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Im Park
Das Eis liegt schon seit Tagen auf dem See,
der Wind faucht von den Schieferdächern,
in dieses Bild, die Enge aufzufächern;
ein kleiner Junge stapft durch Pulverschnee.
Es schneit, der alte Mann starrt unentwegt
auf einen Punkt, dort zwischen den Gestalten;
wie jeden Mittag will er Ausschau halten,
nach ihr, und ist auch heute aufgeregt.
Um ihn ein Liebespaar mit Schäferhund,
drei Freunde, die im Schneegestöber raufen,
Gespräche, Schlittenfahrt und Nasenlaufen;
doch bleibt all das zurück im Hintergrund.
Ihm ist nicht kalt, er fühlt den Winter gern,
weil sich Erinnerung in diesen Tagen
erzählt und warm hält unterm Mantelkragen;
was ihm vergangen war, ist nicht mehr fern.
Und als ein Rest von Laub durchs Blickfeld weht,
da sieht er sie entlang des Weges kommen;
er atmet schwer, erkennt sie nur verschwommen,
und lächelt, während sie vorüber geht.
Das Eis liegt schon seit Tagen auf dem See,
der Wind faucht von den Schieferdächern,
in dieses Bild, die Enge aufzufächern;
ein kleiner Junge stapft durch Pulverschnee.
Es schneit, der alte Mann starrt unentwegt
auf einen Punkt, dort zwischen den Gestalten;
wie jeden Mittag will er Ausschau halten,
nach ihr, und ist auch heute aufgeregt.
Um ihn ein Liebespaar mit Schäferhund,
drei Freunde, die im Schneegestöber raufen,
Gespräche, Schlittenfahrt und Nasenlaufen;
doch bleibt all das zurück im Hintergrund.
Ihm ist nicht kalt, er fühlt den Winter gern,
weil sich Erinnerung in diesen Tagen
erzählt und warm hält unterm Mantelkragen;
was ihm vergangen war, ist nicht mehr fern.
Und als ein Rest von Laub durchs Blickfeld weht,
da sieht er sie entlang des Weges kommen;
er atmet schwer, erkennt sie nur verschwommen,
und lächelt, während sie vorüber geht.
#3
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Im Park
in Ausgezeichnete Lyrik 14.12.2006 23:34von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
hallo Fabian
sehr schöne Studie der Gedankenwelt und des Verhaltens eines alten Menschen. es wirkt als würde einem der Jambus regelrecht auffordern, oder antragen eigene Ansichten hinein zu projezieren ins Alter, in deinen Protagonisten hinein. mir erscheint es so, als würde das finale Lächeln das Lebendigwerden der Erinnerung an das erste Zusammentreffen mit der bereits verstorbenen, langjährigen Lebensgefährtin begleiten. ein Ritual scheint es ihm geworden zu sein, das er regelmässig im Schneewinter vollführt, und sich von keinem Passanten stören lässt.
die erste Strophe erinnert mich an eine Winterlandschaft niederländischer Renaissancemaler, also der Schwenk in die Vergangenheit funktioniert unmittelbar. ist auch geschickt gemacht, mit dieser ausdrücklichen Erwähnung/Definition von "dieses Bild". hinter "Schieferdächern" dürfte jedoch, meinem Empfinden nach, kein Beistrich stehen.
in S4 stockte ich etwas bei der Formulierung: Erinnerung erzählt sich (selbst).
auch wird "Erinnerung" leicht in den Jambus gebeugt. vielleicht könnte man die Stelle etwas optimieren. (weil ihn Erinnern wärmt in diesen Tagen...)
aber es gefällt mir sehr und ist mir eine Nominierung wert.
