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Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
#1
von kein Name angegeben • ( Gast )
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 20.04.2006 23:56von kein Name angegeben • ( Gast )
Hallo,
ich bin neu hier und würde euch gerne diesen Erzählungsversuch vorstellen und vielleicht auch eine Rückmeldung von euch erhalten.
Liebe Grüße
Swann
________________________________________________
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder wie ich lernte, den Winter zu lieben (ein Versuch, etwas zu erzählen)
Der Tag, der meine Kindheit beendete, war einer jener Wintertage, die man selten erlebt, von denen man oft hört, aber die man niemals vergisst. Über die Nacht war Schnee gefallen und als ich früher als gewöhnlich erwachte, weil die nahe gelegene Hauptstraße – wohl aus Ehrfurcht – verstummt war, trübte keine Wolke den klaren Himmel und soweit das noch schlaftrunkene Auge reichte bedeckte jungfräulicher Schnee die Erde, der weißer war als alles, was ich je gesehen hatte. Ich ging in die Küche hinunter und schrieb meiner Mutter einen Zettel, dass ich in die Schule gegangen sei, was gelogen war, und dass ich erst spät zurückkäme, was wahr war.
Die Straße war menschenleer, feierlich und ruhig, wie es häufig vor großen, einschneidenden Ereignissen zu beobachten ist: selbst der notorisch betrunkene Obdachlose an der Ecke hatte sich zur Feier des Tages eine teure Flasche Schnaps gekauft, die seine finanziellen Möglichkeiten bei weitem überschritt. Kurz, die Stadt putzte sich heraus.
Als ich langsamer als es geboten war die Stufen zur Haltestelle der Stadtbahn erklomm und dabei als erster überhaupt meine Abdrücke dem Schnee aufnötigte, fühlte ich die Bedrückung desjenigen, der etwas Perfektes beiläufig zerstört, weil er keine Wahl hat; so muss sich wohl der erste Mensch auf dem Mond gefühlt haben.
Beim Einsteigen drängelte ich mich vor, eine alte Frau schimpfte, keuchte, doch ich hatte Angst hinter ihr nicht mehr reinzupassen; ich wurde rot, und ging so weit weg von ihr wie ich konnte. Ich setzte mich.
- Weißt Du, dieser Schnee ist doch nicht normal, so etwas hatten wir noch nie
- Der Herrgott selber hat sich diese Nacht wohl einen runtergeholt, wie könnte der Schnee sonst so weiß sein?
Während der Sprecher diese Obszönität aussprach, zitterte seine vom Schweiß glitternde Oberlippe auf und ab dann sah er sich gehetzt die Gesichter der Mitreisenden an, als ob er sich vergewissern wollte, dass er es tatsächlich gesagt, es tatsächlich ausgesprochen hatte und fing dann ekelhaft wiehernd an zu lachen.
Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren, doch ich sagte nichts, stand auf und stieg drei Stationen früher als gewöhnlich bleichzitternd mit einem fahlgrauem Geschmack auf der Zunge an einer Haltestelle, an der ich noch nie zuvor (und der Makellosigkeit des Schnees nach urteilend auch niemand anders) gewesen war, aus. In mir stieg eine schneidende Übelkeit hoch, schwarz vor Augen erbrach ich mich heftigst auf den unglaublich weißen Boden. Noch während ich mich auswürgte fiel mein Auge auf eine seltsamste Kirche, die ich je gesehen hatte: vom Grundriss eckig angelegt, mit spitzbögigen Fenstern und einer wulstig runden Kuppel. Ich wischte mir die Kotze vom Mund und ging hilflos einem inneren Drang folgend entschiedenen Schrittes auf die Kirche zu und trat schließlich ein.
