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Tempelhofer Bergfrühling
Wenn du auf Kopfsteinpflaster zwischen Stuckfassaden
zum Ökomarkt hinaufgehst, am Chamissoplatz,
wo im Karrée der Bäume Frauen mit der TAZ
die Krähen von der Brunnenplansche scheuchen
und, aus dem Schneeanzug geschlüpft, mit nackten Waden
die ersten Kinder übern Spielplatz keuchen…
und du die Augen schließt, weil dich die Fenster blitzen
und stehen bleibst im Sonnenlicht, bis du vergisst,
warum du kamst - weißt du auf einmal, wo du bist:
du spürst, wie sich die Pflastersteine heben,
du fühlst das Land, den Wind und riechst durch alle Ritzen
die frische Erde und das Grün der Reben.
Wenn du auf Kopfsteinpflaster zwischen Stuckfassaden
zum Ökomarkt hinaufgehst, am Chamissoplatz,
wo im Karrée der Bäume Frauen mit der TAZ
die Krähen von der Brunnenplansche scheuchen
und, aus dem Schneeanzug geschlüpft, mit nackten Waden
die ersten Kinder übern Spielplatz keuchen…
und du die Augen schließt, weil dich die Fenster blitzen
und stehen bleibst im Sonnenlicht, bis du vergisst,
warum du kamst - weißt du auf einmal, wo du bist:
du spürst, wie sich die Pflastersteine heben,
du fühlst das Land, den Wind und riechst durch alle Ritzen
die frische Erde und das Grün der Reben.
#2
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Tempelhofer Bergfrühling
in Natur 01.04.2006 16:34von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Ulli,
long time, no read.
Da stolpere ich hier rein und finde dieses ausgezeichnete "Natur"-Gedicht im Rahmen von Tempelhofs Asphaltidylle.
Da verzeihe ich auch, dass mir bei sämtlichen Eindrücken, die ich hier in Berlin im Frühling so nachfühlen kann, mir doch das Grün von Weinreben eher fremd ist. Efeu ist mir da im Stadtbild vertrauter, aber was reimt sich schon auf Efeu?
Nein, wirklich, ganz tolle Sache. Bringt den Frühling gar in die vier Wände.
Große Anerkennung.
Grüße,
GerateWohl
long time, no read.
Da stolpere ich hier rein und finde dieses ausgezeichnete "Natur"-Gedicht im Rahmen von Tempelhofs Asphaltidylle.
Da verzeihe ich auch, dass mir bei sämtlichen Eindrücken, die ich hier in Berlin im Frühling so nachfühlen kann, mir doch das Grün von Weinreben eher fremd ist. Efeu ist mir da im Stadtbild vertrauter, aber was reimt sich schon auf Efeu?
Nein, wirklich, ganz tolle Sache. Bringt den Frühling gar in die vier Wände.
Große Anerkennung.
Grüße,
GerateWohl
Danke GW,
es ist nur eine Frage der Zeit, dass man in den Tempelhofer Bergen, wenn man dort wohnt, den Wein riecht - denn viel länger als hier der Asphalt liegt, wurde auf acht Tempelhofer Bergen (den Ausläufern des Teltow) Wein angebaut: vom späten Mittelalter bis Mitte des 18. Jahrhunderts, und zwar vor allem von den Johannitern und dem Templerorden (den Begründern der Ortschaft Tempelhof).
Der markanteste dieser Weinhügel war übrigens der sogenannte Sandberg oder Runde Weinberg, auf den Schinkel nach den Befreiungskriegen 1821 ein Nationaldenkmal errichtete mit einem eisernen Kreuz auf der Spitze, das der 66-Meter-Erhebung den Namen Keuzberg gab.
Wie es um 1830 hier aussah, kann dir folgende Ansicht von Herrn Hintze vermitteln:
[url=http://www.abelprisen.no/en/abel/bio3.html]
Na, riechste schon was?
Frühlingsgrüße, Ulli
P.S.
