urteil fällen. Die Geschichte ist aber zu dünn und mit S1Z1+2 und S2Z1+2 bereits erzählt. Das Drama der handelnden Personen, die unerhörte Strapazen auf sich nahmen und eine gewaltige Kulturleistung erbrachten – zugegeben nicht aus Wohlfahrtsgründen - wird auf Gier verkürzt. Und am Ende laufen sie schreiend weg. Wenn sie wenigstens, seiden- und schmuckbehangen auch an der Pest eingegangen wären!
Auf jeden Fall danke für deine Geduld mit mir. Für mich hat es sich gelohnt und ich habe mich gerne mit deinem Gedicht beschäftigt. Also hat es mehr erreicht, als viele andere, auch wenn es dem Thema nach meinem Geschmack nicht gerecht wird.
Nur gut, dass Softdrinks mir ohnehin nicht schmecken.
Digitally Yours
Mattes
Ich habe mich noch einmal an dein Gedicht gemacht:
Durch Pamir trug uns unsre Gier,
nach Schätzen und Gewürzen,
Zeit, Ort und Handlung sind damit ziemlich klar. Händler und/oder Glücksritter sind oder waren unterwegs, um Edelsteine und Gewürze aus dem Orient zu holen.
doch an den hohen Kältebergen
befiel uns Wahnsinns Elixier,
die Route westlich abzukürzen.
Abgesehen von den von mir bereits bemängelten Formulierungen hinsichtlich der Kälteberge und der vom Wahnsinn umjubelten Karawane, wird jetzt klar, dass die Karawane bereits auf dem Rückweg ist und das Karakorum erreicht hat. Die westliche Abkürzung ist mir etwas unverständlich, weil der Weg von China zum Mittelmeer beständig nach Westen geht. Gemeint ist also wohl die Entscheidung zur Durchquerung der Taklamakan-Wüste.
Und höhnisch klingt der Falkenschrei!
Er weiss, was in den Pelzen steckt.
Also waren es Pelze, die eingetauscht wurden und mit diesen Zeilen ist dann auch ziemlich klar, worum es geht. Der Falke ist ein deutlicher Hinweis: Die Mongolen benutzen seit jeher Falken zur Jagd und mit den Mongolen verbreitete sich Anfang des 14. Jahrhunderts nicht nur die Falknerei nach China, sondern auch mit der Beulenpest infizierte Flöhe. Diese wiederum waren natürlich zuhauf in den eingetauschten Pelzen, die die westlichen Händler dann entlang der Seidenstraße nach Hause schleppten.
So lockt er uns durch dürre Steppe –
...also doch nicht durch die Wüste und warum lockt der Falke?
Begierde schürt Betrügerei -
wir haben alle Blut geleckt.
Noch einmal: Wenn, dann eher Gier. Warum Betrügerei? Wer hat inwiefern Blut geleckt? Die letzten drei Zeilen der Strophe 2 scheinen mir ebenso überflüssig, wie unverständlich.
Vier Monde haben sich gerundet.
Tief ist der Tritt der Tiere jetzt,
Schöne Formulierung, keine Frage. Die Karawane ist seit vier Monaten auf dem Rückweg und entsprechend geschafft.
doch steigt kein Rauch als graue Säule;
Geschenke haben nicht gemundet,
und schreiend sind wir fort gehetzt!
Nun kommen sie zuhause an aber was ist da los? Selbst wenn wir jetzt unterstellen, dass der Leser weiß, dass es um die Ausbreitung der Beulenpest durch die Karawanen geht, wie soll er das jetzt verstehen? Offensichtlich geht es nicht um die erste Karawane: die Pest, die bei Abreise noch nicht oder unwesentlich aufgetaucht war, ist jetzt bei Ankunft so verbreitet, dass die Heimatdörfer schon gewaltigen Blutzoll entrichtet haben. Wenn die „Geschenke“ auf die in den Pelzen verborgenen Flöhe deuten sollen, die bei Verkauf der Pelze im Preis inbegriffen, also quasi geschenkt waren, dann gefällt mir das auch nicht besonders.
Was bleibt? Ich muss zugeben, dass man mit sehr wenig Recherche auf den genauen Gehalt des Gedichtes kommen konnte und dann auch wissenstechnisch bereichert ist. Zusätzlich habe ich hoffentlich gelernt, beim nächsten Mal nicht so vorlaut zu sein (zumindest nicht bei Margot ) und zuerst zu recherchieren und dann zu motzen.
Du hast insofern Recht, Margot, als du üblicherweise einem Leser ausschließlich das Gedicht präsentierst und keine zweite Chance hast, bei etwaigem Missfallen nachzubessern. Ich verstehe daher dein Zögern, weitere Hintergründe auszubreiten. Hier sind wir aber in einem Forum, in dem wir hoffentlich voneinander lernen und profitieren können und daher finde ich es an dieser Stelle angebracht, wenn es gewünscht wird. Ich habe etwas gelernt und insofern danke ich dir.
Dein Gedicht hat mich noch immer nicht überzeugt, obwohl es – wie ich jetzt erkannt habe – stellenweise hervorragend verdichtet ist (S2Z1+2, S3Z3+4). Gleichzeitig sind aber für meine Begriffe völlig unwesentliche Dinge beschrieben. Diesen Platz hättest du nutzen können, um deine Aussage zu formulieren bzw. zu präzisieren.
Denn mir drängt sich das Gefühl auf, dass neben der schlichten Beschreibung der Tatsache, dass mit den feinen Gütern aus dem Orient auch die Beulenpest nach Europa kam, etwas mitschwingt, was mir nicht gefällt: Durch die eindeutig negativen Konnotationen im Zusammenhang mit den handelnden Personen (Gier, Wahnsinn, Begierde, Betrügerei, Blut geleckt) wird der Eindruck erweckt, als träfe die eine Art Schuld an der Verbreitung der Pest, da die ganze Unternehmung von Übel gewesen sei und davon kann doch keine Rede sein.