Nachdem ich die Kirchenpforten aufgestoßen hatte, kam mir ein Schwall weihrauchgeschwängerter Luft entgegen, der mich kurz benommen machte. Die Messe hatte schon begonnen, doch niemand nahm von mir Notiz; gleichförmig und ignorant standen die Kirchbänke in Reih und Glied im Mittelschiff, der Priester mit dem Rücken zum mäßig vorhandenem Volk zelebrierte gleichgültig und unverständlich die Messe. Langsam ging ich das Mittelschiff entlang bis mich der Anblick einer Frau, ich hätte nicht sagen können, ob alt oder jung, dermaßen fesselte, dass ich in ihre Bankreihe einbog. Sie hatte braune, lange, leicht gelockte Haare, die ihr Gesicht verbargen und trug einen langen, schwarzen Mantel, der ihre Füße verdeckte und schließlich mit dem Boden verschmolz. Sie blickte nicht auf, obwohl ich ihr mittlerweile so nahe war, dass ich ihr Gesicht hätte berühren können, ohne meine Hand groß auszustrecken; erstmals nahm ich jetzt ihr blasses, fast ausdrucksloses Gesicht wahr, dem hohe, ausgeprägte Wangenknochen und eine längliche, gerade Nase einen merkwürdig zurückhaltenden Zug von Härte verliehen und ich sah, dass sie jung war.
Dann – ohne dass ich es hätte vorhersehen können – ergriff sie mein rechtes Bein als wollte sie sie mich daran hindern, loszulaufen.
„Sich einfach wegzuschmeißen, allem zu entfliehen, indem man ihm zuvorkommt; die Rose entblättern bevor sie gebrochen wird. Wenn bloß jemand käme, um von Schönheit und Liebe zu erzählen – der Dolch wär’ dann das Geringste. Würd’ nicht jeder den Dolch wollen, wenn man dafür 15 Minuten im Zimmer des Prinzen bekäme? Aber nichts von alledem, nur endlos dröhnende Langeweile, jeden Tag der gleiche Scheiß, grau reiht sich an grau, und nichts passiert.“ Das dachte Amalie Schnee als ein hagerer, unscheinbarer Junge (oder auch Jugendlicher, das war schwer zu bestimmen) ihre Kirchbank betrat. Wieder wurde ihr bewusst, wie deplaziert sie war. Deplaziert in dieser Kirchbank, deplaziert in dieser seltsamen Kirche, deplaziert in dieser beschissenen Welt, in der nur das zählt, was ist, aber nie das, was sein sollte. Doch sie besann sich, setzte ihren Vorsatz in die Tat um und ergriff entschlossen das knochige Knie des Jungen…
Nachher ging er langsam, sich zuknöpfend den Kirchgang entlang, heraus, wandte sich um, sie lächelte – doch alsbald glitt sie zurück, war verloren für ihn.
Er ging schneller werdend zurück zur Haltestelle, fror und fing wohl auch an zu heulen. Setzte sich auf den schneebedeckten Boden, kauerte sich hin und vergrub sein Gesicht in seinen Armen.
- Die Regionalbahn Richtung *****-Hauptbahnhof Abfahrtszeit 10.50 wird in Kürze einfahren, bitte Vorsicht bei der Einfahrt des Zuges
Er stand langsam auf, sah im Aufstehen eine Plastiktüte im Wind tanzen, fühlte die Kälte, fing an zu rennen, lief, schrie, sprang, hörte noch das Brüllen der Lok – und dann nichts mehr.
ich bin neu hier und würde euch gerne diesen Erzählungsversuch vorstellen und vielleicht auch eine Rückmeldung von euch erhalten.
Liebe Grüße
Swann
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Die Geschichte von Fräulein Schnee oder wie ich lernte, den Winter zu lieben (ein Versuch, etwas zu erzählen)
Der Tag, der meine Kindheit beendete, war einer jener Wintertage, die man selten erlebt, von denen man oft hört, aber die man niemals vergisst. Über die Nacht war Schnee gefallen und als ich früher als gewöhnlich erwachte, weil die nahe gelegene Hauptstraße – wohl aus Ehrfurcht – verstummt war, trübte keine Wolke den klaren Himmel und soweit das noch schlaftrunkene Auge reichte bedeckte jungfräulicher Schnee die Erde, der weißer war als alles, was ich je gesehen hatte. Ich ging in die Küche hinunter und schrieb meiner Mutter einen Zettel, dass ich in die Schule gegangen sei, was gelogen war, und dass ich erst spät zurückkäme, was wahr war.
