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Haptiv
Gedichte aus anderen Foren*
O, wie ich sie beneidete,
die Glücklichen,
die aufgeregt durch meine Hände gingen,
den intensivsten,
einzig singulären
Höhepunkt empfingen
und dann ganz ausgeglichen waren.
Ich war sehr stolz,
dass ich auch ohne Maniküre
so ungeheuer schöne Hände hatte
und sah sie voller Ehrfurcht an,
bewegte sie nur langsam
aber effektiv
und liebte sie,
je älter sie mir wuchsen.
Jetzt
brechen mir ständig die Fingernägel:
ich brauche mit den Händen bloß
an einen zarten Hals zu gehen;
bevor der Kehlkopf knackt,
ist das Malheur geschehen.
* Nach Usermeinung mit Tümpel- und/oder Userbeleidigungspotential
Gedichte aus anderen Foren*
O, wie ich sie beneidete,
die Glücklichen,
die aufgeregt durch meine Hände gingen,
den intensivsten,
einzig singulären
Höhepunkt empfingen
und dann ganz ausgeglichen waren.
Ich war sehr stolz,
dass ich auch ohne Maniküre
so ungeheuer schöne Hände hatte
und sah sie voller Ehrfurcht an,
bewegte sie nur langsam
aber effektiv
und liebte sie,
je älter sie mir wuchsen.
Jetzt
brechen mir ständig die Fingernägel:
ich brauche mit den Händen bloß
an einen zarten Hals zu gehen;
bevor der Kehlkopf knackt,
ist das Malheur geschehen.
* Nach Usermeinung mit Tümpel- und/oder Userbeleidigungspotential
#3
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Haptiv
in Liebe und Leidenschaft 21.06.2006 00:06von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Mensch Mattes, das ist aber morbid! *g
Woher kommt denn das Wort 'haptiv'? Von Haptik? Kläre mich Unwissende auf.
Der Mörder als Erlöser, na bravo. Es ist mir nicht gerade sympathisch, dein lyr. Ich. Und auf seine Bekanntschaft kann ich gerne verzichten, sonst will es mich womöglich auch noch zum Höhepunkt bringen.
Du bringst das aber sehr gut rüber, das absolute Fehlen jeglichen Mitgefühls für diese Glücklichen, und dass sich das lyr. Ich bloss um seine abgebrochenen Fingernägel sorgt. Eisen soll ja dagegen helfen, aber Vorsicht, dass fallende Beil soll recht scharf sein.
Gruss
Margot
Woher kommt denn das Wort 'haptiv'? Von Haptik? Kläre mich Unwissende auf.
Der Mörder als Erlöser, na bravo. Es ist mir nicht gerade sympathisch, dein lyr. Ich. Und auf seine Bekanntschaft kann ich gerne verzichten, sonst will es mich womöglich auch noch zum Höhepunkt bringen.
Du bringst das aber sehr gut rüber, das absolute Fehlen jeglichen Mitgefühls für diese Glücklichen, und dass sich das lyr. Ich bloss um seine abgebrochenen Fingernägel sorgt. Eisen soll ja dagegen helfen, aber Vorsicht, dass fallende Beil soll recht scharf sein.
Gruss
Margot
Hm, gar nicht beantwortet, mir geht’s wohl zu gut.
„Haptiv“ ist natürlich ein Kunstwort und abgeleitet von Haptik, ja. Hier geht es ja aber um mehr als den reinen Tastsinn, daher war mir Haptik oder Haptisch als Titel zu dünn.
Meine Bestrebung ist deutlich geworden, das freut mich. Danke für dein Feedback.
DG
Mattes
„Haptiv“ ist natürlich ein Kunstwort und abgeleitet von Haptik, ja. Hier geht es ja aber um mehr als den reinen Tastsinn, daher war mir Haptik oder Haptisch als Titel zu dünn.
Meine Bestrebung ist deutlich geworden, das freut mich. Danke für dein Feedback.
DG
Mattes
Hallo Mattes,
ach, ich hätte da jetzt doch noch eine zweite Sinnebene vermutet – gibt es die gar nicht? Brauchst Du vielleicht noch eine, na dann büddeschön:
Ich sah hier einen Kritiker bzw. Dichter, der selbst mal eine aufschlussreiche Kritik von anderen empfangen hätte, so eine, die einen weiterbringt.
Schon die Überschrift lässt mich in Richtung Sprache denken: Haptik (Leere vom Tastsinn) + tiv (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ).
Wir haben es also mit jemandem zutun, der sich mit Sprache gut auskennt, sie nach allen Richtungen hin abtastet.
O, wie ich sie beneidete,
die Glücklichen,
die aufgeregt durch meine Hände gingen,
den intensivsten,
einzig singulären
Höhepunkt empfingen
und dann ganz ausgeglichen waren.
Die erste Strophe ist nach meinem Empfinden in leicht ironischem Unterton verfasst, der mich aufhorchen lässt. Vor allem der Einstieg („O […] die Glücklichen“) hört sich in meinen Ohren etwas spöttisch an.
