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#1
von kein Name angegeben • ( Gast )
Der kürzeste Roman der Welt
in Zwischenwelten 20.08.2005 11:30von kein Name angegeben • ( Gast )
Einleitung
Dieser Roman handelt von sich selbst, seinem Verfasser, der ein geistreicher Autor wäre, wenn ihm nicht jegliche Kreativität und Phantasie fehlte, sowie von seinem zerkautem Bleistift und etlichen anderen Nebenpersonen, die an ihrer Stelle der Geschichte genannt werden, weshalb sie hier noch keiner weiteren Erwähnung bedürfen.
Kapitel 1
Es war einmal vor nicht einmal einem Tag, als auf einmal beim Einnehmen seines Mahls ein langweiliger Mensch auf die Idee kam (die erste Idee seines Lebens) Schriftsteller zu werden.
Also ergriff er recht kurzentschlossen, im Kopf aber kurzgeschlossen, einen Bleistift, auf dem er, obwohl er bei seinem reichlichen Mahle genug gegessen hatte, sofort anfing zu kauen, da seiner ersten grandiosen Idee keine weitere folgen wollte.
Kapitel 2
So zernagte er den wehrlosen Bleistift, bis dieser sich gegen die Bisse doch zur Wehr setzte und splitterte. Das Ergebnis waren Holzstücken in der Zunge, die sehr schmerzten. Der ideenlose Autor konnte zur Linderung nicht einmal mit der Zunge über die wunden Stellen fahren, denn ihm fehlte es an Übung im Sich-selbst-die-Zunge-Lecken. Wenigstens löste der Schmerz einen weiteren Kurzschluss in seinem Kopf aus, und diesmal entwand sich eine Feststellung seiner Gehirnwindung (er hatte dummerweise nur eine): Ohne Papier kann ich auch mit tausend Bleistiften nichts verfassen!
Also holte er sich Papier von seinem Schreibtisch.
Kapitel 3
Mit Papier und Bleistift ausgerüstet, fing er sofort an zu schreiben. Es sollte seiner Vorstellung von Dichtung entsprechend ein Liebessonett werden. Er schrieb:
Mein Herz ist Sklave jener holden Schönen
Voll Schmerz soll meine Stimme ihr ertönen
Doch Scherz wird treiben sie und mich verpönen
Die Terz, die ich ihr singe, ganz verhöhnen.
Nach dieser Strophe brach er ab, weil dem Bleistift, der sich erbrechen wollte, die Spitze abbrach. Der unromantische Stift war es eben nicht gewohnt, solchen Unfug schreiben zu müssen.
Kapitel 4
Darüber geriet der neugeborene Dichter sehr in Zorn, errötete und schleuderte den ungehorsamen Stift in die Ecke. Als er sich wieder beruhigt hatte, sah er ein, dass er ohne Stift nicht schreiben konnte und holte seinen Schriftstellergefährten unter tausendfachen Entschuldigen wieder aus der Ecke hervor.
Kapitel 5
Er entschied sich den ganz runtergekommenen, aber nicht runtergeschriebenen Stift zu spitzen und es danach mit einem Roman zu versuchen. Er setzte den ersten Teil seines Entschlusses um, am zweiten verzweifelte er schier, denn er hatte immer noch - oder mal wieder - keine Ideen. So saß er in seiner Stube und sann nach, wobei er immer noch versuchte, sich mit seiner splittergespickten Zunge über die selbe zu fahren.
Kapitel 6
Das Denken führte zu einem Knoten im Gehirn, die Zungenschmerzenlinderungsversuche zu einem Konten in der Zunge. So ganz verknotet, konnte er nicht weiter kommen in seinem Unterfangen, einen Roman zu schreiben. Schrecklicherweise kam in diesem Moment der Briefträger vorbei, ein beflissener Postbeamter. Die Tür unseres Schriftstellers stand offen, da er nicht nur sehr unkreativ, sondern auch sehr vergesslich war.
Kapitel 7
Als nun der Postmann den an Zunge und Seele Verknoteten dort sitzen sah, hielt er ihn für ein gut verschnürtes Paket und nahm ihn mit, steckte ihn ins Postauto und versendete ihn. Allerdings ging der Schriftsteller ohne Absender und Anschrift verloren und endete im Fundbüro der Post, weil man sonst nichts mit ihm anfangen konnte.
Kapitel 8
Dort lagen viele außergewöhnliche Dinge herum, beispielsweise abgefallene Buchstaben, die aus irgendwelchen Briefen gekullert sein mussten (ganz oft die runden Os oder abgefallene I-Punkte). Oder es gab dort Briefmarken, die ohne Postkarte in irgendeinen Briefkasten eingeworfen wurden waren. Zuletzt weinte in einer Ecke eine Idee, die irgend einem schlauen, aber genauso wirren Kopf entfallen sein musste. Wie sie hierher gekommen war, weiß niemand.