Die Straße war menschenleer, feierlich und ruhig, wie es häufig vor großen, einschneidenden Ereignissen zu beobachten ist: selbst der notorisch betrunkene Obdachlose an der Ecke hatte sich zur Feier des Tages eine teure Flasche Schnaps gekauft, die seine finanziellen Möglichkeiten bei weitem überschritt. Kurz, die Stadt putzte sich heraus.
Als ich langsamer als es geboten war die Stufen zur Haltestelle der Stadtbahn erklomm und dabei als erster überhaupt meine Abdrücke dem Schnee aufnötigte, fühlte ich die Bedrückung desjenigen, der etwas Perfektes beiläufig zerstört, weil er keine Wahl hat; so muss sich wohl der erste Mensch auf dem Mond gefühlt haben.
Beim Einsteigen drängelte ich mich vor, eine alte Frau schimpfte, keuchte, doch ich hatte Angst hinter ihr nicht mehr reinzupassen; ich wurde rot, und ging so weit weg von ihr wie ich konnte. Ich setzte mich.
- Weißt Du, dieser Schnee ist doch nicht normal, so etwas hatten wir noch nie
- Der Herrgott selber hat sich diese Nacht wohl einen runtergeholt, wie könnte der Schnee sonst so weiß sein?
Während der Sprecher diese Obszönität aussprach, zitterte seine vom Schweiß glitternde Oberlippe auf und ab dann sah er sich gehetzt die Gesichter der Mitreisenden an, als ob er sich vergewissern wollte, dass er es tatsächlich gesagt, es tatsächlich ausgesprochen hatte und fing dann ekelhaft wiehernd an zu lachen.
Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren, doch ich sagte nichts, stand auf und stieg drei Stationen früher als gewöhnlich bleichzitternd mit einem fahlgrauem Geschmack auf der Zunge an einer Haltestelle, an der ich noch nie zuvor (und der Makellosigkeit des Schnees nach urteilend auch niemand anders) gewesen war, aus. In mir stieg eine schneidende Übelkeit hoch, schwarz vor Augen erbrach ich mich heftigst auf den unglaublich weißen Boden. Noch während ich mich auswürgte fiel mein Auge auf eine seltsamste Kirche, die ich je gesehen hatte: vom Grundriss eckig angelegt, mit spitzbögigen Fenstern und einer wulstig runden Kuppel. Ich wischte mir die Kotze vom Mund und ging hilflos einem inneren Drang folgend entschiedenen Schrittes auf die Kirche zu und trat schließlich ein.
Nachdem ich die Kirchenpforten aufgestoßen hatte, kam mir ein Schwall weihrauchgeschwängerter Luft entgegen, der mich kurz benommen machte. Die Messe hatte schon begonnen, doch niemand nahm von mir Notiz; gleichförmig und ignorant standen die Kirchbänke in Reih und Glied im Mittelschiff, der Priester mit dem Rücken zum mäßig vorhandenem Volk zelebrierte gleichgültig und unverständlich die Messe. Langsam ging ich das Mittelschiff entlang bis mich der Anblick einer Frau, ich hätte nicht sagen können, ob alt oder jung, dermaßen fesselte, dass ich in ihre Bankreihe einbog. Sie hatte braune, lange, leicht gelockte Haare, die ihr Gesicht verbargen und trug einen langen, schwarzen Mantel, der ihre Füße verdeckte und schließlich mit dem Boden verschmolz. Sie blickte nicht auf, obwohl ich ihr mittlerweile so nahe war, dass ich ihr Gesicht hätte berühren können, ohne meine Hand groß auszustrecken; erstmals nahm ich jetzt ihr blasses, fast ausdrucksloses Gesicht wahr, dem hohe, ausgeprägte Wangenknochen und eine längliche, gerade Nase einen merkwürdig zurückhaltenden Zug von Härte verliehen und ich sah, dass sie jung war.