Das Ich positioniert sich hier und scheint über den „Glücklichen“ (in meinen Augen sind andere Schreiberlinge damit gemeint) zu stehen. Indem das Ich mit seinen Kritiken auf die Schwächen der anderen hinweist, verschafft es ihnen sozusagen einen Höhepunkt in ihrer schreibtechnischen Entwicklung. Der Neid scheint nun darauf abzuzielen, dass dem Ich selbst solche Denkanstöße verwehrt bleiben.
Ich war sehr stolz,
dass ich auch ohne Maniküre
so ungeheuer schöne Hände hatte
und sah sie voller Ehrfurcht an,
bewegte sie nur langsam
aber effektiv
und liebte sie,
je älter sie mir wuchsen.
Die schönen Hände, die keiner Maniküre bedürfen, sind für mich Hinweis auf die Schreibfähigkeit des Protagonisten. Er ist im Ausdruck bewandert und hat ein gutes Sprachgefühl in die Wiege gelegt bekommen, ohne dass er sich groß abmühen musste. Mit der Zeit perfektioniert er seine Kunst und weiß seine Hände effektiv zu nutzen. Die angesprochene Effizienz verstehe ich so, dass das Ich beim Verfassen seiner Kritiken kein Blatt vor den Mund genommen und die Werke der anderen etwas unsanft verrissen hat, wobei sie nur diese Art/Ehrlichkeit weiterzubringen vermochte. Doch haben sie es ihm gedankt? Wohl eher nicht.
Jetzt
brechen mir ständig die Fingernägel:
ich brauche mit den Händen bloß
an einen zarten Hals zu gehen;
bevor der Kehlkopf knackt,
ist das Malheur geschehen.
Denn es hat eine Veränderung stattgefunden, nun brechen dem Ich „ständig die Fingernägel“ ab. Vielleicht ist es zurückhaltender geworden und fasst die Kommentare in einer Weise ab, die etwas weniger spitz ist. Eigentlich beschneidet es sich selbst die Krallen und raubt sich selbst die Kraft, die in seinen Worten liegen und die anderen weiterbringen könnte. Das Malheur verstehe ich daher ambivalent – es bezieht sich sowohl auf die Schreiberlinge, denen die schonungslose Wahrheit erspart bleibt (und somit auch ein weiterer Entwicklungsschritt) als auch auf den Protagonisten selbst.
Na, irgendwer hat mal gesagt, dass Interpretationen nie falsch sein können, drum poste ich das einfach mal.
LG, Maya
Edit:
Oh Mist, jetzt bemerke ich gerade, dass es unter Liebe und Leidenschaft gepostet ist - das passt ja nun weniger zu meinen Worten - aber ich lasse sie nun trotzdem stehen.
ach, ich hätte da jetzt doch noch eine zweite Sinnebene vermutet – gibt es die gar nicht? Brauchst Du vielleicht noch eine, na dann büddeschön:
Ich sah hier einen Kritiker bzw. Dichter, der selbst mal eine aufschlussreiche Kritik von anderen empfangen hätte, so eine, die einen weiterbringt.
Schon die Überschrift lässt mich in Richtung Sprache denken: Haptik (Leere vom Tastsinn) + tiv (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ).
Wir haben es also mit jemandem zutun, der sich mit Sprache gut auskennt, sie nach allen Richtungen hin abtastet.
O, wie ich sie beneidete,
die Glücklichen,
die aufgeregt durch meine Hände gingen,
den intensivsten,
einzig singulären
Höhepunkt empfingen
und dann ganz ausgeglichen waren.
Die erste Strophe ist nach meinem Empfinden in leicht ironischem Unterton verfasst, der mich aufhorchen lässt. Vor allem der Einstieg („O […] die Glücklichen“) hört sich in meinen Ohren etwas spöttisch an.
Das Ich positioniert sich hier und scheint über den „Glücklichen“ (in meinen Augen sind andere Schreiberlinge damit gemeint) zu stehen. Indem das Ich mit seinen Kritiken auf die Schwächen der anderen hinweist, verschafft es ihnen sozusagen einen Höhepunkt in ihrer schreibtechnischen Entwicklung. Der Neid scheint nun darauf abzuzielen, dass dem Ich selbst solche Denkanstöße verwehrt bleiben.
Ich war sehr stolz,
dass ich auch ohne Maniküre
so ungeheuer schöne Hände hatte
und sah sie voller Ehrfurcht an,
bewegte sie nur langsam
aber effektiv
und liebte sie,
je älter sie mir wuchsen.
