Oh Motte, diesen lyrische Schnappschuss finde ich sehr gelungen. Den Moment, den du da eingefangen hast, glaube ich auch gut zu kennen, so daß mir das ganze Geschehen von der ersten bis zur letzten Silbe sofort plastisch vor Augen stand (und im Herzen). "Empathische Resonanz" könnte man so etwas nennen. Der Gedanke eines anderen, vielleicht sogar "toten" Dichters schwebt plötzlich so lebendig über dir, richtet sich "an" dich und spricht "für" dich, dass du wie getroffen bist von der Übereinstimmung mit dem eigenen Gefühl, dich gemeint, geliebt und verstanden fühlst, mehr als vielleicht von deinen lebenden Mitmenschen.
Für jemanden, der von außen dazukommt oder draufkuckt, kann das sehr gefühlsduselig wirken, wenn da jemand zwischen Büchern Herzklopfen bekommt, weint oder andere Ausbrüche hat... Dadurch dass du ganz nüchtern, fast lakonisch beschreibst, was vorgeht, kommt die Situation aber nicht sentimental rüber. Der Verzicht auf Reime nützt der Wirkung sicher auch. Den brillianten Schußpunkt aber bildet das Wort "Richtmarke", weil du damit den Skeptikern Zucker gibst, die "Gefühle" dieser Art gerne mit irgendeiner Über- oder Untervesorgung des Gehirns erklären.
Das Herzpochen kann dem Ich keiner mehr nehmen, und warum sich mein Puls bei dem Lesen deines Gedichtes auch etwas erhöht hat (obwohl ich Nichtraucher bin
), nehme ich jetzt erst einmal dankbar hin, ohne es weiter zu ergründen...
Liebe Grüße, Ulli