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Waldspaziergang
#1
von Roderich (gelöscht)
Waldspaziergang
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 25.09.2005 17:40von Roderich (gelöscht)
Waldspaziergang
Die Sonnenstrahlen wurden von den glitzernden Perlen des Taus auf moosbedeckten Bäumen reflektiert. Fast unmerklich wogen sich die Baumkronen im aufkommenden Morgenwind, der den Waldgeruch an alle Ecken trug und ihn an den Wiesen abstreifte. Irgendwo – von Dutzenden gewaltigen Baumstämmen reflektiert und so in die Unbestimmbarkeit getragen – erklang ein Kuckuck. Bestimmt, aber würdevoll wiederholte er seinen morgendlichen Ruf mehrmals, ehe er verstummte.
Ich nahm Silke bei der Hand, während wir über das knisternde Laub des Herbstwaldes schritten. Ihre warme, pulsierende Hand, ihre zartgliedrigen Finger, die sich an meine schmiegten, ihr weicher Körper, der meinen im Gehen fast beiläufig immer wieder streifte – kann man den Herbst besser verbringen?
In diesem Moment hatten wir unsere Probleme einfach vergessen, die Hand, die in meiner lag, fühlte sich vertrauter an als am Vorabend. Vielleicht lag diese frische Harmonie auch daran, dass wir schwiegen, gemeinsam. Das hatten wir schon seit Wochen nicht mehr getan. Worte waren zwischen uns hin und her geflogen, immer heftig untermauert und mit Nachdruck auf die Reise geschickt, doch bedeutungslos, wenn sie in das Ohr des anderen gelangten. Wir hatten diskutiert, mit jeder Faser unserer Körper und doch hatten wir aneinander vorbei geredet. Doch dieses sinnlose Lamentieren gehörte der Vergangenheit an, schien bedeutungslos zu sein, als wir schweigend über die raschelnden Blätter spazierten, über knorrige Wurzeln stiegen. Ich führte Silke behutsam über die großen Hindernisse, als ob sie das nicht alleine gekonnt hätte und als ich sie über einen Baumstamm hob, der zunächst horizontal dem Boden entlang folgte ehe er in die Höhe stieg, küssten wir uns. Sie und ich abseits der Wanderwege im herbstlichen Wald: ein Abenteuer.
Es tat gut, in der Natur zu sein, frische Luft zu atmen. Ich bin zwar ein Stadtmensch, war es immer, aber dennoch muss ich von Zeit zu Zeit raus und all die Betonblöcke hinter mich lassen. Auf Asphalt bin ich auf die Dauer verloren. Während ich in der Stadt ohne jegliche Orientierung von Straße zu Straße taumle, niemals richtig und immer auf meinen Plan angewiesen, den ich wohlweislich stets bei mir trage, finde ich mich hier draußen weitab des Verkehrslärmes erstaunlich gut zurecht. Ich hatte mir immer eingebildet, über einen unsagbar schlechten Orientierungssinn zu verfügen, ehe ich das erste Mal einen ausgedehnten Spaziergang in einem mir unbekannten Wald tat. Seither weiß ich, dass ich der Natur mehr verbunden bin als ich immer dachte und dass meine Orientierungslosigkeit in den Straßen meiner Heimatstadt weniger an meinem generellen Unverständnis für Himmelsrichtungen liegt, sondern eher an einer Resignation vor Betonklötzen.
Silke kann grundsätzlich nicht so viel mit der Natur anfangen. So hatte sie sich am Abend des Vortages noch heftig gegen meinen Vorschlag gewehrt, hatte argumentiert, lamentiert, diskutiert. Sie wollte ausschlafen, dann ihren Sonntag gemütlich in einem Café verbringen, mit Freunden, auch mit mir. Schließlich war sie doch mitgekommen, als ich ihr klar machte, dass ich auch ohne ihr den Spaziergang machen würde. Trotz aller Unstimmigkeiten zwischen uns wollte sie den Tag lieber mit mir verbringen als alleine oder nur mit Freunden. Wir sahen uns arbeitsbedingt ohnehin unter der Woche kaum, immer nur am Abend und dann waren wir beide müde, ausgelaugt, nicht mehr fähig, auf den anderen einzugehen. So war sie mitgekommen, am Anfang mürrisch. Doch an jenem Tag nahm sie der Zauber des Waldes genau so gefangen wie mich.
