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Meister seines Faches
#1
von Olaf Piecho (gelöscht)
Meister seines Faches
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 16.06.2006 13:26von Olaf Piecho (gelöscht)
Leises Quietschen. Weibliche Kommandos.
"Noch ein Stück!"
Brummendes Fluchen.
"Lutz, vielleicht wäre es dort drüben schöner?"
Schulterzucken.
"Du sagst ja gar nichts!?"
Stützen werden herunter gekurbelt, die Anhängerkupplung wird gelöst, das Auto an der Linie ausgerichtet. Als die Wohnwagentür geöffnet wird, springt mit freudigem Gebell ein Hund aus dem Wagen und rennt mit wilden Sprüngen davon.
"Rex! Komm her!"
"Ach lass ihn doch, Elfriede. Nach dieser langen Fahrt braucht er Bewegung."
Erste Musterung der Nachbarn. Rechts steht ein Zelt, Fahrräder davor. Rhythmische Bewegung der Zelthaut. Mit dem Finger auf dem Mund schleicht sich Lutz näher heran.
"Lutz! Komm mal bitte!"
Vorzelt aufbauen. Stromkabel ausrollen. Wasserschlauch anstecken. Links sitzt ein Rentner am Campingtisch und schleift mit einem Wetzstein sein großes Messer.
"Hallo der Herr! Ich bin Lutz Teufel aus Heilbronn. Auf gute Nachbarschaft!"
"Und ich bin die Elfriede!", tönt es hinterher.
Der Mann schaut kurz auf, nickt mürrisch und schleift mit kreisenden Bewegungen weiter. Knurrendes Fletschen. Ein kurzes Bellen.
„Rex! Kommst du her! Aus!“
Zu spät. Der Gebissene steht langsam auf, das scharfe Messer drohend vor sich her tragend.
„Habe ich mich vorgestellt? Wohl noch nicht. Ich bin Fritz Engler, gelernter Messerschleifer! Mein Leben lang habe ich nichts anderes gemacht. Und dieses hier ist ganz besonders scharf. Also, wo ist der Hund? Ich schneide ihm die Kehle durch, darauf können Sie sich verlassen. Oder Sie verschwinden hier sofort! Also? Her mit dem Hund!“
Geschickt und so, als ob es selbstverständlich sei, nimmt Lutz das Messer dem Nachbarn aus der Hand. Dann reißt er seinen Kopf zurück, blickt in den Zeltplatzhimmel und steckt das Messer, mit der Spitze zuerst, in den aufgesperrten Mund. Ungläubiges Staunen. Jetzt ist nur noch der Griff zu sehen! Zack! Weg ist das Messer, verschwunden im unheimlichen Rachen von Elfriedes Mann. Mit entwaffnendem Lächeln verbeugt sich Lutz Teufel. Dem lauten Rülpsen folgt die Erklärung:
„Ein Leben lang habe ich nur Feuer gespien und Messer geschluckt. Ich kann nichts anderes. Und nun, Herr Engler, wenn Sie den Hund nicht mögen, verschwinden Sie vom Platz. Verstanden?“
Am nächsten Morgen reibt sich Lutz Teufel bedächtig seinen Bauch und seufzt zu seiner Frau:
„Eines kann man nicht bestreiten, unser Nachbar war wirklich ein Meister seines Faches.“
"Noch ein Stück!"
Brummendes Fluchen.
"Lutz, vielleicht wäre es dort drüben schöner?"
Schulterzucken.
"Du sagst ja gar nichts!?"
Stützen werden herunter gekurbelt, die Anhängerkupplung wird gelöst, das Auto an der Linie ausgerichtet. Als die Wohnwagentür geöffnet wird, springt mit freudigem Gebell ein Hund aus dem Wagen und rennt mit wilden Sprüngen davon.
"Rex! Komm her!"
"Ach lass ihn doch, Elfriede. Nach dieser langen Fahrt braucht er Bewegung."
Erste Musterung der Nachbarn. Rechts steht ein Zelt, Fahrräder davor. Rhythmische Bewegung der Zelthaut. Mit dem Finger auf dem Mund schleicht sich Lutz näher heran.
"Lutz! Komm mal bitte!"
