#1

Durch die Nacht

in Arbeitshügel 10.02.2007 18:56
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Irgendwann begriff ich, daß ich alleine bin. Und immer alleine war. Ich begriff, daß ich vor dieser Einsicht flüchtete. Daß ich nur tat, worum Ihr mich gebeten habt.

Dazu musste keiner von Euch aufstehen und mich fordern. Ihr musstet nur sein wie Ihr seid: Gemeinsam.

Da ich nicht wusste was mein Geist und auch mein Körper wollte, da ich nicht begriff, daß ich anders hätte sein können als Ihr, zwang ich mich, Euch zu folgen und wähnte auch kurz, als ich eine Frau fand, mich zu Hause.

Welch Irrtum. Entfernt hatte ich mich von mir.

All die Traditionen, die Folklore, sie waren nur aufgesogen, aber nicht inhaliert. Ich versuchte zu verstehen obwohl mein Magen rebellierte.

Ich blieb ich und Ihr ward Ihr.

Die Mauer zwischen mir und Euch konnte ich weder durch kauen noch durch Osmose durchdringen. Mein Herz blieb stets nur bei mir.


Als ich, wie so oft, mit Euch durch die Nacht fuhr, und Du, Weib, hinten saßt mit der Tochter, die nicht alleine sitzen kann, da spürte ich, daß ich nie bei Euch war. Da spürte ich, daß alles was ich wirklich bin , besser vorne bleibt und Euch keine ehrlichen Blicke schenkt.

Es schneite und ich fuhr Euch durch die Nacht. Wir, zwei Erwachsene, Eltern gar, hatten Angst. Angst, daß die Verhältnisse unser aller Glück ein Ende bereiten könnte. Wir hatten Angst vor dem Schnee, vor dem Eis, aber nicht vor Uns.

Ich hörte wie Du mit Ihr sprachst, wie Du auf Sie eingingst, suchtest Ihr die Furcht zu nehmen. Ich hörte das. Aber es berührte mich nicht.

Die Straße, der Schnee, die abgefahrenen Reifen, das Dröhnen der Radlager, die Stimmen hinter mir, die sich in Liebe zugetan und ich selbst, der sich mitunter im Spiegel sah. Teile, die nicht zueinander passten, je zueinander passen würden. Welcher Druck brachte zusammen was nicht zusammen gehört?

Welche Energie mich von Euch trennte? Gewalt. Freiheit!

Der Wunsch zu mir zu kommen, zu mir allein. Bei mir will ich bleiben.

Kein Richter hätte besser trennen, was dieses Messer nicht sauberer hätte können.



[Ist das zu fett? Kann das alleine taugen? Mit einem bestimmten Avatar an einem anderen Ort war ich mit dieser Geschichte, d.h. mit dieser kurzen Zustandsbeschreibung ganz zufrieden.]
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#2

Durch die Nacht

in Arbeitshügel 14.02.2007 15:42
von Krabü2 (gelöscht)
avatar
Hi Brot :-)
Nach der Hälfte meines Kommentars bin ich 'abgestürzt' - nene, der Compi
Ich hab mich hier etwa in Reihenfolge gefragt:
- Ist der Prot einsam, enttäuscht, egozentrisch, nahezu autistisch?
Für mich spricht diese kurze Abhandlung von Symbiose und Ausbruch daraus. Fragen hab ich auch:
'Als ich, wie so oft, mit Euch durch die Nacht fuhr, und Du, Weib, hinten saßt mit der Tochter, die nicht alleine sitzen kann, da spürte ich, daß ich nie bei Euch war.'
Warum nicht alleine sitzen? Spielst Du damit auf's Alter an? Ist die Tochter noch so klein? Säugling?
'Angst, daß die Verhältnisse unser aller Glück ein Ende bereiten könnte.
Die Verhältnisse? Welche?
Das Messer... hmmm... heißt das, der Prot. hat die Tochter verletzt, wollte sie vielleicht erstechen?
Oder ist das jetzt nur ne Metapher? Auf Messer's Schneide... der Zustand des Kindes (wg. Krankheit)?
So ganz erschließt es sich mir nicht.
Ein paar Fehler hab ich entdeckt, zu denen gehören (außer der 'alten' Rechtschreibung wie 'daß', neudeutsch 'dass':
....versuchte zu verstehen, (Komma)....'Uns' = 'uns'
Ich hörte, (Komma) wie...'Sie'=sie....suchtest, (Komma)
Die Stimmen hinter mir, (-) sich in Liebe zugetan,...
Warum 'je'? - ich schlage'nie' vor, 'nicht...je' geht nicht.
Ach so, ja: 'ward' = 'wart', mit t, ttttttttt :-), aber das passiert oft, weil wir zu sehr an die Schreibweise von 'seid' denken..

