#1

Das Ding

in Mythologisches und Religiöses 13.06.2006 16:59
von Ulli Nois | 554 Beiträge | 554 Punkte
Das Ding

Per’s Vater war der Typ, der Frauen fing
und fallenließ. Und schließlich selber fiel.
Per’s Brüder machten Geld im großen Stil.
Nur Per, der lange an der Mutter hing
und sie an ihm, fand lange nicht sein Ding.

Dann trieb auch Per die Sehnsucht aus dem Haus.
Für Mutter’s Traum von einer bess’ren Welt
verließ er sie, um als ein Menschheitsheld
zurückzukehren. Kaum war er hinaus,
verging ihr Herz und setzte schließlich aus.

Die erste Frau, die Per zum Küssen fand,
die auch kein Flittchen war, und die ihn ließ,
war schon verheiratet, was für sie hieß:
dass Per nicht wirklich lange zu ihr stand
und dass ihr Ehemann sie von sich stieß.

Per ließ sein Ding nicht los. Er suchte Rat
bei großen Lehrern, war mit jedem Schritt
auf Wahrheit aus, weshalb er so oft stritt.
Er sah beim Gehen nur aufs Resultat,
so dass er überall in Fallen trat.

Stach Freunde eiskalt aus. Und schlug die Hand,
die ihm zur Hilfe eilte, aus. Ließ die allein,
die er so liebte. Nur um Held zu sein.
Er war so vorwärts, so in sich verrannt,
dass er das nahe Echo nicht verstand.

Erst als ihm nur noch die Verzweiflung blieb,
die Mutter tot, der ganze Lebensplan
durchkreuzt, das große Liebesglück vertan,
sah er, dass ihn sein eignes Tun zerrieb
und ihn ein dunkler Strudel in die Tiefe trieb.

Noch während er mit seinem Schatten rang,
der unentwindbar und vernichtend war,
erkannte er in tödlicher Gefahr,
dass dieses Ding ihn brüderlich umschlang
und, als er’s ließ, in tausend Stücke sprang.

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#2

Das Ding

in Mythologisches und Religiöses 14.06.2006 18:43
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Ulli,

ich bin bei solche riesigen Werken immer schon per se beeindruck, zumal, wenn es sich so anspruchsvollen Reimschemata bedient und einer dabei so fließenden Sprache.

Nur der Schluss hinterließ mich ziemlich ratlos, da ich nicht kapierte, ob der Junge oder das Ding zerspringt. Aber in diese Kategorie, Mythologisches und Religiöses, setze ich mich regelmäßig in die Nesseln. Wenn das Ding nun der Glauben oder Gott wären, dann würde der Per hier ausziehen um ein heiliger zu werden und alles dem unterzuordnen. Was hier anklingt, ist diese Intolleranz, die einem häufig von so streng gläubigen entgegen schlägt, dass Du, wenn Du ihren glauben nicht teilst, echt auf dem Holzweg bist und Dein Leben flasch lebst.
Das zerspringen am Ende, ist Per da ein explodierender Selbstmordattentäter? Ich weiß nicht. Aber ich glaube ich bin heute auch zu keiner genaueren Analyse mehr fähig. Die Sonne hat mein Gehirn schon so ein bisschen... aber sonst geht's mir ganz gut.

Jedenfalls super geschrieben, auch wenn mir der Schluss ein Mysterium bleibt.

Grüße,
GW


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#3

Das Ding

in Mythologisches und Religiöses 15.06.2006 22:09
von Ulli Nois | 554 Beiträge | 554 Punkte
Hallo GW.

so schwül es auch ist, rein grammatisch sehe ich nur eine Möglichkeit: das "Ding" springt in Stücke. Unter "Mythologisches" steht dieses Ding nur, weil es ein Versuch ist, die Geschichte von Parzival (Perceval), d.h. den Mythos der Gralssuche, ins Moderne übersetzen...

Aber gut Ding will Weile haben, deshalb kuck ich jetzt erstmal. ob die Schweden das Ding ins Viereck versenken....

Gamla Svenskana!

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