#1

feministische Hürde

in Gesellschaft 30.09.2006 17:43
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
feministische Hürde

nie hätte ich gedacht
maskulines Obstakel zu sein
bei einem Sprint von
Hürdenläuferinnen

ich geriet nicht
zwischen schlanke
strauchelnde Schenkel und war
keine Unterlage auf Tartan für
Tränen und
aufgeschürfte Ellbogen

nein - die Siegerin
streifte mich erst beim
Ehrenrund androgyn mit
Fingerkuppen
ohne Fahne
aber mit Blick und Wellen
auf dem Lächeln
wie Amazoniens Liane den Strom

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#2

feministische Hürde

in Gesellschaft 06.10.2006 10:25
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Alcedo

Woran ich dabei denken muss ist, dass sich wohl Männer auch manchmal als Lustobjekt fühlen. *g

Erinnert mich stark an das Leichtathletik-Meeting in Zürich, wobei ich mir da eher die männlichen Sprinter angesehen habe.
Es gefällt mir, wobei mir die Rubrik nicht ganz klar ist. Aber mir ist der Begriff 'Gesellschaft' eh etwas zu schwammig, von daher wird's schon passen. Nach Ehrenrunde (ist das nicht weiblich?) würde ich eine Zeilenschaltung einfügen, damit androgyn besser hervorgehoben wird.

Gruss
Margot

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#3

feministische Hürde

in Gesellschaft 06.10.2006 10:33
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
ja, gell, da hab ich das Ehrenrund ziemlich sachlich hingebogen.

an der Stelle hatte ich tatsächlich auch schon mit anderer Zeilenschaltung geknobelt.



nein - die Siegerin
streifte mich erst beim
Ehrenrund
androgyn mit Fingerkuppen
ohne Fahne
aber mit Blick und Wellen
auf dem Lächeln
wie Amazoniens Liane den Strom


ob es so besser kommt?
ich glaube fast - ja.

lassmers aber noch a bisserl wirken.

merci für das feedback

Gruß
Alcedo

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#4

feministische Hürde

in Gesellschaft 06.10.2006 10:59
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Alcedo,

dein Gedicht bewegt sich irgendwie etwa einen guten Schritt ausserhalb meines eigenen Sprachraumes und Formverständnisses, und ich würde nicht sagen dass ich es bis zur Gänze verstehe. Aber gerade deshalb gefällt es mir gut. Die Form finde ich überzeugend und eine Aussage steht auch dahinter.
Wahrscheinlich entstanden diese Verse in dem Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion, von der ich in der ZEIT las, ob wir jetzt einen neuen Feminismus brauchen.
Ich sehe die Verse als ein gekonntes Spiel mit Erwartungshaltungen, Vorurteilen und dem Chauvinisten in uns allen, obwohl man ja heute eh weithin eher die Meinung vertritt, dass das auch etwas Gutes haben kann und nicht per se zu verteufeln ist.
Der Titel gefällt mir in dem Zusammenhang besonders.

Gern gelesen.
GerateWohl

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#5

feministische Hürde

in Gesellschaft 08.10.2006 22:45
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
merci für dein feedback, GW

jene Diskussion hatte ich nicht verfolgt. aber nachdem ich jetzt ein wenig in der Zeit gestöbert habe (hach ja, tempus fugit), hab ich folgendes bemerkenswertes Zitat von der Mitscherlich aufgetrieben, das ich euch nicht vorenthalten möchte:

Ich träume, dass wir lernen zu erkennen, warum jemand unser Freund oder Feind ist; dass wir nicht gleich um uns schlagen, wenn wir narzisstisch gekränkt werden. Zugegeben, das fällt mir auch nicht ganz leicht.
- Margarete Mitscherlich -
in  DIE ZEIT, 24.08.2006 Nr. 35


freut mich sehr, dass dir meine Überschrift gefällt.
meine Verse haben einen anderen, sehr konkreten Bezug, den ich bewusst offen gelassen habe. wenn die Verhandlungen mal abgeschlossen sein sollten, werde ich über den Auslöser erzählen. (natürlich nur bei Interesse)

an den Zeilenschaltungen und an den Bindewörtern arbeite ich noch.

liebe Grüße
Alcedo

edit:
@Margot:
die Zeilenschaltung vor "androgyn" hab ich doch nicht übernommen. vor allem deshalb weil ich den Anapäst am Zeilenanfang vermeiden möchte. aber das Wort beisst sich auch schön mit dem daktylischen "Ehrenrund" und bildet eine schöne, unbequeme Zäsur. das gefällt mir.
stattdessen hab ich die Bindewörter an den Strophenanfängen optimiert.

Gruß
Alcedo

Ursprungsversion:

feministische Hürde

nie hätte ich gedacht
maskulines Obstakel zu sein
bei einem Sprint von
Hürdenläuferinnen

doch ich geriet nicht
zwischen schlanke
strauchelnde Schenkel und war
keine Unterlage auf Tartan für
Tränen und
aufgeschürfte Ellbogen

nein

sondern die Siegerin
streifte mich erst beim
Ehrenrund androgyn mit
Fingerkuppen
ohne Fahne
aber mit Blick und Wellen
auf dem Lächeln
wie Amazoniens Liane den Strom

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