So waren wir beide auch gleichermaßen entzückt, als wir an eine Lichtung traten und am anderen Ende ein Reh erblickten, das – uns abgewandt – an einer Rinde knabberte. Ich hockte mich auf den Boden, zog Silke zu mir runter. Das Reh konnte uns nicht wittern, der Wind wehte in unsere Richtung. Auch konnte es uns nicht sehen, da uns die Büsche und das hohe Gras gut verdeckten.
Ich wundere mich jedes mal aufs Neue, wie klein Rehe eigentlich sind. Ich habe bisher vielleicht dreimal ein Reh in der freien Wildbahn gesehen, ein paar mal dazu im Zoo. Durch ihre Grazilität wirken sie größer, als sie sind. Von Antilopen würde ich wahrscheinlich den gleichen Eindruck haben, wenn ich sie einmal in der Wildbahn sehen würde.
Das Reh knabberte unbekümmert an der Baumrinde. Ab und an blickte es hoch, ein wenig verschreckt, wenn von einem Gebüsch ein Vogel aufstieg, immer wachsam, aber mit der Umgebung vertraut.
Ich spürte, wie Silke mit ihrem Daumen verträumt über meinen Handrücken strich. Ich blickte zu ihr und sah, wie ihr Blick gebannt auf das Reh gehaftet war. Der Daumen schien ein von ihr losgelöster Teil zu sein, der ihre innersten Empfindungen selbständig auf die Außenwelt übertrug. In keinem Moment davor oder danach habe ich Silke mehr geliebt als damals.
Ich zog Silke näher zu mir, still und vorsichtig. Endlich löste sie ihren Blick von dem Reh und sah mir in die Augen.
In dem Moment, als sich unsere Lippen trafen, donnerte ein Schuss, peitschend, brutal. Erschrocken fuhren wir hoch, mein Herz raste. Am anderen Ende der Lichtung sahen wir das Reh, in den Vorderbeinen eingeknickt. Obwohl es auf die Distanz unmöglich war, hatte ich das Gefühl, dass sich mein Blick mit dem des Tieres trafen und dessen Augen Schmerz und große Verwunderung auszudrücken schienen. Seitlich von uns, auf unserer Seite der Lichtung, stapfte selbstzufrieden ein Jäger aus dem Gebüsch, um dem Reh den Gnadenschuss zu geben.
Die Sonnenstrahlen wurden von den glitzernden Perlen des Taus auf moosbedeckten Bäumen reflektiert. Fast unmerklich wogen sich die Baumkronen im aufkommenden Morgenwind, der den Waldgeruch an alle Ecken trug und ihn an den Wiesen abstreifte. Irgendwo – von Dutzenden gewaltigen Baumstämmen reflektiert und so in die Unbestimmbarkeit getragen – erklang ein Kuckuck. Bestimmt, aber würdevoll wiederholte er seinen morgendlichen Ruf mehrmals, ehe er verstummte.
Ich nahm Silke bei der Hand, während wir über das knisternde Laub des Herbstwaldes schritten. Ihre warme, pulsierende Hand, ihre zartgliedrigen Finger, die sich an meine schmiegten, ihr weicher Körper, der meinen im Gehen fast beiläufig immer wieder streifte – kann man den Herbst besser verbringen?
