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Richtung
Was ist Moral,
wenn sie recht biegsam ist zu aller Zeit
und dieser angepasst und stets bereit
zum nächsten Mal?
Gerechtigkeit,
wenn doch ihr Spiegelbild zum Himmel schreit
und nach der Bibel sich nur der einreiht,
der da verzeiht?
Was ist Gesetz,
wenn solches Werk, von wenigen gefüllt,
für alle gelten soll und doch nur gilt,
wo durchgesetzt?
Und wessen Recht,
in Volkes Namen stolz verkündet,
doch eitel elitär begründet,
ist, was ihr sprecht?
Was ist Moral,
wenn sie recht biegsam ist zu aller Zeit
und dieser angepasst und stets bereit
zum nächsten Mal?
Gerechtigkeit,
wenn doch ihr Spiegelbild zum Himmel schreit
und nach der Bibel sich nur der einreiht,
der da verzeiht?
Was ist Gesetz,
wenn solches Werk, von wenigen gefüllt,
für alle gelten soll und doch nur gilt,
wo durchgesetzt?
Und wessen Recht,
in Volkes Namen stolz verkündet,
doch eitel elitär begründet,
ist, was ihr sprecht?
#2
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Richtung
in Gesellschaft 18.11.2005 14:02von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Mattes,
inhaltlich gefällt mir das Stück sehr gut. Formal hast Du Dir dieses Mal wieder viel vorgenommen, was auch größtenteils gut funktioniert. In den ersten beiden Versen kommen Moral und Gerechtigkeit, die ich mal als emfundene Grundwerte bezeichnen würde. Die letzten beiden Strophen gehen um die Gesetze, geschriebene Grundwerte. An allem hat das lyrische Ich etwas auszusetzen, nämlich, dass sich nicht mal ihre Hüter und Schöpfer völlig an sie zu halten in der Lage sind, sich aber das Recht vorbehalten, sie zu interpretieren.
Im Zusammenhang mit dem Titel erscheint es mir so, als wolle das Ich entgegen geltendem Recht und Moral Rache üben, sich aber mit den oben genannten Begründungen allen moralischen und rechtlichen Einwänden zum trotz durchsetzen will mit seinem Wunsch.
Das mit der Rache nimmt dem ganzen seinen Philosophischen Charakter und macht daraus ein destruktives Niedermähen vom Grundsätzen um so das eigene egoistische Verhalten vor sich und vielleicht der Umwelt zu rechtfertigen, gibt einem so aber zugleich etwas Konkretes zum Überdenken in die Hand. Gefällt mir soweit wirklich gut.
Missfallen tut mir stilistisch leider der verunglückte Reim Gesetz/durchgesetzt, die Betonung von "einreiht" in der zweiten Strophe auf der Endsilbe sowie die lange Trennung des Prädikats vom Hauptsatz in der letzten Strophe.
Aber vom Schema her, wie gesagt, hingst Du hier die Latte auch wieder ziemlich hoch und bist an ihr zum Ende hin für mein Emfinden leider formal gescheitert.
Trotzdem gern gelesen.
Grüße
GerateWohl
inhaltlich gefällt mir das Stück sehr gut. Formal hast Du Dir dieses Mal wieder viel vorgenommen, was auch größtenteils gut funktioniert. In den ersten beiden Versen kommen Moral und Gerechtigkeit, die ich mal als emfundene Grundwerte bezeichnen würde. Die letzten beiden Strophen gehen um die Gesetze, geschriebene Grundwerte. An allem hat das lyrische Ich etwas auszusetzen, nämlich, dass sich nicht mal ihre Hüter und Schöpfer völlig an sie zu halten in der Lage sind, sich aber das Recht vorbehalten, sie zu interpretieren.
Im Zusammenhang mit dem Titel erscheint es mir so, als wolle das Ich entgegen geltendem Recht und Moral Rache üben, sich aber mit den oben genannten Begründungen allen moralischen und rechtlichen Einwänden zum trotz durchsetzen will mit seinem Wunsch.
Das mit der Rache nimmt dem ganzen seinen Philosophischen Charakter und macht daraus ein destruktives Niedermähen vom Grundsätzen um so das eigene egoistische Verhalten vor sich und vielleicht der Umwelt zu rechtfertigen, gibt einem so aber zugleich etwas Konkretes zum Überdenken in die Hand. Gefällt mir soweit wirklich gut.
Missfallen tut mir stilistisch leider der verunglückte Reim Gesetz/durchgesetzt, die Betonung von "einreiht" in der zweiten Strophe auf der Endsilbe sowie die lange Trennung des Prädikats vom Hauptsatz in der letzten Strophe.
Aber vom Schema her, wie gesagt, hingst Du hier die Latte auch wieder ziemlich hoch und bist an ihr zum Ende hin für mein Emfinden leider formal gescheitert.
Trotzdem gern gelesen.
