#1

Goldener Käfig

in Liebe und Leidenschaft 02.07.2006 16:54
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Goldener Käfig

In einer Zeit vor unendlichen Jahren,
im bunten Kleidchen schwebt sie sorgenfrei dahin,
wo Blumen frech mit ihren Kelchen prahlen,
kehrt sie stets ein, im Rausch nach Lustgewinn.

Da trifft ganz unvermittelt sie ein Tropfen,
golden und prunkvoll hüllt er sie schnell ein,
hier hilft kein Flehen oder wildes Klopfen,
sie ist noch da, doch fern und so allein.

Durch ihre Fenster sieht sie neue Welten,
hier ist sie sicher und hat keine Not,
sieht nachts nie Sterne glühn, in bunten Himmelszelten,
und auch die Sonnenuntergänge sind gleich rot.

Nur manchmal noch, nach unendlichen Jahren,
kratzt sie am Fenster und sehnt sich hinaus,
doch schaudert ihr, denkt sie an die Gefahren,
sie seufzt ganz leis und fegt dann still das Haus.


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#2

Goldener Käfig

in Liebe und Leidenschaft 03.07.2006 15:04
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Knud, alter Seebär!

Erfolgreicher Landgang, gut dem Dinge. Erst fand ich die Überschrift zu platt, bis ich dann endlich Strophe 2 und das Bernsteingefängnis begriff. Bis dahin mühte ich mich, eine übergreifende, durchgängige Interpretation auf zweiter Sinnebene zu finden, doch kommt es auf die wohl nicht so sehr an. Hier geht es um eine Kernfrage der liebenden Gemeinschaft: Wie aus- und einbruchssicher darf der goldene Käfig sein. Am Bild des vor Urzeiten im Harz eingeschlossenen Falters (oder so) löst du das sehr schön und die Übertragungsmöglichkeiten sind auch vorhanden.

Bis auf S2Z2 kreuzreimst du mit wechselnden Hebungen und Senkungen, die 6 statt 5 Hebungen in S1Z2, S3Z3+4 stören gar nicht, sondern lockern eher auf. Der fehlende Auftakt in S2Z2 stört zunächst, bis man merkt, dass er inhaltlich passt und auch vortragsweise gut einzubauen ist. Die Reime sind sicher eher einfach, das passt aber und wirkt angenehm entspannt, weil nicht krampfhaft gewollt.

Die Unendlichkeit der Geschichte wird durch den netten Kunstgriff von „vor unendlichen Jahren“ in Strophe 1 hin zu „nach unendlichen Jahren“ in Strophe 4 unterstrichen. Der lakonische Schluss zeigt zudem die Ausweglosigkeit bzw. die gewisse Tragik in dieser Frage uneindringlich auf. Ein vielleicht kleines, aber feines Gedicht, dass sich einer Thematik annimmt, dieser von A bis Z treu bleibt und die vorhandene, stringente Aussage mit stilistischen Mitteln unterstützt. Eine saubere Arbeit und mir damit lieber, als die vielen semikryptischen Schwafelwerke. Der einzige inhaltliche Aufstoßer kommt mir immer wieder bei S3Z3: Durch die Fenster können neue Welten und auch Sonnenuntergänge (wenn auch immer gleicher Farbe), Sterne in bunten Himmelszelten jedoch niemals gesehen werden. Das überzeugt mich nicht nachhaltig, wenngleich ich mir einbilde, zu verstehen, dass sie zwar Sterne und auch Himmelszelte, nicht aber das Glühen derselben und die Buntheit zu sehen vermag.

Strophe 1 sollte meiner Meinung auch nachgebessert werden, denn Z3 steht ohne Bezug da. Vielleicht ersetzt du das „und“ gegen ein „wo“ und stellst dann in Z4 sinngemäß um („kehrt sie stets ein...“).

Gern gelesen.

DG
Mattes

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#3

Goldener Käfig

in Liebe und Leidenschaft 08.07.2006 11:19
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Danke Mattes für Deine Hilfe und Dein Lob ,dass zählt aus Deinem Munde mindestens 5-fach (hoffentlich werde ich nicht grössenwahnsinnig),Aber keine Angst ich strebe nicht nach Karriere (die hab ich hinter mir) sondern nur nach Verbesserung und da freue ich mich tierisch über so kompetente Hilfestellung.
Danke Mattes,
Gruss
Knud

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