Und wieder meine Frage... wer/wie/was ist 'das Messer'?

Um Deine Frage aber zu beantworten:
Eine kurze Einbindung in Einleitung und Schluss oder was ähnlich 'Erhellendes' würde dieser Story schon gut tun. Interessiert gelesen habe ich es. Naja, bin ja auch für die 'seelischen Abgründe' immer zu haben :-))
Ach, nochmal ein DANKE (ganz groß!)und
liebe Grüße
Uschi


Apropos - mein Lieblings-Absatz:
All die Traditionen, die Folklore, sie waren nur aufgesogen, aber nicht inhaliert. Ich versuchte zu verstehen obwohl mein Magen rebellierte.
gefolgt von (sogar trotz Fragen, s.o.):
Als ich, wie so oft, mit Euch durch die Nacht fuhr, und Du, Weib, hinten saßt mit der Tochter, die nicht alleine sitzen kann, da spürte ich, daß ich nie bei Euch war. Da spürte ich, daß alles was ich wirklich bin , besser vorne bleibt und Euch keine ehrlichen Blicke schenkt.

Es schneite und ich fuhr Euch durch die Nacht. Wir, zwei Erwachsene, Eltern gar, hatten Angst. Angst, daß die Verhältnisse unser aller Glück ein Ende bereiten könnte. Wir hatten Angst vor dem Schnee, vor dem Eis, aber nicht vor Uns.
------------------------------------
Schöne Formulierungen sind darin zu finden. Passen sie zu der eher 'Einsilbigkeit' am Anfang? Vielleicht...
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#3

Durch die Nacht

in Arbeitshügel 14.02.2007 18:00
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
hi Brot,
das gefällt mir. Es ist eine Beichte. Die Beichte eines Sterbenden, denn jeder stirbt für sich oder sogar eines schon Toten. Eines längst emotional Gestorbenen und gleichzeitig die Beichte eines zur Geburt drängenden. Zur eigenen Freiheit strebenden Protagonisten, der alle Bindungen hinter sich lassen will aber nicht den Mut hat zur Tat zu schreiten.
Gut.
Gruss
Knud
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#4

Durch die Nacht

in Arbeitshügel 15.02.2007 01:27
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Danke Euch beiden. Ja, Knud, das sollte es werden: eine Beichte eines emotional Gestorbenen, der auszubrechen versucht. Und wieder ja, Kratzbürste, eines ziemlich autistischen, eingekapselten Lis, der nur versucht so zu sein wie die Anderen, es aber nicht ist.

Das fällt ihm besonders bei dieser Fahrt durch Schnee und Nacht auf, wo er Schiss hat heil nach Hause zu kommen, wo er Schiss hat einen Unfall zu bauen. Da fällt ihm auf, daß er nie nach Hause kommen wird, solange er nur Andere nach Hause bringt, solange er nur tut was von ihm verlangt wird.

Hier springt mir der Text zu sehr zwischen den Anderen (Gesellschaft) und der Familie (Frau, Kind). Wann meint das LI hier was? Ich weiß es zwar, aber mit etwas Abstand gelesen, ist es mir mittlerweile zu schwammig.

Du hast wieder Recht Uschi, daß ich dem Leser mehr Fleisch und Geleit hätte bieten sollen, um besser folgen zu können. Kurz zur Tochter: die war vor meinem inneren Augen an die zehn Jahre alt, aber sehr verschüchtert, verängstigt. Was bei diesem psychotischen Vater kein Wunder wäre. Aber nur dann wenn ich es besser beschrieben hätte.