In diesem Moment hatten wir unsere Probleme einfach vergessen, die Hand, die in meiner lag, fühlte sich vertrauter an als am Vorabend. Vielleicht lag diese frische Harmonie auch daran, dass wir schwiegen, gemeinsam. Das hatten wir schon seit Wochen nicht mehr getan. Worte waren zwischen uns hin und her geflogen, immer heftig untermauert und mit Nachdruck auf die Reise geschickt, doch bedeutungslos, wenn sie in das Ohr des anderen gelangten. Wir hatten diskutiert, mit jeder Faser unserer Körper und doch hatten wir aneinander vorbei geredet. Doch dieses sinnlose Lamentieren gehörte der Vergangenheit an, schien bedeutungslos zu sein, als wir schweigend über die raschelnden Blätter spazierten, über knorrige Wurzeln stiegen. Ich führte Silke behutsam über die großen Hindernisse, als ob sie das nicht alleine gekonnt hätte und als ich sie über einen Baumstamm hob, der zunächst horizontal dem Boden entlang folgte ehe er in die Höhe stieg, küssten wir uns. Sie und ich abseits der Wanderwege im herbstlichen Wald: ein Abenteuer.
Es tat gut, in der Natur zu sein, frische Luft zu atmen. Ich bin zwar ein Stadtmensch, war es immer, aber dennoch muss ich von Zeit zu Zeit raus und all die Betonblöcke hinter mich lassen. Auf Asphalt bin ich auf die Dauer verloren. Während ich in der Stadt ohne jegliche Orientierung von Straße zu Straße taumle, niemals richtig und immer auf meinen Plan angewiesen, den ich wohlweislich stets bei mir trage, finde ich mich hier draußen weitab des Verkehrslärmes erstaunlich gut zurecht. Ich hatte mir immer eingebildet, über einen unsagbar schlechten Orientierungssinn zu verfügen, ehe ich das erste Mal einen ausgedehnten Spaziergang in einem mir unbekannten Wald tat. Seither weiß ich, dass ich der Natur mehr verbunden bin als ich immer dachte und dass meine Orientierungslosigkeit in den Straßen meiner Heimatstadt weniger an meinem generellen Unverständnis für Himmelsrichtungen liegt, sondern eher an einer Resignation vor Betonklötzen.
Silke kann grundsätzlich nicht so viel mit der Natur anfangen. So hatte sie sich am Abend des Vortages noch heftig gegen meinen Vorschlag gewehrt, hatte argumentiert, lamentiert, diskutiert. Sie wollte ausschlafen, dann ihren Sonntag gemütlich in einem Café verbringen, mit Freunden, auch mit mir. Schließlich war sie doch mitgekommen, als ich ihr klar machte, dass ich auch ohne ihr den Spaziergang machen würde. Trotz aller Unstimmigkeiten zwischen uns wollte sie den Tag lieber mit mir verbringen als alleine oder nur mit Freunden. Wir sahen uns arbeitsbedingt ohnehin unter der Woche kaum, immer nur am Abend und dann waren wir beide müde, ausgelaugt, nicht mehr fähig, auf den anderen einzugehen. So war sie mitgekommen, am Anfang mürrisch. Doch an jenem Tag nahm sie der Zauber des Waldes genau so gefangen wie mich.
So waren wir beide auch gleichermaßen entzückt, als wir an eine Lichtung traten und am anderen Ende ein Reh erblickten, das – uns abgewandt – an einer Rinde knabberte. Ich hockte mich auf den Boden, zog Silke zu mir runter. Das Reh konnte uns nicht wittern, der Wind wehte in unsere Richtung. Auch konnte es uns nicht sehen, da uns die Büsche und das hohe Gras gut verdeckten.
Ich wundere mich jedes mal aufs Neue, wie klein Rehe eigentlich sind. Ich habe bisher vielleicht dreimal ein Reh in der freien Wildbahn gesehen, ein paar mal dazu im Zoo. Durch ihre Grazilität wirken sie größer, als sie sind. Von Antilopen würde ich wahrscheinlich den gleichen Eindruck haben, wenn ich sie einmal in der Wildbahn sehen würde.