Grüße
GerateWohl
#3
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Richtung
in Gesellschaft 18.11.2005 14:43von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Hallöchen,
Den Reim Gesetz/Gesetzt finde ich zwar formal auch weniger, inhaltlich aber umso mehr gelungen. Recht wird ja normalerweise "gesetzt", hier durchgesetzt. Diese beiden Wörter in Zusammenhang zu bringen kommt mir in diesem Sinne fast schon obligatorisch vor.
Es steckt auch ein Haufen Philosophie darin, das Problem des Unterschieds von Recht und Gerechtigkeit sowie Gerechtigkeit und dem Gesetz, dass die Gesetzte kaum jemand liest, dass sie schwer verständlich formuliert sind, dass Moral ein Halm im Wind ist, dass das Gesetz umgangen wird...all das spielt hinein. Die Ansatzpunkte in diesem Gedicht sind also sehr vielseitig und weitreichend. Das erinnert mich stark an den Ethikunterricht in dem wir stundenlang über diese Themen debattiert haben und weder zu Ergebnissen noch je zum Ende kamen
Wirklich sehr gerne gelesen, die Hauptproblematik der 4 angesprochenen Begriffe kommt klar heraus. Formell gibt es kleine Mankos, aber inhaltlich ist es eine runde Sache!
Mein Favorit ist klanglich und inhaltlich klar Strophe 3
Es würde zwar das Schema zerstören, aber im letzten Vers ein "es" einzufügen, das wäre eine Art Dämpfer zum Schluss, denn auch ich stolpere über das abrupte: "ist, was ihr sprecht."
Ich bin übrigens ganz gespannt, was unser Jurist, der Pate dazu sagt
(PS: Dein neuer Avatar ist doch nicht Muhphisto oder ?)
Den Reim Gesetz/Gesetzt finde ich zwar formal auch weniger, inhaltlich aber umso mehr gelungen. Recht wird ja normalerweise "gesetzt", hier durchgesetzt. Diese beiden Wörter in Zusammenhang zu bringen kommt mir in diesem Sinne fast schon obligatorisch vor.
Es steckt auch ein Haufen Philosophie darin, das Problem des Unterschieds von Recht und Gerechtigkeit sowie Gerechtigkeit und dem Gesetz, dass die Gesetzte kaum jemand liest, dass sie schwer verständlich formuliert sind, dass Moral ein Halm im Wind ist, dass das Gesetz umgangen wird...all das spielt hinein. Die Ansatzpunkte in diesem Gedicht sind also sehr vielseitig und weitreichend. Das erinnert mich stark an den Ethikunterricht in dem wir stundenlang über diese Themen debattiert haben und weder zu Ergebnissen noch je zum Ende kamen
Wirklich sehr gerne gelesen, die Hauptproblematik der 4 angesprochenen Begriffe kommt klar heraus. Formell gibt es kleine Mankos, aber inhaltlich ist es eine runde Sache!
Mein Favorit ist klanglich und inhaltlich klar Strophe 3
Es würde zwar das Schema zerstören, aber im letzten Vers ein "es" einzufügen, das wäre eine Art Dämpfer zum Schluss, denn auch ich stolpere über das abrupte: "ist, was ihr sprecht."
Ich bin übrigens ganz gespannt, was unser Jurist, der Pate dazu sagt
(PS: Dein neuer Avatar ist doch nicht Muhphisto oder ?)
Hallo GerateWohl!
Wenn man gesundheitlich angeschlagen ist, sollte man vielleicht konsequenterweise das Dichten lassen aber ich las gestern den Artikel „Held mit wundem Herzen“ über den amerikanischen Entrepeneur Joey Goebel, der jetzt bei Diogenes verlegt wird, und dessen grandiose neue Erkenntnis ist, dass der Künstler leiden muss, um so recht kreativ zu sein. Na, habe ich mir gedacht, dann kann ich das auch.
Schön, dass es dir inhaltlich zusagt bzw. du etwas damit anfangen konntest, das ist mir immer am wichtigsten. Ansonsten kann ich deine Einwände gut nachvollziehen und will kurz darauf eingehen:
Die Überschrift sollte nicht auf Selbstjustiz hin-, sondern das Richten einer höheren Instanz zuweisen. Über das Bilbelzitat Mein ist die Rache, spricht der Herr sollte der geneigte Leser zu dem Zitat Richte nicht, auf dass du nicht gerichtet werdest gelenkt werden. Das geht fehl, wie ich merke. Als Arbeitstitel hatte ich zunächst Richte nicht! aber das erschien mir zu plakativ. Ich werde über den Titel noch einmal nachdenken müssen.
Die unreinen Reime in Strophe 3 sind voller Absicht so, da jedes Gesetz nun eindeutig Menschenwerk und damit brüchig ist. Das muss nicht gefallen und das tut es ja auch nicht. Zunächst hantierte ich mit Geschwätz als Reimpartner, vielleicht versuche ich da noch etwas. Danke auch für diesen Hinweis.