Das Reimwort Reben stand als erstes fest...
es ist nur eine Frage der Zeit, dass man in den Tempelhofer Bergen, wenn man dort wohnt, den Wein riecht - denn viel länger als hier der Asphalt liegt, wurde auf acht Tempelhofer Bergen (den Ausläufern des Teltow) Wein angebaut: vom späten Mittelalter bis Mitte des 18. Jahrhunderts, und zwar vor allem von den Johannitern und dem Templerorden (den Begründern der Ortschaft Tempelhof).
Der markanteste dieser Weinhügel war übrigens der sogenannte Sandberg oder Runde Weinberg, auf den Schinkel nach den Befreiungskriegen 1821 ein Nationaldenkmal errichtete mit einem eisernen Kreuz auf der Spitze, das der 66-Meter-Erhebung den Namen Keuzberg gab.
Wie es um 1830 hier aussah, kann dir folgende Ansicht von Herrn Hintze vermitteln:
[url=http://www.abelprisen.no/en/abel/bio3.html]
Na, riechste schon was?
Frühlingsgrüße, Ulli
P.S.
Das Reimwort Reben stand als erstes fest...
#4
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Tempelhofer Bergfrühling
in Natur 01.04.2006 17:38von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Ulli,
ich bin zwar weder Berliner noch Weinliebhaber (was mich eigentlich schon disqualifizieren müsste, hier etwas zu schreiben), aber ich wage dennoch ein paar Worte.
Im Grunde kann ich mich GerateWohl nur anschließen - du bringst den Frühling, der gerade in diesem Moment wieder unendlich weit weg zu sein scheint (es regnet in Strömen und es ist wieder kalt geworden), ein kleines bisschen in unsere Zimmer rein.
Das Gedicht ist an sich schon ein Genuss zu lesen (wunderbare Reime, herrliche Bilder, formal wie immer perfekt, wie man es von dir mittlerweile gewöhnt ist), aber nach deiner Erklärung des Ursprungs von Tempelhof kann ich das Gedicht nun noch ein bisschen mehr genießen.
Wirklich sehr beeinruckend! Ich danke dir für dieses Kleinod, das mich noch oft über die trüben Tage der Übergangszeit hinwegtrösten wird.
Grüße
Thomas
ich bin zwar weder Berliner noch Weinliebhaber (was mich eigentlich schon disqualifizieren müsste, hier etwas zu schreiben), aber ich wage dennoch ein paar Worte.
Im Grunde kann ich mich GerateWohl nur anschließen - du bringst den Frühling, der gerade in diesem Moment wieder unendlich weit weg zu sein scheint (es regnet in Strömen und es ist wieder kalt geworden), ein kleines bisschen in unsere Zimmer rein.
Das Gedicht ist an sich schon ein Genuss zu lesen (wunderbare Reime, herrliche Bilder, formal wie immer perfekt, wie man es von dir mittlerweile gewöhnt ist), aber nach deiner Erklärung des Ursprungs von Tempelhof kann ich das Gedicht nun noch ein bisschen mehr genießen.
Wirklich sehr beeinruckend! Ich danke dir für dieses Kleinod, das mich noch oft über die trüben Tage der Übergangszeit hinwegtrösten wird.
Grüße
Thomas
Hallo Ulli,
Ich lese dein Gedicht und denke:
"Schön! Wie macht er das bloß?
Geht Raus, erlebt, sieht, fühlt und hält dies DIREKT in einem Gedicht fest.
Fängt es ein für Viele, nicht nur für sich. Schön!"
Jaaa..., und dann lese ich weiter und lese deine Antwort auf GerateWohls
Kommentar und denke:
"Das war wohl von langer Hand geplant!?!
Ein kleiner Exkurs in die Kreuzberger Geschichte? Möchte da jemand mit
seinem (neu erworbenem) Wissen prahlen?!"
Wott ewwa! Ick mag`s. Dit Jedicht und Kreuzberg!
Liebe Jrüße,
smartie
Ich lese dein Gedicht und denke:
"Schön! Wie macht er das bloß?
Geht Raus, erlebt, sieht, fühlt und hält dies DIREKT in einem Gedicht fest.
Fängt es ein für Viele, nicht nur für sich. Schön!"
Jaaa..., und dann lese ich weiter und lese deine Antwort auf GerateWohls
Kommentar und denke:
"Das war wohl von langer Hand geplant!?!