Vorzelt aufbauen. Stromkabel ausrollen. Wasserschlauch anstecken. Links sitzt ein Rentner am Campingtisch und schleift mit einem Wetzstein sein großes Messer.
"Hallo der Herr! Ich bin Lutz Teufel aus Heilbronn. Auf gute Nachbarschaft!"
"Und ich bin die Elfriede!", tönt es hinterher.
Der Mann schaut kurz auf, nickt mürrisch und schleift mit kreisenden Bewegungen weiter. Knurrendes Fletschen. Ein kurzes Bellen.
„Rex! Kommst du her! Aus!“
Zu spät. Der Gebissene steht langsam auf, das scharfe Messer drohend vor sich her tragend.
„Habe ich mich vorgestellt? Wohl noch nicht. Ich bin Fritz Engler, gelernter Messerschleifer! Mein Leben lang habe ich nichts anderes gemacht. Und dieses hier ist ganz besonders scharf. Also, wo ist der Hund? Ich schneide ihm die Kehle durch, darauf können Sie sich verlassen. Oder Sie verschwinden hier sofort! Also? Her mit dem Hund!“
Geschickt und so, als ob es selbstverständlich sei, nimmt Lutz das Messer dem Nachbarn aus der Hand. Dann reißt er seinen Kopf zurück, blickt in den Zeltplatzhimmel und steckt das Messer, mit der Spitze zuerst, in den aufgesperrten Mund. Ungläubiges Staunen. Jetzt ist nur noch der Griff zu sehen! Zack! Weg ist das Messer, verschwunden im unheimlichen Rachen von Elfriedes Mann. Mit entwaffnendem Lächeln verbeugt sich Lutz Teufel. Dem lauten Rülpsen folgt die Erklärung:
„Ein Leben lang habe ich nur Feuer gespien und Messer geschluckt. Ich kann nichts anderes. Und nun, Herr Engler, wenn Sie den Hund nicht mögen, verschwinden Sie vom Platz. Verstanden?“
Am nächsten Morgen reibt sich Lutz Teufel bedächtig seinen Bauch und seufzt zu seiner Frau:
„Eines kann man nicht bestreiten, unser Nachbar war wirklich ein Meister seines Faches.“
#2
von Roderich (gelöscht)
Meister seines Faches
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 18.06.2006 09:52von Roderich (gelöscht)
Hallo Olaf,
eine wirklich gelungene kleine Groteske. Schon durch die Namen (Teufel und Engler) werden die Gegensätze, die sich letztlich ergänzen, angedeutet - alles wirkt durchdacht, auch wenn sich der Anfang vielleicht ein klein wenig hinzieht (wenn man bei dieser Kürze überhaupt von "sich ziehen" sprechen kann).
Nun, ich bin in der Kunst des Messerschluckens nicht bewandt und könnte mir vorstellen, dass - wie bei allen Zaubertricks - das nur eine Frage der Illusion ist (von daher wäre der Schluss auch unglaubwürdig), aber was soll's? Letztlich ist das nur Haarspalterei, denn amüsiert habe ich mich bei deinem Text prächtig und das ist wohl alles, was hier zählt.
Grüße
Thomas
eine wirklich gelungene kleine Groteske. Schon durch die Namen (Teufel und Engler) werden die Gegensätze, die sich letztlich ergänzen, angedeutet - alles wirkt durchdacht, auch wenn sich der Anfang vielleicht ein klein wenig hinzieht (wenn man bei dieser Kürze überhaupt von "sich ziehen" sprechen kann).
Nun, ich bin in der Kunst des Messerschluckens nicht bewandt und könnte mir vorstellen, dass - wie bei allen Zaubertricks - das nur eine Frage der Illusion ist (von daher wäre der Schluss auch unglaubwürdig), aber was soll's? Letztlich ist das nur Haarspalterei, denn amüsiert habe ich mich bei deinem Text prächtig und das ist wohl alles, was hier zählt.
Grüße
Thomas
#4
von Olaf Piecho (gelöscht)
Meister seines Faches
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 18.06.2006 11:27von Olaf Piecho (gelöscht)
Hi Röderich,
na das gefällt mir doch, wenn die Geschichte gefällt. Der Anfang zieht sich, sagst du. Was meinst du, welchen Satz könnte ich denn rausschmeißen?
