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Flügge
Heute morgen lag ein Vogel
mit gebrochenem Genick
vor ihm auf dem Frühstückstisch.
Seltsam, dachte er betreten,
denn für diese Jahreszeit
war das Küken viel zu frisch.
Schwarz und glanzlos schauten Augen
viel zu früh Vergänglichkeit,
unweit elterlichen Baumes
und doch unerreichbar weit.
Armer, kleiner, toter Vogel,
wer stieß dich vor deiner Zeit?
Sprach’s und schaute dann verstohlen
nach der Kinder Federkleid.
Heute morgen lag ein Vogel
mit gebrochenem Genick
vor ihm auf dem Frühstückstisch.
Seltsam, dachte er betreten,
denn für diese Jahreszeit
war das Küken viel zu frisch.
Schwarz und glanzlos schauten Augen
viel zu früh Vergänglichkeit,
unweit elterlichen Baumes
und doch unerreichbar weit.
Armer, kleiner, toter Vogel,
wer stieß dich vor deiner Zeit?
Sprach’s und schaute dann verstohlen
nach der Kinder Federkleid.
Ja, ist leider tot, da führt kein Weg daran vorbei, maria. Freut mich, dass es dir gefällt, Gem. Was verstehst du am Ende nicht so ganz? Das lyrische Er bedauert den toten Vogel, der offensichtlich zu früh aus dem Nest geschubst wurde. Dann schaut er verstohlen nach dem Federkleid seiner eigenen Küken... Ich kann es nicht deutlicher, sorry.
P.S.: Rabeneltern sind sehr fürsorgliche Eltern. Bei dem Wort handelt es sich daher um eine üble Diskriminierung der Rabenvögel.
P.S.: Rabeneltern sind sehr fürsorgliche Eltern. Bei dem Wort handelt es sich daher um eine üble Diskriminierung der Rabenvögel.
Lieber Muh,
nach deiner Erklärung versteh ich´s so, dass ein Rabe das tote Küken findet? Das kam beim ersten Lesen nicht so richtig raus, weil es keinerlei Hinweise darauf gibt und der "Frühstückstisch" hat mich auch erst davon abgelenkt, weil ich ihn mir bildlich einen vorgestellt habe.
Ansonsten gefällt mir das Gedicht, gerade, da es aus der Perspektive des Vogles berichtet (was vielleicht noch etwas mehr verdeutlicht werden könnte).. und seine Intention.
Und mir gefällt, dass du zwar Reime verwendest, nicht aber notgedrungen in allen Versen. Gibt dem Vers mehr Spielraum und wirkt freier und lebendiger..
Liebe Grüße
#5
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Flügge
in Düsteres und Trübsinniges 18.11.2005 21:35von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Das ist mir jetzt etwas peinlich...
Vor meinem Post, war vorher noch ein anderes von mariavarina oder so, auf ihres bezog sich das "Der ist tot". Komisches post (Geisterpost)
Ach ich verstehe. Aber das verstohlen, klingt für mich irgendwie obszön, ich weiß auch nicht. Als wäre da irgendetwas schlechtes daran.
Ja, bei Mattes klingen die Reime meistens nicht so starr und abgezählt. Das fiel mir auch schon auf.
Oki
Lg Gem
Vor meinem Post, war vorher noch ein anderes von mariavarina oder so, auf ihres bezog sich das "Der ist tot". Komisches post (Geisterpost)
Ach ich verstehe. Aber das verstohlen, klingt für mich irgendwie obszön, ich weiß auch nicht. Als wäre da irgendetwas schlechtes daran.
Ja, bei Mattes klingen die Reime meistens nicht so starr und abgezählt. Das fiel mir auch schon auf.
Oki
Lg Gem
Hi muh.
Ja, ich gestehe die Verwunderung des lyr. Ichs habe ich erst nicht kapiert. Jetzt aber kriege ich’s auf die Reihe. Zu dieser Jahreszeit sind Kleinvögel eben nie weit vom elterlichen Baum entfernt und genau das machte einen ja so stutzig. Da bleibt nur ein verstohlener Blick, wenn dieses ungute Gefühl mit der eigenen elterlichen Fürsorge nicht konform zu gehen scheint. Gänsehautmomente, die man schnell verdrängen mag…
Das Bild des toten Vogels auf dem Frühstückstisch finde ich stark zum Einstieg, der einem mit Wucht (ein zweites Mal) so schrecklich nüchtern entgegenklatscht. Da hält man unweigerlich mit dem Elternvogel inne, wenn man gerade ins Marmeladenbrötchen beisst. Der Rest bedarf keines weiteren Kommentares, nur soviel, dass mich dein Gedicht in die Lage versetzte, auf (noch) nicht vorhandene Küken einen verstohlenen Blick zu werfen.
Und damit hast du verdammt viel erreicht.
LG, Vel
Ja, ich gestehe die Verwunderung des lyr. Ichs habe ich erst nicht kapiert. Jetzt aber kriege ich’s auf die Reihe. Zu dieser Jahreszeit sind Kleinvögel eben nie weit vom elterlichen Baum entfernt und genau das machte einen ja so stutzig. Da bleibt nur ein verstohlener Blick, wenn dieses ungute Gefühl mit der eigenen elterlichen Fürsorge nicht konform zu gehen scheint. Gänsehautmomente, die man schnell verdrängen mag…
Das Bild des toten Vogels auf dem Frühstückstisch finde ich stark zum Einstieg, der einem mit Wucht (ein zweites Mal) so schrecklich nüchtern entgegenklatscht. Da hält man unweigerlich mit dem Elternvogel inne, wenn man gerade ins Marmeladenbrötchen beisst. Der Rest bedarf keines weiteren Kommentares, nur soviel, dass mich dein Gedicht in die Lage versetzte, auf (noch) nicht vorhandene Küken einen verstohlenen Blick zu werfen.