Ein kleiner Exkurs in die Kreuzberger Geschichte? Möchte da jemand mit
seinem (neu erworbenem) Wissen prahlen?!"
Wott ewwa! Ick mag`s. Dit Jedicht und Kreuzberg!
Liebe Jrüße,
smartie
Hallo Smartie,
mein Kommentar kam wohl ziemlich altklug daher, oder neuklug?
Da ich schon länger hier wohne, habe ich immer wieder von den Weinbergen gelesen, und möglicherweise hätte ich ohne dieses Wissen den Wein nie gerochen...
Trotzdem war es auch für mich ein Erlebnis, was mich überkam. Solche Empfindungen kann man nicht planen. Es gibt bestimmt viele Historiker, die nichts riechen. Ich habe mir einfach einen Menschen vorgestellt, der nichts weiss und trotzdem riecht. (Selig die...)
Schade, dass das jetzt so konstruiert wirkt.
Mann, wat jibste ooch so an?
Liebe Jrüße zurück,
Ulli
mein Kommentar kam wohl ziemlich altklug daher, oder neuklug?
Da ich schon länger hier wohne, habe ich immer wieder von den Weinbergen gelesen, und möglicherweise hätte ich ohne dieses Wissen den Wein nie gerochen...
Trotzdem war es auch für mich ein Erlebnis, was mich überkam. Solche Empfindungen kann man nicht planen. Es gibt bestimmt viele Historiker, die nichts riechen. Ich habe mir einfach einen Menschen vorgestellt, der nichts weiss und trotzdem riecht. (Selig die...)
Schade, dass das jetzt so konstruiert wirkt.
Mann, wat jibste ooch so an?
Liebe Jrüße zurück,
Ulli
Hallo Ulli,
soo, jetzt hab ich mich auch mal wieder verguckt und das ordentlich, und zwar genau in dieses Gedicht.
Wirklich sehr, sehr schön - gefällt mir ausgesprochen. Mehr als dieses blanke Lob kann ich gerade nicht rausbringen, entschuldige daher den kurzen Kommentar.
Liebe Grüße
apple
P.S.: Ich hab Dir auch 'ne PN geschrieben, aber zur Sicherheit nochmals an dieser Stelle. Da ich meine Sig ich immer fremden Werken bestücke, Dir mir sehr gefallen, hab ich erdrissen, Deinen Frühling aufzunehmen. Ich hoffe, das ist in Ordnung.
soo, jetzt hab ich mich auch mal wieder verguckt und das ordentlich, und zwar genau in dieses Gedicht.
Wirklich sehr, sehr schön - gefällt mir ausgesprochen. Mehr als dieses blanke Lob kann ich gerade nicht rausbringen, entschuldige daher den kurzen Kommentar.
Liebe Grüße
apple
P.S.: Ich hab Dir auch 'ne PN geschrieben, aber zur Sicherheit nochmals an dieser Stelle. Da ich meine Sig ich immer fremden Werken bestücke, Dir mir sehr gefallen, hab ich erdrissen, Deinen Frühling aufzunehmen. Ich hoffe, das ist in Ordnung.
Ein wunderbares Gedicht, Ulli. Meine Anerkennung hattest du ja schon, hiermit wächst sie noch. Ein ausgefallenes Reimschema und das fast schon Ulli-typische Rondo tragen einen schwerelos durch ein schönes Frühlingsgedicht, so dass man sich glatt vorstellen kann, dass man die Reben durch den Asphalt riechen könnte, wenn man sich nur darauf einließe. Sehr schön.
Das Gerede um Konstruktion und Prahlerei kann ich übrigens null nachvollziehen.
DG
Mattes
Das Gerede um Konstruktion und Prahlerei kann ich übrigens null nachvollziehen.
DG
Mattes
Hi Ulli,
na, wenn denn noch weitere Kommentare kommen, dann kann ich ja auch zugeben, dass ich nur aus Bequemlichkeit noch nichts dazu geschrieben habe: Als Rucksackberlinerin, oder - seit 28 Jahren in Berlin lebend und darob vielleicht schon 'eingebürgert' - auch von mir eine hohe Anerkennung für dieses schön verträumte und gut beobachtete Berlin-Chamissoplatz-Atmosphäre.