Dann – ohne dass ich es hätte vorhersehen können – ergriff sie mein rechtes Bein als wollte sie sie mich daran hindern, loszulaufen.
„Sich einfach wegzuschmeißen, allem zu entfliehen, indem man ihm zuvorkommt; die Rose entblättern bevor sie gebrochen wird. Wenn bloß jemand käme, um von Schönheit und Liebe zu erzählen – der Dolch wär’ dann das Geringste. Würd’ nicht jeder den Dolch wollen, wenn man dafür 15 Minuten im Zimmer des Prinzen bekäme? Aber nichts von alledem, nur endlos dröhnende Langeweile, jeden Tag der gleiche Scheiß, grau reiht sich an grau, und nichts passiert.“ Das dachte Amalie Schnee als ein hagerer, unscheinbarer Junge (oder auch Jugendlicher, das war schwer zu bestimmen) ihre Kirchbank betrat. Wieder wurde ihr bewusst, wie deplaziert sie war. Deplaziert in dieser Kirchbank, deplaziert in dieser seltsamen Kirche, deplaziert in dieser beschissenen Welt, in der nur das zählt, was ist, aber nie das, was sein sollte. Doch sie besann sich, setzte ihren Vorsatz in die Tat um und ergriff entschlossen das knochige Knie des Jungen…
Nachher ging er langsam, sich zuknöpfend den Kirchgang entlang, heraus, wandte sich um, sie lächelte – doch alsbald glitt sie zurück, war verloren für ihn.
Er ging schneller werdend zurück zur Haltestelle, fror und fing wohl auch an zu heulen. Setzte sich auf den schneebedeckten Boden, kauerte sich hin und vergrub sein Gesicht in seinen Armen.
- Die Regionalbahn Richtung *****-Hauptbahnhof Abfahrtszeit 10.50 wird in Kürze einfahren, bitte Vorsicht bei der Einfahrt des Zuges
Er stand langsam auf, sah im Aufstehen eine Plastiktüte im Wind tanzen, fühlte die Kälte, fing an zu rennen, lief, schrie, sprang, hörte noch das Brüllen der Lok – und dann nichts mehr.
#4
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 21.04.2006 10:04von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Ja, danke - viel besser.
Der Text hat Qualitäten, obwohl ich mir einen anderen Schluss gewünscht hätte. So Selbstmordgeschichten sind einfach nicht mein Ding.
Spricht eigentlich der Junge aus dem Jenseits zu uns? Kleiner Scherz, verdeutlicht aber "das Problem". Womit ich Mühe habe, ist die teils philosophische Denkweise des Jungen. Das scheint mir nicht sehr authentisch und auch etwas überladen, wobei gerade darin die obenerwähnte Qualität zum Ausdruck kommt. An manchen Stellen wäre weniger mehr. Adjektive solltest du spärlicher gebrauchen.
Was die Frau denkt, das würde ich besser abgrenzen. Zu abrupt wechselt dort die Erzählperspektive.
Soweit von mir.
Gruss und willkommen im Tümpel.
Margot
Der Text hat Qualitäten, obwohl ich mir einen anderen Schluss gewünscht hätte. So Selbstmordgeschichten sind einfach nicht mein Ding.
Spricht eigentlich der Junge aus dem Jenseits zu uns? Kleiner Scherz, verdeutlicht aber "das Problem". Womit ich Mühe habe, ist die teils philosophische Denkweise des Jungen. Das scheint mir nicht sehr authentisch und auch etwas überladen, wobei gerade darin die obenerwähnte Qualität zum Ausdruck kommt. An manchen Stellen wäre weniger mehr. Adjektive solltest du spärlicher gebrauchen.
Was die Frau denkt, das würde ich besser abgrenzen. Zu abrupt wechselt dort die Erzählperspektive.
Soweit von mir.
Gruss und willkommen im Tümpel.
Margot
#5
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 21.04.2006 10:17von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Hallo Swann
Willkommen im Tümpel
Auch ich finde diesen Text sehr gut verfasst. Nur habe ich, ebenso wie Margot, Probleme als es sich um die Gedanken des Jungen handelt. Bei dem letzten Absatz in der Kirche mußte ich ein paar Mal darüber lesen um den Faden zu finden und bin mir immer noch nicht sicher.