Kapitel 9
Der verlorene und fast gescheiterte Dichter hörte das klägliche Schluchzen der Idee, die darum trauerte, dass sie niemand mehr umsetzten würde. Er näherte sich ihr vorsichtig, denn obwohl er unkreativ, phantasielos, dumm und vergesslich war, hatte er doch Mitleid mit all jenen, denen es schlecht ging. So fand er die Idee, die eine Idee für einen Roman, den kürzesten Roman der Welt war, im Fundbüro der Post.
Kapitel 10
Die Idee hüpfte in seinen Kopf. Er hüpfte aus dem Fundbüro, indem er erklärte, er habe sich selbst gefunden, wogegen die Postbeamten nichts einwenden konnten. Danach hüpfte er auf einem Bein, so ausgelassen war er, nach Hause und dort schrieb er auf, was die Idee ihm eingab. (Die Idee war, das nur nebenbei, ein Musenkuss)
So schrieb er das auf, was er selbst erlebt hatte, denn was gab es Phantastischeres als eben dieses. Und ob es nun Wirklichkeit war, was er schrieb, oder ihm nur von der Idee eingegeben wurde, wird für immer ein Geheimnis bleiben.
ENDE
Dieser Roman handelt von sich selbst, seinem Verfasser, der ein geistreicher Autor wäre, wenn ihm nicht jegliche Kreativität und Phantasie fehlte, sowie von seinem zerkautem Bleistift und etlichen anderen Nebenpersonen, die an ihrer Stelle der Geschichte genannt werden, weshalb sie hier noch keiner weiteren Erwähnung bedürfen.
Kapitel 1
Es war einmal vor nicht einmal einem Tag, als auf einmal beim Einnehmen seines Mahls ein langweiliger Mensch auf die Idee kam (die erste Idee seines Lebens) Schriftsteller zu werden.
Also ergriff er recht kurzentschlossen, im Kopf aber kurzgeschlossen, einen Bleistift, auf dem er, obwohl er bei seinem reichlichen Mahle genug gegessen hatte, sofort anfing zu kauen, da seiner ersten grandiosen Idee keine weitere folgen wollte.
Kapitel 2
So zernagte er den wehrlosen Bleistift, bis dieser sich gegen die Bisse doch zur Wehr setzte und splitterte. Das Ergebnis waren Holzstücken in der Zunge, die sehr schmerzten. Der ideenlose Autor konnte zur Linderung nicht einmal mit der Zunge über die wunden Stellen fahren, denn ihm fehlte es an Übung im Sich-selbst-die-Zunge-Lecken. Wenigstens löste der Schmerz einen weiteren Kurzschluss in seinem Kopf aus, und diesmal entwand sich eine Feststellung seiner Gehirnwindung (er hatte dummerweise nur eine): Ohne Papier kann ich auch mit tausend Bleistiften nichts verfassen!
Also holte er sich Papier von seinem Schreibtisch.
Kapitel 3
Mit Papier und Bleistift ausgerüstet, fing er sofort an zu schreiben. Es sollte seiner Vorstellung von Dichtung entsprechend ein Liebessonett werden. Er schrieb:
Mein Herz ist Sklave jener holden Schönen
Voll Schmerz soll meine Stimme ihr ertönen
Doch Scherz wird treiben sie und mich verpönen
Die Terz, die ich ihr singe, ganz verhöhnen.
Nach dieser Strophe brach er ab, weil dem Bleistift, der sich erbrechen wollte, die Spitze abbrach. Der unromantische Stift war es eben nicht gewohnt, solchen Unfug schreiben zu müssen.
Kapitel 4
Darüber geriet der neugeborene Dichter sehr in Zorn, errötete und schleuderte den ungehorsamen Stift in die Ecke. Als er sich wieder beruhigt hatte, sah er ein, dass er ohne Stift nicht schreiben konnte und holte seinen Schriftstellergefährten unter tausendfachen Entschuldigen wieder aus der Ecke hervor.
Kapitel 5
Er entschied sich den ganz runtergekommenen, aber nicht runtergeschriebenen Stift zu spitzen und es danach mit einem Roman zu versuchen. Er setzte den ersten Teil seines Entschlusses um, am zweiten verzweifelte er schier, denn er hatte immer noch - oder mal wieder - keine Ideen. So saß er in seiner Stube und sann nach, wobei er immer noch versuchte, sich mit seiner splittergespickten Zunge über die selbe zu fahren.
Kapitel 6
Das Denken führte zu einem Knoten im Gehirn, die Zungenschmerzenlinderungsversuche zu einem Konten in der Zunge. So ganz verknotet, konnte er nicht weiter kommen in seinem Unterfangen, einen Roman zu schreiben. Schrecklicherweise kam in diesem Moment der Briefträger vorbei, ein beflissener Postbeamter. Die Tür unseres Schriftstellers stand offen, da er nicht nur sehr unkreativ, sondern auch sehr vergesslich war.
