#1

Punkte Striche Halbmonde

in Philosophisches und Grübeleien 08.06.2006 23:19
von Roderich (gelöscht)
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Punkte Striche Halbmonde


Das weiße Blatt vor mir
wartet darauf beschrieben
beschmutzt zu werden
mit Herden von
Wörtern Strichen sinnentleert Kann
das Sprache sein?

Und könnte ich nun Buchstaben
zerreißen in einzelne
kleine Punkte würde ich damit
einen Unterschied auf
diesem einen Blatt
machen?

Wer liest was ich
schreibe und was verbirgt
sich hinter des Lesenden Stirn
meine Worte oder seine
oder Bilder oder Punkte Ist
letztlich alle Mühe vergebens?

Einsen Nullen willkürlich
aneinandergereiht und Schlaufen
rauf und Schlaufen runter
Striche hin und Striche her
Wer bestimmt die
Reihenfolge?

Kann ich verknoten Syntax
anders bliebe Sprachkunst das
oder Gebrabbel bloßes wie
von Kleinkindern Künstler
sind sie wie Schimpansen
damals die Maler?

Und wie lange noch kann
ich dem Drang der in
den Finger zuckt widerstehen
einfach nur sinnlos Buch
staben aneinander zu
reihen?

Warum heißen auch Buch
staben Buchstaben wenn
doch manche von ihnen so
rund und gebogen wie kleine
Sonnen oder Halb
monde sind?

Ist uns tatsächlich nichts
Besseres eingefallen als
diese kleinen runden
eckigen strichförmigen
Zeichen zwischen großen
weißen Leerräumen?

Wird das Weiß denn nicht
überbewertet?

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#2

Punkte Striche Halbmonde

in Philosophisches und Grübeleien 13.06.2006 09:07
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Hallo Rod

Auch mein Thema. Ich habe so etwas Ähnliches ja in whiteot beschrieben, wenn auch etwas verkürzt.
Aber eines sehe ich hier als einen Fehler an. Du schreibst am Ende, dass wir das Weiß überbewerten. Du meinst damit, das Blatt Papier, welches beschmutzt werden soll. Besser, oder "richtiger" in dem Zusammenhang wäre doch, dass wir die Schrift überbewerten, und die Leerräume nicht zu würdigen wissen. Du prangerst ja die mindere Qualität unserer Bemühungen an. Wäre da nicht der Kontrast die Leere?
Das Ende überzeugt mich hier also nicht, weil ich das Weiß hier als das Freilassen des Blattes ansehe.
Also denke ich, dass das Weiß dann unterbewertet ist.
So gesehen ist es schön klar beschrieben und man meint deine Stimme zu hören, aber das Ende...Hm...

LG Gem

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#3

Punkte Striche Halbmonde

in Philosophisches und Grübeleien 18.06.2006 09:45
von Roderich (gelöscht)
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Hallo Gem,

vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich, wenn es grundlegend mal gefallen konnte. Allerdings ist dein Einwand durchaus nachvollziehbar. Man kann das Ganze natürlich auch so sehen, daran habe ich beim Schreiben gar nicht gedacht.

Meine Intention war nämlich eine andere: Das Weiß des Papiers sind die Leerräume. Also das, wo nichts ist. Und dieses Nichts wird durch das Einsetzen der Buchstaben letztlich aufgewertet, indem es in einen Kontrast gesetzt wird. Hier sind weniger die Zwischentöne gemeint, die wir übersehen, sondern allein - wie soll ich's beschreiben? - die Tatsache, erst etwas in ein Nichts hineinstanzen zu müssen, damit etwas daraus wird. Doch im Hintergrund ist immer dieses Nichts.

Ich habe keine Ahnung, ob ich mich halbwegs verständlich ausgedrückt habe - wenn nein, dann schrei einfach ganz laut.

Viele Grüße

Thomas

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#4

Punkte Striche Halbmonde

in Philosophisches und Grübeleien 18.06.2006 10:06
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Naja, also eigentlich werthest du ja das Geschriebene ab. Du stellst negative Vergleiche an, sodass ich die Leere als das Höherstehende betrachte. In der Art wie: Vor mir liegt ein weißes Blatt Papier und das ist gut so.
Verstehste?

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#5

Punkte Striche Halbmonde

in Philosophisches und Grübeleien 18.06.2006 10:11
von Roderich (gelöscht)
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Jup, versteh ich. Danke dir für deine Erklärung. Ach, ich weiß ja selbst nicht, was ich eigentlich meine.

Mir scheint, dass ich mich mit meinem Gedicht doch nicht so wirklich ausdrücken konnte, wie ich es wollte. Und das bestätigt mir, dass es wirklich höchste Zeit war, eine kleine schriftstellerische Pause einzulegen. Die letzten Gedichte waren allesamt nicht so berauschend - habe einfach im Mai zu viel geschrieben. Auch das soll vorkommen.

Grüße

Thomas

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#6

Punkte Striche Halbmonde

in Philosophisches und Grübeleien 21.07.2006 12:23
von kein Name angegeben • ( Gast )
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#7

Punkte Striche Halbmonde

in Philosophisches und Grübeleien 21.07.2006 12:29
von Roderich (gelöscht)
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Hallo Stefan,

vielen Dank für deinen Kommentar. Als "Jahrhundertgedicht" kann ich das Gedicht selbst nie im Leben sehen und das nicht nur, weil das Jahrhundert noch nicht wirklich alt ist.

Ich mag solche Spielereien einfach, die sich sprachlich mit der Unmöglichkeit beschäftigen, sich sprachlich auszudrücken. Ein kleiner Spleen von mir.

Zu den Halbmonden: Nun, ein Beistrich (in einer geeigneten Schrift natürlich) sieht für mich wie ein Halbmond aus. Und ich konnte es nicht lassen, dieses Zeichen, das in der letzten Zeit politisch ja immer wieder gerne durchdisktutiert wurde, einzubringen, um hier (wahrscheinlich einen nur für mich selbst sichtbaren) kleinen gedanklichen Ellbogenpuff einzubauen in Richtung "Die Sprache stößt überall an ihre Grenzen, nicht nur bei uns".

Aber natürlich ist dein Einwand, dass die Halbmonde hier nicht so recht in die Stimmung passen wollen, nicht unberechtigt. Dennoch belasse ich sie im Gedicht - aus dem gerade erklärten Grund, auch wenn das nur ein kleiner Insider für mich selbst ist.

Viele Grüße

Thomas

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