Der Hirt und der Stein


Im Schlafgemach der linken Villa
liegt ein Mann allein;
auf dem Bidet der rechten Villa
glänzt ein Edelstein.

Sie sind im Pool ein Stück geschwommen,
haben kurz gelacht,
ein Heiratsantrag war gekommen,
einfach über Nacht.

Nur war ihr Herz noch sehr viel härter
als ein Diamant -
es war für einen Ziegenwärter
lichterloh gebrannt.

Sie schwieg zum Ring vor lauter Schmerzen,
bloß aus Höflichkeit,
und ließ das "Nein" poliert im Herzen,
rein aus Ehrlichkeit.

*

In Villa Links liegt Jedermann,
lächelt nur zum Schein,
in Villa Rechts schluckt unhaltsam
Venus zu viel Wein.

Der Edelstein der beiden Villen
wurde angezogen,
man einigte sich auch im Stillen:
fortan wird gelogen.

Der Hirt ist ohne seine Ziegen
unglücklich geworden,
er wollt von höchsten Klippen fliegen
und sich selbst ermorden.

Er starb nicht ganz am Grund der Klippen,
sondern nur zum Teil,
das Lächeln wich von seinen Lippen -
ernsthaft blieb er heil.

hallo Richard

mit "gebrannt" wollte ich auf besonders harte Materialien hinweisen, die so hergestellt werden, wie etwa Keramik.

"Mär mit bitter-komischem Abschluss" hat mir auch gefallen.

Gruß
Alcedo