Was mir aber in erster Linie auffällt ist deine aufgeklärte Art Dinge zu beschreiben. Es hat so eine Art, Verlorenheit, wie die Geschichte erzählt wird.
Das individuum in der Isolation. Im Vakuum seines Selbst.
LG Gem
Ps.: Kannst du den Text nicht ein wenig größer schreiben?
Willkommen im Tümpel
Auch ich finde diesen Text sehr gut verfasst. Nur habe ich, ebenso wie Margot, Probleme als es sich um die Gedanken des Jungen handelt. Bei dem letzten Absatz in der Kirche mußte ich ein paar Mal darüber lesen um den Faden zu finden und bin mir immer noch nicht sicher.
Was mir aber in erster Linie auffällt ist deine aufgeklärte Art Dinge zu beschreiben. Es hat so eine Art, Verlorenheit, wie die Geschichte erzählt wird.
Das individuum in der Isolation. Im Vakuum seines Selbst.
LG Gem
Ps.: Kannst du den Text nicht ein wenig größer schreiben?
#6
von kein Name angegeben • ( Gast )
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 21.04.2006 12:56von kein Name angegeben • ( Gast )
Zitat: |
Margot schrieb am 21.04.2006 10:04 Uhr: Ja, danke - viel besser. Der Text hat Qualitäten, obwohl ich mir einen anderen Schluss gewünscht hätte. So Selbstmordgeschichten sind einfach nicht mein Ding. Spricht eigentlich der Junge aus dem Jenseits zu uns? Kleiner Scherz, verdeutlicht aber "das Problem". Womit ich Mühe habe, ist die teils philosophische Denkweise des Jungen. Das scheint mir nicht sehr authentisch und auch etwas überladen, wobei gerade darin die obenerwähnte Qualität zum Ausdruck kommt. An manchen Stellen wäre weniger mehr. Adjektive solltest du spärlicher gebrauchen. Was die Frau denkt, das würde ich besser abgrenzen. Zu abrupt wechselt dort die Erzählperspektive. |
Vielen Dank für Deine Rückmeldung (auch Dir, Gemini!), ja Du hast recht, wenn Du sagst, der Junge sei teilweise nicht authentisch, ist er nicht, keine Frage. Allerdings habe ich ihn auch weniger als konkreten Charakter, sondern vielmehr als "Projektionsfläche" gedacht.
Was Deine Kritik an meinem Adjektivgebrauch angeht, so hast Du wohl ebenfalls recht, daran werd ich noch arbeiten müssen.
Liebe Grüße
Swann
#7
von Maya (gelöscht)
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 28.04.2006 15:15von Maya (gelöscht)
Hi Swann,
nun bin ich öfter hier gewesen, ohne Schlammspuren zu hinterlassen, was nun aber schleunigst nachgeholt werden soll, weil es Deine Geschichte (meiner Ansicht nach) absolut verdient hat.
Dein Schreibstil sagt mir zu, es gibt nur wenige Stellen, an denen ich ins Schleudern geraten bin – Marge hat sie bereits erwähnt.
Ansonsten liest sich der Text fließend, aber nicht langweilig (sonst hätte ich ihn nicht zu Ende gelesen, weil ich eher kurze Texte / Gedichte favorisiere).
Ich fische mal die Stellen heraus, die ich – bedenkt man, dass dies Deine erste Kurzgeschichte ist - für bemerkenswert halte.
„Ich ging in die Küche hinunter und schrieb meiner Mutter einen Zettel, dass ich in die Schule gegangen sei, was gelogen war, und dass ich erst spät zurückkäme, was wahr war.“
„Als ich langsamer als es geboten war die Stufen zur Haltestelle der Stadtbahn erklomm und dabei als erster überhaupt meine Abdrücke dem Schnee aufnötigte, fühlte ich die Bedrückung desjenigen, der etwas Perfektes beiläufig zerstört, weil er keine Wahl hat;“
Auch den Mann, der so obszön spricht, hast Du gut beschrieben. Mir gefällt die punktgenaue Beobachtung an dieser Stelle, wie reagiert der Kerl, was kann man aus den Schweißperlen auf seiner Oberlippe und den hektisch umhersuchenden Blicken für Rückschlüsse ziehen.
