#1

Einen wie Dich

in Mythologisches und Religiöses 09.10.2006 20:52
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Einen wie Dich

So unantastbar, so voller Größe, so menschlich, so rein.
Ich dacht, ich dürfte nicht lieben, einen wie dich.
So voller Wunder und Milde gebend, verschenkend allein.
Ich konnt nicht lieben wie du und gleichzeitig mich.

Du zeigst mir Wege, verschlungen, einsam, lebendig verschönt.
Ersehnen will ich, verachten nicht, was erfüllt
und sei es Sünde so qualvoll schmerzlich, bin ich, die verhöhnt,
was herrlich wäre an mir, in Sehnsucht mich hüllt.

Ich griff so gierig nach Schande, wenn sie geboten mir ward.
Doch jetzt ergreif ich die Hand, die warm mich erhält,
erkenne Schönheit nun auch in mir und in allem verwahrt.
Ist auch mein Auge erblindet, seh ich die Welt,

doch andern Blickes erhellt, gewürdigt nun alles, was zählt
und nicht, was Unsereins blendet und giftig verzehrt.
Du hast mit deinem Beharren, mich so errettend beseelt
und gabst mir ohne Verlangen, nur was ich begehrt.


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#2

Einen wie Dich

in Mythologisches und Religiöses 10.11.2006 19:47
von Maya (gelöscht)
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Hallo Ric,

so wirklich gefallen mag mir dieses Gedicht nicht, ich will Dir auch sagen, warum.

So unantastbar, so voller Größe, so menschlich, so rein.
Ich dacht, ich dürfte nicht lieben, einen wie dich.
So voller Wunder und Milde gebend, verschenkend allein.
Ich konnt nicht lieben wie du und gleichzeitig mich.


Die fünfmalige Erwähnung von „so“ empfinde ich ziemlich störend, weil es durch die Häufung die Bedeutung eines Lückenfüllers zugewiesen bekommt, auf den nur allzu gern zugunsten des Metrums zurückgegriffen wird. Die Unantastbarkeit oder Reinheit noch mit „so“ zu unterstreichen, finde ich überflüssig, denn entweder das Du ist unantastbar und rein oder eben nicht.
Die Elision bei „dacht“ ist zwar verkraftbar, aber doch schon ziemlich auffällig, irgendwie fehlt mir das „e“. Was mich an Z2 aber enorm stört, ist die Syntax, die mir da ziemlich verdreht erscheint. Auch dieses „verschenkend allein“ in Z3 stellt mich nicht zufrieden, auch wenn ich verstehe, was da ausgesagt werden soll. Aber rein sprachlich gesehen, nun ja.

Inhaltlich fragt man sich jetzt, wer mit dem Du gemeint ist, den das lyrIch da über den grünen Klee lobt. Natürlich stellt sich schon die Frage, ob überhaupt ein Mensch gemeint sein kann, der hier - trotz seiner Menschlichkeit - doch eher übermenschlich wirkt. Entweder ist das lyrIch so geblendet, dass es die negativen Charakterzüge des Du’s übersieht oder aber es ist von Gott die Rede, wofür ja auch die Kategorie, in der Du das Gedicht abgelegt hast, sprechen würde. Warum das lyrIch dachte, nicht lieben zu dürfen, begreife ich nicht. Wäre ein „können“ nicht angebrachter gewesen?
Was nun die letzte Zeile dieser Strophe aussagen soll, weiß ich nicht. Kann sein, dass hier darauf Bezug genommen wird, dass der Liebe Gottes nichts gleichkommen kann – es ist eine wahre und reine Liebe, eine andere als die der Menschen. Dieses „gleichzeitig mich“ verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht. Meinst Du damit, dass das Ich nicht gleichzeitig Gott und sich selbst lieben kann. Aber warum denn nicht?

