#1

spurrinnen

in Düsteres und Trübsinniges 10.04.2006 14:47
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
spurrinnen


äckerquerend pflugverfluchend
stolpernd eigensinnig krank
fährten meiner jahre suchend
auf der habenseite blank

wenig wild in diesen tagen
flinten stauben längst im spind
hunde hetzen hasen jagen
dort wo freie felder sind

die nicht schon am waldrand enden
deren spur nun außer sicht
nur in rinnen kann ich wenden
ohne marke geht es nicht

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#2

spurrinnen

in Düsteres und Trübsinniges 10.04.2006 18:49
von Ulli Nois | 554 Beiträge | 554 Punkte
Hallo Mattes,

ich sehe da jemanden atemlos hakenschlagend über die ein Leben lang beackerten Felder stolpern auf der Suche nach bleibenden Spuren...
(Die rastlose Syntax überträgt sich schon auf meinen Kommentar, und das spricht entschieden für das Gedicht.) Das Ich will sein Leben ändern, so die Botschaft, von Wende = Umkehr ist sogar die Rede, aber das kann es nicht ohne das Lesen der eigenen Fährten, die Einsicht in das vergangene Tun. Spurrinen sind eingefahrene Wege, die Halt geben, für den, der sie immer wieder fährt. Und für den, der das Eingefahrene seines Lebens erkennt, können sie zu Wendemarken werden.

"hunde hetzen hasen jagen" läßt sich syntaktisch nicht eindeutig zuordnen. Ich vermute aber, dass es einer früheren Lebensphase angehört, wo das Ich in einem rastlosen Immerweiter über endlose Felder jagte, an die es heute keine Spur von Erinnerung mehr hat.

Selten fand ich Kleinschreibung und fehlende Zeichensetzung so überzeugend wie in diesem Gedicht.

Vielleicht bin ich aber auch auf einer ganz falschen Fährte


Gruß, Ulli

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#3

spurrinnen

in Düsteres und Trübsinniges 10.04.2006 19:32
von Maya (gelöscht)
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Hallo Mattes,

ich kann mich dem Lob von Ulli nur anschließen, auch wenn ich nicht weiß, ob ich alles
richtig verstanden habe. Im Grunde würde ich es ähnlich wie Ulli interpretieren, aber irgendwie scheint mir da auch ein Widerspruch im Gedicht zu sein: In der 1. Strophe wird der symbolisch stehende Pflug, der ja zum Mischen, Lockern und Wenden des Bodens genutzt wird, verflucht.
In der letzten Strophe dagegen scheint das Ich den Pflug doch zu brauchen, weil es ohne die Rinnen nicht wenden kann. Kann auch sein, dass hier ein Erkenntnisprozess beim Ich stattfindet, dass es sich im Laufe des Gedichtes entwickelt. Oder aber das Ich verflucht den Pflug anfangs nur, weil es eben nicht über einen solchen verfügt.
Strophe 2 steht vielleicht dafür, dass dem Ich zur Zeit auch wenig Chancen eingeräumt werden, Spuren in der Zeit zu hinterlassen, es gibt nichts, woran es sich die Zähne ausbeißen, nichts, worin es sich eingraben (evtl. beruflich) kann (alles rinnt, ohne wirklich eine Marke, eine Spur zu hinterlassen).

LG, yamaha

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