Insgesamt, trotz Eures Wohlwollens diesem Versuch gegenüber, ist mir das Stück zu dick aufgetragen. Das Ausrufezeichen hinter dem Wort Freiheit ist ein Beispiel hierfür. Das Messer ist mir mittlerweile ganz zuwider, weil es mich zu stark an die Selbstmordarien bestimmter Fäden in speziellen Foren erinnert. Obwohl ich eher an Mord dachte und nicht an Selbstmord. Der Protagonist ändert nicht sein Leben, sondern versucht nun sein Leben, seine Freiheit zu finden, indem er das Leben der Anderen zerstört.

Dein Gut , Knut und die von Dir, Uschi, zitierte Stelle mit der Flolklore, versöhnen mich aber wieder mit dem Text. Aber auf dem Arbeitshügel ist er gut aufgehoben.


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#5

Durch die Nacht

in Arbeitshügel 15.02.2007 12:41
von Krabü2 (gelöscht)
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Naja, dann überarbeite es doch, Brot.
Sind doch gute Ansätze drin?!
Apropos: Du scheinst Dein strengster Richter zu sein *smile*
Grüße!
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#6

Durch die Nacht

in Arbeitshügel 15.02.2007 12:58
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
akzeptiert wenn Du den Text hier einstellst, aber bei aller Selbstkritik, und die zeichnet Dich aus, habe ich schon Texte gelesen die nicht annäherd das Potential hatten und nicht hier landeten. Ja, das Potential. Der Text hat es, mache weiter, es lohnt sich.
Gruss
Knud
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#7

Durch die Nacht

in Arbeitshügel 21.02.2007 17:53
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
[Entweder ist es jetzt eine lahme Ente, die durch den Schnee fährt oder es strukturierter und besser. Momentan tendiere ich zu letzterem. Naja, falls nochmal einer Bock hat, drauf zu schauen.]


Es schneite. Konzentriert verfolgte ich das Licht der Scheinwerfer auf dem schneeverwehten Asphalt. Ich fuhr euch durch die Nacht. Wir, zwei Erwachsene, Eltern, hatten Angst. Angst, daß die Verhältnisse unser aller Glück ein Ende bereiten könnte. Wir hatten Angst vor dem Schnee, vor dem Eis, aber nicht vor uns.

Du, Weib, saßt hinten mit der Tochter, die nicht alleine sitzen wollte. Ich hörte wie du mit ihr sprachst, wie du auf sie eingingst, suchtest ihr die Furcht zu nehmen. Ich hörte das. Aber es berührte mich nicht und ich spürte, dass ich nie bei euch gewesen war. Ich spürte, daß alles was ich wirklich bin, besser vorne bleibt und euch keine ehrlichen Blicke mehr schenkt.

Die Straße, der Schnee, die abgefahrenen Reifen, das Dröhnen der Radlager, die Stimmen hinter mir, die sich in Liebe zugetan und ich selbst, der sich mitunter im Spiegel sah. Teile, die nie zueinander gepasst hatten, je zueinander passen würden. Welcher Druck brachte zusammen was nicht zusammen gehört?

Da ich nicht gewusst was mein Geist und auch mein Körper will, da ich nicht begriffen hatte, daß ich anders bin als ihr, hatte ich mich gezwungen die Regeln zu befolgen und wähnte auch kurz, als ich eine Frau fand, mich zu Hause. Welch Irrtum. Entfernt hatte ich mich von mir. Ich blieb ich und ihr ward ihr. Mein Herz blieb stets nur bei mir. Ihr ward nur wie ihr seid: Gemeinsam. All die Traditionen, die Folklore, ich hatte sie nur aufgesogen, aber nicht inhaliert. Ich versuchte zu verstehen obwohl mein Magen rebellierte. Die Mauer, deren Existenz ich nun wahrnahm, konnte ich weder durch kauen noch durch Osmose durchdringen.

Was mich von Euch trennte? Freiheit? Der Wunsch zu mir zu kommen? Gewalt. Gewalt, die nicht in der Macht meiner Richter liegt, sondern nur noch in meinen Händen.
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