Du zeigst mir Wege, verschlungen, einsam, lebendig verschönt.
Ersehnen will ich, verachten nicht, was erfüllt
und sei es Sünde so qualvoll schmerzlich, bin ich, die verhöhnt,
was herrlich wäre an mir, in Sehnsucht mich hüllt.


Die Wege, die dem Ich aufgezeigt werden, sind noch unbefestigte, einsame Trampelpfade, zudem verschlungen und „lebendig verschönt“, was nicht unbedingt für sie spricht, weil sich mir da Bilder von Gewächsen auftun, die erst einmal beiseite geräumt werden müssen, damit diese Wege, die wohl ins Innere des lyrIch führen, begehbar sind.
Kann man den Willen haben, etwas zu ersehnen? Ich weiß es nicht, sondern sehne mich nach etwas oder nicht. Aber den Willen dazu habe ich noch nie verspürt. Kommt vielleicht noch.

In Z3 hast Du m.E. ein Komma vergessen. Aber davon mal abgesehen, tue ich mich auch bei der Interpretation dieser beiden letzten Zeilen mehr als schwer. Das Ich ist voller Hohn und tut dies als Sünde ab. Doch was verhöhnt es denn? Sich selbst bzw. das, was herrlich an ihm sein könnte (bezieht sich der Anfang der letzten Zeile überhaupt auf diesen Hohn)? Ist es denn eine Sünde, sich selbst zu verhöhnen, das wäre ja nun gar nicht gut für mich. Oder wird Gott verhöhnt? Du siehst, ich bemühe mich redlich, Antworten zu finden, doch gelingt es mir nicht.

Ich griff so gierig nach Schande, wenn sie geboten mir ward.
Doch jetzt ergreif ich die Hand, die warm mich erhält,
erkenne Schönheit nun auch in mir und in allem verwahrt.
Ist auch mein Auge erblindet, seh ich die Welt,


Das „mir“ in Z1 bettelt geradezu danach, etwas nach vorne rutschen zu dürfen und das „ward“ würde sich vermutlich gerne um ein „d“ erleichtern. Aber das sind nur Vermutungen. Inhaltlich sehe ich nun etwas klarer. Es scheint tatsächlich darum zu gehen, dass das lyrIch sich früher seiner eigenen Herrlichkeit beraubte, indem es mit voller Absicht Schande auf sich lud. Doch warum? Vielleicht, weil es Angst hatte, zu scheitern und verhöhnt zu werden. Aus Angst, zu versagen, drehte es den Spieß gleich selbst um und verhöhnte sich (selbst).

Das Du bewirkt nun eine Wandlung im Ich, welches nun endlich den Mut fasst, neue Wege zu beschreiten. Auf einmal erkennt es, dass auch in ihm Schönheit ruht – es brauchte nur jemanden, der den Anstoß zur Veränderung gab. Ob dies nun damit zu begründen ist, dass das Ich nun gläubig geworden ist und daraus seine Kraft zieht oder es sich beim Du „nur“ um einen anderen Menschen handelt, kann ich nicht ausmachen. Warum ist nun das Auge erblindet und warum nur eins? Spielt das auf die Innenschau an oder auf die Abkehr von der Außenwelt hin zu Gott?

doch andern Blickes erhellt, gewürdigt nun alles, was zählt
und nicht, was Unsereins blendet und giftig verzehrt.
Du hast mit deinem Beharren, mich so errettend beseelt
und gabst mir ohne Verlangen, nur was ich begehrt.


Aha, meine letzte Vermutung schien nicht so falsch zu sein. Das Ich wurde wohl von Gott erhellt und erkennt nun, was wirklich wichtig ist, nämlich nicht die Verblendungen und das Gift der Welt da draußen, sondern das Innere, die Seele und der Glauben an sich selbst.

Puh! Das war schwör, würde mich nicht wundern, wenn ich daneben liege. Für meinen Geschmack bleiben einfach zu viele Fragen offen.

Gruß, Maya

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