LG - Uschi
na, wenn denn noch weitere Kommentare kommen, dann kann ich ja auch zugeben, dass ich nur aus Bequemlichkeit noch nichts dazu geschrieben habe: Als Rucksackberlinerin, oder - seit 28 Jahren in Berlin lebend und darob vielleicht schon 'eingebürgert' - auch von mir eine hohe Anerkennung für dieses schön verträumte und gut beobachtete Berlin-Chamissoplatz-Atmosphäre.
LG - Uschi
Zitat: |
smartie schrieb am 06.04.2006 16:09 Uhr: Das Prahlen bezog sich keineswegs auf das Gedicht, sondern nur auf einen Kommentar. |
Auffallend richtig, was aber nichts ändert.
Zitat: |
Und daß es dadurch konstruiert wirken soll, habe ich nimmer nich behauptet! |
Ich auch nicht.
Zitat: |
Würde ich mich auch gar nicht wagen. |
Ich schon.
Spamming, ich weiß. Es tut mir leid.
#14
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Tempelhofer Bergfrühling
in Natur 06.04.2006 21:53von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Ulli
Ich habe nicht alle Kommentare gelesen, deshalb kann es gut sein, dass man dir schon die komische Zeichensetzung, die du hier verwendest, angekreidet hat. Im Normalfall bin ich es ja, die damit Probleme hat, aber mir fällt auf, dass sie hier einfach nicht stimmig ist. Ich füge mal ein, wie ich es tun würde:
Tempelhofer Bergfrühling
Wenn du auf Kopfsteinpflaster, zwischen Stuckfassaden,
zum Ökomarkt hinaufgehst - am Chamissoplatz,
wo im Karrée der Bäume Frauen mit der TAZ
die Krähen von der Brunnenplansche scheuchen
und aus dem Schneeanzug geschlüpft, mit nackten Waden,
die ersten Kinder übern Spielplatz keuchen,
und du (du dann?) die Augen schließt, weil dich die Fenster blitzen
und stehen bleibst im Sonnenlicht, bis du vergisst
warum du kamst - weißt du (auf ?)einmal, wo du bist.
Du spürst, wie sich die Pflastersteine heben;
du fühlst das Land; den Wind und riechst durch alle Ritzen
die frische Erde und das Grün der Reben.
Darüber lässt sich jetzt natürlich streiten, aber die ganze Beschreibung des Weges würde ich zwischen zwei Gedankenstriche setzen. In Klammer habe ich noch eingefügt, was mir persönlich besser gefallen würde.
Übrigens… ein Klassewerk!
Gruss
Margot
P.S. Sollte ich Berlin einmal besuchen, werde ich mich sicher daran erinnern und den Weg abschreiten.
Ich habe nicht alle Kommentare gelesen, deshalb kann es gut sein, dass man dir schon die komische Zeichensetzung, die du hier verwendest, angekreidet hat. Im Normalfall bin ich es ja, die damit Probleme hat, aber mir fällt auf, dass sie hier einfach nicht stimmig ist. Ich füge mal ein, wie ich es tun würde:
Tempelhofer Bergfrühling
Wenn du auf Kopfsteinpflaster, zwischen Stuckfassaden,
zum Ökomarkt hinaufgehst - am Chamissoplatz,
wo im Karrée der Bäume Frauen mit der TAZ
die Krähen von der Brunnenplansche scheuchen
und aus dem Schneeanzug geschlüpft, mit nackten Waden,
die ersten Kinder übern Spielplatz keuchen,
und du (du dann?) die Augen schließt, weil dich die Fenster blitzen
und stehen bleibst im Sonnenlicht, bis du vergisst
warum du kamst - weißt du (auf ?)einmal, wo du bist.
Du spürst, wie sich die Pflastersteine heben;
du fühlst das Land; den Wind und riechst durch alle Ritzen
die frische Erde und das Grün der Reben.
Darüber lässt sich jetzt natürlich streiten, aber die ganze Beschreibung des Weges würde ich zwischen zwei Gedankenstriche setzen. In Klammer habe ich noch eingefügt, was mir persönlich besser gefallen würde.