Den Kritikpunkt hinsichtlich der letzten Strophe akzeptiere ich, kann und werde aber daran nichts ändern, weil ich einfach auf so etwas stehe. Den Betonungsvorwurf hinsichtlich des Einreihens kann ich nicht nachvollziehen. Ich meine, dass sich durch die inhaltliche und sprachliche Akzentuierung des unmittelbaren Vorgängers die natürlich Betonung des Wortes „einreiht“ verändert. Bei mir ist das jedenfalls so, daher bin ich auch hier stur.
Vielen Dank für das Feedback!
Mattes
Nachtrag: Oha, jetzt kam auch Sir William noch hinzu. Ich danke auch dir, vor allem, weil meine Strophe 3 etwas glimpflicher wegkommt. Ansonsten habe ich dem nicht viel hinzuzufügen, außer den erneuten Verweis auf mein Gefallen an Strophe 4, welches mir eine Änderung verbietet.
Muhphisto? Nein, das ist das Cover des Albums „In Absentia“ von Porcupine Tree. Und auf den Paten bin ich auch gespannt. Wenn ich ehrlich bin, habe ich ja darauf spekuliert, wenigstens einen Kommentar sicher zu erhalten.
Wenn man gesundheitlich angeschlagen ist, sollte man vielleicht konsequenterweise das Dichten lassen aber ich las gestern den Artikel „Held mit wundem Herzen“ über den amerikanischen Entrepeneur Joey Goebel, der jetzt bei Diogenes verlegt wird, und dessen grandiose neue Erkenntnis ist, dass der Künstler leiden muss, um so recht kreativ zu sein. Na, habe ich mir gedacht, dann kann ich das auch.
Schön, dass es dir inhaltlich zusagt bzw. du etwas damit anfangen konntest, das ist mir immer am wichtigsten. Ansonsten kann ich deine Einwände gut nachvollziehen und will kurz darauf eingehen:
Die Überschrift sollte nicht auf Selbstjustiz hin-, sondern das Richten einer höheren Instanz zuweisen. Über das Bilbelzitat Mein ist die Rache, spricht der Herr sollte der geneigte Leser zu dem Zitat Richte nicht, auf dass du nicht gerichtet werdest gelenkt werden. Das geht fehl, wie ich merke. Als Arbeitstitel hatte ich zunächst Richte nicht! aber das erschien mir zu plakativ. Ich werde über den Titel noch einmal nachdenken müssen.
Die unreinen Reime in Strophe 3 sind voller Absicht so, da jedes Gesetz nun eindeutig Menschenwerk und damit brüchig ist. Das muss nicht gefallen und das tut es ja auch nicht. Zunächst hantierte ich mit Geschwätz als Reimpartner, vielleicht versuche ich da noch etwas. Danke auch für diesen Hinweis.
Den Kritikpunkt hinsichtlich der letzten Strophe akzeptiere ich, kann und werde aber daran nichts ändern, weil ich einfach auf so etwas stehe. Den Betonungsvorwurf hinsichtlich des Einreihens kann ich nicht nachvollziehen. Ich meine, dass sich durch die inhaltliche und sprachliche Akzentuierung des unmittelbaren Vorgängers die natürlich Betonung des Wortes „einreiht“ verändert. Bei mir ist das jedenfalls so, daher bin ich auch hier stur.
Vielen Dank für das Feedback!
Mattes
Nachtrag: Oha, jetzt kam auch Sir William noch hinzu. Ich danke auch dir, vor allem, weil meine Strophe 3 etwas glimpflicher wegkommt. Ansonsten habe ich dem nicht viel hinzuzufügen, außer den erneuten Verweis auf mein Gefallen an Strophe 4, welches mir eine Änderung verbietet.
Muhphisto? Nein, das ist das Cover des Albums „In Absentia“ von Porcupine Tree. Und auf den Paten bin ich auch gespannt. Wenn ich ehrlich bin, habe ich ja darauf spekuliert, wenigstens einen Kommentar sicher zu erhalten.
Hallo Marge!
Ist dein Vorschlag zugleich die Aussage, dass mein Titel nichts taugt? Ich fürchte, das ist es und ich denke, ihr habt recht.
Dein Vorschlag gefällt mir sehr gut, ist mir aber zu groß, denn so weit ist das mit der Philosophie in diesem Stück ja nicht her. Ich habe mich jedenfalls anders entschieden, danke dir aber für die Anregung.
Gruß zurück
Mattes
Ist dein Vorschlag zugleich die Aussage, dass mein Titel nichts taugt? Ich fürchte, das ist es und ich denke, ihr habt recht.
Dein Vorschlag gefällt mir sehr gut, ist mir aber zu groß, denn so weit ist das mit der Philosophie in diesem Stück ja nicht her. Ich habe mich jedenfalls anders entschieden, danke dir aber für die Anregung.
Gruß zurück
Mattes
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