Nun hast du mehrfach betont, einfach eine Geschichte erzählt zu haben und vermutlich wolltest du gar kein moralisches Urteil fällen. Die Geschichte ist aber zu dünn und mit S1Z1+2 und S2Z1+2 bereits erzählt. Das Drama der handelnden Personen, die unerhörte Strapazen auf sich nahmen und eine gewaltige Kulturleistung erbrachten – zugegeben nicht aus Wohlfahrtsgründen - wird auf Gier verkürzt. Und am Ende laufen sie schreiend weg. Wenn sie wenigstens, seiden- und schmuckbehangen auch an der Pest eingegangen wären!
Auf jeden Fall danke für deine Geduld mit mir. Für mich hat es sich gelohnt und ich habe mich gerne mit deinem Gedicht beschäftigt. Also hat es mehr erreicht, als viele andere, auch wenn es dem Thema nach meinem Geschmack nicht gerecht wird.
Nur gut, dass Softdrinks mir ohnehin nicht schmecken.
Digitally Yours
Mattes
#24
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Nolang
in Mythologisches und Religiöses 23.08.2005 18:52von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
gern geschehen ...
Nein, ich wollte nicht werten, ich habe einfach erzält, was ich erfahren habe und mir dazu eine Geschichte ausgedacht. Schliesslich heisst es ja dichten, ne? Da hat man die Freiheit, etwas zusammenzuspinnen. Gut, die Dramatik ist wohl nicht gelungen, obwohl ich mir nicht denken kann, dass sie dazumal aus reiner Güte gen Westen und wieder zurück gezogen sind. Die Gier nach Schätzen und Geld, die Begierde nach anderen Frauen oder neuem Land, als das schwingt in Eroberungen doch stets mit. Wir sollten Forscher auch nicht zu Helden machen. Das waren die wenigsten, wenn überhaupt.
Ich erkläre gerne meine Gedanken, wenn mich jemand über meine Ergüsse was fragt, muh, und meist sträube ich mich auch nicht und verstecke mich kokett hinter irgendwelchen Phrasen. Aber, wenn mir jemand sagt, dass ihm das Gedicht nicht gefällt, dann finde ich nicht, dass ich ihn vom Gegenteil überzeugen muss. Man kann das Mögen jemandem nicht einreden und ich halte auch nichts davon, jemanden mit Argumenten totzuschlagen. Entweder es gefällt oder dann nicht .... ganz einfach Sache.
Natürlich kann man darüber streiten, ob diese oder jene Wendung besser wäre - ob die gewählte Form die Aussage unterstützt o. Ä.... aber, und ich spreche von mir .... kann etwas noch so vollkommen und einwandfrei sein, wenn der Funke nicht zündet, dann wird er es auch nicht mehr tun. Man kann die Arbeit oder die Verdichtung nachträglich bewundern, manchmal gefällt es einem besser, wenn man es mehrmals gelesen hat und den "Sinn" dahinter sieht. Aber mehr wird nicht sein.
Freut mich, wenn ich dir was zeigen konnte - weiss eigentlich gar nicht recht, was das gewesen sein soll - aber Hauptsache, es hat sich (für dich) gelohnt. Mir war es ein Vergnügen.
Beste Grüsse
Margot
P.S. Dir spendiere ich natürlich etwas Härteres.
Nein, ich wollte nicht werten, ich habe einfach erzält, was ich erfahren habe und mir dazu eine Geschichte ausgedacht. Schliesslich heisst es ja dichten, ne? Da hat man die Freiheit, etwas zusammenzuspinnen. Gut, die Dramatik ist wohl nicht gelungen, obwohl ich mir nicht denken kann, dass sie dazumal aus reiner Güte gen Westen und wieder zurück gezogen sind. Die Gier nach Schätzen und Geld, die Begierde nach anderen Frauen oder neuem Land, als das schwingt in Eroberungen doch stets mit. Wir sollten Forscher auch nicht zu Helden machen. Das waren die wenigsten, wenn überhaupt.
Ich erkläre gerne meine Gedanken, wenn mich jemand über meine Ergüsse was fragt, muh, und meist sträube ich mich auch nicht und verstecke mich kokett hinter irgendwelchen Phrasen. Aber, wenn mir jemand sagt, dass ihm das Gedicht nicht gefällt, dann finde ich nicht, dass ich ihn vom Gegenteil überzeugen muss. Man kann das Mögen jemandem nicht einreden und ich halte auch nichts davon, jemanden mit Argumenten totzuschlagen. Entweder es gefällt oder dann nicht .... ganz einfach Sache.
Natürlich kann man darüber streiten, ob diese oder jene Wendung besser wäre - ob die gewählte Form die Aussage unterstützt o. Ä.... aber, und ich spreche von mir .... kann etwas noch so vollkommen und einwandfrei sein, wenn der Funke nicht zündet, dann wird er es auch nicht mehr tun. Man kann die Arbeit oder die Verdichtung nachträglich bewundern, manchmal gefällt es einem besser, wenn man es mehrmals gelesen hat und den "Sinn" dahinter sieht. Aber mehr wird nicht sein.
Freut mich, wenn ich dir was zeigen konnte - weiss eigentlich gar nicht recht, was das gewesen sein soll - aber Hauptsache, es hat sich (für dich) gelohnt. Mir war es ein Vergnügen.
Beste Grüsse
Margot
P.S. Dir spendiere ich natürlich etwas Härteres.
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