Übrigens… ein Klassewerk!
Gruss
Margot
P.S. Sollte ich Berlin einmal besuchen, werde ich mich sicher daran erinnern und den Weg abschreiten.
Danke Margot,
dass du genau hingeschaut hast:
natürlich muss es S2Z3 "auf einmal" heißen! (grober Flüchtigkeitsfehler)
S2Z1 "du dann" ist eine Variante, die mir noch nicht in den Sinn kam, obwohl ich das Wörtchen "dann" auch schon mal drin hatte. Ich übernehme sie (wenn du erlaubst) probeweise für ein paar Tage und entscheide mich dann noch einmal neu...
Bei der Zeichensetzung habe ich nach Rücksprache mit meinem Sohn, der sie gerade in der Schule lernt, andere Vorstellungen als du. Das werde ich noch im Detail begründen, da ich jetzt keine Zeit mehr habe...
Da sieht man, wieviel Konstruktion an einem Gedicht ist...
dass du genau hingeschaut hast:
natürlich muss es S2Z3 "auf einmal" heißen! (grober Flüchtigkeitsfehler)
S2Z1 "du dann" ist eine Variante, die mir noch nicht in den Sinn kam, obwohl ich das Wörtchen "dann" auch schon mal drin hatte. Ich übernehme sie (wenn du erlaubst) probeweise für ein paar Tage und entscheide mich dann noch einmal neu...
Bei der Zeichensetzung habe ich nach Rücksprache mit meinem Sohn, der sie gerade in der Schule lernt, andere Vorstellungen als du. Das werde ich noch im Detail begründen, da ich jetzt keine Zeit mehr habe...
Da sieht man, wieviel Konstruktion an einem Gedicht ist...
Hier bin ich noch einmal...
Als Kurzzeit-Lektor und als Langzeit-Vater musste ich mich zwangsläufig mehr mit Rechtschreibung und Zeichensetzung befassen, als mir ursprünglich lieb war, und habe als Prinzip begriffen: syntaktische Einheiten wie Nebensätze, Beifügungen und Aufzählungen werden durch Kommata abgetrennt - Atempausen, persönliche Vorlieben und individuelle Betonungen werden in der Regel nicht berücksichtigt.
Konkret: "Wenn du im Regen unter einem Baum zum Himmel schaust" sind das m. E. drei adverbiale Bestimmungen des Ortes, die nichtdurch Kommata abgetrennt werden. Dasselbe gilt für die "Stuckfassaden". Ich plädiere für kein Komma, es sei denn, man liest sie als Einschub oder als Teil einer Aufzählung (als was ich sie nicht verstehe)...
"aus dem Schneeanzug geschlüpft" ist eine adverbiale Bestimmung der Art und Weise, die nicht durch Kommata getrennt werden müsste, würde sie hier nicht - erkennbar an dem Partizip "geschlüpft" - in der Funktion eines Nebensatzes stehen: "nachdem sie aus dem Schneeanzug geschlüpft sind". Das übergeordnete Nebensatzpaar ist: "wo Frauen... scheuchen und ... Kinder ... keuchen". Die mit "und" verbundenen Nebensätze bedürfen keines Kommas, wohl aber der eingefügte Nebensatz nach dem "und". Die "nackten Waden" kann man als Einfügung lesen, muss man aber nicht. Wäre der Satz ein Haupsatz, hieße er: "Aus dem Schneeanzug geschlüpft, keuchen sie mit nackten Waden über den Spielplatz." Keiner käme auf die Idee, hier ein Komma zu setzen.
2. Strophe: nach "blitzen" muss ein Komma, weil der Nebensatz dort endet. Die übergeordnete Nebensatzkonstruktion heisst: Wenn du ... hinaufgehst ... und die Augen schließt ... und stehen bleibst".
Der "weil"- Satz ist untergeordnet, ebenso der Satz "bis du vergisst", von dem ein weiterer Nebensatz abzweigt: "warum du kamst" - ebenfalls durch Kommata abzutrennen.