Die schönen Hände, die keiner Maniküre bedürfen, sind für mich Hinweis auf die Schreibfähigkeit des Protagonisten. Er ist im Ausdruck bewandert und hat ein gutes Sprachgefühl in die Wiege gelegt bekommen, ohne dass er sich groß abmühen musste. Mit der Zeit perfektioniert er seine Kunst und weiß seine Hände effektiv zu nutzen. Die angesprochene Effizienz verstehe ich so, dass das Ich beim Verfassen seiner Kritiken kein Blatt vor den Mund genommen und die Werke der anderen etwas unsanft verrissen hat, wobei sie nur diese Art/Ehrlichkeit weiterzubringen vermochte. Doch haben sie es ihm gedankt? Wohl eher nicht.
Jetzt
brechen mir ständig die Fingernägel:
ich brauche mit den Händen bloß
an einen zarten Hals zu gehen;
bevor der Kehlkopf knackt,
ist das Malheur geschehen.
Denn es hat eine Veränderung stattgefunden, nun brechen dem Ich „ständig die Fingernägel“ ab. Vielleicht ist es zurückhaltender geworden und fasst die Kommentare in einer Weise ab, die etwas weniger spitz ist. Eigentlich beschneidet es sich selbst die Krallen und raubt sich selbst die Kraft, die in seinen Worten liegen und die anderen weiterbringen könnte. Das Malheur verstehe ich daher ambivalent – es bezieht sich sowohl auf die Schreiberlinge, denen die schonungslose Wahrheit erspart bleibt (und somit auch ein weiterer Entwicklungsschritt) als auch auf den Protagonisten selbst.
Na, irgendwer hat mal gesagt, dass Interpretationen nie falsch sein können, drum poste ich das einfach mal.
LG, Maya
Edit:
Oh Mist, jetzt bemerke ich gerade, dass es unter Liebe und Leidenschaft gepostet ist - das passt ja nun weniger zu meinen Worten - aber ich lasse sie nun trotzdem stehen.
Zitat: |
Maya schrieb am 14.07.2006 15:19 Uhr: ach, ich hätte da jetzt doch noch eine zweite Sinnebene vermutet – gibt es die gar nicht? |
Wer hat das behauptet? Margot erwähnte nur das völlige Fehlen jegllichen Mitgefühls, wenn beschrieben wird, wie das lyrI sich nur um seine Fingernägel sorgt, wenn es Kehlköpfe knacken lassen will. Das sollte tatsächlich versinnbildlicht werden, dass dieses lyrI ein narzisstischer Egomane ist.
Zitat: |
Dein neuer Avatar gefällt mir nicht. |
Wie schade. Es betont so schön meine weibliche Seite.
Zitat: |
Oh Mist, jetzt bemerke ich gerade, dass es unter Liebe und Leidenschaft gepostet ist - das passt ja nun weniger zu meinen Worten - aber ich lasse sie nun trotzdem stehen. |
Ja, bitte, denn es ist eine durchgängige und hervorragende Interpretation und zeigt deutlich, dass man sich und seine (Empfindungs-)Welt in Gedichten wiederfinden muss, wenn sie einen ansprechen sollen. Ich gehe ja immer davon aus, dass wir uns alle lächerlich ähnlich sind und nur graduell unterscheiden. Und je allgemeiner man die Beschreibung hält, desto interpretierbarer wird ein Gedicht. Wie man hier sieht, kann sogar aus einem total gestörten Killer ein relativ menschenfreundlicher (jedoch nicht minder gestörter) Dichter werden, weil sich die beiden ja auch zum Verwechseln ähnlich sind.
Ich versuche beim Schreiben immer, mit dem lyrI zu assimilieren (Ja, ich bin ein Borg). Und wenn ich über den Bürger als Würger schreibe, suche ich ihn in mir (er ist da) und be-schreibe lediglich, was ich gefunden habe. Wer kann es anderes tun? Und insofern sind, um das dann endlich einmal klarzustellen, Dichter und lyrI immer zu 95% identisch und doch völlig verschieden. Denn ich puste die 5% Würgerpotential beim Schreiben einfach auf 95% auf und danach lasse ich wieder die Luft raus, was hoffentlich gelingt.
Erstaunlich ist, dass die 5% Authentizität ausreichen, um (wieder-)erkannt zu werden, wie man sehr schön sieht, wenn in deiner Interpretation meine wahre Identität beschrieben wird.
Danke schön, tolle Interpretation. dafür spendiere ich ein neues Avatar.
DG
Mattes
ich finde die Idee sehr originell, die Ausführung klasse.
Gerade dieses Kehlkopfknacken kommt am Ende so hammerhart und doch spielerisch zugleich daher, dass es einen Schaudern und Lächeln zugleich lässt.
Dann versteht man auch das Ausgeglichene in der ersten Strophe. Und muss wieder schaudern und lächeln zugleich.
Eklig! Was für ein Spaß.
lg,Fabian
Gerade dieses Kehlkopfknacken kommt am Ende so hammerhart und doch spielerisch zugleich daher, dass es einen Schaudern und Lächeln zugleich lässt.
Dann versteht man auch das Ausgeglichene in der ersten Strophe. Und muss wieder schaudern und lächeln zugleich.
Eklig! Was für ein Spaß.
lg,Fabian
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