Natürlich wissenh alle, dass Messerschlucker nicht wirklich schlucken. Daher hat die Geschichte ja ihren Untertitel. Und wir eine Ilussion mehr (dass er vielleicht doch geschluckt hat.)
Hallo Gemi,
Vielen Dank für deine moderierenden Worte. Auf dich ist doch wirklich Verlass - und solch einen Moderator wüschte sich jedes Forum. Schön, dass du hier bist.
Dir Entwicklung eines eigenen Stils fällt einem nicht in den Schoss. Aber das wissen wir hier alle, oder?
Grüße Euch beiden von Olaf
na das gefällt mir doch, wenn die Geschichte gefällt. Der Anfang zieht sich, sagst du. Was meinst du, welchen Satz könnte ich denn rausschmeißen?
Natürlich wissenh alle, dass Messerschlucker nicht wirklich schlucken. Daher hat die Geschichte ja ihren Untertitel. Und wir eine Ilussion mehr (dass er vielleicht doch geschluckt hat.)
Hallo Gemi,
Vielen Dank für deine moderierenden Worte. Auf dich ist doch wirklich Verlass - und solch einen Moderator wüschte sich jedes Forum. Schön, dass du hier bist.
Dir Entwicklung eines eigenen Stils fällt einem nicht in den Schoss. Aber das wissen wir hier alle, oder?
Grüße Euch beiden von Olaf
#5
von Roderich (gelöscht)
Meister seines Faches
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 18.06.2006 11:32von Roderich (gelöscht)
Hallo Olaf,
kürzungswürdig wäre meiner Ansicht nach die Stelle mit dem sich rhythmisch bewegenden Zelt (ist nicht wirklich notwendig, finde ich). Das könnte dann so aussehen, wenn du gestattest:
Leises Quietschen. Weibliche Kommandos.
"Noch ein Stück!"
Brummendes Fluchen.
"Lutz, vielleicht wäre es dort drüben schöner?"
Schulterzucken.
"Du sagst ja gar nichts!?"
Stützen werden herunter gekurbelt, die Anhängerkupplung wird gelöst, das Auto an der Linie ausgerichtet. Als die Wohnwagentür geöffnet wird, springt mit freudigem Gebell ein Hund aus dem Wagen und rennt mit wilden Sprüngen davon.
"Rex! Komm her!"
"Ach lass ihn doch, Elfriede. Nach dieser langen Fahrt braucht er Bewegung."
Vorzelt aufbauen. Stromkabel ausrollen. Wasserschlauch anstecken. Erste Musterung der Nachbarn. Links sitzt ein Rentner am Campingtisch und schleift mit einem Wetzstein sein großes Messer.
"Hallo der Herr! Ich bin Lutz Teufel aus Heilbronn. Auf gute Nachbarschaft!"
"Und ich bin die Elfriede!", tönt es hinterher.
Der Mann schaut kurz auf, nickt mürrisch und schleift mit kreisenden Bewegungen weiter. Knurrendes Fletschen. Ein kurzes Bellen.
„Rex! Kommst du her! Aus!“
Zu spät. Der Gebissene steht langsam auf, das scharfe Messer drohend vor sich her tragend.
„Habe ich mich vorgestellt? Wohl noch nicht. Ich bin Fritz Engler, gelernter Messerschleifer! Mein Leben lang habe ich nichts anderes gemacht. Und dieses hier ist ganz besonders scharf. Also, wo ist der Hund? Ich schneide ihm die Kehle durch, darauf können Sie sich verlassen. Oder Sie verschwinden hier sofort! Also? Her mit dem Hund!“
Okay, viel habe ich hier wohl wirklich nicht zum kürzen gefunden. Es war wohl wirklich nur die eine Stelle, die ich als unnötig empfunden habe. Da habe ich mein Maul ja wieder einmal weit aufgerissen.
Grüße
Thomas
kürzungswürdig wäre meiner Ansicht nach die Stelle mit dem sich rhythmisch bewegenden Zelt (ist nicht wirklich notwendig, finde ich). Das könnte dann so aussehen, wenn du gestattest:
Leises Quietschen. Weibliche Kommandos.
"Noch ein Stück!"
Brummendes Fluchen.