Kapitel 7
Als nun der Postmann den an Zunge und Seele Verknoteten dort sitzen sah, hielt er ihn für ein gut verschnürtes Paket und nahm ihn mit, steckte ihn ins Postauto und versendete ihn. Allerdings ging der Schriftsteller ohne Absender und Anschrift verloren und endete im Fundbüro der Post, weil man sonst nichts mit ihm anfangen konnte.
Kapitel 8
Dort lagen viele außergewöhnliche Dinge herum, beispielsweise abgefallene Buchstaben, die aus irgendwelchen Briefen gekullert sein mussten (ganz oft die runden Os oder abgefallene I-Punkte). Oder es gab dort Briefmarken, die ohne Postkarte in irgendeinen Briefkasten eingeworfen wurden waren. Zuletzt weinte in einer Ecke eine Idee, die irgend einem schlauen, aber genauso wirren Kopf entfallen sein musste. Wie sie hierher gekommen war, weiß niemand.
Kapitel 9
Der verlorene und fast gescheiterte Dichter hörte das klägliche Schluchzen der Idee, die darum trauerte, dass sie niemand mehr umsetzten würde. Er näherte sich ihr vorsichtig, denn obwohl er unkreativ, phantasielos, dumm und vergesslich war, hatte er doch Mitleid mit all jenen, denen es schlecht ging. So fand er die Idee, die eine Idee für einen Roman, den kürzesten Roman der Welt war, im Fundbüro der Post.
Kapitel 10
Die Idee hüpfte in seinen Kopf. Er hüpfte aus dem Fundbüro, indem er erklärte, er habe sich selbst gefunden, wogegen die Postbeamten nichts einwenden konnten. Danach hüpfte er auf einem Bein, so ausgelassen war er, nach Hause und dort schrieb er auf, was die Idee ihm eingab. (Die Idee war, das nur nebenbei, ein Musenkuss)
So schrieb er das auf, was er selbst erlebt hatte, denn was gab es Phantastischeres als eben dieses. Und ob es nun Wirklichkeit war, was er schrieb, oder ihm nur von der Idee eingegeben wurde, wird für immer ein Geheimnis bleiben.
ENDE
#2
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Der kürzeste Roman der Welt
in Zwischenwelten 20.08.2005 12:05von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Hallo Katharma
Die Idee finde ich im Grunde nicht übel, aber du solltest jedes Kapitel wie der neu einleiten, denn so wie du es jetzt hier stehen hast, schreibst du einfach einen unterteilten Aufsatz.
Eine Einleitung wäre z.b.:
Kapitel...
Die Wände des Postamts waren mit alter gelber Farbe gestrichen, usw. (oder was ähnliches)
Lg Gemini
Die Idee finde ich im Grunde nicht übel, aber du solltest jedes Kapitel wie der neu einleiten, denn so wie du es jetzt hier stehen hast, schreibst du einfach einen unterteilten Aufsatz.
Eine Einleitung wäre z.b.:
Kapitel...
Die Wände des Postamts waren mit alter gelber Farbe gestrichen, usw. (oder was ähnliches)
Lg Gemini
Hallo Katharma
ein witziges märchen. die wortwahl finde ich oft sehr gut.
klasse!
gruß, Loki
ein witziges märchen. die wortwahl finde ich oft sehr gut.
Zitat: |
Nach dieser Strophe brach er ab, weil dem Bleistift, der sich erbrechen wollte, die Spitze abbrach. |
klasse!
gruß, Loki
#4
von kein Name angegeben • ( Gast )
Der kürzeste Roman der Welt
in Zwischenwelten 21.08.2005 22:34von kein Name angegeben • ( Gast )
Hallo Loki und Gemini,
zuerst Dank fürs Lob.
Zu dem Vorschlag, die Kapitel jeweils einzuleiten: Es ist doch offensichtlich, dass das ganze kein Roman ist, wobei der Titel es vorgibt. Genauso sind die Kapitel nur Alibikapitel und bedürfen daher meiner Meinung nach nicht jeweils einer neuen Einleitung.
Grüße Katharma
zuerst Dank fürs Lob.
Zu dem Vorschlag, die Kapitel jeweils einzuleiten: Es ist doch offensichtlich, dass das ganze kein Roman ist, wobei der Titel es vorgibt. Genauso sind die Kapitel nur Alibikapitel und bedürfen daher meiner Meinung nach nicht jeweils einer neuen Einleitung.
Grüße Katharma
#5
von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Der kürzeste Roman der Welt
in Zwischenwelten 21.08.2005 22:52von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
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