Hallo Olaf.
Für mich wird hier folgendes Bild aufgebaut.
Das LyrI "ahnt" den Kuss, sieht ihn kommen - hier wird der Körper angesprochen. Der Puls geht hoch, die Verästelungen sind die pochenden Adern.
Die Stelle
"heben sich entgegen"
"aller gewohnheit entsagt"
Lese ich "zweimal". Erst: "heben sich entgegen aller gewohnheit."
und: "gewohneit entsagt"
Das hat mir sehr gefallen, diese Stelle.
"zittrig verlangt der Atem"
"bläht sich zu einem Sturm"
Die Aufgeregtheit wird hier noch gesteigert, der zittrige Atem verlangt - bläht sich sogar zum Sturm auf.
die dritte strophe sehe ich als Höhepunkt - hier ist der Augenblick gemeint, er soll bleiben, noch und noch.
Die Zeilenschaltung hats mir hier besonders angetan.
bleib
noch
und noch
Wenn ich das laut lese hab' ich da mein Augenmerk auf der Atmung.
bleib - ein
noch - aus
und -ein noch - aus (letzte etwas schneller gelesen.)
Starke Stelle - hier wird die Sehnsucht voll ausgespielt und sogleich enttäuscht.
"schon ahnen sie wieder laut"
Ahnen, laut - die beiden Schlüsselwörter. Laut macht das Gespräch klar, die Störung des Augenblicks.
Ahnen spiegelt die Unwichtigkeit wider.
Ganz klar ist es natürlich nicht für mich, ob es nicht doch zum Kuss kam, die dritte Strophe kann auch als solches gesehen werden, aber der Schluss wäre dann nicht so hart, zwar auch, aber nicht ganz.
Sehr gelungen, Respekt.
edit: Ganz hab ichs vergessen - eine Frage habe ich: Wieso schreibst du alles klein?
Lg sEweil.