"Lutz, vielleicht wäre es dort drüben schöner?"
Schulterzucken.
"Du sagst ja gar nichts!?"
Stützen werden herunter gekurbelt, die Anhängerkupplung wird gelöst, das Auto an der Linie ausgerichtet. Als die Wohnwagentür geöffnet wird, springt mit freudigem Gebell ein Hund aus dem Wagen und rennt mit wilden Sprüngen davon.
"Rex! Komm her!"
"Ach lass ihn doch, Elfriede. Nach dieser langen Fahrt braucht er Bewegung."
Vorzelt aufbauen. Stromkabel ausrollen. Wasserschlauch anstecken. Erste Musterung der Nachbarn. Links sitzt ein Rentner am Campingtisch und schleift mit einem Wetzstein sein großes Messer.
"Hallo der Herr! Ich bin Lutz Teufel aus Heilbronn. Auf gute Nachbarschaft!"
"Und ich bin die Elfriede!", tönt es hinterher.
Der Mann schaut kurz auf, nickt mürrisch und schleift mit kreisenden Bewegungen weiter. Knurrendes Fletschen. Ein kurzes Bellen.
„Rex! Kommst du her! Aus!“
Zu spät. Der Gebissene steht langsam auf, das scharfe Messer drohend vor sich her tragend.
„Habe ich mich vorgestellt? Wohl noch nicht. Ich bin Fritz Engler, gelernter Messerschleifer! Mein Leben lang habe ich nichts anderes gemacht. Und dieses hier ist ganz besonders scharf. Also, wo ist der Hund? Ich schneide ihm die Kehle durch, darauf können Sie sich verlassen. Oder Sie verschwinden hier sofort! Also? Her mit dem Hund!“
Okay, viel habe ich hier wohl wirklich nicht zum kürzen gefunden. Es war wohl wirklich nur die eine Stelle, die ich als unnötig empfunden habe. Da habe ich mein Maul ja wieder einmal weit aufgerissen.
Grüße
Thomas
#6
von Olaf Piecho (gelöscht)
Meister seines Faches
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 18.06.2006 16:10von Olaf Piecho (gelöscht)
Merci, Thomas, für deine Erläuterunge.
Ach, deine Empfindungen aus dem Bauch heraus sind doch wertvoll.
Die Stelle hatte ihren Platz erhalten, um das "innere Verhältnis" des Paares zu zeichnen. Diese "Lebenslust" des Jägers (oder Lüstlings), der sich anschleichend das Leben genießen möchte und damit nach der Meinung seiner Elfriede ganz und gar auf der richtigen "Spur" ist. Diese (wenig entfernte) Doppelung des Befehls "Komm (mal bitte) her!" sollte unterstreichen, wie weit die jeweilige Leine reicht.
Aber, das Lesen ist nicht das Schreiben. Um so mehr freue ich mich, wenn der Rest dir unabkömmlich erscheint.
Grüße von Olaf
Ach, deine Empfindungen aus dem Bauch heraus sind doch wertvoll.
Die Stelle hatte ihren Platz erhalten, um das "innere Verhältnis" des Paares zu zeichnen. Diese "Lebenslust" des Jägers (oder Lüstlings), der sich anschleichend das Leben genießen möchte und damit nach der Meinung seiner Elfriede ganz und gar auf der richtigen "Spur" ist. Diese (wenig entfernte) Doppelung des Befehls "Komm (mal bitte) her!" sollte unterstreichen, wie weit die jeweilige Leine reicht.
Aber, das Lesen ist nicht das Schreiben. Um so mehr freue ich mich, wenn der Rest dir unabkömmlich erscheint.
Grüße von Olaf
#7
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Meister seines Faches
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 18.06.2006 17:03von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Zitat: |
Olaf Piecho schrieb am 18.06.2006 11:27 Uhr: Hallo Gemi, Vielen Dank für deine moderierenden Worte. Auf dich ist doch wirklich Verlass - |
Ich hoffe du meinst nicht, dass ich mich verpflichtet fühle zu kommentieren, weil ich hier den Mod spiele.
Wenn mir etwas gefällt, dann sage ich das. Wenn nicht, gebe ich das auch an. Also, meine Meinung ist genausoviel oder wenig wert wie die jedes anderen users.
LG GEm
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