Gruß
Alcedo
sehr schöne Studie der Gedankenwelt und des Verhaltens eines alten Menschen. es wirkt als würde einem der Jambus regelrecht auffordern, oder antragen eigene Ansichten hinein zu projezieren ins Alter, in deinen Protagonisten hinein. mir erscheint es so, als würde das finale Lächeln das Lebendigwerden der Erinnerung an das erste Zusammentreffen mit der bereits verstorbenen, langjährigen Lebensgefährtin begleiten. ein Ritual scheint es ihm geworden zu sein, das er regelmässig im Schneewinter vollführt, und sich von keinem Passanten stören lässt.
die erste Strophe erinnert mich an eine Winterlandschaft niederländischer Renaissancemaler, also der Schwenk in die Vergangenheit funktioniert unmittelbar. ist auch geschickt gemacht, mit dieser ausdrücklichen Erwähnung/Definition von "dieses Bild". hinter "Schieferdächern" dürfte jedoch, meinem Empfinden nach, kein Beistrich stehen.
in S4 stockte ich etwas bei der Formulierung: Erinnerung erzählt sich (selbst).
auch wird "Erinnerung" leicht in den Jambus gebeugt. vielleicht könnte man die Stelle etwas optimieren. (weil ihn Erinnern wärmt in diesen Tagen...)
aber es gefällt mir sehr und ist mir eine Nominierung wert.
Gruß
Alcedo
#4
von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Im Park
in Ausgezeichnete Lyrik 15.12.2006 00:54von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo Fabian!
Und ich hätte das fast übersehen, erst als ich den Vorschlag Alcedos las, der mir damit zuvorkam,
wurde ich aufmerksam.
Mit dem Komma stimme ich ihm zu.
In Strophe 3, Zeile 4 wäre eine kleine
Wortumstellung mein Vorschlag:
'doch all das bleibt zurück im Hintergrund'.
Absolut ist es eine Nominierung wert;
mit diesem Werk ist mir auch bewußt geworden,
wer der 'Platzhirsch' ist.
Mit Gruß
Joame
Und ich hätte das fast übersehen, erst als ich den Vorschlag Alcedos las, der mir damit zuvorkam,
wurde ich aufmerksam.
Mit dem Komma stimme ich ihm zu.
In Strophe 3, Zeile 4 wäre eine kleine
Wortumstellung mein Vorschlag:
'doch all das bleibt zurück im Hintergrund'.
Absolut ist es eine Nominierung wert;
mit diesem Werk ist mir auch bewußt geworden,
wer der 'Platzhirsch' ist.
Mit Gruß
Joame
#5
von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
Im Park
in Ausgezeichnete Lyrik 15.12.2006 17:25von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
hallo fabian,
ist doch wirklich erstaunlich was alles um einen herum passiert und wie man es aufnimmt wenn man verliebt ist ( was ich hier vermute) oder verliebt war. Ein alter Mann der wartet bis "sie" vorüber geht...
sehr traurig aber total schön und melancholisch!
ein wirklich tolles gedicht..
LG Franzi
ist doch wirklich erstaunlich was alles um einen herum passiert und wie man es aufnimmt wenn man verliebt ist ( was ich hier vermute) oder verliebt war. Ein alter Mann der wartet bis "sie" vorüber geht...
sehr traurig aber total schön und melancholisch!
ein wirklich tolles gedicht..
LG Franzi
@Fabian Probst
Im Park
Ich las dein schönes (ohne versteckte Ironie gesagt) Gedicht und stutzte, denn ich fand hier einen Anklang, der mir sehr gefiel, an…? da musste ich erst mal überlegen, da mir Tucholsky in die Quere kam, doch dann erinnerte ich mich an Van Hoddis und seinen Auftakt für den lyrischenExpressionismus (Weltenende). Nun, du verwendest – erfreulicherweise – nicht die zerstörerische, bluttriefende Metaphorik, die sich in der Folge dieser Bildhaftigkeit bediente, doch der Stil! Gelungen.
Im Park
Ich las dein schönes (ohne versteckte Ironie gesagt) Gedicht und stutzte, denn ich fand hier einen Anklang, der mir sehr gefiel, an…? da musste ich erst mal überlegen, da mir Tucholsky in die Quere kam, doch dann erinnerte ich mich an Van Hoddis und seinen Auftakt für den lyrischenExpressionismus (Weltenende). Nun, du verwendest – erfreulicherweise – nicht die zerstörerische, bluttriefende Metaphorik, die sich in der Folge dieser Bildhaftigkeit bediente, doch der Stil! Gelungen.
Vielen Dank für so viele Kommentare.