Der Rest ist Geschmackssache. Ein Semikolon lädt zum Verweilen ein, und macht das Ende vielleicht etwas ruhiger. Aber als Zwitterwesen zwischen Punkt und Komma hat es auch etwas Unentschiedenes. Ich werde dem nachdenken.
Hoffentlich liest das jetzt keiner als Prahlerei. Es ist nur ein Hinweis darauf, dass meine Zeichensetzung so "komisch" nicht war, es sei denn, man findet Rechtschreibung überhaupt "komisch", aber wer in Deutschland tut das schon...?
Vielleicht ist es in der Schweiz auch ganz anders? Schließlich sind die Berge dort viel höher, und man muss, um sie hinaufzuklettern, ab und zu ein paar Pausen einlegen. Habe ich schon zugegeben, dass der Kreuzberg ganze 66 Meter misst?
Margot, kommst du trotzdem noch nach Berlin? Ich verspreche dir auch, kein Wort über Zeichensetzung zu verlieren...
Sincereulli
Als Kurzzeit-Lektor und als Langzeit-Vater musste ich mich zwangsläufig mehr mit Rechtschreibung und Zeichensetzung befassen, als mir ursprünglich lieb war, und habe als Prinzip begriffen: syntaktische Einheiten wie Nebensätze, Beifügungen und Aufzählungen werden durch Kommata abgetrennt - Atempausen, persönliche Vorlieben und individuelle Betonungen werden in der Regel nicht berücksichtigt.
Konkret: "Wenn du im Regen unter einem Baum zum Himmel schaust" sind das m. E. drei adverbiale Bestimmungen des Ortes, die nichtdurch Kommata abgetrennt werden. Dasselbe gilt für die "Stuckfassaden". Ich plädiere für kein Komma, es sei denn, man liest sie als Einschub oder als Teil einer Aufzählung (als was ich sie nicht verstehe)...
"aus dem Schneeanzug geschlüpft" ist eine adverbiale Bestimmung der Art und Weise, die nicht durch Kommata getrennt werden müsste, würde sie hier nicht - erkennbar an dem Partizip "geschlüpft" - in der Funktion eines Nebensatzes stehen: "nachdem sie aus dem Schneeanzug geschlüpft sind". Das übergeordnete Nebensatzpaar ist: "wo Frauen... scheuchen und ... Kinder ... keuchen". Die mit "und" verbundenen Nebensätze bedürfen keines Kommas, wohl aber der eingefügte Nebensatz nach dem "und". Die "nackten Waden" kann man als Einfügung lesen, muss man aber nicht. Wäre der Satz ein Haupsatz, hieße er: "Aus dem Schneeanzug geschlüpft, keuchen sie mit nackten Waden über den Spielplatz." Keiner käme auf die Idee, hier ein Komma zu setzen.
2. Strophe: nach "blitzen" muss ein Komma, weil der Nebensatz dort endet. Die übergeordnete Nebensatzkonstruktion heisst: Wenn du ... hinaufgehst ... und die Augen schließt ... und stehen bleibst".
Der "weil"- Satz ist untergeordnet, ebenso der Satz "bis du vergisst", von dem ein weiterer Nebensatz abzweigt: "warum du kamst" - ebenfalls durch Kommata abzutrennen.
Der Rest ist Geschmackssache. Ein Semikolon lädt zum Verweilen ein, und macht das Ende vielleicht etwas ruhiger. Aber als Zwitterwesen zwischen Punkt und Komma hat es auch etwas Unentschiedenes. Ich werde dem nachdenken.
Hoffentlich liest das jetzt keiner als Prahlerei. Es ist nur ein Hinweis darauf, dass meine Zeichensetzung so "komisch" nicht war, es sei denn, man findet Rechtschreibung überhaupt "komisch", aber wer in Deutschland tut das schon...?
Vielleicht ist es in der Schweiz auch ganz anders? Schließlich sind die Berge dort viel höher, und man muss, um sie hinaufzuklettern, ab und zu ein paar Pausen einlegen. Habe ich schon zugegeben, dass der Kreuzberg ganze 66 Meter misst?
Margot, kommst du trotzdem noch nach Berlin? Ich verspreche dir auch, kein Wort über Zeichensetzung zu verlieren...
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