Ist der folgende Satz von Dir? Beachtlich!
„Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren“
Dann wieder der Bezug zum Schnee:
„ mit fahlgrauem Geschmack auf der Zunge an einer Haltestelle, an der ich noch nie zuvor (und der Makellosigkeit des Schnees nach urteilend auch niemand anders) gewesen war, aus.“
Darauf folgt der Absatz mit dem Grundriss der Kirche. Hier hättest Du Dich beim Beschreiben vielleicht etwas mehr ins Zeug legen können. Ich mag Kirchen, alte Burgen und Schlösser unheimlich gern (auch als Atheist), für meinen Geschmack fehlt hier etwas, was die Besonderheit dieser Kirche, die das lyrIch erwähnt, dokumentiert. Der Grundriss, die Fenster, die Kuppel allein, werden’s wohl nicht gewesen sein (zu viel Reim, nein? ).
Es folgt nun der Teil, wo die Perspektive wechselt und den ich ebenfalls für etwas verwirrend und daher für überarbeitungsbedürftig halte.
Der Schluss gefällt mir dann wieder, nur könntest Du das *völlig durch den Wind sein* des Jungen noch klarer herausstellen, wenn Du den angefangenen Faden („Die Regionalbahn Richtung *****-Hauptbahnhof“) weiterspinnen würdest, indem auch die konkrete Uhrzeit im Unbestimmten gelassen wird, (z.B. Abfahrtszeit ***Uhr fünfzig) und die restlichen Worte als Fetzen erscheinen (bit*e Vo*si*ht ----), oder so ähnlich.
Ach so, das was Margot weniger gefallen hat (die philosophisch angehauchten Gedanken, waren bei mir ein Volltreffer )
Hat mir wirklich gut gefallen!
LG, yamaha
nun bin ich öfter hier gewesen, ohne Schlammspuren zu hinterlassen, was nun aber schleunigst nachgeholt werden soll, weil es Deine Geschichte (meiner Ansicht nach) absolut verdient hat.
Dein Schreibstil sagt mir zu, es gibt nur wenige Stellen, an denen ich ins Schleudern geraten bin – Marge hat sie bereits erwähnt.
Ansonsten liest sich der Text fließend, aber nicht langweilig (sonst hätte ich ihn nicht zu Ende gelesen, weil ich eher kurze Texte / Gedichte favorisiere).
Ich fische mal die Stellen heraus, die ich – bedenkt man, dass dies Deine erste Kurzgeschichte ist - für bemerkenswert halte.
„Ich ging in die Küche hinunter und schrieb meiner Mutter einen Zettel, dass ich in die Schule gegangen sei, was gelogen war, und dass ich erst spät zurückkäme, was wahr war.“
„Als ich langsamer als es geboten war die Stufen zur Haltestelle der Stadtbahn erklomm und dabei als erster überhaupt meine Abdrücke dem Schnee aufnötigte, fühlte ich die Bedrückung desjenigen, der etwas Perfektes beiläufig zerstört, weil er keine Wahl hat;“
Auch den Mann, der so obszön spricht, hast Du gut beschrieben. Mir gefällt die punktgenaue Beobachtung an dieser Stelle, wie reagiert der Kerl, was kann man aus den Schweißperlen auf seiner Oberlippe und den hektisch umhersuchenden Blicken für Rückschlüsse ziehen.
Ist der folgende Satz von Dir? Beachtlich!
„Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren“
Dann wieder der Bezug zum Schnee:
„ mit fahlgrauem Geschmack auf der Zunge an einer Haltestelle, an der ich noch nie zuvor (und der Makellosigkeit des Schnees nach urteilend auch niemand anders) gewesen war, aus.“
Darauf folgt der Absatz mit dem Grundriss der Kirche. Hier hättest Du Dich beim Beschreiben vielleicht etwas mehr ins Zeug legen können. Ich mag Kirchen, alte Burgen und Schlösser unheimlich gern (auch als Atheist), für meinen Geschmack fehlt hier etwas, was die Besonderheit dieser Kirche, die das lyrIch erwähnt, dokumentiert. Der Grundriss, die Fenster, die Kuppel allein, werden’s wohl nicht gewesen sein (zu viel Reim, nein? ).
Es folgt nun der Teil, wo die Perspektive wechselt und den ich ebenfalls für etwas verwirrend und daher für überarbeitungsbedürftig halte.
Der Schluss gefällt mir dann wieder, nur könntest Du das *völlig durch den Wind sein* des Jungen noch klarer herausstellen, wenn Du den angefangenen Faden („Die Regionalbahn Richtung *****-Hauptbahnhof“) weiterspinnen würdest, indem auch die konkrete Uhrzeit im Unbestimmten gelassen wird, (z.B. Abfahrtszeit ***Uhr fünfzig) und die restlichen Worte als Fetzen erscheinen (bit*e Vo*si*ht ----), oder so ähnlich.
Ach so, das was Margot weniger gefallen hat (die philosophisch angehauchten Gedanken, waren bei mir ein Volltreffer )
Hat mir wirklich gut gefallen!
LG, yamaha
#8
von kein Name angegeben • ( Gast )
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 28.04.2006 16:29von kein Name angegeben • ( Gast )
Zitat: |
Ist der folgende Satz von Dir? Beachtlich! „Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren“ |
Nein, das ist ein Zitat aus "Emilia Galotti" von Gotthold Ephraim Lessing. Wer E. G. kennt, erkennt vielleicht noch weitere Anspielungen vor allem im zweiten Teil. Nur um das klarzustellen: ich wollte mich hier nicht mit fremden Federn schmücken, ich dachte nur, dass dieser Satz allgemein bekannt ist und ihn mir niemand fälschlicherweise zuschreibt. Zuerst hatte ich ihn auch in Anführungszeichen, doch ich fand, dass dies den Textfluss stört.
Zitat: |
Darauf folgt der Absatz mit dem Grundriss der Kirche. Hier hättest Du Dich beim Beschreiben vielleicht etwas mehr ins Zeug legen können. Ich mag Kirchen, alte Burgen und Schlösser unheimlich gern (auch als Atheist), für meinen Geschmack fehlt hier etwas, was die Besonderheit dieser Kirche, die das lyrIch erwähnt, dokumentiert. Der Grundriss, die Fenster, die Kuppel allein, werden’s wohl nicht gewesen sein (zu viel Reim, nein? ). |
Hier hatte ich erst mehr, habe das dann aber weggekürzt, weil es ziemlich erbärmlich war.
Zitat: |
Hat mir wirklich gut gefallen! LG, yamaha |
Schön.
#9
von Maya (gelöscht)
Die Geschichte von Fräulein Schnee oder...
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 28.04.2006 16:38von Maya (gelöscht)
Ich wusste, dass ich den Satz kenne, nur nicht mehr, woher...
Olle Lessing war es, sieh an.
An Deiner Stelle würde ich von andern gemopste Sätze nicht ohne Hinweis im Text einfügen. Sonst könnte es tatsächlich so wirken, als wolltest Du Dich mit fremden Federn schmücken. Wenn Dich Anführungszeichen stören, dann füge am Ende des Zitates eine Fußnote ein, oder gib am Ende des Textes einen entsprechenden Hinweis) .
LG, yamaha
Olle Lessing war es, sieh an.
An Deiner Stelle würde ich von andern gemopste Sätze nicht ohne Hinweis im Text einfügen. Sonst könnte es tatsächlich so wirken, als wolltest Du Dich mit fremden Federn schmücken. Wenn Dich Anführungszeichen stören, dann füge am Ende des Zitates eine Fußnote ein, oder gib am Ende des Textes einen entsprechenden Hinweis) .
LG, yamaha
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