Das Reh knabberte unbekümmert an der Baumrinde. Ab und an blickte es hoch, ein wenig verschreckt, wenn von einem Gebüsch ein Vogel aufstieg, immer wachsam, aber mit der Umgebung vertraut.
Ich spürte, wie Silke mit ihrem Daumen verträumt über meinen Handrücken strich. Ich blickte zu ihr und sah, wie ihr Blick gebannt auf das Reh gehaftet war. Der Daumen schien ein von ihr losgelöster Teil zu sein, der ihre innersten Empfindungen selbständig auf die Außenwelt übertrug. In keinem Moment davor oder danach habe ich Silke mehr geliebt als damals.
Ich zog Silke näher zu mir, still und vorsichtig. Endlich löste sie ihren Blick von dem Reh und sah mir in die Augen.
In dem Moment, als sich unsere Lippen trafen, donnerte ein Schuss, peitschend, brutal. Erschrocken fuhren wir hoch, mein Herz raste. Am anderen Ende der Lichtung sahen wir das Reh, in den Vorderbeinen eingeknickt. Obwohl es auf die Distanz unmöglich war, hatte ich das Gefühl, dass sich mein Blick mit dem des Tieres trafen und dessen Augen Schmerz und große Verwunderung auszudrücken schienen. Seitlich von uns, auf unserer Seite der Lichtung, stapfte selbstzufrieden ein Jäger aus dem Gebüsch, um dem Reh den Gnadenschuss zu geben.
#2
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Waldspaziergang
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 29.09.2005 12:43von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Hallo Roderich
Im ersten Teil, beschreibst zwar sehr schön die Umgebung, obwohl etwas schwülstig, dann, wenn man schon ein bisschen eingelullt ist kommt die kalte Dusche. Im zweiten Teil stören mich etwas die Mundart-Ausdrücke, auch verändert sich dein Erzählstil. Es klingt, als hättest du im ersten Absatz alle Metaphern vergeudet und es wären keine mehr für den Rest der Geschichte übrig. "Ich habe vielleicht 3 mal ein Reh gesehen..." vielleicht? So würdest du es einem Kumpel im Lokal erzählen.
Den Schluss, finde ich dann auch etwas zu Bambimäßig. Auge trifft Auge.
Obwohl du da wieder zu der anfänglichen Sprache zurückgefunden hast.
Lg Gem
Ps.: Ja Salzburg kann schon verwirren...
Im ersten Teil, beschreibst zwar sehr schön die Umgebung, obwohl etwas schwülstig, dann, wenn man schon ein bisschen eingelullt ist kommt die kalte Dusche. Im zweiten Teil stören mich etwas die Mundart-Ausdrücke, auch verändert sich dein Erzählstil. Es klingt, als hättest du im ersten Absatz alle Metaphern vergeudet und es wären keine mehr für den Rest der Geschichte übrig. "Ich habe vielleicht 3 mal ein Reh gesehen..." vielleicht? So würdest du es einem Kumpel im Lokal erzählen.
Den Schluss, finde ich dann auch etwas zu Bambimäßig. Auge trifft Auge.
Obwohl du da wieder zu der anfänglichen Sprache zurückgefunden hast.
Lg Gem
Ps.: Ja Salzburg kann schon verwirren...
#3
von Roderich (gelöscht)
Waldspaziergang
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 30.09.2005 23:57von Roderich (gelöscht)
Hallo Gemini,
vielen Dank für deinen konstruktiven Kommentar. Ich werde sehen, was ich dank deiner Anregungen noch aus der Erzählung rausholen kann.
Grüße
Thomas
PS: War drei Monate in München ...
vielen Dank für deinen konstruktiven Kommentar. Ich werde sehen, was ich dank deiner Anregungen noch aus der Erzählung rausholen kann.
Grüße
Thomas
PS: War drei Monate in München ...
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