@Kratzbürste: Vielleicht ist es eine Erinnerung, ein "sich wiedererkennen", oder aber es ist einfach ein Junge, der gerade vorbei geht, das sei dem Leser überlassen. In erster Linie gehört das zur Beschreibeung der Szene und Stimmung, in der das Gedicht stattfindet. Danke dir.
@Alcedo: Schön, dass du es so siehst, denn das wollte ich erzeugen. Ob es sich nun um eine verstorbene Liebe handelt, ein Familienmitglied oder einfach um eine Person, die ihm fehlt, ist dabei auch jedem selbst überlassen. Auf jeden Fall geht es um etwas Verlorenes, das er mit diesem Ritual für den Moment wieder findet. Deine Assoziation mit der ersten Begegnung finde ich klasse.
Die "Winterlandschaft..." erfreut mich natürlich auch extrem, der Vergleich ehrt mich. Den Beistrich setzte ich, um eine Gedanken- und Lesepause zu erzeugen. Aber da Joame es auch als störend empfindet, hab ich es entfernt.
Mit dem "erzählt" hatte ich auch die meisten Probleme beim Schreiben. Ich danke für deinen Vorschlag und werde da noch mal dran gehen.
(Margot hat mir auch meiner Homepage ebenfalls Kritik zu dieser Stelle ausgesprochen, wofür ich euch beiden dankbar bin.)
Danke für die Nominierung.
@Joame: Komma habe ich entfernt. Die Worumstellung werde ich überdenken.
Schön, dass es dir gefällt. Danke dir.
@Franzi: auch an dich vielen Dank. Deine Vermutung ist völlig nachvollziehbar. Was genau im alten Mann vor sich geht, will ich gar nicht genau fixieren, denn es soll dem Leser überlassen bleiben. Dass er sich an etwas Schönes erinnert, ist Vorgabe genug.
Ich freu mich über dein Lob.
@Primel: Jetzt habe ich das mal ergooglet und ich finde Van Hoddis' Gedicht sehr gelungen. Ich danke dir für deine interessanten Gedanken dazu.
@Kratzbürste: Vielleicht ist es eine Erinnerung, ein "sich wiedererkennen", oder aber es ist einfach ein Junge, der gerade vorbei geht, das sei dem Leser überlassen. In erster Linie gehört das zur Beschreibeung der Szene und Stimmung, in der das Gedicht stattfindet. Danke dir.
@Alcedo: Schön, dass du es so siehst, denn das wollte ich erzeugen. Ob es sich nun um eine verstorbene Liebe handelt, ein Familienmitglied oder einfach um eine Person, die ihm fehlt, ist dabei auch jedem selbst überlassen. Auf jeden Fall geht es um etwas Verlorenes, das er mit diesem Ritual für den Moment wieder findet. Deine Assoziation mit der ersten Begegnung finde ich klasse.
Die "Winterlandschaft..." erfreut mich natürlich auch extrem, der Vergleich ehrt mich. Den Beistrich setzte ich, um eine Gedanken- und Lesepause zu erzeugen. Aber da Joame es auch als störend empfindet, hab ich es entfernt.
Mit dem "erzählt" hatte ich auch die meisten Probleme beim Schreiben. Ich danke für deinen Vorschlag und werde da noch mal dran gehen.
(Margot hat mir auch meiner Homepage ebenfalls Kritik zu dieser Stelle ausgesprochen, wofür ich euch beiden dankbar bin.)
Danke für die Nominierung.
@Joame: Komma habe ich entfernt. Die Worumstellung werde ich überdenken.
Schön, dass es dir gefällt. Danke dir.
@Franzi: auch an dich vielen Dank. Deine Vermutung ist völlig nachvollziehbar. Was genau im alten Mann vor sich geht, will ich gar nicht genau fixieren, denn es soll dem Leser überlassen bleiben. Dass er sich an etwas Schönes erinnert, ist Vorgabe genug.
Ich freu mich über dein Lob.
@Primel: Jetzt habe ich das mal ergooglet und ich finde Van Hoddis' Gedicht sehr gelungen. Ich danke dir für deine interessanten Gedanken dazu.
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