Und damit hast du verdammt viel erreicht.
LG, Vel
#7
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Flügge
in Düsteres und Trübsinniges 20.11.2005 11:11von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
(Lustig, wie die Anrede noch zwischen muh und Mattes schwankt ).
Hallo Mattes,
ich finde diese Zeilen auch sehr gelungen. Ein (zumindestens auf das Übliche bezogen) von hinten aufgezäumtes Sonett, das deshalb und auch wegen der gewählten Reime eine gewisse Beunruhigung austrahlt. Während Du Dich in den Terzetten darauf beschränkst, nur die letzten Zeilen zu reimen, wechseln sich in den Quartetten reine Reime und Assonanzen (mit Gruß an MBB ) ab. Kleinigkeiten, die Deine Zeilen etwas aus dem Normalen herausrücken und zu der beschriebenen Situation passen.
Der Einstieg ist stark, da pflichte ich Vel bei. Beim morgendlichen Frühstück sollte die Welt doch noch idyllisch sein, da passt ein toter Vogel nicht sonderlich gut hinein. Interessanterweise ist das lyrische Er zwar betreten, mehr aber noch verwundert, wie oder vielmehr warum dies geschehen ist. Es ist ein kurzes Innehalten, bei dem Bedauern und dieses Gefühl der Vergänglichkeit, das man sonst verdrängt, ineinandergreifen. Es gibt diese Momente, in denen man sich des Todes bewusst wird, und so einen Moment scheint das lyrEr gerade zu durchleben.
Als Thema des Gedichtes verstehe ich aber nicht allein den Tod, sondern auch die elterliche Sorge und die Erkenntnis, dass man, sobald man loslässt und den Kindern ihre Räume zugesteht, wenn sie flügge werden, sie auch Gefahren aussetzt. Dieser kleine Vogel kletterte vielleicht schon gefährlich nahe am Abgrund des Nestes herum, während die Eltern auf Futtersuche waren. Und auch die Kinder des lyrEr scheinen bereits Flügge zu sein. Vielleicht haben sie nur friedlich geschlafen, vielleicht sind sie aber schon in einem Alter, in dem sie auf die Piste gehen. Das "Federkleid" der Kinder könnte man so verstehen, dass er einfach nach ihnen schaut. Besser gefällt mir inzwischen der Gedanke, dass er nur zur Garderobe geht und nachsieht, ob ihre Jacken dort hängen. Ob sie gestern nacht, als er schon schlief, gut nach Hause gekommen sind. Denn er schaut verstohlen, heimlich, das deutet für mich darauf hin, dass die Kinder einerseits etwas älter sind und wenig begeistert sind, wenn der Alte einfach so ins Zimmer platzt, und er will ihnen ja auch ihre Freiräume zugestehen. Die Sorge bleibt dennoch...
Sehr feinsinnig, gefällt mir sehr gut und besser, je mehr man sich mit Deinen Zeilen beschäftigt.
Don
Hallo Mattes,
ich finde diese Zeilen auch sehr gelungen. Ein (zumindestens auf das Übliche bezogen) von hinten aufgezäumtes Sonett, das deshalb und auch wegen der gewählten Reime eine gewisse Beunruhigung austrahlt. Während Du Dich in den Terzetten darauf beschränkst, nur die letzten Zeilen zu reimen, wechseln sich in den Quartetten reine Reime und Assonanzen (mit Gruß an MBB ) ab. Kleinigkeiten, die Deine Zeilen etwas aus dem Normalen herausrücken und zu der beschriebenen Situation passen.
Der Einstieg ist stark, da pflichte ich Vel bei. Beim morgendlichen Frühstück sollte die Welt doch noch idyllisch sein, da passt ein toter Vogel nicht sonderlich gut hinein. Interessanterweise ist das lyrische Er zwar betreten, mehr aber noch verwundert, wie oder vielmehr warum dies geschehen ist. Es ist ein kurzes Innehalten, bei dem Bedauern und dieses Gefühl der Vergänglichkeit, das man sonst verdrängt, ineinandergreifen. Es gibt diese Momente, in denen man sich des Todes bewusst wird, und so einen Moment scheint das lyrEr gerade zu durchleben.
Als Thema des Gedichtes verstehe ich aber nicht allein den Tod, sondern auch die elterliche Sorge und die Erkenntnis, dass man, sobald man loslässt und den Kindern ihre Räume zugesteht, wenn sie flügge werden, sie auch Gefahren aussetzt. Dieser kleine Vogel kletterte vielleicht schon gefährlich nahe am Abgrund des Nestes herum, während die Eltern auf Futtersuche waren. Und auch die Kinder des lyrEr scheinen bereits Flügge zu sein. Vielleicht haben sie nur friedlich geschlafen, vielleicht sind sie aber schon in einem Alter, in dem sie auf die Piste gehen. Das "Federkleid" der Kinder könnte man so verstehen, dass er einfach nach ihnen schaut. Besser gefällt mir inzwischen der Gedanke, dass er nur zur Garderobe geht und nachsieht, ob ihre Jacken dort hängen. Ob sie gestern nacht, als er schon schlief, gut nach Hause gekommen sind. Denn er schaut verstohlen, heimlich, das deutet für mich darauf hin, dass die Kinder einerseits etwas älter sind und wenig begeistert sind, wenn der Alte einfach so ins Zimmer platzt, und er will ihnen ja auch ihre Freiräume zugestehen. Die Sorge bleibt dennoch...
Sehr feinsinnig, gefällt mir sehr gut und besser, je mehr man sich mit Deinen Zeilen beschäftigt.
Don
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